Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.03.2005, Az. II ZR 124/03

II. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 4378

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/03 Verkündet am: 21. März 2005 [X.] Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

BGB § 723 Abs. 1 Satz 2; HGB § 234 Abs. 1 Satz 2

Ist in dem [X.] vorgesehen, daß der stille Ge-sellschafter sein [X.] in Form einer Rente ausge-zahlt bekommt, wobei das stehen bleibende Guthaben mit 7 % pro Jahr verzinst werden soll, so hat der stille Gesellschafter ein Kündigungsrecht, wenn sich der Vertragspartner in der Folgezeit wegen bankrechtlicher Bedenken weigert, die Rente zu zahlen, und statt dessen die Auszahlung des Guthabens in einer Summe anbietet.

[X.], [X.]eil vom 21. März 2005 - [X.]/03 - OLG Braunschweig

LG Göttingen

- 2 - [X.] [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. Februar 2005 durch [X.] h.c. Röhricht und [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das [X.]eil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 5. März 2003 aufgehoben. Auf die Berufung des [X.] wird das [X.]eil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 25. April 2002 (2 [X.]) [X.]: Es wird festgestellt, daß das stille Gesellschaftsverhältnis der [X.] durch die außerordentli-che Kündigung des [X.] vom 16. Mai 2001 beendet ist und der Kläger für den [X.]raum danach nicht verpflichtet ist, weitere [X.]n auf die genannte Beteiligung zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt. Von Rechts wegen Tatbestand: Die beklagte Aktiengesellschaft beschäftigt sich u.a. mit dem Erwerb, der Verwaltung und der Verwertung von Immobilien, Wertpapieren und Unterneh-mensbeteiligungen. Das erforderliche Kapital bringt sie auf, indem sie mit zahl-- 3 - reichen Kleinanlegern stille Gesellschaften gründet, bezogen jeweils auf ein bestimmtes "[X.]". Die Laufzeit beträgt nach Wahl des [X.] bis 40 Jahre. Die Gesellschafter sind am Gewinn und Verlust des je-weiligen Segments beteiligt und haben ggf. eine Nachschußpflicht bis zur Höhe ihrer Entnahmen. Nach den im vorliegenden Fall verwendeten [X.] sollte das [X.] am Ende des jeweiligen [X.] als monatliche Rente mit einer Laufzeit von - je nach Wunsch des Anlegers - 10 bis 40 Jahren ausgezahlt werden ("[X.]"). Damit sollte ein Beitrag zur Versorgung und Absicherung des stillen Gesellschafters im Alter geleistet werden. Den Anlegern wurden steuerliche Verlustzuweisungen in [X.] ihrer Einlagezahlungen in Aussicht gestellt. Außerdem sollten sie ein gewin-nunabhängiges Recht auf Entnahme i.[X.]v. jährlich 10 % ihrer eingezahlten [X.] haben. Der Kläger beteiligte sich am 15. Dezember 1998 an dem "[X.]" der Beklagten. Nachdem die Zeichnungssumme am 25. Januar 1999 ermäßigt worden war, hatte er eine Einmalzahlung i.[X.]v. 5.670,00 DM und monatliche [X.] i.[X.]v. 136,50 DM über 17 Jahre zu zahlen, insgesamt 33.516,00 DM. In den Beträgen war jeweils ein Agio i.[X.]v. 5 % ent-halten. Am Ende der Laufzeit sollte das [X.] in [X.] über einen [X.]raum von 10 Jahren ausgezahlt werden. Im Oktober 1999 untersagte das [X.] der Beklagten, die [X.] in [X.] auszuzahlen, weil das nach der Auffassung des Amtes gegen § 32 Abs. 1 Satz 1, § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG verstößt. In dem daraufhin geführten verwaltungsgerichtli-chen Prozeß verpflichtete sich die Beklagte vergleichsweise, die [X.] jeweils in einer Summe auszuzahlen. Ab Januar 2001 kürzte - 4 - die Beklagte zudem die Ausschüttungen an die stillen Gesellschafter wegen eines Liquiditätsmangels. Daraufhin ließ der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 16. Mai 2001 die fristlose Kündigung seiner stillen Beteiligung erklären. Mit seiner Klage verlangt er die Feststellung, daß der [X.] durch die Kündigung beendet ist und für die [X.] danach keine Verpflich-tung mehr besteht, weitere Einlagen an die Beklagte zu zahlen. Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Dagegen richtet sich die in dem Berufungsurteil zugelassene Revision des [X.]. Entscheidungsgründe: Die Revision ist begründet. [X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung der Klageabweisung ausge-führt: Die Kündigungen seien mangels eines Kündigungsgrundes unwirksam. Ob der Kläger bei den Vertragverhandlungen von der Vermittlerin [X.] über die Risiken der Anlage getäuscht worden sei, könne offen bleiben. Jedenfalls sei eine solche Täuschung nicht ursächlich geworden für die Beteiligungserklä-rung vom 25. Januar 1999. Diese sei nämlich abgegeben worden, nachdem der Kläger seine ursprüngliche Beteiligungserklärung wegen mangelnder Aufklä-rung über die Risiken der Anlage widerrufen und daraufhin ein weiteres [X.] mit der Vermittlerin stattgefunden gehabt habe. Dabei sei dem Kläger der Emissionsprospekt bekannt gewesen, in dem auf die Risiken ausreichend hingewiesen worden sei. Ein Kündigungs- oder [X.] ergebe sich auch nicht daraus, daß in dem Vertrag eine ratierliche Auszahlung des Ausein-andersetzungsguthabens nach Ablauf der Vertragslaufzeit vorgesehen sei, die-se Art der Auszahlung aber möglicherweise wegen eines Verstoßes gegen § 32 - 5 - KWG unzulässig sei. Daß statt dessen das [X.] in einer Summe ausgezahlt werden sollte, sei als Änderung der [X.] von nur untergeordneter Bedeutung. Der Vertrag sei auch nicht wegen der langen Laufzeit sittenwidrig. Ebensowenig könne der Kläger aus § 2 b EStG etwas für sich herleiten. Danach könnten zwar negative Einkünfte aus Gesell-schaftsbeteiligungen nicht - wie in dem Anlagemodell der Beklagten vorgese-hen - mit anderen Einkünften ausgeglichen werden, wenn bei der Begründung der Einkunftsquelle die Erzielung eines steuerlichen Vorteils im Vordergrund gestanden habe. Diese Vorschrift sei aber gemäß § 52 Abs. 4 Satz 2 EStG auf das Vertragsverhältnis der Parteien nicht anwendbar. Schließlich sei auch die Widerrufserklärung des [X.] nach dem [X.] unwirksam, da die Widerrufsbelehrung in dem [X.] ordnungsgemäß gewesen sei und daher die Widerrufsfrist versäumt sei. I[X.] Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Ob ein möglicher Verstoß der Beklagten gegen das Verbot des § 32 KWG, Bankgeschäfte ohne behördliche Erlaubnis zu betreiben, die Nichtigkeit des [X.] nach § 134 BGB zur Folge hat (ablehnend für Kreditgeschäfte und Garantien [X.], [X.]. v. 14. Juli 1966 - [X.], [X.], 1101, 1102; v. 21. April 1972 - [X.], [X.], 853; v. 13. Juli 1978 - [X.], [X.], 1268, 1269; [X.] 76, 119, 126), kann offen bleiben. Das Berufungsgericht hat nämlich jedenfalls ver-kannt, daß die vergleichsweise Verpflichtung der Beklagten, die [X.] nicht mehr ratierlich, sondern nur noch in einer Summe aus-zuzahlen, zu einem außerordentlichen Kündigungsrecht des [X.] geführt hat. - 6 - Jeder Vertragspartner ist verpflichtet, im Rahmen des ihm Zumutbaren alles zu unterlassen, was den Eintritt des vertraglich vorgesehenen [X.] vereiteln oder gefährden könnte. Er muß sich [X.] verhalten. [X.] darf er die Erfüllung des Vertrages oder einer wesentlichen [X.] nicht ernsthaft und endgültig verweigern oder erklären, er werde den Vertrag nicht so erfüllen, wie es vereinbart ist. Verletzt er diese Pflicht, hat der andere Vertragsteil grundsätzlich das Recht, sich von dem Vertrag zu lösen. Bei einem [X.] hat diese Lösung - wie bei allen Dauerschuldverhältnissen - in Form der Kündigung zu geschehen. Das ergibt sich aus § 723 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 234 Abs. 1 Satz 2 HGB ([X.].[X.]. v. 8. Juli 1976 - [X.], [X.] 1977, 87, 88; [X.] 11, 80, 84; 90, 302, 308; [X.], [X.]. v. 2. Juli 1968 - [X.], [X.] 1968, 915; v. 12. Oktober 1977 - [X.], NJW 1978, 103; v. 11. Februar 1981 - [X.], NJW 1981, 1264, 1265; Soergel/[X.], [X.]. vor § 323 Rdn. 62; [X.]/[X.] 4. Aufl. vor § 275 Rdn. 281 ff.). Die Voraussetzun-gen für ein solches Kündigungsrecht sind hier erfüllt. Die Beklagte ist nach dem Inhalt des mit dem Kläger geschlossenen [X.] verpflichtet, nach der Beendigung der stillen [X.] - sofern der Kläger nicht die sofortige Auszahlung in einer Summe wünscht - als Darlehen stehen zu lassen und mit 7 % pro Jahr zu ver-zinsen bei ratenweiser Rückzahlung über einen [X.]raum von 10 Jahren. Indem sie sich in dem gerichtlichen Vergleich verpflichtet hat, die [X.] jeweils in einer Summe auszuzahlen, hat sie zu erkennen ge-geben, daß sie nicht bereit ist, ihre Vertragspflicht zur ratierlichen Auszahlung zu erfüllen. Das berechtigt den Kläger, sich ohne Bindung an die vertraglich vorgesehenen Kündigungsfristen von den [X.] zu lösen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die [X.] tatsächlich gegen § 32 KWG - 7 - verstoßen würde und ob der Kläger unabhängig davon auf der Erfüllung des Vertrages bestehen könnte. Entscheidend ist allein, daß der Kläger davon [X.] muß, die Beklagte werde ihre Vertragspflicht tatsächlich nicht erfüllen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei der vereinbarten Rentenzahlung auch um einen wesentlichen Vertragsbestandteil und nicht nur um eine Auszahlungsmodalität, die für die Anleger von unterge-ordneter Bedeutung ist. Die Rentenzahlung war von der Beklagten als eine Be-sonderheit des Anlagemodells herausgestellt worden. So heißt es in dem Vor-wort des [X.]: "Mit dem vorliegenden [X.] wir Ihnen ein innovatives Beteiligungsprogramm zur ergänzenden Altersvor-sorge, die [X.], vor." Die Anleger sollten die Möglichkeit haben, aus den Erträgnissen ihrer Beteiligung eine Altersrente zu beziehen. Bei Abschluß des Vertrages stand zwar noch nicht fest, wie hoch am Ende der Laufzeit das Aus-einandersetzungsguthaben sein würde. In Höhe dieses Guthabens sollte dann aber keine Verlustbeteiligung mehr erfolgen. Vielmehr sollte das Guthaben in festen Monatsraten ausgezahlt werden. Wesentlich ist dabei, daß bereits bei Vertragsschluß eine Verzinsung i.[X.]v. 7 % pro Jahr festgelegt war. Aus diesem Grund stellt es für die Anleger keinen gleichwertigen Ersatz dar, wenn ihnen das Guthaben in einer Summe ausgezahlt wird und sie es anderweitig anlegen. Die Anleger können nicht erwarten, daß sie bei einer Neuanlage mit gleichzeitig beginnender ratierlicher Rückzahlung eine auch nur annähernd gleich hohe Verzinsung werden erreichen können. Deshalb kann ihnen nicht zugemutet werden, den Vertrag fortzuführen, obwohl klar ist, daß die Beklagte zu der [X.] nicht mehr bereit ist. - 8 - Damit ist die Klage begründet. Da weitere Feststellungen des [X.] nicht erforderlich sind, hat der [X.]at in der Sache zu entschei-den. Röhricht [X.] Gehrlein
Strohn [X.]

Meta

II ZR 124/03

21.03.2005

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.03.2005, Az. II ZR 124/03 (REWIS RS 2005, 4378)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4378

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