Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.03.2005, Az. II ZR 180/03

II. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 4383

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 180/03 Verkündet am: 21. März 2005 [X.] Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

- 2 - [X.] [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. Februar 2005 durch [X.] h.c. Röhricht und [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Kläger wird das [X.]eil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 14. Mai 2003 aufgehoben. Auf die Berufung des [X.] zu 1 wird das [X.]eil der 2. Zivilkam-mer des [X.] vom 25. April 2002 (2 [X.]) abgeändert: Es wird festgestellt, daß das stille Gesellschaftsverhältnis der [X.] durch die außerordentli-che Kündigung des [X.] zu 1 vom 27. August 2001 beendet ist und der Kläger zu 1 für den Zeitraum danach nicht verpflichtet ist, weitere Einlagen auf die genannte Beteiligung zu zahlen. Auf die Berufung des [X.] zu 2 wird das [X.]eil der 2. Zivilkam-mer des [X.] vom 25. April 2002 (2 [X.]) abgeändert: Es wird festgestellt, daß das stille Gesellschaftsverhältnis der Parteien gemäß Beteiligungszertifikate Nr. 8 und 6 durch die außerordentliche Kündigung des [X.] zu 2 vom 17. September 2001 beendet ist und der Kläger zu 2 für - 3 - den Zeitraum danach nicht verpflichtet ist, weitere Einlagen auf die genannten Beteiligungen zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits werden der [X.] auferlegt. Von Rechts wegen Tatbestand: Die beklagte Aktiengesellschaft beschäftigt sich u.a. mit dem Erwerb, der Verwaltung und der Verwertung von Immobilien, Wertpapieren und Unterneh-mensbeteiligungen. Das erforderliche Kapital bringt sie auf, indem sie mit zahl-reichen Kleinanlegern stille Gesellschaften gründet, bezogen jeweils auf ein bestimmtes "[X.]". Die Laufzeit beträgt nach Wahl der [X.] bis 40 Jahre. Die Gesellschafter sind am Gewinn und Verlust des jewei-ligen Segments beteiligt und haben ggf. eine Nachschußpflicht bis zur Höhe ihrer Entnahmen. Nach den im vorliegenden Fall verwendeten [X.] sollte das [X.] am Ende des jeweiligen [X.] als monatliche Rente mit einer Laufzeit von - je nach Wunsch des Anlegers - 10 bis 40 Jahren ausgezahlt werden ("[X.]"). Damit sollte ein Beitrag zur Versorgung und Absicherung des stillen Gesellschafters im Alter geleistet werden. Den Anlegern wurden steuerliche Verlustzuweisungen in Höhe ihrer Einlagezahlungen in Aussicht gestellt. Außerdem sollten sie ein ge-winnunabhängiges Recht auf Entnahme i.[X.]v. jährlich 10 % ihrer eingezahlten Einlage haben. - 4 - Die Kläger beteiligten sich am 13. März bzw. 11. Dezember 1998 an dem "[X.] VII" der [X.]. Der Kläger zu 1 hatte nach dem "[X.]" [X.] eine Einmalzahlung i.[X.]v. 21.000,00 DM und monatliche [X.] i.[X.]v. 420,00 DM über 20 Jahre zu zahlen, insgesamt 121.800,00 DM. Bei dem Kläger zu 2 waren in dem [X.] eine Einmal-zahlung i.[X.]v. 21.000,00 DM und monatliche [X.]zahlungen i.[X.]v. 210,00 DM vorgesehen, in einem weiteren Vertrag mit der Nr. 6 eine Einmalzahlung i.[X.]v. 10.500,00 DM und monatliche [X.]zahlungen i.[X.]v. 157,50 DM, insgesamt bei ebenfalls 20 Jahren Vertragslaufzeit 71.400,00 DM und 48.300,00 DM. In den Beträgen war jeweils ein Agio i.[X.]v. 5 % enthalten. Am Ende der Laufzeiten sollten die [X.] jeweils in [X.] über einen Zeitraum von 10 Jahren ausgezahlt werden. Im Oktober 1999 untersagte das [X.] der [X.], die [X.] in [X.] auszuzahlen, weil das nach der Auffassung des Amtes gegen § 32 Abs. 1 Satz 1, § 1 Abs. 1 Satz 2 [X.] KWG verstößt. In dem daraufhin geführten verwaltungsgerichtli-chen Prozeß verpflichtete sich die Beklagte vergleichsweise, die [X.] jeweils in einer Summe auszuzahlen. Ab Januar 2001 kürzte die Beklagte zudem die Ausschüttungen an die stillen Gesellschafter wegen eines Liquiditätsmangels. Daraufhin ließen die Kläger mit Anwaltsschreiben vom 27. August bzw. 17. September 2001 die fristlose Kündigung ihrer stillen Beteiligungen erklären. Mit ihren Klagen verlangen sie die Feststellung, daß die stillen Gesell-schaftsverhältnisse durch die Kündigungen beendet sind und für die Zeit da-nach keine Verpflichtung mehr besteht, weitere Einlagen an die Beklagte zu zahlen. - 5 - Die Klagen sind in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Dagegen richtet sich die in dem Berufungsurteil zugelassene Revision der Kläger. Entscheidungsgründe: Die Revision ist begründet. [X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung der Klageabweisung ausge-führt: Die Kündigungen seien mangels eines Kündigungsgrundes unwirksam. Daß die Kläger bei den Vertragsverhandlungen von der Vermittlerin [X.] über die Risiken der Anlage getäuscht worden seien, könne aufgrund der dazu durchgeführten Beweisaufnahme nicht festgestellt werden. Ein Kündigungs- oder [X.] ergebe sich auch nicht daraus, daß in den [X.] eine ratierliche Auszahlung der [X.] nach Ablauf der Vertragslaufzeiten vorgesehen sei, diese Art der Auszahlung aber möglicher-weise wegen eines Verstoßes gegen § 32 KWG unzulässig sei. Daß statt [X.] die [X.] in einer Summe ausgezahlt werden soll-ten, sei als Änderung der Auszahlungsmodalität von nur untergeordneter Be-deutung. Die Verträge seien auch nicht wegen der langen Laufzeiten sittenwid-rig. Ebensowenig könnten die Kläger aus § 2 b EStG etwas für sich herleiten. Danach könnten zwar negative Einkünfte aus Gesellschaftsbeteiligungen nicht - wie in dem Anlagemodell der [X.] vorgesehen - mit anderen Einkünften ausgeglichen werden, wenn bei der Begründung der Einkunftsquelle die [X.] eines steuerlichen Vorteils im Vordergrund gestanden habe. Diese Vor-schrift sei aber gemäß § 52 Abs. 4 Satz 2 EStG auf die Vertragsverhältnisse der Parteien nicht anwendbar. Schließlich seien auch die Widerrufserklärungen der Kläger nach dem [X.] unwirksam, da die Widerrufsbeleh-rungen in den [X.]en ordnungsgemäß gewesen seien und daher die [X.] versäumt seien. - 6 - I[X.] Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Ob ein möglicher Verstoß der [X.] gegen das Verbot des § 32 KWG, Bankgeschäfte ohne behördliche Erlaubnis zu betreiben, die Nichtigkeit der Verträge über die stillen Gesellschaften nach § 134 BGB zur Folge hat (ab-lehnend für Kreditgeschäfte und Garantien [X.], [X.]. v. 14. Juli 1966 - [X.], [X.], 1101, 1102; v. 21. April 1972 - [X.], [X.], 853; v. 13. Juli 1978 - [X.], [X.], 1268, 1269; [X.]Z 76, 119, 126), kann offen bleiben. Das Berufungsgericht hat nämlich jedenfalls ver-kannt, daß die vergleichsweise Verpflichtung der [X.], die [X.] nicht mehr ratierlich, sondern nur noch in einer Summe aus-zuzahlen, zu einem außerordentlichen Kündigungsrecht der Kläger geführt hat. Jeder Vertragspartner ist verpflichtet, im Rahmen des ihm Zumutbaren alles zu unterlassen, was den Eintritt des vertraglich vorgesehenen [X.] vereiteln oder gefährden könnte. Er muß sich [X.] verhalten. [X.] darf er die Erfüllung des Vertrages oder einer wesentlichen [X.] nicht ernsthaft und endgültig verweigern oder erklären, er werde den Vertrag nicht so erfüllen, wie es vereinbart ist. Verletzt er diese Pflicht, hat der andere Vertragsteil grundsätzlich das Recht, sich von dem Vertrag zu lösen. Bei einem Vertrag über eine stille Gesellschaft hat diese Lösung - wie bei allen Dauerschuldverhältnissen - in Form der Kündigung zu geschehen. Das ergibt sich aus § 723 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 234 Abs. 1 Satz 2 HGB ([X.].[X.]. v. 8. Juli 1976 - [X.], [X.] 1977, 87, 88; [X.]Z 11, 80, 84; 90, 302, 308; [X.], [X.]. v. 2. Juli 1968 - [X.], [X.] 1968, 915; v. 12. Oktober 1977 - [X.], NJW 1978, 103; v. 11. Februar 1981 - [X.], NJW 1981, 1264, 1265; Soergel/[X.], [X.]. vor § 323 Rdn. 62; - 7 - MünchKommBGB/[X.] 4. Aufl. vor § 275 Rdn. 281 ff.). Die Voraussetzun-gen für ein solches Kündigungsrecht sind hier erfüllt. Die Beklagte ist nach dem Inhalt der mit den Klägern geschlossenen [X.] verpflichtet, nach der Beendigung der stillen Gesellschaften die Ausein-andersetzungsguthaben - sofern die Kläger nicht die sofortige Auszahlung in einer Summe wünschen - als Darlehen stehen zu lassen und mit 7 % pro Jahr zu verzinsen bei ratenweiser Rückzahlung über einen Zeitraum von 10 Jahren. Indem sie sich in dem gerichtlichen Vergleich verpflichtet hat, die [X.] jeweils in einer Summe auszuzahlen, hat sie zu erkennen gegeben, daß sie nicht bereit ist, ihre Vertragspflicht zur ratierlichen Auszahlung zu erfüllen. Das berechtigt die Kläger, sich ohne Bindung an die vertraglich vor-gesehenen Kündigungsfristen von den [X.] zu lösen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die [X.] tatsächlich gegen § 32 KWG verstoßen würde und ob die Kläger unabhängig davon auf der Erfüllung der Verträge bestehen könnten. Entscheidend ist allein, daß die Kläger davon [X.] müssen, die Beklagte werde ihre Vertragspflicht tatsächlich nicht erfül-len. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei der vereinbarten Rentenzahlung auch um einen wesentlichen Vertragsbestandteil und nicht nur um eine Auszahlungsmodalität, die für die Anleger von unterge-ordneter Bedeutung ist. Die Rentenzahlung war von der [X.] als eine Be-sonderheit des Anlagemodells herausgestellt worden. So heißt es in dem Vor-wort des [X.]: "Mit dem vorliegenden [X.] wir Ihnen ein innovatives Beteiligungsprogramm zur ergänzenden Altersvor-sorge, die [X.], vor." Die Anleger sollten die Möglichkeit haben, aus den Erträgnissen ihrer Beteiligung eine Altersrente zu beziehen. Bei Abschluß des - 8 - Vertrages stand zwar noch nicht fest, wie hoch am Ende der Laufzeit das Aus-einandersetzungsguthaben sein würde. In Höhe dieses Guthabens sollte dann aber keine Verlustbeteiligung mehr erfolgen. Vielmehr sollte das Guthaben in festen Monatsraten ausgezahlt werden. Wesentlich ist dabei, daß bereits bei Vertragsschluß eine Verzinsung i.[X.]v. 7 % pro Jahr festgelegt war. Aus diesem Grund stellt es für die Anleger keinen gleichwertigen Ersatz dar, wenn ihnen das Guthaben in einer Summe ausgezahlt wird und sie es anderweitig anlegen. Die Anleger können nicht erwarten, daß sie bei einer Neuanlage mit gleichzeitig beginnender ratierlicher Rückzahlung eine auch nur annähernd gleich hohe Verzinsung werden erreichen können. Deshalb kann ihnen nicht zugemutet werden, den Vertrag fortzuführen, obwohl klar ist, daß die Beklagte zu der [X.] nicht mehr bereit ist. Damit ist die Klage begründet. Da weitere Feststellungen des [X.] nicht erforderlich sind, hat der [X.]at in der Sache zu entschei-den. Röhricht [X.] Gehrlein
Strohn [X.]

Meta

II ZR 180/03

21.03.2005

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.03.2005, Az. II ZR 180/03 (REWIS RS 2005, 4383)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4383

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