Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 15.08.2012, Az. 7 ABR 16/11

7. Senat | REWIS RS 2012, 3930

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Gegenstand

Übertragung der Monatsgespräche zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat auf den Betriebsausschuss


Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des [X.] vom 24. November 2010 - 15 [X.]/09 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Betriebsrat dem Betriebsausschuss die in § 74 Abs. 1 [X.] geregelte Aufgabe der monatlichen Besprechungen mit der Arbeitgeberin übertragen kann.

2

Die zu 3. beteiligte Arbeitgeberin stellt Nutzfahrzeuge her. Der Antragsteller ist Mitglied des in ihrem Betrieb in [X.] zuletzt im März 2010 gewählten und zu 2. beteiligten 21-köpfigen [X.]. Er kandidierte auf der Vorschlagsliste „Mehr Öffentlichkeit“; 19 [X.]mitglieder sind aufgrund eines Wahlvorschlags der im Betrieb der Arbeitgeberin vertretenen [X.] gewählt worden. Neben dem Betriebsausschuss hat der Betriebsrat acht Ausschüsse für besondere [X.]achaufgaben gebildet (Personalausschuss, [X.]ozialausschuss, [X.], Planungsausschuss, Ausschuss für Arbeits- und Gesundheitsschutz, für [X.], für Neue Technologien und für Öffentlichkeitsarbeit). Der Antragsteller ist weder im Betriebsausschuss noch in einem der anderen Ausschüsse vertreten.

3

Bereits in der vorangegangenen Wahlperiode hatte der Betriebsrat beschlossen, entsprechend der bisherigen Praxis den Betriebsausschuss mit der Durchführung der monatlichen Besprechungen mit der Arbeitgeberin zu beauftragen. Einen inhaltsgleichen Beschluss fasste der - neu gewählte - Betriebsrat am 12. August 2010.

4

Gegen diese Aufgabenübertragung auf den Betriebsausschuss hat sich der Antragsteller mit seiner am 2. [X.]eptember 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift gewandt. Er hat die Ansicht vertreten, das in § 74 Abs. 1 [X.] vorgesehene monatliche Gespräch habe zwischen dem gesamten [X.]gremium und der Arbeitgeberin stattzufinden. Es gehöre zum Kernbereich der [X.]aufgaben. Eine nur mittelbare Kommunikation über die Mitglieder des [X.] insbesondere für diejenigen [X.]mitglieder, die - wie er - über „Minderheitslisten“ gewählt und im Betriebsausschuss nicht vertreten seien, die Gefahr eines Ausschlusses von Informationen.

5

Der Antragsteller hat - zuletzt - beantragt

        

festzustellen, dass die Beauftragung des Betriebsausschusses mit der Durchführung der Monatsgespräche des § 74 Abs. 1 [X.] unwirksam ist.

6

Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Die Arbeitgeberin hat keinen Antrag gestellt.

7

Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das [X.] hat die Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter. Der Betriebsrat beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

8

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das [X.] die Beschwerde des Antragstellers gegen den seinen Antrag abweisenden Beschluss des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Das zulässige Feststellungsbegehren ist unbegründet. Zwar gehören die monatlichen Besprechungen von Arbeitgeber und Betriebsrat i[X.]d. § 74 Abs. 1 [X.] nicht zu den „laufenden Geschäften“ des [X.], die der Betriebsausschuss nach § 27 Abs. 2 [X.]atz 1 [X.] führt. Die Entscheidung des [X.], seine [X.] mit der Arbeitgeberin dem Betriebsausschuss zu übertragen, ist aber nicht zu beanstanden. Der Betriebsrat ist zu dieser Aufgabenübertragung nach § 27 Abs. 2 [X.]atz 2 [X.] berechtigt.

9

I. Der Antrag ist zulässig.

1. Der Antragsteller ist nach § 81 Abs. 1 ArbGG antragsbefugt. Als Mitglied des [X.] ist er durch die im Antrag näher beschriebene Aufgabenübertragung auf den Betriebsausschuss in seiner eigenen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsposition betroffen. Damit ist er berechtigt, die Zulässigkeit der [X.] gerichtlich klären zu lassen (vgl. bereits [X.] 1. Juni 1976 - 1 [X.] - zu [X.] der Gründe, [X.] [X.] 1972 § 28 Nr. 1 = EzA [X.] 1972 § 28 Nr. 3; vgl. auch - ohne weitere Problematisierung der Antragsbefugnis - für eine von allen [X.]mitgliedern einer [Minderheiten-]Liste angegriffene Übertragung von Aufgaben auf gemeinsame Ausschüsse [X.] 20. Oktober 1993 - 7 [X.] - [X.]E 75, 1).

2. Der Antrag ist hinreichend bestimmt i[X.]d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

a) Nach der auch für das Beschlussverfahren geltenden Vorschrift des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hat der Antragsteller diejenige Maßnahme oder denjenigen betrieblichen Vorgang, für die oder den eine Berechtigung - sei es als Mitbestimmungsrecht, sei es als Kompetenzregelung - in Anspruch genommen oder geleugnet wird, so genau zu bezeichnen, dass mit der Entscheidung über den Antrag zweifelsfrei feststeht, für welche Maßnahme oder welchen Vorgang das Recht bejaht oder verneint worden ist. Nur so können der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis nach § 308 ZPO sowie Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft nach § 322 ZPO festgestellt werden (vgl. [X.] 16. November 2011 - 7 [X.] - Rn. 13 mwN, [X.] [X.] 1972 § 17 Nr. 9 = EzA [X.] 2001 § 17 Nr. 2).

b) Diesem Erfordernis wird der Antrag nach der gebotenen Auslegung gerecht.

aa) Das Begehren des Antragstellers ist darauf gerichtet, feststellen zu lassen, dass die Betrauung des Betriebsausschusses mit der Durchführung der [X.] zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat i[X.]d. § 74 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.] unwirksam ist. Damit ist kein ganz bestimmter [X.]beschluss oder Aufgabenübertragungs„akt“ Verfahrensgegenstand. [X.]treitbefangen ist vielmehr das - allgemeiner zu verstehende - Begehren der Feststellung einer „Nichtberechtigung“ des [X.].

bb) Dieses ist nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend konkret beschrieben. Es geht dem Antragsteller um die Frage, ob der Betriebsrat als in § 74 Abs. 1 [X.] genannter Gesprächspartner sein Recht und seine Pflicht, mit dem Arbeitgeber zu Besprechungen nach dieser Vorschrift zusammenzutreten, auf den Betriebsausschuss übertragen kann. Unklarheiten über den Umfang der objektiven Rechtskraft einer dem Antrag stattgebenden oder ihn abweisenden gerichtlichen [X.]achentscheidung sind nicht zu besorgen.

3. Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Der Antrag ist auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses gerichtet. Der [X.]treit darüber, ob der Betriebsrat die Führung der [X.] i[X.]d. § 74 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.] nach § 27 Abs. 2 [X.]atz 2 [X.] auf den Betriebsausschuss übertragen kann, betrifft ein betriebsverfassungsrechtliches (Binnen-)Rechtsverhältnis zwischen ihm und dem Antragsteller im [X.]inn einer durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten [X.]achverhalt entstandenen rechtlichen Beziehung einer Person zu einer anderen Person. Der Antragsteller hat an der begehrten alsbaldigen Feststellung ein berechtigtes Interesse, weil der Betriebsrat sich eines Rechts zur Delegation der Aufgabe auf den Betriebsausschuss berühmt, entsprechende Beschlüsse gefasst hat und entsprechend verfährt.

II. Der Antrag ist unbegründet. Zwar zählen die - mindestens einmal im Monat durchzuführenden - Besprechungen von Betriebsrat und Arbeitgeber i[X.]d. § 74 Abs. 1 [X.] nicht zu den laufenden Geschäften des [X.], für deren Wahrnehmung der Betriebsausschuss bereits nach § 27 Abs. 2 [X.]atz 1 [X.] zuständig ist. Der Betriebsrat war aber nach § 27 Abs. 2 [X.]atz 2 [X.] berechtigt, dem Betriebsausschuss die Teilnahme an diesen Gesprächen zu übertragen.

1. Bei den Besprechungen nach § 74 Abs. 1 [X.] handelt es sich nicht um „laufende Geschäfte“ i[X.]d. § 27 Abs. 2 [X.]atz 1 [X.], für deren Wahrnehmung der Betriebsausschuss kraft gesetzlicher Zuweisung zuständig ist.

a) § 27 Abs. 2 [X.]atz 1 und [X.]atz 2 [X.] unterscheiden zwischen den „laufenden Geschäften“, deren Wahrnehmung dem Betriebsausschuss kraft Gesetzes übertragen ist, und den „Aufgaben zur selbständigen Erledigung“, die ihm mittels qualifizierten Mehrheitsbeschlusses übertragen werden können. Während „laufende Geschäfte“ regelmäßig interne, verwaltungsmäßige, organisatorische und ggf. wiederkehrende Aufgaben des [X.] meinen, also etwa die Erledigung des [X.]chriftverkehrs, Entgegennahme von Anträgen von Arbeitnehmern, die Einholung von Auskünften, die Vorbereitung von [X.]sitzungen sowie von Betriebs-, Teil- und Abteilungsversammlungen (vgl. [X.] 13. November 1991 - 7 [X.] - zu [X.] 1 b der Gründe, [X.]E 69, 49; zum Personalvertretungsrecht BVerwG 5. Februar 1971 - VII P 17.70 - [X.] PersVG § 53 Nr. 2; 7. November 1969 - VII P 3.69 - BVerwGE 34, 180, 187), betreffen „Aufgaben zur selbständigen Erledigung“ regelmäßig Angelegenheiten aus dem Rechte- und Pflichtenkreis des [X.] im Verhältnis zur Belegschaft, vor allem aber im Verhältnis zum Arbeitgeber, also die Beteiligungs- und Mitbestimmungsangelegenheiten im weitesten [X.]inn. Dies zeigt sich insbesondere an § 27 Abs. 2 [X.]atz 2 Halbs. 2 [X.]. Hiernach ist der Abschluss von Betriebsvereinbarungen ausdrücklich von einer Übertragung auf den Betriebsausschuss ausgenommen; Betriebsvereinbarungen betreffen aber - jedenfalls typischerweise - beteiligungs- und mitbestimmungspflichtige [X.]achverhalte.

b) Danach zählen die Besprechungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber i[X.]d. § 74 Abs. 1 [X.] nicht zu den laufenden Geschäften i[X.]d. § 27 Abs. 2 [X.]atz 1 [X.] (im Ergebnis ebenso: [X.]/[X.] 13. Aufl. § 74 Rn. 7; [X.]/[X.] 12. Aufl. § 74 [X.] Rn. 5; [X.] 26. Aufl. § 74 Rn. 5; [X.] GK-[X.] 9. Aufl. § 74 Rn. 14; [X.]/[X.] zum [X.] 6. Aufl. § 74 Rn. 4; [X.] in [X.] [X.] 13. Aufl. § 74 Rn. 7; Preis in [X.]/Preis/[X.] [X.] 4. Aufl. § 74 Rn. 3). Auch wenn die Besprechungen periodisch stattfinden (sollen), dienen sie nicht internen verwaltungs- und organisatorischen Zwecken des [X.], sondern - wie insbesondere die den Dialog flankierende Verhandlungspflicht nach § 74 Abs. 1 [X.]atz 2 [X.] zeigt - der Erörterung anstehender, betriebsverfassungsrechtlicher Probleme und dem Ziel, bei Konflikten möglichst frühzeitig eine gemeinsame Lösung zu finden. [X.]ie sind, wie auch ihre systematische [X.]tellung im Vierten Teil des [X.] unter der Überschrift „Mitwirkung und Mitbestimmung der Arbeitnehmer“ zeigt, Teil der materiellen Betriebsverfassung und sollen - als Ausprägung des Grundsatzes vertrauensvoller Zusammenarbeit des § 2 Abs. 1 [X.] - den Informationsaustausch zwischen den Betriebsparteien und eine frühzeitige Konfliktklärung sicherstellen (zu § 66 BPersVG vgl. [X.] 14. April 1988 - 6 [X.] - zu [X.] 2 a der Gründe, [X.]E 58, 107).

2. Im vorliegenden Fall hat der Betriebsrat aber seine aus § 74 Abs. 1 [X.] folgende [X.] nach § 27 Abs. 2 [X.]atz 2 [X.] auf den Betriebsausschuss übertragen. Dies ist nicht zu beanstanden.

a) Grundsätzlich entscheidet der Betriebsrat eigenverantwortlich darüber, inwieweit er im Interesse einer effektiven, flexiblen [X.]arbeit die Übertragung von Aufgaben an den Betriebsausschuss für zweckmäßig erachtet.

aa) Der Betriebsausschuss kann grundsätzlich mit jeder Aufgabe betraut werden, für die der Betriebsrat zuständig ist. Dies folgt schon daraus, dass der Gesetzgeber von der Möglichkeit der Aufgabenübertragung nach § 27 Abs. 2 [X.]atz 2 Halbs. 2 [X.] nur den Abschluss von Betriebsvereinbarungen ausgenommen hat (vgl. [X.] 17. März 2005 - 2 [X.]/04 - zu [X.] der Gründe, [X.] [X.] 1972 § 27 Nr. 6 = EzA [X.] 2001 § 28 Nr. 1).

bb) Neben dieser ausdrücklich normierten Einschränkung hat der Betriebsrat bei der Übertragung seiner Aufgaben eine (ungeschriebene) [X.] zu beachten. Er darf sich nicht aller Befugnisse entäußern und muss in einem Kernbereich der gesetzlichen Befugnisse als Gesamtorgan zuständig bleiben. Diese immanente [X.]chranke erfasst Ausnahmefälle und soll verhindern, dass der Betriebsrat durch eine umfassende Aufgabenübertragung zur Bedeutungslosigkeit verkümmert (vgl. [X.] 20. Oktober 1993 - 7 [X.] - zu [X.] 4 der Gründe, [X.]E 75, 1). Wie § 27 Abs. 2 [X.]atz 2 Halbs. 2 [X.] zeigt, darf der Betriebsrat als Gremium nicht belanglos werden. Bei der Beurteilung dieser Frage ist aber nicht auf einen einzelnen Mitbestimmungstatbestand, sondern auf den gesamten Aufgabenbereich des [X.] abzustellen (vgl. bereits [X.] 1. Juni 1976 - 1 [X.] - [X.] [X.] 1972 § 28 Nr. 1 = EzA [X.] 1972 § 28 Nr. 3; so auch 17. März 2005 - 2 [X.]/04 - zu [X.] 2 a der Gründe mwN, [X.] [X.] 1972 § 27 Nr. 6 = EzA [X.] 2001 § 28 Nr. 1). Eine punktuelle Betrachtung, nach der hinsichtlich jeder einzelnen Aufgabe dem Betriebsrat eine (Rest-)Kompetenz verbleiben müsste, würde eine Einschränkung seiner Befugnis zur Aufgabenübertragung bedeuten, die weder mit dem Gesetzeswortlaut noch mit [X.]inn und Zweck der §§ 27 f. [X.] zu vereinbaren wäre (vgl. [X.] 20. Oktober 1993 - 7 [X.] - zu [X.] 4 b aa der Gründe, [X.]E 75, 1). Auch die komplette Übertragung eines einzelnen Mitbestimmungstatbestandes auf einen Ausschuss begegnet daher keinen rechtlichen Bedenken (zur Übertragung der Befugnisse nach §§ 92 bis 95 [X.] vgl. [X.] 1. Juni 1976 - 1 [X.] - [X.] [X.] 1972 § 28 Nr. 1 = EzA [X.] 1972 § 28 Nr. 3).

cc) Die Entscheidung des [X.], welche Aufgaben er an den Betriebsausschuss (und an weitere Ausschüsse) überträgt, ist gerichtlich nicht auf ihre Zweckmäßigkeit, sondern nur auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfbar (hierzu [X.] 17. März 2005 - 2 [X.]/04 - zu [X.] der Gründe, [X.] [X.] 1972 § 27 Nr. 6 = EzA [X.] 2001 § 28 Nr. 1; 20. Oktober 1993 - 7 [X.] - zu [X.] 4 der Gründe, [X.]E 75, 1).

b) Gemessen hieran ist die verfahrensgegenständliche Aufgabenübertragung rechtmäßig.

aa) Die Besprechung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber i[X.]d. § 74 Abs. 1 [X.] ist eine Aufgabe des [X.]. Dieser ist damit grundsätzlich berechtigt, den Betriebsausschuss mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe zu beauftragen (offengelassen von [X.] 19. Januar 1984 - 6 [X.] - zu 2 der Gründe, [X.]E 45, 22; ebenso [X.]/[X.] § 74 Rn. 7; [X.]/[X.] § 74 [X.] Rn. 5; [X.] § 74 Rn. 5; HaKo-[X.]/[X.] 3. Aufl. § 74 Rn. 3; Preis in [X.]/Preis/[X.] [X.] § 74 Rn. 3; grds. aA [X.] GK-[X.] § 74 Rn. 14; [X.]/[X.] zum [X.] § 74 Rn. 4; diff. [nur für den Fall der Erörterung von Angelegenheiten, die dem Betriebsausschuss übertragen sind] [X.] in [X.] [X.] § 74 Rn. 7; wohl auch H/[X.]/W/G/N/R/[X.] 8. Aufl. § 74 Rn. 4). Eine andere Ansicht führte zu dem (wertungs-)widersprüchlichen Ergebnis, dass es einerseits möglich wäre, die Erledigung jeglicher [X.]aufgaben - nur mit der Ausnahme des Abschlusses von Betriebsvereinbarungen - zu delegieren, andererseits aber entsprechende Vorbesprechungen zwischen Betriebsausschuss und Arbeitgeber ausgeschlossen wären.

bb) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde steht dem weder die Bedeutung des [X.] „an sich“ entgegen noch läuft der Betriebsrat im vorliegenden Fall mit der Übertragung der [X.] auf den Betriebsausschuss Gefahr, als Gremium zur Bedeutungslosigkeit zu verkümmern.

(1) Ein den unübertragbaren Kernbereich der Kompetenz des [X.] betreffender Eingriff ist mit der Übertragung der monatlichen Zusammenkünfte mit dem Arbeitgeber zu Besprechungen i[X.]d. § 74 Abs. 1 [X.] auf den Betriebsausschuss schon deshalb nicht verbunden, weil während dieser Zusammenkünfte keine Entscheidungen getroffen werden können. Kennzeichnend für die in § 74 Abs. 1 [X.] geregelte Besprechungs- (und Verhandlungs-)pflicht ist vielmehr, dass ihre Teilnehmer nicht verpflichtet sind und nicht verpflichtet werden können, für die jeweilige [X.]eite bindende Beschlüsse zu fassen (vgl. [X.] 19. Januar 1984 - 6 [X.] - zu 2 der Gründe, [X.]E 45, 22). [X.]oweit der Betriebsrat Aufgaben „abgibt“, die - wie das [X.] - einen vorbereitenden, beratenden oder informativ-klärenden Charakter haben, ist die Möglichkeit einer „regulierten [X.]elbstentwertung“ des Kollektivorgans daher bereits strukturell ausgeschlossen.

(2) Es bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Betriebsrat im vorliegenden [X.]treitfall wegen der Übertragung der [X.] auf den Betriebsausschuss zur Bedeutungslosigkeit zu verkümmern droht. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der weiteren von ihm gebildeten Ausschüsse und entsprechender Aufgabenübertragungen. Nicht die Betrauung des Betriebsausschusses mit der Teilnahme an den [X.]n des § 74 Abs. 1 [X.] ist geeignet, den Kernbereich gesetzlicher Befugnisse des [X.] zu tangieren, sondern allenfalls eine anderweitige umfassende Übertragung von Entscheidungsbefugnissen.

cc) Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist die Aufgabenübertragung schließlich nicht im Hinblick auf den „Minderheitenschutz“ von [X.]mitgliedern unrechtmäßig oder gestaltungsmissbräuchlich.

(1) Der im [X.] bei verschiedenen organisatorischen Vorschriften - vgl. § 27 Abs. 1 [X.]atz 3, § 28 Abs. 1 [X.]atz 2, § 38 Abs. 2 [X.]atz 1, § 51 Abs. 1 [X.]atz 2 [X.] - zum Ausdruck kommende „[X.]chutz der im Betriebsrat vertretenen Minderheitenkoalitionen“ (hierzu [X.] 16. November 2005 - 7 [X.] [X.] 1 [X.] (3) der Gründe, [X.] [X.] 1972 § 28 Nr. 7 = EzA [X.] 2001 § 28 Nr. 3) steht der Übertragung der [X.] nach § 74 Abs. 1 [X.] vom Betriebsrat auf den Betriebsausschuss nicht entgegen. Eine gegenteilige Annahme führte zu dem Ergebnis, dass die Minderheitenfraktion eines [X.] jedwede Übertragung von Aufgaben i[X.]v. § 27 Abs. 2 [X.]atz 2 [X.] konterkarieren könnte. Das [X.] gewährt den Minderheitenkoalitionen aber nur einen durch die Vorschriften zur Wahl der Ausschussmitglieder vermittelten „begrenzten“ [X.]chutz. Er wird bei der Besetzung des Betriebsausschusses durch § 27 Abs. 1 [X.]atz 3 [X.] verwirklicht. Hiernach sind die - neben dem Vorsitzenden des [X.] und dessen [X.]tellvertreter - weiteren Ausschussmitglieder nach den Grundsätzen der Verhältniswahl zu wählen. Der Minderheitenschutz ist im Übrigen flankiert durch § 34 Abs. 3 [X.]. Danach hat jedes [X.]mitglied - nicht nur ein Ausschussmitglied - das Recht, Unterlagen des [X.] einzusehen (vgl. hierzu [X.] 12. August 2009 - 7 [X.] - [X.]E 131, 316). Der Antragsteller übersieht bei seiner Argumentation, dass das [X.] des § 74 Abs. 1 [X.] nicht der Information des einzelnen [X.]mitglieds oder seinem höchstpersönlichen Austausch mit dem Arbeitgeber dient, sondern eine - delegationsfähige - Aufgabe und Pflicht des Gesamtorgans ist.

(2) Anhaltspunkte dafür, dass die Übertragung der [X.] auf den Betriebsausschuss allein erfolgte, um den Antragsteller als Vertreter einer Minderheitenliste von einer diskursiven Auseinandersetzung mit der Arbeitgeberin oder von Informationen auszuschließen, sind nicht ersichtlich. Hiergegen spricht zum einen, dass der Betriebsrat - ohne dass er dies müsste - seine Entscheidung ua. damit gerechtfertigt hat, bei einer Wahrnehmung der Monatsbesprechungen durch ihn als Gremium wäre der Teilnehmerkreis für einen konstruktiven und effektiven Dialog wohl zu groß. Derartige - nachvollziehbare - Überlegungen darf der Betriebsrat bei seiner Entscheidung einer Aufgabenübertragung auf den Betriebsausschuss ohne Weiteres einfließen lassen. Die „Beschränkung“ des gerichtlichen Überprüfungsmaßstabs auf eine Rechtskontrolle bedeutet nicht, dass der Betriebsrat nicht seinerseits Zweckmäßigkeitsüberlegungen bei seiner Entscheidung über die [X.] anstellen kann. Gegen einen gezielten Ausschluss des Antragstellers von der Wahrnehmung der [X.] dürfte zum anderen sprechen, dass die verfahrensgegenständliche Aufgabenübertragung nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Beschwerdegerichts einer langjährigen Praxis entspricht. [X.]ollte in diesem Zusammenhang die [X.] des Ausschusses an das Plenum des [X.] - wie vom Antragsteller behauptet - mangelhaft sein, führte dies nicht zur Unzulässigkeit der Aufgabenübertragung als solche, sondern wäre durch den Betriebsrat zu beheben (in diesem [X.]inn bereits [X.] 1. Juni 1976 - 1 [X.] - zu III 2 der Gründe, [X.] [X.] 1972 § 28 Nr. 1 = EzA [X.] 1972 § 28 Nr. 3).

        

    [X.]    

        

    Zwanziger    

        

    [X.]chmidt    

        

        

        

    Coulin    

        

    Kley    

        

        

Meta

7 ABR 16/11

15.08.2012

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Braunschweig, 22. Oktober 2009, Az: 1 BV 14/09, Beschluss

§ 27 Abs 2 S 1 BetrVG, § 27 Abs 2 S 2 BetrVG, § 74 Abs 1 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 15.08.2012, Az. 7 ABR 16/11 (REWIS RS 2012, 3930)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3930

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