Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.04.2010, Az. 27 W (pat) 26/10

27. Senat | REWIS RS 2010, 7750

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Schumpeter School (Wort-Bild-Marke)" –  Personennamen unterliegen Prüfung auf absolute Schutzhindernisse - Name eines Wissenschaftlers ist nicht automatisch beschreibender Fachbegriff für eine Lehreinrichtung - Schulbezeichnungen mit einem Namen einer lebenden oder historischen Persönlichkeit enthalten einen betrieblichen Hinweis - nur Namen historischer Personen, die Teil des der Allgemeinheit zustehenden kulturellen Erbes sind, unterliegen einem Freihaltebedürfnis - Namensrecht erlischt mit dem Tod - vermögensrechtlicher Bestandteil erlischt 10 Jahre nach dem Tod des Namensträgers


Leitsatz

Schumpeter School

1. Personennamen unterliegen wie sonstige Wortmarken der Prüfung auf absolute Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG.

2. Der Name eines Wissenschaftlers ist nicht automatisch ein beschreibender Fachbegriff für eine Lehreinrichtung.

3. Die kennzeichnende Funktion eines Namens geht in einer Kombination mit "School …" nicht verloren. Schulbezeichnungen enthalten mit einem Namen einer lebenden oder historischen Persönlichkeit einen betrieblichen Hinweis im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

4. Nur Namen historischer Personen, die Teil des der Allgemeinheit zustehenden kulturellen Erbes sind, unterliegen einem Freihaltebedürfnis im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG - ohne dass es darauf ankäme, ob sie als Merkmalsbezeichnung gesehen werden.

5. Das Namensrecht erlischt mit dem Tod, der vermögensrechtliche Bestandteil 10 Jahre nach dem Tod des Namensträgers (§ 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG).

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2008 016 832.3

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] am 13. April 2010 durch…

beschlossen:

Der Beschluss der Markenstelle vom 13. November 2009 wird aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die Anmeldung der Wort-/Bildmarke (schwarz/weiß)

Abbildung

2

für folgende Waren

3

Klasse 35: betriebswirtschaftliche Beratung; Erstellen von Statistiken; Marktforschung; Organisationsberatung und Nachforschung in Geschäftsangelegenheiten; Erstellung von Gutachten; Meinungsforschung; Personalauswahl mit Hilfe von psychologischen Eignungstests; Sammeln und Zusammenstellen von themenbezogenen Presseartikeln; Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken; Wertermittlungen in Geschäftsangelegenheiten; Erstellen von Wirtschaftsprognosen;

4

Klasse 41: Ausbildung in Akademien; Berufsberatung; Veröffentlichung von Büchern; Erziehung und Unterricht; Fernkurse; Fernunterricht; Herausgabe von Texten, ausgenommen Werbetexte; Veranstaltung und Leitung von Kolloquien; Organisation und Veranstaltung von Konferenzen, Symposien und Kongressen; Online Publikation von elektronischen Büchern und Zeitschriften; Anfertigen von Übersetzungen; Verfassen von Texten, ausgenommen Werbetexte; Veranstaltung von Wettbewerben im Bereich Forschung, Erziehung und Ausbildung);

5

Klasse 42: Recherche- und Entwicklungsdienste bzgl. neuer Produkte für Dritte; Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Forschung auf dem Gebiet der Wirtschaftswissenschaften

6

hat die Markenstelle mit Beschluss vom 13. November 2009 zurückgewiesen. Das ist damit begründet, der [X.] Volkswirtschaftler und Sozialwissenschaftler [X.] (1883-1950) habe eine Theorie eines Wirtschaftssystems entwickelt. Die Marke bezeichne also ein Institut, das auf die Lehren [X.] ausgerichtet sei. Die angesprochenen Verkehrskreise wüssten dies auch.

7

Dementsprechend würden bereits die Begriffe "[X.]", "[X.]" (zu denen die [X.] einlädt), "[X.] Summer School" sowie "Joseph A. [X.] Prize" verwendet.

8

Das von der Anmelderin angesprochene Zeichen der [X.] Düsseldorf

Abbildung

9

sei in Graphik, Ortsbezug und Hinweis auf eine große [X.] mit dem angemeldeten Zeichen nicht vergleichbar.

Der Beschluss ist der Anmelderin am 23. November 2009 zugestellt worden.

Die Anmelderin hat am 22. Dezember 2009 Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, die für die Anmelderin urheberrechtlich geschützte Zeichnung mit der altertümlichen Unterschrift habe Unterscheidungskraft. Auch bei der "Heinrich-Heine-[X.]" erwarte das Publikum nicht nur Dienstleistungen in Bezug auf [X.]. [X.] sei noch dazu wesentlich weniger bekannt als dieser Dichter. Die meisten der beanspruchten Dienstleistungen habe es zu [X.] Zeit noch gar nicht gegeben. Erstmals im Beschwerdeverfahren beruft sich die Anmelderin auf die Eintragung der Marke der [X.] Berlin.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle aufzuheben und die Marke einzutragen.

II.

1) Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg; einer Registrierung der angemeldeten Marke stehen für die beanspruchten Dienstleistungen keine Schutzhindernisse aus § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] entgegen.

a) Personennamen sind nach der ausdrücklichen Regelung in § 3 Abs. 1 [X.] abstrakt markenfähig (vgl. [X.] GRUR 2004, 946, RdNr. 25 – [X.]; [X.], 591 - [X.]). Auch bei Namen bekannter Personen ist die Möglichkeit einer herkunftshinweisenden Individualisierung nicht von vornherein ausgeschlossen (vgl. [X.], Beschluss vom 6. Februar 2008, [X.] (pat) 92/06 – Maya Plisetskaya).

Personennamen unterliegen damit wie sonstige Wortmarken der Prüfung auf absolute Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 [X.], die jedoch hier im Hinblick auf die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen nicht greifen.

b) Die Bezeichnung "[X.] School" entbehrt für die beanspruchten Dienstleistungen nicht jeglicher Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Das ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und von denjenigen anderer zu unterscheiden. Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung der Marke durch einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Dienstleistungen abzustellen ist.

Marken besitzen keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen oder wenn sie aus gebräuchlichen Wörtern der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden. Dies betrifft vorliegend "(School of) Business and Economics", nicht aber das namensmäßig hervorgehobene "[X.] School".

Die Markenstelle hat nicht belegt, dass "[X.] School" ein Fachbegriff für bestimmte Lehreinrichtungen ist und auch der [X.] kann dies nicht feststellen. Dass [X.] eine eigene Theorie entworfen hat, unterscheidet ihn kaum von vielen bekannten Wissenschaftlern, nach denen in großer Zahl wissenschaftliche Einrichtungen benannt sind, ohne dass jemand erwartet, dort würde nur nach oder an dieser Theorie gearbeitet.

Die kennzeichnende Funktion des Namens geht auch in der Kombination mit "School of Business and Economics" nicht verloren. Die Nutzung von Namen historischer Persönlichkeiten ist dem Publikum als unterscheidungskräftige Benennung von öffentlichen Einrichtungen, wie Schulen, [X.]en, Theatern etc., gerade in solchen Kombinationen geläufig. Schulbezeichnungen enthalten mit einem Namen einer lebenden oder historischen Persönlichkeit oft einen betrieblichen Hinweis im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

Dass Fans ihre Verbundenheit mit bekannten Personen zum Ausdruck bringen, mag bei Fanartikeln, wie Kappen, T-Shirts u. ä., denkbar sein, scheidet aber bei den vorliegenden Dienstleistungen aus dem Wissenschaftsbereich aus.

Dass bekannte Wissenschaftler Anhänger haben und ihre Lehre verbreitet wird, lässt Ausdrücke, wie die von der Markenstelle herangezogenen "[X.]", "[X.]" sowie "[X.] Summer School" erwarten - ohne dem Namen an sich die Unterscheidungskraft zu nehmen. Dass sich diese oder solche Begriffe, wie etwa "Röntgen-Verfahren" oder "Dieselmotor" zu rein beschreibenden Aussagen entwickelt haben, vermag der [X.] nicht zu erkennen.

In dem von der Markenstelle ebenfalls herangezogenen "Joseph A. [X.] Prize" hat der Name sogar eine Hinweisfunktion, die einen solchen Preis ebenso individualisiert wie vorliegend eine Schule (siehe [X.] Beschluss vom 5. Oktober 2009, [X.]: 27 W (pat) 162/09 - [X.]; [X.], [X.] 018; [X.] Preis, [X.] 56 772; [X.], [X.] 306 44 636; [X.], [X.] 306 44 637; [X.], [X.] 306 73 969; [X.], [X.] 306 09 980; [X.], [X.] 303 29 836; [X.], [X.] 300 88 535; [X.] Preis, [X.] 304 40 333; [X.], [X.] 303 12 202; [X.], [X.] 301 34 185).

c) Nur Namen historischer Personen, die Teil des der Allgemeinheit zustehenden kulturellen Erbes sind (vgl. Götting, Persönlichkeitsmerkmale von verstorbenen Personen der Zeitgeschichte als Marke, GRUR 2001, 615, 620 li. [X.].; vgl. auch [X.] GRUR 1998, 1021, 1022 - [X.]), unterliegen einem Freihaltebedürfnis im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] - ohne dass es darauf ankäme, ob sie als Merkmalsbezeichnung, vorliegend etwa für [X.], gesehen werden. Letzteres ist bei "[X.]" nicht der Fall, wie bereits dargestellt wurde.

Joseph A. [X.] ist auch nicht vergleichbar mit [X.], der dem inländischen Publikum als einer der größten Künstler und Wissenschaftler der Weltgeschichte geläufig ist. Nur die Namen solcher historischer Persönlichkeiten sind Teil des kulturellen Erbes der Menschheit, so dass ihnen das Publikum jedenfalls in Alleinstellung keinen Markencharakter zuordnet ([X.] MarkenR 2008, 33 – [X.]). Noch weniger damit vergleichbar ist die hier streitgegenständliche Bezeichnung, die mit "School" einen namensmäßig benennbaren Bestandteil enthält. Wird für deren [X.]ezifizierung statt einer Sachangabe, wie z. B. "Lawschool" etc., ein an sich kennzeichnungskräftiger Personenname gewählt, wird die Einrichtung und damit auch deren Trägerin spezifiziert. Sogar bei Lebensmitteln (z. B. "Müller-Milch") haben Namen eine markenmäßig individualisierende Bedeutung. Würde man Markennamen mit einem Personennamen als Bestandteil immer nur eine ehrende bzw. erinnernde Funktion zubilligen, würde das den Namensschutz in unbilliger Weise einschränken.

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind aber nur unmittelbar waren- und dienstleistungsbeschreibende Angaben von der Registrierung ausgeschlossen. Hier gibt es keinerlei Belege dafür, dass "[X.]" als Sachbezeichnung, wie "[X.]" und "[X.]" für Motoren, "Diesel" für Kraftstoffe, "Röntgen" für medizinische Untersuchungsmethoden oder "[X.]" für einen Gesellschaftsanzug, gebräuchlich wäre.

Dies alles gilt auch für die Veröffentlichung von Büchern und ähnlichen beanspruchten Dienstleistungen, deren Gegenstände einen bezeichnungsfähigen Inhalt aufweisen können, weil die angemeldete Bezeichnung nicht nach Art eines Sachtitels geeignet ist, den gedanklichen Inhalt zu beschreiben. Selbst wenn Leben oder Werk von [X.] deren Themata wären, würde dafür nicht die angemeldete Form als Sachtitel verwendet. Eine Inhaltsbeschreibung wäre für die eher verlegerischen Tätigkeiten ohnehin nicht gegeben, denn dass sich entsprechende Dienstleistungen nur dem Schaffen eines Menschen widmen und sich dann auch noch nach einer Schule benennen, ist nicht in entscheidungsrelevantem Umfang zu erwarten. Auch der [X.] differenziert insoweit zwischen Büchern und Verlagstätigkeit (GRUR 2001, 1043 - [X.]; ebenso [X.], Beschluss vom 1. Juni 2005, [X.] (pat) 145/03 - Fräuleinwunder).

d) Der [X.] steht auch nicht ein eventuelles Namenspersönlichkeitsrecht seitens der Erben des Ökonomen [X.] entgegen, das nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] zu beachten ist. Denn das Namensrecht erlischt mit dem Tod des Namensträgers, und die vermögenswerten Bestandteile des Namens, die vorliegend bei einer Verwendung als Marke betroffen sind, erlöschen 10 Jahre nach dem Tod des Namensträgers (vgl. hierzu insgesamt [X.], 168, 169 - Kinski-Klaus.de). Dafür, dass die ideellen Bestandteile des Namens durch die vorliegende Markenverwendung betroffen sein könnten, was ebenfalls im Rahmen des § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] zu beachten wäre, ist nichts ersichtlich.

2) Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 [X.]) besteht kein Anlass.

Meta

27 W (pat) 26/10

13.04.2010

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.04.2010, Az. 27 W (pat) 26/10 (REWIS RS 2010, 7750)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 7750

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27 W (pat) 104/11

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