Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.10.2010, Az. 6 W (pat) 313/07

6. Senat | REWIS RS 2010, 1927

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Gegenstand

Patenteinspruchsverfahren - zur Unterbrechung des Verfahrens im Falle der Gesamtrechtsnachfolge


Tenor

In der Einspruchssache

betreffend das Patent 198 61 288

hat der 6. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] in der Sitzung vom 28. Oktober 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Dr. [X.] sowie [X.], [X.] und Dipl.-Ing. Küest

beschlossen:

Das Patent 198 61 288 wird in vollem Umfang aufrechterhalten.

Gründe

I.

1

Gegen das Patent 198 61 288, dessen Erteilung am 14. Juli 2005 veröffentlicht wurde, ist am 12. Oktober 2005 Einspruch erhoben worden.

2

Mit [X.] vom 19. Oktober 2010, eingegangen per Fax am selben Tag, hat die einzige Einsprechende ihren Einspruch zurückgenommen.

3

[X.] beantragt,

4

das Patent in vollem Umfang aufrechtzuerhalten.

5

Der [X.] Patentinhaber ist am 17. August 2009 verstorben. Der [X.], dem vom zuständigen Bezirksgericht die Verwaltung des Nachlasses übertragen worden ist, hat mit [X.] vom 18. Dezember 2009 bestätigt, dass der rechtsfähigen [X.], … in [X.] in E…, ([X.]) aufgrund ihrer bedingten Erbantrittserklärung die Verfügungsgewalt über den Nachlass einschließlich der Vertretung zusteht. Die [X.] hat die Bestellung des [X.] Vertreters des früheren [X.] als Vertreter des Rechtsnachfolgers bestätigt und ihn weiterhin mit der Durchführung der anhängigen Einspruchsverfahren beauftragt.

6

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

7

1.1. Das [X.] ist für die Entscheidung über den vorliegenden Einspruch nach § 147 Abs. 3 [X.] in der bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassung zuständig geworden und auch nach der ab 1. Juli 2006 in [X.] getretenen Fassung des § 147 Abs. 3 [X.] gemäß dem Grundsatz der perpetuatio fori zuständig geblieben (vgl. hierzu [X.] 2007, 859, 861 f. - Informationsübermittlungsverfahren I; [X.] 2007, 862 f. - [X.]; [X.] 2009, 184 f. - Ventilsteuerung).

8

1.2 Nach dem Tod des im Register eingetragenen [X.]n [X.] ist dessen Verlassenschaft (= Nachlass), der nach [X.]m Recht (§§ 797 ff. Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch und III. Hauptstück des Außerstreitgesetzes) bis zur Einantwortung des Erben durch das [X.], die hier noch nicht erfolgt ist, ein rechts- und prozessfähiges Sondervermögen darstellt, Verfahrensbeteiligte geworden. Vertreten wird die Verlassenschaft durch die rechtsfähige [X.], der aufgrund ihrer bedingten Erbantrittserklärung, der die Verfügungsgewalt über den Nachlass einschließlich der Vertretung nach § 810 [X.] zusteht, der also innerhalb der gesetzlichen Grenzen bindend für den Nachlass handeln kann und zu dessen Pflichten die Abwicklung des Nachlasses gehört (vgl. auch §§ 817, 819 [X.]; vgl. dazu auch [X.]).

9

1.3. Der Umstand, dass nach wie vor der Erblasser als Patentinhaber eingetragen ist, aber nunmehr die Verlassenschaft Verfahrensbeteiligte ist, hat im Fall der Gesamtrechtsnachfolge keine Auswirkungen auf die Prozessführungsbefugnis (vgl. [X.], Patentgesetz, 8. Aufl., § 30 Rn. 51, 52; Busse, Patentgesetz, 6. Aufl., § 30 Rn. 100, 101).

Ebenso führt der Tod eines Prozessbeteiligten nicht bereits zum Erlöschen der Vollmacht des anwaltlichen Vertreters (§ 99 Abs. 1 [X.], § 86 ZPO).

1.4. [X.] ist durch den Tod des [X.] auch nicht unterbrochen.

Zwar tritt nach § 99 Abs. 1 [X.], § 239 Abs. 1 ZPO im Falle des Todes einer [X.] eine Unterbrechung des gerichtlichen Verfahrens bis zu dessen Aufnahme durch den Rechtsnachfolger ein. Dies gilt nach § 246 ZPO aber dann nicht, wenn - wie hier - die verstorbene [X.] nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten war. Der Vertreter macht auch von der Möglichkeit eines Antrags auf Aussetzung des Verfahrens gem. § 246 Abs. 1, 2. Halbsatz ZPO keinen Gebrauch. Demnach ist das Verfahren fortzuführen.

Demgegenüber hält der Senat die vom Vertreter der Patentinhaberin in Betracht gezogene Regelung des § 243 ZPO i. V. m. § 241 ZPO nicht für anwendbar, wonach im Falle, dass ein Testamentsvollstrecker vorhanden ist, das Verfahren unterbrochen wird, bis dieser dem Gericht seine Bestellung oder der Gegner seine Absicht, das Verfahren fortzusetzen, mitteilt. Denn vorliegend handelt es sich um ein gewöhnliches [X.]s Erbschaftsverfahren, bei dem ein „Executor“, d. h. Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter (Prokurator) - wie auch nach [X.]m Recht möglich - (§§ 811, 816 [X.]) nicht tätig wird.

Diese Frage kann aber letztlich dahingestellt bleiben, weil die Vertreterin der Verlassenschaft jedenfalls die Bestellung des [X.] Vertreters des früheren [X.] als Vertreter der Rechtsnachfolgerin bestätigt und ihn weiterhin mit der Durchführung der anhängigen Einspruchsverfahren beauftragt hat.

2. Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit des Einspruchs sind nicht ersichtlich. Der zwischenzeitlich eingelegte Einspruch war ausreichend substantiiert und damit zulässig. Auch nach Rücknahme des zulässigen Einspruchs ist das Einspruchsverfahren von Amts wegen ohne die Einsprechende fortzusetzen und die Rechtsbeständigkeit des angegriffenen Patents zu prüfen (§ 61 Abs. 1 Satz 2 [X.]; § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.]). Bei dieser Prüfung kann im Wege der Amtsermittlung auf alle im Verfahren vorgelegten oder ermittelten Unterlagen zurückgegriffen werden (vgl. [X.], Patentgesetz, 8. Aufl., § 59 Rn. 217).

3. Der Senat hält das Patent in vollem Umfang aufrecht.

Alle Merkmale des erteilten Patentanspruchs 1 sind den [X.] zu entnehmen, eine unzulässige Erweiterung des [X.] liegt damit nicht vor. Dies wurde im Übrigen von der [X.] auch nicht geltend gemacht.

[X.] und der im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen hat ergeben:

[X.] ist klar und ausführbar offenbart. Gegenüber dem vorveröffentlichten Stand der Technik ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 auch neu und beruht auf erfinderischer Tätigkeit, denn keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften offenbart den Verfahrensschritt, bei dem die [X.] der Achse, um welche die Düse verdrehbar ist, im Bereich der Ecken der [X.] von der Außenkontur der [X.] schlaufenartig nach außen vom Rand der [X.] weg und wieder zum Rand der [X.] zurück verläuft, oder gibt eine Anregung zu einer solchen Lösung.

[X.] ergeht gemäß § 147 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 59 Abs. 3, § 47 Abs. 1 Satz 3 sowie § 94 Abs. 2 [X.] ohne eine weitere detaillierte sachliche Begründung, da nach Rücknahme des Einspruchs nur noch der Patentinhaber am Verfahren beteiligt ist, deren Antrag durch die getroffene Entscheidung stattgegeben wird. Der Senat folgt insoweit der Vorgehensweise des [X.] ([X.] 2004, 60; vgl. auch [X.], a. a. [X.], § 95 Rn. 17) und macht sich die Begründung hierfür zu eigen.

Meta

6 W (pat) 313/07

28.10.2010

Bundespatentgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 239 Abs 1 ZPO § 246 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.10.2010, Az. 6 W (pat) 313/07 (REWIS RS 2010, 1927)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1927

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