Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.07.2023, Az. IV ZB 31/22

4. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 5153

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Gegenstand

Beschwerdeantrag eines Pflichtteilsberechtigten auf Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses


Leitsatz

Der Pflichtteilsberechtigte kann nicht im Wege der Beschwerde gemäß § 15 Abs. 2 BNotO von dem vom Erben beauftragten Notar die Aufnahme eines notariellen Nachlassverzeichnisses gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB verlangen.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss der 5. Zivil- (Beschwerde-) Kammer des [X.] vom 20. Dezember 2022 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Geschäftswert des [X.] beträgt bis zu 1.000 €.

Gründe

1

I. Der Beschwerdeführer begehrt als Pflichtteilsberechtigter nach dem am 10. Mai 2018 verstorbenen Erblasser die Anweisung an den Notar, ein notarielles Nachlassverzeichnis aufzunehmen. Die Erbin des Erblassers beauftragte den Notar mit der Erstellung des Verzeichnisses im Juli 2019. Der Notar nahm den Auftrag an; das Nachlassverzeichnis hat er bisher aber nicht erstellt. Der Anspruch des Beschwerdeführers gegen die Erbin auf Erstellung des Verzeichnisses ist zwischenzeitlich durch Anerkenntnisurteil tituliert.

2

Der Beschwerdeführer hat nach mehrfacher Aufforderung an den Notar, das Nachlassverzeichnis zu erstellen, beim [X.] gegen dessen Untätigkeit erhoben. Dieses hat die Beschwerde als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die vom [X.] zugelassene Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers, mit der er die Aufhebung des Beschlusses des [X.]s und die Anweisung an den Notar begehrt, ein notarielles Nachlassverzeichnis zum Nachlass des Erblassers nach Maßgabe des dem Notar von der Erbin erteilten Auftrags aufzunehmen.

3

II. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, der Notar sei zur Aufnahme des [X.] nach § 20 Abs. 1 Satz 2 [X.] zwar verpflichtet und dürfe nach § 15 Abs. 1 [X.] seine Urkundstätigkeit nur bei ausreichendem Grund verweigern, für den hier nichts ersichtlich sei. Es fehle aber an der [X.] des Beschwerdeführers. Eine solche ergebe sich nicht aus § 15 Abs. 2 Satz 3 [X.] i.V.m. § 59 FamFG. Nur dem Erben als Auftraggeber des Notars stehe eine [X.] zu. Eine [X.] aus §§ 15 Abs. 2 Satz 3 [X.], 59 Abs. 1 FamFG scheide aus, da die dem Beschwerdeführer gegen die Erbin zustehenden Ansprüche durch die Untätigkeit des Notars nicht berührt würden. Sofern die tatsächliche Durchsetzung im Wege der Leistungsstufe verzögert werde, handele es sich um eine nicht ausreichende mittelbare Beeinträchtigung, auf die der Beschwerdeführer mit Zwangsmaßnahmen gegen die Erbin reagieren könne. Eine [X.] sei nur für Personen anzunehmen, denen gegenüber den Notar Pflichten im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 1 [X.] träfen. Der Beschwerdeführer sei vom Schutzzweck der Amtspflicht des Notars, den Bestand des Nachlasses selbst und eigenständig zu ermitteln, nicht umfasst. Die Verantwortung für die Erstellung des [X.] liege im Außenverhältnis allein beim Erben.

4

III. [X.] hat keinen Erfolg.

5

1. [X.] ist zulässig.

6

Sie ist gemäß § 15 Abs. 2 Satz 3 [X.] i.V.m. § 70 Abs. 1 FamFG statthaft. Das [X.] hat als Beschwerdegericht im Sinne von § 15 Abs. 2 Satz 2 [X.] über die Untätigkeit des Notars, dem im Verfahren der Notarbeschwerde die Stellung der ersten Instanz zukommt, entschieden (vgl. [X.], Beschluss vom 28. Oktober 2010 - [X.], juris Rn. 9 m.w.N.) und die Rechtsbeschwerde zugelassen.

7

Die Beschwerdebefugnis des Beschwerdeführers für das Verfahren der Rechtsbeschwerde folgt bereits aus der Erfolglosigkeit seiner Erstbeschwerde (vgl. Senatsbeschluss vom 14. September 2022 - [X.], [X.] 2023, 38 Rn. 16; [X.], Beschlüsse vom 21. Juli 2020 - [X.], [X.] 2020, 216 Rn. 12; vom 25. April 2018 - [X.] 414/16, NJW-RR 2018, 967 Rn. 7; jeweils m.w.N.).

8

2. [X.] ist jedoch unbegründet. Das Beschwerdegericht hat ohne Rechtsfehler die Berechtigung des Beschwerdeführers für eine Beschwerde gegen die Untätigkeit des Notars verneint. Es fehlt ihm an der gemäß § 15 Abs. 2 Satz 3 [X.] i.V.m. § 59 Abs. 1, Abs. 2 FamFG hierfür erforderlichen materiellen Beschwer.

9

a) Der Beschwerdeführer macht ohne Erfolg geltend, er sei als Pflichtteilsberechtigter zur Einlegung der Beschwerde berechtigt gewesen, weil die Verweigerung der Amtstätigkeit des Notars das ihm zustehende Recht auf ein Nachlassverzeichnis gefährde.

aa) [X.] war zwar nicht gemäß § 59 Abs. 2 FamFG auf die Erbin als Antragstellerin beschränkt (vgl. [X.], Beschlüsse vom 21. Juli 2020 - [X.], [X.] 2020, 216 Rn. 27; vom 25. April 2018 - [X.] 414/16, NJW-RR 2018, 967 Rn. 10; a.[X.] [X.], Das notarielle Nachlassverzeichnis, 2020, § 16 Rn. 72). Die Regelung des § 59 Abs. 2 FamFG für Verfahren, in denen ein Antrag Verfahrensvoraussetzung für eine Sachentscheidung ist, begründet keine eigenständige [X.], sondern enthält lediglich eine Begrenzung auf die Person des Antragstellers und setzt grundsätzlich eine [X.] nach § 59 Abs. 1 FamFG voraus. Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein Antrag erstinstanzlich allein aus verfahrensrechtlichen Gründen zurückgewiesen wird. Nur in diesem Fall eröffnet die darin begründete formelle Beschwer das Rechtsmittel unabhängig davon, ob der Antragsteller sachlich zur Antragstellung berechtigt ist (vgl. [X.], Beschlüsse vom 25. April 2018 - [X.] 414/16, NJW-RR 2018, 967 Rn. 10; vom 28. Juli 2015 - [X.] 671/14, NJW 2015, 2888 Rn. 12, 14). Dies gilt insbesondere bei Verneinung der Antragsberechtigung, denn nur auf diese Weise kann das Fehlen des Antragsrechts mit einem Rechtsmittel nachgeprüft werden ([X.], Beschluss vom 28. Juli 2015 aaO Rn. 14).

Diese Voraussetzungen des § 59 Abs. 2 FamFG liegen hier aber nicht vor. Den für sein Tätigwerden erforderlichen Auftrag der Erbin zur Erstellung des notariellen [X.] hat der Notar angenommen. Die Schreiben des Beschwerdeführers an den Notar waren - wie sich aus seinen Rechtsbeschwerdeanträgen ergibt - nicht als eigene Anträge auf ein Tätigwerden des Notars auszulegen, sondern darauf gerichtet, ihn zur Erfüllung des von der Erbin erteilten Auftrags anzuhalten. Der Notar hat das Ansinnen des Beschwerdeführers auch nicht aus verfahrensrechtlichen Gründen wegen einer Verneinung seiner Antragsberechtigung abgelehnt.

bb) Allerdings fehlt es für eine [X.] des Beschwerdeführers an einer materiellen Beschwer im Sinne von § 15 Abs. 2 Satz 3 [X.] i.V.m. § 59 Abs. 1 FamFG. Nach § 59 Abs. 1 FamFG steht die Beschwerde demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Dafür ist ein unmittelbarer, nachteiliger Eingriff in ein dem Beschwerdeführer zustehendes subjektives Recht erforderlich. Die angefochtene Entscheidung muss ein bestehendes Recht des Beschwerdeführers aufheben, beschränken, mindern, ungünstig beeinflussen oder gefährden, die Ausübung dieses Rechts stören oder dem Beschwerdeführer die mögliche Verbesserung seiner Rechtsstellung vorenthalten oder erschweren. Nicht ausreichend sind lediglich wirtschaftliche, rechtliche oder sonstige berechtigte Interessen (vgl. Senatsbeschluss vom 24. April 2013 - [X.]/12, [X.] 2013, 440 Rn. 15 m.w.N.; [X.], Beschlüsse vom 25. April 2018 - [X.] 414/16, NJW-RR 2018, 967 Rn. 11 m.w.N.; vom 14. Oktober 2015 - [X.] 695/14, [X.], 250 Rn. 14; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.] 8. Aufl. § 15 Rn. 99; Sternal/[X.], FamFG 21. Aufl. § 59 Rn. 6, 9; [X.], [X.] und Beschwer in der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, 1981, S. 25 ff., 65 f.; a.[X.], [X.] und materielle Beteiligung im fG-Verfahren, 1976, [X.] ff., 115, 149 zu § 20 [X.] a.F.).

Gemessen daran fehlt es hier an einer unmittelbaren Rechtsbeeinträchtigung des Beschwerdeführers. Ein Recht, das der Notar negativ durch das Unterlassen der Aufnahme eines notariellen [X.] beeinflussen kann, steht dem Beschwerdeführer nicht zu. Ihm geht es in der Sache darum, die Erfüllung seines schuldrechtlichen Auskunftsanspruchs aus § 2314 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 BGB gegen die Erbin herbeizuführen. Das begründet lediglich ein wirtschaftliches und rechtliches Interesse an der begehrten Tätigkeit des Notars, aus dem eine [X.] nach § 59 Abs. 1 FamFG nicht hergeleitet werden kann (vgl. [X.], Beschluss vom 18. April 2012 - [X.] 624/11, [X.], 1131 Rn. 9). Daher wird auch nach herrschender Ansicht in der Literatur die Zulässigkeit eines Vorgehens des Pflichtteilsberechtigten gegen den mit der Aufnahme eines notariellen [X.] beauftragten Notar im Wege einer Notarbeschwerde nach § 15 Abs. 2 [X.] abgelehnt ([X.], [X.] 2022, 697, 701; [X.], [X.] 2019, 413, 430, 433; [X.], NJW 2022, 700, 701; vgl. auch [X.], Pflichtteilsrecht 4. Aufl. Rn. 441s; a.[X.] nur Purps, [X.] 2023, 8, 13).

(1) Der durch Vorlage eines notariellen [X.] zu erfüllende Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten gegen den Erben gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 BGB wird, wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat, durch eine Verweigerung der Notartätigkeit ebenso wenig wie sein Pflichtteilsanspruch aus § 2303 BGB im oben genannten Sinne beeinträchtigt. Der Pflichtteilsberechtigte kann seinen Anspruch uneingeschränkt gegenüber dem Erben geltend machen und gegebenenfalls im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen.

(2) Aus dem Auskunftsanspruch gegen den Erben folgt auch kein unmittelbar gegen den von diesem mit der [X.] beauftragten Notar gerichteter Anspruch des Pflichtteilsberechtigten auf Errichtung des notariellen [X.] im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 [X.] (vgl. [X.]/[X.], BGB [2021] § 2314 Rn. 153 [Stand 22. Mai 2022]). Schuldner des notariellen Verzeichnisses, das mit dem privaten Verzeichnis materiell-rechtlich und inhaltlich wesensgleich ist, ist der Erbe (vgl. Senatsurteil vom 31. Oktober 2018 - [X.], [X.] 2019, 85 Rn. 21 f.). Er allein entscheidet, ob er ein von dem Notar erstelltes Nachlassverzeichnis dem Pflichtteilsberechtigten vorlegt. Die Erstellung und Vorlage eines notariellen [X.] betrifft lediglich die für die Erfüllung der Auskunftspflicht nach § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB vorgegebene Form der Auskunftserteilung (vgl. Senatsurteil vom 1. Dezember 2021 - [X.], [X.]Z 232, 77 Rn. 17, 21 m.w.N.).

Nach allgemeiner Auffassung ist daher nur der Erbe Auftraggeber des notariellen [X.]; der Pflichtteilsberechtigte selbst ist nicht antragsbefugt und nicht berechtigt, vom Notar die Aufnahme des Verzeichnisses zu verlangen (vgl. OLG Jena [X.] 2019, 717 [juris [X.]]; [X.] BWNotZ 1963, 265; [X.]/[X.], § 2314 Rn. 28 [Stand: 1. Mai 2023]; [X.]/[X.]/[X.], Erbrecht 4. Aufl. § 2314 BGB Rn. 48; [X.]/[X.]/[X.], [X.] Erbrecht 4. Aufl. § 2314 BGB Rn. 37; [X.]/Weidlich, [X.] Aufl. § 2314 Rn. 6; [X.]/[X.]/[X.], [X.] 3. Aufl. § 3 Rn. 36; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Handbuch Pflichtteilsrecht 4. Aufl. [X.] Rn. 37; [X.]/[X.], 9. Aufl. § 2314 Rn. 42, 49; [X.]/[X.], BGB [2021] § 2314 Rn. 153, 179 [Stand: 22. Mai 2022]; [X.], [X.] 2019, 413, 430, 433; [X.], [X.] 2020, 253, 257; Weidlich, [X.] 2017, 241, 242).

Der Pflichtteilsberechtigte hat - trotz seines Zuziehungsrechts nach § 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB - nach ganz herrschender Auffassung auch keine Mitwirkungsrechte bei der Erstellung des [X.] (vgl. LG Trier [X.] 2020, 878, 879 [juris Rn. 14]; [X.]/[X.]/[X.], [X.] Erbrecht 4. Aufl. § 2314 Rn. 43; [X.]/[X.], 10. Aufl. § 2314 Rn. 110 [Stand: 1. Juli 2023]; [X.], [X.] 2019, 718; [X.], [X.], 389, 393; [X.], [X.] 2020, 253, 260; [X.], [X.] 2020, 386, 392). Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Pflichtteilsberechtigte den Umfang des [X.] bestimmen und sich beispielsweise auf ein Teilverzeichnis beschränken oder eine Erstreckung auf den fiktiven Nachlass verlangen kann (vgl. [X.]/[X.], § 2314 Rn. 28 [Stand: 1. Mai 2023]; [X.]/[X.]/[X.], [X.] 3. Aufl. § 3 Rn. 36 f.). Denn das betrifft nur die Frage, in welchem Umfang er den ihm nach § 2314 Abs. 1 BGB zustehenden Auskunftsanspruch im Verhältnis zum Erben geltend macht. Der Pflichtteilsberechtigte kann sich zur Durchsetzung seines Anspruchs auf Auskunftserteilung somit auch im Laufe der Erstellung des [X.] nur an den Erben halten.

(3) Die Rechtsstellung des Pflichtteilsberechtigten bei der Aufnahme des notariellen [X.] unterscheidet sich entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde wesentlich von derjenigen eines - gegen die Ablehnung der Ernennung eines Testamentsvollstreckers beschwerdebefugten - [X.], dessen Vermächtnis gerade durch den Testamentsvollstrecker erfüllt werden soll (dazu Senatsbeschluss vom 24. April 2013 - [X.]/12, [X.] 2013, 440). Der Vermächtnisnehmer ist durch die Ernennung oder Ablehnung der Bestellung eines Testamentsvollstreckers im Sinne von § 59 Abs. 1 FamFG in seinen Rechten beeinträchtigt oder zumindest gefährdet, weil er ihn neben dem Erben gemäß § 2213 Abs. 1 Satz 1 BGB unmittelbar auf Erfüllung des Vermächtnisses in Anspruch nehmen kann (vgl. Senatsbeschluss vom 24. April 2013 aaO Rn. 16). Außerdem wird er durch das [X.] des § 2214 BGB für Eigengläubiger des Erben in das der Testamentsvollstreckung unterliegende Vermögen geschützt, dieser Schutz entfällt jedoch ohne eine Testamentsvollstreckung (vgl. Senatsbeschluss vom 24. April 2013 aaO Rn. 17). Weiterhin führt auch ein Vergleich mit der Rechtsstellung eines als beschwerdebefugt anzusehenden Pfändungsgläubigers oder [X.] eines Verfahrensbeteiligten (vgl. [X.], 1582 [juris Rn. 3]; KG [X.] 1999, 157 [Leitsatz und juris Rn. 2]; [X.] [X.] 1994, 120 [juris Rn. 19]; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.] 8. Aufl. § 15 Rn. 103; [X.]/[X.]/[X.], [X.] 5. Aufl. § 15 Rn. 42; Sternal/[X.], FamFG 21. Aufl. § 59 Rn. 14; [X.], [X.] 1992, 18, 23 zum inhaltlich entsprechenden § 20 [X.] a.F.) nicht zu einer [X.] des Beschwerdeführers, da diesen durch die Abtretung eines Anspruchs oder die Verpfändung einer Sache - anders als dem Beschwerdeführer - eigene Rechte an der Forderung beziehungsweise der Sache zustehen.

(4) Der Beschwerdeführer verweist erfolglos darauf, dass die Amtstätigkeit des Notars, dem eine neutrale Stellung in Bezug auf den [X.] zukomme, gerade auch dem Schutz des Pflichtteilsberechtigten diene. Zutreffend geht er zwar davon aus, dass der Notar den Bestand des Nachlasses selbst und eigenständig ermitteln und feststellen sowie durch Bestätigung des [X.] als von ihm aufgenommen zum Ausdruck bringen muss, dass er den Inhalt verantwortet (vgl. Senatsurteil vom 20. Mai 2020 - [X.], [X.] 2020, 625 Rn. 8 m.w.N.). Ein direkter Anspruch des Pflichtteilsberechtigten gegen den Notar folgt daraus - wie gezeigt - aber nicht.

(5) Die vom Beschwerdeführer damit zugleich aufgeworfene Frage nach dem von den Amtspflichten eines Notars geschützten Personenkreis betrifft die Bestimmung der von § 19 Abs. 1 Satz 1 [X.] geschützten "anderen", denen im Falle einer Amtspflichtverletzung ein Schadensersatzanspruch gegen den Notar zustehen kann. Im Streitfall kann offen bleiben, ob der Pflichtteilsberechtigte den Notar in Anspruch nehmen kann, wenn dieser bei der Aufstellung des [X.] seine Amtspflichten verletzt (dafür z.B. [X.], Pflichtteilsrecht 4. Aufl. Rn. 441s; [X.]/[X.], BGB [2021] § 2314 Rn. 153 [Stand: 22. Mai 2022]; [X.], [X.] 2020, 386, 387; dagegen [X.]/Weidlich, [X.] Aufl. § 2314 Rn. 7; [X.], [X.] 2022, 697, 701; nunmehr [X.], NJW 2022, 700, 701). Denn darum geht es bei der Bestimmung der gemäß § 15 Abs. 2 Satz 3 [X.], § 59 Abs. 2 FamFG beschwerdeberechtigten Personen nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] zählen zwar auch solche Personen zu den von § 19 [X.] geschützten [X.], deren Interesse durch das Amtsgeschäft nach dessen besonderer Natur berührt wird und in deren Rechtskreis eingegriffen werden kann; dies auch dann, wenn sie durch die Amtsausübung nur mittelbar betroffen werden und bei der Beurkundung nicht zugegen waren (vgl. [X.], Urteil vom 26. Juni 1997 - [X.], [X.] 1998, 621 [juris Rn. 16] m.w.N.; grundlegend [X.], Urteil vom 28. September 1959 - [X.], [X.], 1003, 1004 unter 3). Der Kreis der geschützten [X.] im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist aber weiter als derjenige der Personen, deren Rechte durch eine Tätigkeitsverweigerung des Notars nach § 15 Abs. 1 Satz 1 [X.] berührt werden (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.] 8. Aufl. § 15 Rn. 11 f.). Im Rahmen von § 15 Abs. 2 [X.] steht zudem, anders als bei § 19 Abs. 1 Satz 1 [X.], nicht eine Amtspflichtverletzung des Notars im Vordergrund, sondern eine Verletzung der Rechte des Beschwerdeführers (vgl. [X.]/[X.]/[X.], [X.] 5. Aufl. § 15 Rn. 45). Die zu § 19 Abs. 1 Satz 1 [X.] entwickelten Kriterien sind daher nicht auf die Beschwerdebefugnis für die Untätigkeitsbeschwerde nach § 15 Abs. 2 [X.], § 59 Abs. 1 FamFG zu übertragen.

b) Schließlich macht die Rechtsbeschwerde erfolglos geltend, dass der beschwerdeführende Pflichtteilsberechtigte die Beschwer und die objektiven Interessen des ersuchenden Erben [X.]. Eine Beschwerdeführung im fremden Interesse wird vom Gesetz nur ausnahmsweise - hier jedoch nicht - zugelassen, etwa in §§ 303, 335, 429 FamFG für Betreuungs-, Unterbringungs- sowie Freiheitsentziehungssachen. Eine gewillkürte Verfahrensstandschaft scheidet jedenfalls deshalb aus, weil die zur gewillkürten Prozesstandschaft entwickelten Anforderungen - eine wirksame Ermächtigung des Prozessführenden vom Rechtsinhaber zur gerichtlichen Verfolgung seiner Ansprüche sowie ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Ermächtigten an dieser Rechtsverfolgung (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteile vom 10. Juni 2016 - [X.], [X.], 486 Rn. 5 m.w.N.; vom 23. September 1992 - I ZR 251/90, [X.]Z 119, 237, 242 unter [X.] [juris Rn. 30]) - nicht erfüllt sind.

c) Der Gläubiger eines titulierten, durch notarielles Nachlassverzeichnis zu erfüllenden Auskunftsanspruchs - wie der Beschwerdeführer - steht der Untätigkeit des Notars auch nicht schutzlos gegenüber. Verweigert der vom Erben beauftragte Notar die Aufnahme des [X.] oder verzögert diese, obliegt es dem Erben, auf die zeitnahe Erledigung hinzuwirken und erforderlichenfalls Rechtsbehelfe gegen den Notar zu ergreifen (vgl. [X.] [X.] 2014, 500 Rn. 8; [X.]/[X.]/[X.], Erbrecht 4. Aufl. § 2314 BGB Rn. 50 f.; [X.]/[X.], 10. Aufl. § 2314 Rn. 101 [Stand: 1. Juli 2023]; [X.]/[X.]/[X.], [X.] 3. Aufl. § 3 Rn. 35; [X.]/[X.], 9. Aufl. § 2314 Rn. 47; [X.], [X.] 2020, 253, 257 m.w.N.). Gegebenenfalls kann der Pflichtteilsberechtigte, zu dessen Gunsten bereits ein Titel auf Aufnahme eines notariellen [X.] vorliegt, auch die Festsetzung eines Zwangsgeldes nach § 888 ZPO gegen den Erben beantragen.

IV. [X.] beruht auf § 15 Abs. 2 Satz 3 [X.] i.V.m. § 84 FamFG. Die [X.] richtet sich nach §§ 61 Abs. 1 Satz 1, 36 Abs. 1 GNotKG und orientiert sich an der mutmaßlichen Höhe der Notargebühren, die für die Errichtung des notariellen [X.] anfallen (vgl. [X.], Beschluss vom 19. Januar 2018 - 7 [X.], BeckRS 2018, 7588 Rn. 11; [X.], Das notarielle Nachlassverzeichnis, 2020, § 16 Rn. 97).

Prof. Dr. Karczewski     

  

Harsdorf-Gebhardt     

  

Dr. Brockmöller

  

Dr. Bußmann     

  

Dr. Bommel     

  

Meta

IV ZB 31/22

19.07.2023

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Münster, 20. Dezember 2022, Az: 5 T 427/22

§ 2314 Abs 1 S 3 BGB, § 15 Abs 2 BNotO, § 59 Abs 1 FamFG, § 59 Abs 2 FamFG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.07.2023, Az. IV ZB 31/22 (REWIS RS 2023, 5153)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 5153


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. IV ZB 31/22

Bundesgerichtshof, IV ZB 31/22, 19.07.2023.


Az. 5 T 427/22

Landgericht Münster, 5 T 427/22, 20.12.2022.


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