Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 20.12.2012, Az. 5 B 34/12

5. Senat | REWIS RS 2012, 116

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Ausbildungsförderung; Altersgrenze für Masterstudiengang


Gründe

1

Die auf den Zulassungsgrund der Grundsatzbedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte [X.]eschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Grundsätzliche [X.]edeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende [X.]edeutung bestehen soll (vgl. [X.]eschluss vom 19. August 1997 - [X.]VerwG 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14). Diesen Anforderungen wird die [X.]eschwerdebegründung nicht gerecht.

3

a) Dies gilt zunächst, soweit die [X.]eschwerde die Frage für klärungsbedürftig hält:

"Ist Art. 1 Nr. 5a des [X.] auf Ausbildungszeiten anwendbar, die vor Inkrafttreten des [X.] liegen?"

4

Denn es besteht kein [X.]edarf an einer revisionsgerichtlichen Klärung, wenn sich die aufgeworfene Frage - wie hier - auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres beantworten lässt (stRspr, vgl. [X.]eschlüsse vom 28. Mai 1997 - [X.]VerwG 4 [X.] - [X.] 407.4 § 5 [X.] Nr. 10 und vom 16. November 2004 - [X.]VerwG 4 [X.] 71.04 - [X.] 406.11 § 154 [X.]auG[X.] Nr. 5). Jedenfalls soweit es auf die von der [X.]eschwerde aufgeworfene Frage entscheidungserheblich ankommt, ist die Antwort darauf unschwer anhand der Gesetzesauslegung zu ermitteln.

5

Die durch Art. 1 Nr. 5 [X.]uchst. a des Dreiundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des [X.] (23. [X.]) vom 24. Oktober 2010 ([X.] 1422) geänderte Vorschrift des § 10 Abs. 3 Satz 1 [X.] (n.F.) ist - wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend angenommen hat - dahin auszulegen, dass die damit getroffene Neuregelung auf [X.]ewilligungszeiträume, die vor ihrem Inkrafttreten liegen, nicht anwendbar ist. Die nach Art. 8 Abs. 1 des 23. [X.] am 28. Oktober 2010 in [X.] getretene Neuregelung des § 10 Abs. 3 Satz 1 [X.] (n.F.), mit welcher der Gesetzgeber die Altersgrenze für Masterstudiengänge auf 35 Jahre angehoben hat, misst sich nach ihrem klaren Wortlaut keine rückwirkende Geltung (für [X.]ewilligungszeiträume, die vor ihrem Inkrafttreten liegen) bei. Allein insoweit könnte diese Frage in einem Revisionsverfahren erheblich werden, weil nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des [X.] allein der bereits abgelaufene [X.]ewilligungszeitraum von Oktober 2009 bis Juli 2010 - dem Zeitpunkt des Abschlusses des Masterstudiengangs der Klägerin - im Streit steht.

6

Etwas Gegenteiliges für die Auslegung des § 10 Abs. 3 Satz 1 [X.] (n.F.) ergibt sich entgegen den Ausführungen der [X.]eschwerde nicht aus dem systematischen Verhältnis zu der durch Art. 1 Nr. 27 des 23. [X.] neu gefassten Übergangsvorschrift des § 66a Abs. 2 [X.] (n.F.). Vielmehr wird die die Regelung des § 10 Abs. 3 Satz 1 [X.] (n.F.) von dieser Übergangsvorschrift weder erfasst noch lassen sich daraus Rückschlüsse ziehen, die auf ihre Anwendbarkeit auf vergangene [X.]ewilligungszeiträume schließen lassen. Nach § 66a Abs. 2 Satz 2 [X.] (n.F.) sind zwar verschiedene Vorschriften des Gesetzes in ihrer neuen ab 28. Oktober 2010 geltenden Fassung bereits ab dem 1. Oktober 2010 anzuwenden. Diese Übergangsvorschrift nennt jedoch zum einen die hier in Rede stehende Regelung des § 10 Abs. 3 Satz 1 [X.] (n.F.) gerade nicht. Zum anderen wären von dieser begrenzten Rückwirkungsanordnung jedenfalls die vor dem 1. Oktober 2010 bereits abgelaufenen ([X.]ewilligungs-)Zeiträume (wie der im vorliegenden Fall streitbefangene [X.]ewilligungszeitraum von Oktober 2009 bis Juli 2010) von vornherein nicht erfasst.

7

Dabei ergeben sich keinerlei Hinweise dafür, dass das Fehlen einer Rückwirkungsanordnung im Hinblick auf § 10 Abs. 3 Satz 1 [X.] (n.F.) auf ein Versehen des Gesetzgebers zurückzuführen sein könnte. Vielmehr spricht neben dem klaren Wortlaut des § 66a Abs. 2 [X.] (n.F.) auch der durch die Entstehungsgeschichte dokumentierte Zweck dieser Übergangsvorschrift dagegen, ihre Rückwirkungsanordnung über die ausdrücklich genannten Vorschriften und Zeiträume hinaus auf § 10 Abs. 3 Satz 1 [X.] (n.F.) zu erstrecken. Denn nach der [X.]egründung des Gesetzentwurfs soll § 66a Abs. 2 [X.] (n.F.) gewährleisten, "dass möglichst wenig zusätzlicher Verwaltungsaufwand durch [X.] bei bereits laufenden [X.]ewilligungszeiträumen entsteht" ([X.]TDrucks 17/1551 S. 33). Dem würde eine rückwirkende Erstreckung der Regelung des § 10 Abs. 3 Satz 1 [X.] (n.F.) auf vor ihrem Inkrafttreten abgelaufene [X.]ewilligungszeiträume zuwiderlaufen. Dies verdeutlicht überdies die weitere Erläuterung in der Gesetzesbegründung (a.a.[X.]), wo es heißt:

"In der langjährigen Tradition der [X.] zum [X.] gilt als Regel, dass alle Änderungen zwar grundsätzlich sofort, d.h. am Tag nach der Verkündung in [X.] treten, dies jedoch zunächst nur für neue [X.]ewilligungszeiträume ([X.]WZ). Leistungen nach dem [X.] werden in der Regel für einen [X.]ewilligungszeitraum von einem Jahr bewilligt. Der [X.]WZ beginnt mit Antragstellung für die Ausbildung, die für Schüler in der Regel zu Schuljahresbeginn am 1. August eines Jahres, für Studierende zu [X.]eginn des Wintersemesters am 1. September (Fachhochschulen) bzw. 1. Oktober (Universitäten) beginnt. Die Maßgaben des § 66a sorgen dafür, dass [X.] wegen Rechtsänderung im laufenden [X.]WZ nach Möglichkeit vermieden werden. Damit soll der Verwaltungsaufwand für die Ämter für Ausbildungsförderung in Grenzen gehalten werden."

8

b) Auch die von der Klägerin weiter aufgeworfene Frage

"Stehen die Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG einer Regelung entgegen, Ausbildungsförderung für ein Masterstudium, das für die Aufnahme des Lehrerberufs qualifiziert, nicht zu gewähren, wenn die Auszubildenden zu [X.]eginn des Masterstudiums die Altersgrenze von 30 Jahren nach § 10 Abs. 3 [X.] erreicht hatten, wie sie vor Inkrafttreten des [X.] galt"?

verhilft der [X.]eschwerde nicht zum Erfolg. Diese Frage rechtfertigt die begehrte Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung der Rechtssache jedenfalls deshalb nicht, weil es sich - wie auch die [X.]eschwerde einräumt - im Hinblick auf die hier allein in Rede stehende Altersgrenze von 30 Jahren für die Ausbildungsförderung von Masterstudiengängen um eine Frage ausgelaufenen Rechts handelt. Es geht dabei nämlich um die vor Inkrafttreten des 23. [X.], also bis zum 27. Oktober 2010 geltende Fassung der Regelung des § 10 Abs. 3 [X.], die sie durch das [X.] zur Änderung des [X.] vom 24. Juli 1995 ([X.] 976), zuletzt geändert durch das [X.] zur Änderung des [X.] vom 2. Dezember 2004 ([X.] 3127), erhalten hatte.

9

Fragen auslaufenden oder ausgelaufenen Rechts verleihen einer Rechtssache regelmäßig keine grundsätzliche [X.]edeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, weil dieser Zulassungsgrund die Revision eröffnen soll, um Fragen zur Auslegung des geltenden Rechts mit [X.]lick auf die Zukunft richtungweisend zu klären (stRspr, vgl. [X.]eschlüsse vom 8. Oktober 2007 - [X.]VerwG 3 [X.] 16.07 - juris Rn. 2 f.; vom 5. Oktober 2009 - [X.]VerwG 6 [X.] 17.09 - [X.] 442.066 § 24 TKG Nr. 4 und vom 29. Dezember 2010 - [X.]VerwG 5 [X.] 42.10 - juris Rn. 3).

Zwar können Fragen des ausgelaufenen Rechts ausnahmsweise dann grundsätzlich klärungsbedürftig sein, wenn das in Rede stehende Recht noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von [X.]edeutung ist. Für das Vorliegen einer solchen Sachlage ist jedoch die [X.]eschwerde darlegungspflichtig; es müssen Anhaltspunkte für eine erhebliche Zahl von Altfällen dargelegt und ersichtlich sein ([X.]eschlüsse vom 19. April 1991 - [X.]VerwG 5 C[X.] 2.91 - [X.] 436.51 § 1 [X.] Nr. 4 und vom 27. Juni 2011 - [X.]VerwG 5 [X.] 54.10 - juris Rn. 6 m.w.N.). Dieser Darlegungsanforderung wird die [X.]eschwerde nicht gerecht. Allein der pauschale Hinweis, dass die aufgeworfene Rechtsfrage "eine erhebliche Zahl von Studierenden" betreffe, "da Studierende nach § 44 SG[X.] X eine Überprüfung ihrer [X.]-[X.]escheide beanspruchen" könnten, "auch dann, wenn diese nicht mehr anfechtbar" seien ([X.]eschwerdeschrift S. 3), reicht hierzu nicht aus. Hieraus ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass es tatsächlich eine erhebliche Zahl von noch streitigen Altfällen gibt, zu deren Klärung eine revisionsgerichtliche Entscheidung erforderlich wäre. Die Vermutung der [X.]eschwerde, dass erst aufgrund bzw. in Folge einer Revisionsentscheidung über den - erst in gesonderten Verfahren zu beschreitenden - Weg des § 44 SG[X.] X weitere Streitfälle entstehen könnten, genügt hierzu jedenfalls nicht.

2. Von einer weiteren [X.]egründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

Meta

5 B 34/12

20.12.2012

Bundesverwaltungsgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 27. Februar 2012, Az: 12 A 2150/09, Urteil

§ 10 Abs 3 S 1 BAföG vom 24.10.2010, § 66a Abs 2 S 2 BAföG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 20.12.2012, Az. 5 B 34/12 (REWIS RS 2012, 116)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 116

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

12 ZB 19.1969 (VGH München)

Bewilligung von Ausbildungsförderung aufgrund Betreuung eines behinderten Kindes


12 B 20.2073 (VGH München)

Bewilligung von Ausbildungsförderungsleistungen für das Studium der Sozialen Arbeit


5 C 2/09 (Bundesverwaltungsgericht)

Vorausleistung der Ausbildungsförderung; Antrag, der nach Ende des Bewilligungszeitraumes gestellt wurde; Rückzahlung von Ausbildungsförderung


5 C 11/18 (Bundesverwaltungsgericht)

Vorlage an das Bundesverfassungsgericht; Verfassungswidrigkeit des Bedarfssatzes nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 BAföG


5 C 4/14 (Bundesverwaltungsgericht)

Anrechnung vorangegangener berufsbildender Ausbildungen auf den zeitlichen Mindestumfang von drei Schul- oder Studienjahren


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.