10. Senat | REWIS RS 2016, 12672
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Unlauterer Wettbewerb - Schadensersatz - Teilklage - gerichtliche Hinweispflicht
Weist das Landesarbeitsgericht eine Klage als unzulässig ab und macht es hilfsweise Ausführungen zur Unbegründetheit der Klage, darf das Revisionsgericht auf die Begründetheit der Klage nur eingehen, wenn das Berufungsurteil einen Sachverhalt festgestellt hat, der für die rechtliche Beurteilung des Falls eine verwertbare tatsächliche Grundlage bietet, und bei Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht ein anderes Ergebnis nicht möglich erscheint. Diese Voraussetzung ist etwa erfüllt, wenn der Klagevortrag in jeder Richtung unschlüssig ist und auch durch weiteres Parteivorbringen nicht schlüssig gemacht werden kann.
1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 26. September 2014 - 4 [X.] - aufgehoben, soweit es die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 14. November 2013 - 12 [X.] 5629/12 - hinsichtlich des Klageantrags zu 1. zurückgewiesen hat.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das [X.] zurückverwiesen.
Die Klägerin nimmt die Beklagten - soweit noch von Interesse - auf Schadensersatz wegen Wettbewerbsverstößen (Abwerbung) in Anspruch.
Die Klägerin ist ein Unternehmen der [X.] (vormals [X.]). Diese bietet in Form von Dienst- und Werkverträgen Engineering- und IT-Dienstleistungen an und betreibt in diesem Bereich auch Arbeitnehmerüberlassung. Sie beschäftigt rund 5.000 Arbeitnehmer. Auf der Grundlage des notariellen [X.]s vom 15. Februar 2011 wurde der Teilbetrieb „Automotive“ einer Konzerngesellschaft mit näher bezeichneten Gegenständen des Aktiv- und Passivvermögens sowie Rechtsverhältnissen im Wege der Aufspaltung zur Aufnahme auf die Klägerin übertragen. Die Eintragung der Aufspaltung in das Handelsregister erfolgte am 30. März 2011. Die Klägerin unterrichtete ua. die in einer Anlage zum [X.] aufgeführten Arbeitnehmer darüber, dass auf ihren Betrieb der jeweils zwischen der [X.] und der [X.] geschlossene Mantel- und [X.] Anwendung finde und die Arbeitnehmer wegen des erfolgten Betriebsübergangs innerhalb von zwei Wochen zur außerordentlichen fristlosen Kündigung ihrer Arbeitsverhältnisse berechtigt seien. Die Frist zur Ausübung dieses Sonderkündigungsrechts endete am 18. April 2011.
Der Beklagte zu 1. war bei der [X.] als Leiter des Standorts K beschäftigt, der Beklagte zu 2. als Teamleiter. Der Beklagte zu 1. kündigte sein Arbeitsverhältnis gegenüber der Klägerin fristlos am 11. April 2011, der Beklagte zu 2. am 14. April 2011. Bereits im März 2011 war der Beklagte zu 2. zum alleinigen Geschäftsführer der nicht zur [X.] gehörenden [X.] bestellt worden, die sich ebenfalls auf dem Gebiet der Arbeitnehmerüberlassung von Ingenieuren und Technikern betätigt. Der Beklagte zu 1. war dort seit Beendigung seines Arbeitsverhältnisses Mitarbeiter und wurde im Mai 2011 ebenfalls zum einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt.
Am 12. April 2011 wurden mehrere bei der [X.] eingesetzte Mitarbeiter während ihrer Arbeitszeit angesprochen und um Teilnahme an einem „Informationsgespräch“ mit dem Beklagten zu 1. in einem vor dem Gelände der [X.] stehenden Wohnmobil gebeten. Der Beklagte zu 1. teilte fünf namentlich genannten Mitarbeitern jeweils in Einzelgesprächen mit, er habe gekündigt und wolle sie über neue Beschäftigungsmöglichkeiten informieren. Dabei wies er auf bestimmte, nach seiner Darstellung ungünstige Regelungen in dem bei der Klägerin fortan geltenden Mantel- und im [X.] hin. Ferner übergab er den fünf Mitarbeitern jeweils ein vorbereitetes Kündigungsschreiben, einen Anstellungsvertrag mit der [X.] und eine Erklärung über die Freistellung von etwaigen arbeitsrechtlichen Konsequenzen infolge ihrer Kündigung. Der genaue Inhalt der Gespräche sowie die Frage, wo und von wem diese fünf Arbeitnehmer angesprochen wurden, ist zwischen den Parteien ebenso streitig wie die Frage, ob und wie der Beklagte zu 1. andere Mitarbeiter der Klägerin angesprochen hat, bevor sie ihrerseits fristlos gekündigt haben. Der Beklagte zu 2. war bei keinem Gespräch anwesend. Insgesamt 65 Mitarbeiter, der Großteil davon als Leiharbeitnehmer oder auf werkvertraglicher Grundlage eingesetzt bei der [X.], machten nach dem 12. April 2011 von dem ihnen eingeräumten Sonderkündigungsrecht gegenüber der Klägerin Gebrauch.
Die Klägerin hat den Beklagten vorgeworfen, sie hätten diese 65 Mitarbeiter, bei denen es sich um ihre Arbeitnehmer gehandelt habe, aufgrund eines gemeinsamen und von langer Hand vorbereiteten Plans vorsätzlich und rechtswidrig abgeworben. Der Beklagte zu 1. habe die Mitarbeiter, die ihm als „Insider“ vertraut hätten, massiv unter Zeitdruck gesetzt und ua. durch verschiedene wettbewerbsrechtlich unzulässige Äußerungen zur Kündigung veranlasst. Hierdurch sei ihr erheblicher Schaden entstanden. Mit den „produktiven“ Arbeitnehmern habe sie zugleich die jeweils für sie vorgesehenen Arbeitsplätze im Entleiherbetrieb verloren, weil die abgeworbenen Arbeitnehmer dort nahtlos von der [X.] eingesetzt worden seien.
Den ihr durch die Abwerbung von namentlich benannten „produktiven“ Mitarbeitern entstandenen Schaden hat die Klägerin zunächst für den Zeitraum 19. April 2011 bis 30. Juni 2012 ermittelt und auf 2.514.248,00 Euro geschätzt, wobei sie einen entgangenen Gewinn von durchschnittlich 3.154,64 Euro pro Mitarbeiter und Monat angesetzt und berücksichtigt hat, bis wann sie selbst jeden einzelnen Mitarbeiter voraussichtlich in dem jeweiligen Entleiherbetrieb hätte einsetzen können. Mit Schriftsatz vom 29. April 2013 hat sie den Gewinn, der ihr im Zeitraum 19. April 2011 bis 31. Dezember 2012 entgangen sei, auf insgesamt 3.409.307,84 Euro geschätzt und dazu erklärt, es solle, „soweit … sich … die Summe gegenüber der zunächst bezifferten Summe … erhöht, … zum jetzigen Zeitpunkt der Klageantrag gleichwohl nicht erhöht werden“. Für die Schadensberechnung hat sie - für jeden der in den Vorinstanzen benannten Mitarbeiter und für jeden einzelnen Monat gesondert - den Gewinn ermittelt, den sie als Verleiherin voraussichtlich erwirtschaftet hätte.
Die Klägerin hat - soweit noch von Interesse - beantragt,
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die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie 2.514.248,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. |
Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt und gemeint, es handele sich um eine unzulässige Teilklage. Der Klägerin fehle überdies die Aktivlegitimation, weil sie nicht dargelegt habe, dass sie Arbeitgeberin der angeblich rechtswidrig abgeworbenen Mitarbeiter geworden sei. Sie habe auch versäumt, ein rechtswidriges Verhalten der Beklagten in Bezug auf jeden einzelnen Arbeitnehmer darzulegen, für den sie Schadensersatz fordere.
Das Arbeitsgericht hat die Zahlungsklage als unbegründet abgewiesen. Das [X.] hat sie als unzulässig angesehen und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt diese ihren [X.] weiter. Die in den Vorinstanzen erhobenen [X.] haben die Parteien in der Revision nach Abgabe der begehrten Unterlassungserklärungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übereinstimmend für erledigt erklärt.
Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Das [X.] hat die Klage in dem noch anhängigen Umfang zu Unrecht als unzulässig abgewiesen. Ob sie begründet ist, kann der Senat auf der Grundlage der vom [X.] getroffenen Feststellungen nicht entscheiden. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 Z[X.]O) und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] (§ 563 Abs. 1 Satz 1 Z[X.]O).
I. Die Klage ist zulässig. Das [X.] hat verfahrensfehlerhaft angenommen, die [X.] sei nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 Z[X.]O. Die auf eine Verletzung der richterlichen Hinweispflicht (§ 139 Abs. 3 Z[X.]O) gestützte Verfahrensrüge der Klägerin ist begründet.
1. Das [X.] hat unter [X.]erücksichtigung des ihm vorgetragenen Sachverhalts im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, die Klägerin habe eine der Mitarbeiterzahl und [X.] entsprechende Vielzahl selbständiger prozessualer Ansprüche geltend gemacht (vgl. dazu [X.] 17. Dezember 2015 - 8 [X.] - mwN). Sie hat ihre Schadensersatzforderung nicht auf die von ihr im Laufe des Verfahrens neu berechnete Gesamtsumme von 3.409.307,84 [X.] erhöht, sondern den [X.]rozess ausdrücklich mit dem ursprünglichen, in Höhe von 2.514.248,00 [X.] bezifferten Klageantrag fortgesetzt. Die so geführte [X.] war unzulässig, weil den Darlegungen der Klägerin nicht zu entnehmen war, wie sich der eingeklagte [X.]etrag auf die einzelnen Ansprüche verteilt und in welcher Reihenfolge diese Ansprüche zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden.
2. Die von der Klägerin erhobene Rüge der Verletzung der Hinweispflicht nach § 139 Abs. 3 Z[X.]O ist begründet.
a) Nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]uchst. b Z[X.]O müssen Verfahrensrügen die genaue [X.]ezeichnung der Tatsachen enthalten, die den Mangel ergeben, auf den sich die Revision stützen will. Dazu muss auch die Kausalität zwischen Verfahrensmangel und Ergebnis des [X.]erufungsurteils dargelegt werden ([X.] 17. Februar 2016 - 10 [X.] - Rn. 11). Wird eine Verletzung der dem [X.] obliegenden Hinweispflicht nach § 139 Abs. 3 Z[X.]O gerügt, muss im Einzelnen vorgetragen werden, welchen konkreten Hinweis das [X.] dem Revisionskläger aufgrund welcher Tatsachen hätte erteilen müssen und was dieser auf einen entsprechenden Hinweis vorgebracht hätte ([X.] 6. Januar 2004 - 9 [X.] - zu II 3 e aa der Gründe, [X.]E 109, 145). Der zunächst unterbliebene Vortrag muss vollständig nachgeholt und über die Rüge aus § 139 Z[X.]O schlüssig gemacht werden. Nur so kann das Revisionsgericht beurteilen, ob das Urteil auf dem unterlassenen Hinweis beruht ([X.] 19. Oktober 2010 - 6 [X.] - Rn. 24).
b) Die Klägerin hat mit Recht gerügt, das [X.] habe sie entgegen § 139 Abs. 3 Z[X.]O nicht darauf hingewiesen, dass es die [X.] als nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 Z[X.]O erachte. Sie hat des Weiteren vorgetragen, was sie auf einen entsprechenden Hinweis vorgebracht hätte.
aa) Die gerichtlichen Hinweispflichten nach § 139 Z[X.]O dienen der Vermeidung von Überraschungsentscheidungen und konkretisieren den Anspruch der [X.]en auf rechtliches Gehör (vgl. [X.] 5. April 2012 - 2 [X.]vR 2126/11 - Rn. 18). Hinsichtlich von Amts wegen zu berücksichtigender [X.]unkte sieht § 139 Abs. 3 Z[X.]O ausdrücklich eine Hinweispflicht vor, die gemäß § 525 Satz 1 Z[X.]O auch für das [X.]erufungsgericht gilt. Erachtet das [X.]erufungsgericht die Klage entgegen der Auffassung des Erstgerichts für unzulässig, muss es den Kläger grundsätzlich hierauf hinweisen ([X.]/13 - Rn. 11 mwN).
[X.]) Dem folgend hätte das [X.] die Klägerin auf seine [X.]edenken bezüglich der mangelnden [X.]estimmtheit der [X.] hinweisen müssen.
(1) Das Arbeitsgericht ist ohne nähere Ausführungen von der Zulässigkeit der [X.] ausgegangen und hat diese als unbegründet abgewiesen. Damit konnte die Klägerin darauf vertrauen, vom [X.] rechtzeitig einen Hinweis nach § 139 Abs. 3 Z[X.]O zu erhalten, wenn es der [X.]eurteilung der Vorinstanz hinsichtlich der Zulässigkeit der [X.] nicht folgen wollte und aufgrund seiner abweichenden Ansicht eine Konkretisierung der Klageforderung für erforderlich hielt.
(2) Der erforderliche Hinweis durch das [X.] war nicht deshalb entbehrlich, weil die Klägerin anwaltlich vertreten war. Die Hinweispflicht besteht auch gegenüber der anwaltlich vertretenen [X.], wenn der [X.]rozessbevollmächtigte die Rechtslage ersichtlich falsch beurteilt ([X.] Dezember 2012 - IV ZR 188/12 - Rn. 8). Ein derartiger Fall lag hier für das [X.] erkennbar vor, weil die Klägerin offensichtlich - ebenso wie das Arbeitsgericht - davon ausging, die [X.]egründung des [X.] genüge den gesetzlichen Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 Z[X.]O.
(3) Auch der Umstand, dass die [X.]eklagten bereits erstinstanzlich [X.]edenken gegen die Zulässigkeit der [X.] erhoben haben, entband das [X.] nicht von seiner Hinweispflicht. Zwar können sonst gebotene Hinweise des Gerichts unterbleiben, wenn die betroffene [X.] von der Gegenseite die nötige Unterrichtung erhalten hat. Dies gilt aber nicht ohne Weiteres für die gerichtliche [X.]flicht, auf sachdienliche Klageanträge hinzuwirken. So geht der [X.] zu Recht davon aus, dass eine [X.] nicht schon dann begründeten Anlass zur Änderung ihres [X.] hat, wenn die Gegenseite in der [X.]erufungsinstanz das erstrittene Sachurteil wegen seines angeblich unbestimmten Ausspruchs angreift. Solche Konsequenzen muss der [X.] erst dann erwägen, wenn er durch das [X.]erufungsgericht selbst erfährt, dass es den für ihn günstigen Standpunkt der Vorinstanz insoweit nicht teilt ([X.] 23. April 2009 - [X.]/06 - Rn. 6). Demzufolge hatte die Klägerin im zweiten Rechtszug trotz der von den [X.]eklagten vorgetragenen [X.]edenken gegen die Zulässigkeit der [X.] keinen begründeten Anlass zur Ergänzung der Klagebegründung, weil sie aufgrund der vom Arbeitsgericht ersichtlich bejahten Zulässigkeit der Klage davon ausgehen durfte, einen Hinweis des [X.]s nach § 139 Abs. 3 Z[X.]O zu erhalten, wenn dieses der Auffassung der Vorinstanz nicht folgen würde.
cc) Die Klägerin hat zur [X.]egründung ihrer Verfahrensrüge des Weiteren ausgeführt, im Falle eines richterlichen Hinweises auf die mangelnde [X.]estimmtheit des [X.] iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 Z[X.]O hätte sie dargelegt, dass sie den mit der [X.] geforderten Schadensersatz auf alle Mitarbeiter gleich verteilt habe und daher für jeden der 57 in der Revisionsbegründung namentlich benannten Mitarbeiter einen Teilanspruch bis zur Höhe von 1/57 der [X.]forderung verlange. Für die konkrete [X.]estimmung des Schadens komme es maßgeblich darauf an, wie lange jeder der betroffenen Mitarbeiter ohne den Wechsel zur [X.] bei der Klägerin verblieben wäre. Eine exakte [X.]emessung des Schadens sei nicht möglich, weil eine sichere [X.]rognose über die Dauer des [X.] der betroffenen Arbeitsverhältnisse nicht erstellt werden könne. Jedenfalls hätte jeder Arbeitnehmer den für ihn geltend gemachten [X.]etrag von 1/57 der Klageforderung früher oder später erreicht. Der genaue [X.]punkt hänge von den jeweiligen [X.]ersonalkosten und Einsatzmöglichkeiten ab. Damit hat die Klägerin den Klagegrund hinreichend bestimmt. Sie verlangt hiernach in zeitlich fortschreitender Folge ab dem 19. April 2011 Ersatz des Schadens, der ihr durch die entgangenen Einsatzmöglichkeiten der jeweiligen Arbeitnehmer entstanden ist, und zwar für jeden einzelnen [X.]eschäftigten bis zu einem [X.]etrag in Höhe von 1/57 der [X.]forderung, dh. [X.] [X.].
dd) Die angefochtene Entscheidung beruht auf der gerügten Verletzung der Hinweispflicht nach § 139 Abs. 3 Z[X.]O. Die Klägerin hätte die notwendige [X.]estimmung ihres Klageantrags im zweiten Rechtszug gemäß § 264 Nr. 2 Z[X.]O vornehmen können. [X.]ei einer [X.], mit der mehrere Ansprüche geltend gemacht werden, deren Summe den eingeklagten Teil übersteigt, kann die [X.]estimmung, bis zu welcher Höhe bzw. in welcher Reihenfolge die einzelnen Teilansprüche verfolgt werden, nachgeholt werden ([X.] 17. März 2016 - III ZR 200/15 - Rn. 28 mwN). Die Annahme des [X.]s, die Klage sei unzulässig, stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 Z[X.]O). Sonstige Gesichtspunkte, aus denen die Klage unzulässig sein könnte, sind nicht erkennbar.
II. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das [X.] der Klage stattgegeben hätte, wenn es von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen wäre. Das Urteil des [X.]s kann danach nicht aufrechterhalten werden (§ 562 Abs. 1 Z[X.]O). Ob die Klage mit dem nunmehr hinreichend bestimmten Klagegrund begründet ist und die [X.]eklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, an die Klägerin den geforderten [X.]etrag zu leisten, kann der Senat auf der Grundlage der vom [X.] getroffenen Feststellungen nicht beurteilen. Der Rechtsstreit ist deshalb an das [X.] zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 Z[X.]O) und den [X.]en Gelegenheit zu weiterem Vorbringen zu geben.
1. Eine Sachentscheidung des Senats gemäß § 563 Abs. 3 Z[X.]O kommt nicht in [X.]etracht.
a) Die vom [X.]erufungsgericht hilfsweise zu seiner Abweisung der Klage als unzulässig angestellten Überlegungen zur [X.]egründetheit der Klage gelten als nicht geschrieben und sind vom Revisionsgericht grundsätzlich nicht zu beachten ([X.] 25. Januar 2001 - 8 [X.]). Auf die [X.]egründetheit der Klage darf das Revisionsgericht in derartigen Fällen nur eingehen, wenn das [X.]erufungsurteil einen Sachverhalt festgestellt hat, der für die rechtliche [X.]eurteilung eine verwertbare tatsächliche Grundlage bietet, und bei Zurückverweisung ein anderes Ergebnis nicht möglich erscheint. Diese Voraussetzung ist etwa erfüllt, wenn der Klagevortrag in jeder Richtung unschlüssig ist und auch durch weiteres [X.]vorbringen nicht schlüssig gemacht werden kann ([X.] 2. Dezember 2015 - IV ZR 28/15 - Rn. 12).
b) Nach diesen Grundsätzen ist dem Senat eine eigene Sachentscheidung nicht möglich.
aa) Eine Entscheidung über den [X.] kommt nicht bereits deshalb in [X.]etracht, weil das angefochtene Urteil hinsichtlich der ursprünglich ebenfalls verfolgten Unterlassungsansprüche ein mit Gründen versehenes Sachurteil ist (vgl. zu einem derartigen Fall [X.] 25. November 1966 - V ZR 30/64 - zu II b der Gründe, [X.]Z 46, 281). Das [X.] hat insoweit den zum Schadensersatzanspruch gehaltenen Sachvortrag der [X.]en nur teilweise berücksichtigt. Seinen Ausführungen kann daher nicht entnommen werden, dass es - hätte es die Zahlungsklage ebenfalls für zulässig erachtet - von seinem rechtlichen Standpunkt aus die sachliche Entscheidung über diese nicht anders hätte treffen können als hinsichtlich des [X.].
[X.]) Einer eigenen Sachentscheidung des Senats steht entgegen, dass im Falle der Zurückverweisung der Sache an das [X.] auch eine andere Entscheidung möglich ist als die vom [X.] hilfsweise begründete Klageabweisung. Die von der Klägerin auf § 9 Satz 1 UWG, §§ 280, 826 [X.]G[X.] und § 823 Abs. 1 [X.]G[X.] sowie § 61 Abs. 1 Alt. 1 HG[X.] gestützte Klage ist allerdings derzeit nicht schlüssig.
(1) Ein in der [X.]erson der Klägerin entstandener Schadensersatzanspruch kann nach diesen Anspruchsgrundlagen nur bestehen, wenn die Klägerin Arbeitgeberin der 57 Mitarbeiter war, deren rechtswidrige Abwerbung sie den [X.]eklagten vorwirft. Dies ergibt sich aus dem bisherigen Vorbringen der Klägerin nicht. Den Darlegungen der Klägerin in den Vorinstanzen ist nicht hinreichend deutlich zu entnehmen, dass die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer, für deren Abwerbung sie von den [X.]eklagten Schadensersatz verlangt, im Zusammenhang mit der Übernahme des [X.]“ auf sie im Wege des [X.]etriebsübergangs übergegangen sind.
(aa) Ob eine Spaltung und Ausgliederung iSv. § 123 Abs. 1 bis Abs. 3 [X.] mit einem [X.]etriebs(teil)übergang verbunden ist, hängt maßgeblich vom Inhalt des [X.] ab (§ 125 iVm. §§ 4 ff., § 126 Abs. 1 Nr. 9 [X.]); insoweit bestehen weitreichende Gestaltungsmöglichkeiten (vgl. [X.]/[X.] 7. Aufl. § 613a [X.]G[X.] Rn. 189). Da § 324 [X.] eine Rechtsgrundverweisung auf § 613a Abs. 1 und Abs. 4 bis Abs. 6 [X.]G[X.] enthält, muss das Vorliegen eines [X.]etriebs(teil)übergangs bei einer Verschmelzung, Spaltung oder Vermögensübertragung für jede der in [X.]etracht kommenden (Teil-)Einheiten eigenständig geprüft werden (vgl. [X.] 6. Oktober 2005 - 2 [X.] 1 c der Gründe; [X.]/[X.] 16. Aufl. § 324 [X.] Rn. 2; [X.]/[X.] § 324 [X.] Rn. 1). Für die Frage, welchem [X.]etrieb oder [X.]etriebsteil ein Arbeitnehmer zugeordnet ist, kommt es zunächst auf den Willen der Arbeitsvertragsparteien an. Liegt ein solcher weder in ausdrücklicher noch in konkludenter Form vor, erfolgt die Zuordnung grundsätzlich - ebenfalls ausdrücklich oder konkludent - durch den Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts ([X.] 21. Februar 2013 - 8 [X.] 877/11 - Rn. 35 mwN).
([X.]) Die Klägerin hat in der [X.]erufungsinstanz nicht vorgetragen, welche sächlichen und immateriellen [X.]etriebsmittel zu dem Teilbetrieb „Automotive“ gehörten, den sie gemäß [X.] vom 15. Februar 2011 übernommen hat, und welche Arbeitnehmer diesem zugeordnet waren. Insoweit fehlte es an einer substanziierten Darlegung, ob und ggf. in welchem Umfang ein [X.]etriebsteilübergang iSv. § 613a [X.]G[X.] auf die Klägerin stattgefunden hat (vgl. zu den Voraussetzungen [X.] 21. August 2014 - 8 [X.] 648/13 - Rn. 15 ff.) und welche Arbeitsverhältnisse im Einzelnen davon betroffen waren.
(2) Die Klägerin hat des Weiteren in den Vorinstanzen nicht hinreichend konkret dargelegt, dass sich die [X.]eklagten in jedem Einzelfall der behaupteten unlauteren Abwerbung von Arbeitnehmern rechtswidrig verhalten haben.
(aa) [X.]islang hat die Klägerin nur in [X.]ezug auf die Arbeitnehmer S, [X.] und [X.] konkrete Einzelheiten zu den Umständen vorgetragen, unter denen diese von dem [X.]eklagten zu 1. zum Ausspruch einer Kündigung gegenüber der Klägerin und zum Abschluss eines Arbeitsvertrags mit der [X.] veranlasst worden sein sollen. Weil [X.] nicht gekündigt hat und die Herren [X.] und [X.] ihren Wechsel zur [X.] kurz darauf rückgängig gemacht haben, macht die Klägerin jedoch für keinen dieser Arbeitnehmer Schadensersatzansprüche geltend. Aus dem Sachvortrag der Klägerin zu den Umständen der Abwerbung dieser Arbeitnehmer lässt sich daher für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch nichts unmittelbar herleiten.
([X.]) Die [X.]ehauptung der Klägerin, die Arbeitnehmer U und [X.]e seien „auf die gleiche Art und Weise wie die Arbeitnehmer S und [X.] abgeworben“ worden, ist unschlüssig. [X.]ereits nach der eigenen Darstellung der Klägerin hatte die am 12. April 2011 erfolgte persönliche Ansprache durch [X.] am Arbeitsplatz bei Herrn [X.] einen anderen Inhalt als bei [X.] So soll [X.]u [X.] nahegelegt haben, einen für den Nachmittag vereinbarten Arzttermin zugunsten der Teilnahme an dem „Informationsgespräch“ abzusagen. [X.] sei am 12. April 2011 in einem Vier-Augen-Gespräch gesagt worden, er müsse sich bis zum nächsten Tag (13. April 2011) entscheiden, ob er „dabei“ sei oder nicht, und danach sei er erneut von [X.] angesprochen und aufgefordert worden, nochmals zum [X.]eklagten zu 1. in das Wohnmobil zu gehen. In [X.]ezug auf Herrn [X.] hat die Klägerin derartigen Vortrag nicht gehalten.
(cc) Der in [X.]ezug auf die Arbeitnehmer S, [X.] und [X.] gehaltene Vortrag der Klägerin erlaubt nicht ohne Weiteres den Schluss darauf, dass alle 57 in der Revisionsbegründung benannten Mitarbeiter „in ähnlicher Weise angesprochen“ bzw. „gleichförmig“ oder „immer nach dem gleichen Muster“ abgeworben worden seien. Dagegen spricht nicht nur der Umstand, dass bereits nach dem Vortrag der Klägerin keineswegs alle Mitarbeiter zu [X.] in das Wohnmobil des [X.]eklagten zu 1. gebeten wurden, sondern insbesondere auch der völlig andere Geschehensablauf, den die Klägerin in [X.]ezug auf Herrn [X.] vorgetragen hat. So soll Herr [X.] nicht am 12. April 2011 und auch nicht durch [X.] am Arbeitsplatz angesprochen, sondern vielmehr erst am 15. April 2011 von der Sekretärin des [X.]eklagten zu 1. angerufen und zur Teilnahme an einem Gespräch mit dem [X.]eklagten zu 1. aufgefordert worden sein. Herrn [X.] gegenüber soll der [X.]eklagte zu 1. zudem geäußert haben, es seien bereits zahlreiche Mitarbeiter zur [X.] gewechselt.
c) Der Klagevortrag kann durch weiteres [X.]vorbringen noch schlüssig gemacht werden.
aa) Die schlüssige Darlegung ihrer Aktivlegitimation kann der Klägerin anhand des [X.] vom 15. Februar 2011 gelingen, den sie erstmals mit der Revisionsbegründung vollständig mitsamt Anlagen vorgelegt hat. Aus diesem könnte hervorgehen, ob und ggf. in welchem Umfang ein [X.]etriebsteilübergang iSv. § 613a [X.]G[X.] auf sie stattgefunden hat (vgl. zu den Voraussetzungen [X.] 21. August 2014 - 8 [X.] 648/13 - Rn. 15 ff.). Soweit die Klägerin danach den Übergang von Arbeitsverhältnissen der Arbeitnehmer, wegen deren behaupteter Abwerbung sie Schadensersatz von den [X.]eklagten begehrt, aufzeigen würde, hätte sie ihre Aktivlegitimation schlüssig dargelegt.
[X.]) Ebenso liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin in [X.]ezug auf die 57 Arbeitnehmer, wegen deren behaupteter Abwerbung sie Schadensersatz von den [X.]eklagten begehrt, Tatsachen zu konkretem pflichtwidrigen Verhalten der [X.]eklagten vortragen kann. Da die Kündigung und der Wechsel dieser Arbeitnehmer zur [X.] in engem zeitlichem Zusammenhang mit dem Wechsel des [X.]eklagten zu 1. zu demselben Unternehmen stand, dessen damaliger Geschäftsführer der [X.]eklagte zu 2. war, und sich die Arbeitnehmer und die [X.]eklagten aus der [X.] ihrer gemeinsamen Tätigkeit für die [X.] persönlich kannten, sind unerlaubte Abwerbehandlungen nicht von vornherein auszuschließen.
2. Das [X.] wird der Klägerin unter [X.]eachtung der obigen Hinweise Gelegenheit zur Nachholung des erforderlichen Sachvortrags zu geben haben. Dabei wird es unter [X.]erücksichtigung der in [X.]etracht kommenden Anspruchsgrundlagen nach § 139 Abs. 1 Z[X.]O auf einen vollständigen Vortrag zu allen erheblichen Tatsachen hinzuwirken haben.
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M. Trümner |
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D. Diener |
Meta
20.04.2016
Bundesarbeitsgericht 10. Senat
Urteil
Sachgebiet: AZR
vorgehend ArbG Köln, 14. November 2013, Az: 12 Ca 5629/12, Urteil
§ 139 Abs 3 ZPO, § 525 S 1 ZPO, § 253 Abs 2 Nr 2 ZPO, § 551 Abs 3 S 1 Nr 2 Buchst b ZPO
Zitiervorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.04.2016, Az. 10 AZR 111/15 (REWIS RS 2016, 12672)
Papierfundstellen: NJW 2016, 2830 REWIS RS 2016, 12672
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
6 AZR 407/10 (Bundesarbeitsgericht)
(Hinweispflicht nach § 6 Satz 2 KSchG - Konsultationspflicht bei Interessenausgleich mit Namensliste - Stellungnahme …
8 AZR 474/14 (Bundesarbeitsgericht)
Deklaratorisches Schuldanerkenntnis - Allgemeine Geschäftsbedingungen - Auslegung - Sittenwidrigkeit - Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung - …
8 AZR 119/14 (Bundesarbeitsgericht)
(Betriebsteilübergang - Massenentlassungsanzeige - Aufhebungsverträge als "andere Beendigungen" i.S.v. § 17 Abs 1 S 2 …
8 AZR 195/19 (Bundesarbeitsgericht)
Schadensersatz - Wunsch des teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers nach einer Verlängerung der Arbeitszeit - unterlassene Information nach …
7 AZR 712/13 (Bundesarbeitsgericht)
Sachgrundlose Befristung - Vorbeschäftigung als Beamter