Bundespatentgericht, Beschluss vom 12.12.2013, Az. 11 W (pat) 5/13

11. Senat | REWIS RS 2013, 347

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Gegenstand

Patentbeschwerdeverfahren – „Fondue-Einrichtung“ - zur Unzulässigkeit eines Einspruchs wegen widerrechtlicher Entnahme – Einsprechender ist als Mitberechtigter der Erfindung nicht einspruchsberechtigt


Leitsatz

Fondue-Einrichtung

Ein auf den Widerrufsgrund der widerrechtlichen Entnahme gestützter Einspruch gegen ein Patent ist mangels Einspruchsberechtigung unzulässig, wenn es sich beim Einsprechenden und Patentinhaber um Mitbesitzer der Erfindung, insbesondere Mitberechtigte handelt.

Der Erfindungsbesitz mitberechtigter Beteiligter kann auf gemeinschaftlichem Vermögen beruhen, das in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts entstanden ist, welche die Beteiligten mit der Vereinbarung ihrer Zusammenarbeit gebildet haben, um gemeinsam zum Entstehen einer Patentanmeldung beizutragen.

Hierbei bedarf es keiner Entscheidung, welche erfinderischen Beiträge der Patentinhaber und der Einsprechende bis zur Anmeldungsreife des Streitpatents geleistet haben. Insbesondere kann dahingestellt bleiben, ob der Einsprechende oder der Patentinhaber als alleiniger Erfinder zu gelten hat oder die Beteiligten Miterfinder sind.

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent [X.] 10 2006 036 945

hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] in der Sitzung vom 12. Dezember 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]. Höchst sowie [X.] v. Zglinitzki, Dipl.-Ing. (Univ.) [X.] und Dipl.-Ing. (Univ.) Wiegele

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde des Patentinhabers wird der Beschluss der [X.] 1.16 des [X.] vom 24. April 2012 aufgehoben.

2. Das [X.] ist erledigt.

Gründe

I.

1

Auf die am 8. August 2006 beim [X.] eingereichte Patentanmeldung mit der Bezeichnung

2

„[X.]“,

3

bei der sich der [X.]elder als Erfinder benannt, aber die Nichtnennung beantragt hat, ist die Erteilung des Patents am 10. Juni 2010 veröffentlicht worden.

4

Der erteilte Patentanspruch 1, dem die untergeordneten Patentansprüche 2 bis 10 folgen, lautet:

5

dadurch gekennzeichnet, dass in der Steuerung (4) die Betriebstemperaturen für verschiedene Fondue-Medien fest vorgegeben und wählbar sind.“

6

Der erteilte Patentanspruch 9 lautet:

7

„9. [X.] nach einem der Ansprüche 1 bis 8 , dadurch gekennzeichnet, dass die [X.] an einem Tisch (1) angeordnet ist, wobei der Topf (2) in diesen einsetzbar ist und das Heizgerät (3) die Mittel zur Erkennung (7) der Erkennungsmerkmale, die Steuerung (4) und Teile der Abzugsvorrichtung (6) unter der Tischplatte (9) angeordnet sind.“

8

Wegen der übrigen Patentansprüche wird auf die Patentschrift verwiesen.

9

Gegen das Patent ist Einspruch erhoben worden, und zwar gestützt auf den [X.] der widerrechtlichen Entnahme, hilfsweise auf die Widerrufsgründe der fehlenden Patentfähigkeit, der mangelnden Ausführbarkeit sowie der unzulässigen Erweiterung.

Der Einsprechende hat hinsichtlich der behaupteten widerrechtlichen Entnahme vorgetragen, er selbst sei der Erfinder der [X.]. Er habe bereits 1997 mit der Entwicklung eines Restaurantkonzeptes begonnen (Anlage [X.] vom 9.5.1997 Raumkonzept und Abbildung der Tische). Wesentlicher Angelpunkt der Idee sei die Entwicklung eines besonderen [X.] gewesen, der nunmehr Gegenstand des streitigen Patents sei. Er habe ein Fondue-System entwickelt, bei dem direkt im Tisch unter der Tischplatte eine Kochplatte installiert sei, der [X.] versenkt in die Tischplatte eingelassen sei und die entstehenden Dämpfe und Gerüche durch ein Abluftsystem abgesaugt werden. Dabei seien die Töpfe und der Tisch so durch eine Steuerung miteinander verbunden, dass durch Erkennungsmerkmale und Temperaturfühler an den verwendeten Töpfen der Erhitzungsvorgang automatisch an das jeweilige [X.] angepasst sei.

Zu Vorführzwecken habe er einen Prototyp seines [X.] hergestellt und ein Essen mit potentiellen Investoren und Geschäftspartnern veranstaltet, zu dem er eine Infomappe (Anlage [X.] vom 20.8.2004) vorgestellt habe, welche den Umfang des Fondue-Konzeptes sowie die Aufgabenstellung und –lösung in allen Einzelheiten aufzeige. Zu diesem Essen habe er den Patentinhaber eingeladen, der ihm als Geschäftsführer einer Schreinerei eigentlich nur die Tische liefern sollte, sich aber als Investor anbot. Mehrfach hätten sie versucht, eine vertragliche Grundlage für ihre Zusammenarbeit zu erreichen, welche von Beginn an auf die gemeinsame Auswertung des Patents ausgelegt gewesen sei. Bis August 2007 hätten sie zusammen gearbeitet, der Patentinhaber als Investor und er als Erfinder. Der Patentinhaber sei während der Investorenzeit regelmäßig über die Weiterentwicklung und Testergebnisse informiert worden und habe dadurch die entsprechenden Einblicke in die Erfindung erhalten. Im Mai 2006 sei der [X.] weitestgehend massenproduktionsreif gewesen. Danach habe es Streit über die Beteiligungsverhältnisse an dem Gastronomiekonzept gegeben, in das der [X.] integriert werden sollte. Der Patentinhaber habe ihm eine Abtretungserklärung (Anlage [X.] vom [X.]) im Hinblick auf alle seine diesbezüglichen Rechte vorgelegt, um das Patent berechtigt auswerten zu können. Als er die Unterzeichnung abgelehnt habe, sei jede weitere Zusammenarbeit abgebrochen worden.

Er habe die vom Patentinhaber eingereichte Patentschrift maßgeblich formuliert. Die Vorversionen der Patentschrift habe er dem damals für beide Parteien arbeitenden Patentanwalt, der nunmehr den Patentinhaber vertrete, zur Prüfung übergeben. Mit diesem Patentanwalt habe er die maßgeblichen Gespräche über die Formulierung der Patentansprüche geführt. Er sei nicht damit einverstanden gewesen, dass die Patentanmeldung ohne einen begleitenden Vertrag bezüglich der klaren Rechteklärung und Definition der Beteiligungsrechte auf den Namen des [X.] erfolgen sollte.

Der Einsprechende hat beantragt,

das Patent zu widerrufen.

Der Patentinhaber hat beantragt,

den Einspruch zurückzuweisen,

hilfsweise das Patent mit den Patentansprüchen 1 bis 9 gemäß Hilfsantrag vom 17. April 2012 beschränkt aufrechtzuerhalten.

Er hat vorgetragen, der Einsprechende sei mit der [X.]eldung des Patents durch den Patentinhaber einverstanden gewesen. Im Rahmen ihrer Zusammenarbeit habe er mit Einverständnis des [X.] die Patentanmeldung in seinem Namen vorgenommen.

Von der Idee des [X.], ein [X.] mit dafür geeigneten [X.]en zu eröffnen, habe er erstmals erfahren, als der Einsprechende in seine Schreinerei gekommen sei, um kreisförmige Ausnehmungen für die Aufnahme von [X.] in für die [X.]e vorgesehene Tischplatten einbringen zu lassen. Der [X.] sollte unterhalb der Tischplatte auf einer elektrischen Kochplatte abgestellt werden. Später habe ihm der Einsprechende seine Idee genauer erklärt. Er habe die Idee gut gefunden, und beide hätten sich entschieden, mit dem Ziel zusammenzuarbeiten, ein [X.] zu eröffnen und die dafür notwendigen Gerätschaften zu entwickeln und herzustellen. Diese Zusammenarbeit habe die Entwicklung der durch das Patent geschützten [X.] umfasst. Die entstehenden Kosten habe er übernommen. Der Einsprechende sei von ihm ab dem 1. Januar 2005 und insbesondere auch zum [X.]punkt der [X.]eldung für seine im Zusammenhang mit der Erfindung stehenden Tätigkeiten durch monatliche Entgeltzahlungen entlohnt worden.

Im Rahmen der Weiterentwicklung des [X.] sei er zu der Überzeugung gelangt, dass die schlecht kontrollierbare Erhitzung der [X.], wie sie der Einsprechende vorgesehen hatte, zu unsicher sei. Seine Idee sei es gewesen, eine Steuerung vorzusehen, mit der sich die für die jeweiligen Fondue-Medien geeignete Temperatur einfach einstellen lasse. Auf dieser Idee beruhe der Gegenstand des Patentanspruchs 1.

Im Rahmen der Zusammenarbeit sei der Entschluss gefasst worden, den Gegenstand der Erfindung zum Patent anzumelden. Weil der Einsprechende nicht über die notwendigen Mittel verfügt und wegen privater Probleme finanzieller Art ausdrücklich darauf bestanden habe, im Zusammenhang mit der Patentanmeldung bzw. dem Patent nach außen nicht in Erscheinung zu treten, sei entschieden worden, dass er allein die Kosten für die Patentanmeldung übernehme und alleiniger [X.]elder werde.

Am 30. Juni 2006 habe mit Patentanwalt [X.] in dessen Kanzlei eine Besprechung mit dem [X.] und ihm stattgefunden. In der Besprechung hätten der Einsprechende und er die Erfindung beschrieben. Er und der Einsprechende hätten übereinstimmend angegeben, dass die Patentanmeldung mit ihm als [X.]elder angemeldet werden solle. Der Entwurf der Kanzlei sei mit Schreiben des Patentanwalts vom 14. Juli 2006 an seine Firma gesandt worden (Anlage 4). Eine Kopie habe er an den [X.] weitergereicht. Der Einsprechende sei am 20. Juli 2006 allein in die Kanzlei gekommen, um den Entwurf zu besprechen. Daraufhin sei der Entwurf überarbeitet und mit Schreiben des Patentanwalts vom 1. August 2006 (Anlage 6) wiederum an seine Firma übersandt worden. Am 4. August 2006 habe nochmals eine Besprechung in der Kanzlei stattgefunden, an der er, der Einsprechende und der Patentanwalt teilgenommen hätten. Nach den vom [X.] verlangten Änderungen habe der Patentanwalt die Patentanmeldung eingereicht.

Er habe anschließend mit dem [X.] bis zum August 2007 weiter zusammengearbeitet. Das Vertragsverhältnis mit den monatlichen Entgeltzahlungen für die Tätigkeiten des [X.] sei durch sein Kündigungsschreiben vom 8. August 2007 beendet worden.

Die [X.] 1.16 des Patentamts hat das angegriffene Patent durch Beschluss vom 24. April 2012 (Datum der Erstellung der Entscheidungsgründe: 7. Mai 2012) wegen widerrechtlicher Entnahme mit der Begründung widerrufen, das Einverständnis des [X.] zur Patentanmeldung durch den Patentinhaber habe nur unter dem Vorbehalt des Zustandekommens einer vertraglichen Regelung gegolten, die eine angemessene finanzielle Beteiligung an der Verwertung seiner Entwicklungsarbeiten sicher stellen sollte. Somit habe eine Einwilligung im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 3 [X.] nicht vorgelegen. Der Beitrag des [X.] beschränke sich nach dessen eigener Aussage auf Merkmale, die nur in den [X.] 4, 6 und 8 angeführt seien. Der wesentliche Anteil an den Entwicklungsarbeiten stamme eindeutig vom [X.].

Der Patentinhaber hat gegen diese ihm am 14. Mai 2012 zugestellte Entscheidung am 12. Juni 2012 Beschwerde eingelegt.

Er trägt vor, der Einsprechende habe bisher keinen Beweis dafür vorgelegt, dass er der eigentliche Erfinder des [X.] sei. Vor Beginn der Zusammenarbeit mit ihm hätten die Ideen des [X.] nur in einem Konzept für ein [X.] und einem [X.] bestanden, der lediglich einen Topf und eine Heizplatte aufnehmen sollte. Der Einsprechende habe zum Auffinden des [X.], die Steuerung vorzusehen, keinen schöpferischen Beitrag geliefert. Auch die Tatsache, dass er im Rahmen des Arbeitsverhältnisses mit ihm Arbeiten für die [X.] durchgeführt habe, lasse ihn nicht zum Erfinder werden. Er sei als Patentinhaber auch der Erfinder. Der [X.], die [X.] mit Barcodes zur Steuerung und den [X.] mit einer passenden Steuerung zu versehen, sei die konkrete Ausgestaltung der Erfindung, die in einer Verallgemeinerung die Formulierung des Patentanspruchs 1 bilde.

Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, im angefochtenen Beschluss werde unzutreffend eine widerrechtliche Entnahme angenommen. Berechtigte Miterfinder könnten untereinander keine widerrechtliche Entnahme begehen. Der Einsprechende sei auch nicht Verletzter, so dass der Einspruch wegen widerrechtlicher Entnahme unzulässig sei. Dies gelte auch dann, wenn er als Erfinder lediglich einzelner der im Patent genannten Ausgestaltungen anzusehen wäre.

Auch die Einwilligung des [X.] zur [X.]eldung sei in dem angefochtenen Beschluss nicht zutreffend beurteilt worden. Die Vereinbarung mit dem [X.] sei gewesen, dass er die Kosten für das Patent trägt und Patentinhaber werde, und der Einsprechende bei der Umsetzung des Fondue-Konzeptes finanziell beteiligt werde. Vorbehalte oder Bedingungen zu der Vereinbarung seien vom [X.] nicht erklärt worden.

Im Übrigen verweist er auf seine im Einspruchsverfahren eingereichten Schriftsätze.

Das angegriffene Patent ist wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr mit Wirkung vom 1. März 2013 erloschen.

Der Beschwerdeführer hat im Schriftsatz vom 13. August 2013 „rechtsverbindlich erklärt“, dass er „für die Vergangenheit aus dem vorliegend streitgegenständlichen Patent gegen den Beschwerdegegner keine Rechte herleiten wird.“

Der Beschwerdeführer beantragt nunmehr sinngemäß,

den angefochtenen Beschluss des Patentamts aufzuheben und das Patent für den [X.]raum vor dem Erlöschen in vollem Umfang aufrechtzuerhalten.

Der Einsprechende und Beschwerdegegner beantragt sinngemäß,

1. die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen,

2. anderenfalls die Beschwerde zurückzuweisen;

3. dem Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen und den Streitwert festzusetzen;

4. die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Er ist der Ansicht, nach dem Erlöschen des angegriffenen Patents in Folge absichtlich unterlassener Zahlung der Jahresgebühr sei die Beschwerde unzulässig geworden, weil dessen Beschwer und Rechtsschutzbedürfnis weggefallen sei.

Er verweist auf sein Vorbringen im Einspruchsverfahren vor dem Patentamt und führt ergänzend aus, als er sich mit dem Beschwerdeführer in Verbindung gesetzt habe, habe die Erfindung bereits vollständig bestanden, auch im Hinblick auf die für die Erhitzung erforderlichen Steuerungselemente und Programmierung. Nur zur konkreten technischen Umsetzung habe er sich mit dem Beschwerdeführer in Verbindung gesetzt. Der Beschwerdeführer sei alleinig Investor der Erfindung mit dem Ausblick darauf gewesen, später an der Erfindung durch Lizenzierung als Gegenleistung der Investition partizipieren zu können. Es bestünden auf Seiten des [X.] wie auf Seiten des Beschwerdeführers diverse Vertragsentwürfe zur Regelung der Beteiligung an dem Patent. Er selbst sei der alleinige Erfinder und deshalb als Verletzter einspruchsberechtigt. Aus diesem Grund habe es von ihm auch keine Bedingungen oder Vorbehalte gegeben, sondern keine Zustimmung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Amts- und Gerichtsakten, insbesondere hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten auf ihre Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

1. [X.] (vormaligen) [X.] ist zulässig.

Durch die Widerrufsentscheidung des Patentamts ist der vormalige Patentinhaber nicht nur formell beschwert, sondern auch materiell, weil der Widerruf die Wirkungen des Patents von Anfang an „ex tunc“ aufhebt (§ 21 Abs. 3 Satz 1 [X.]), das Erlöschen mangels Zahlung der Jahresgebühr (§ 20 Abs. 1 Nr. 3 [X.]) aber nur „ex nunc“ wirksam wird.

Der Beschwerdeführer besitzt auch noch ein anerkennenswertes Rechtsschutzbedürfnis. Er hat zwar auf die Geltendmachung von Rechten gegen den [X.] aus dem Patent bezüglich des [X.]raums vor dem Erlöschen ausdrücklich und rechtsverbindlich verzichtet. Er hat jedoch ein erhebliches Interesse, den Ausspruch des Widerrufs wegen widerrechtlicher Entnahme aufheben und nicht rechtskräftig werden zu lassen, um das Nachanmelderecht des [X.] gemäß § 7 Abs. 2 [X.] zu verhindern, zumal der Einsprechende die Nachanmeldung bereits vorgenommen hat, wie die [X.] 2012 011 857 [X.] zeigt, und um sein [X.] Patent EP 1 902 652 [X.] nicht gefährden zu lassen.

2. Die Beschwerde ist auch begründet.

[X.] wegen widerrechtlicher Entnahme kann nicht aufrechterhalten bleiben, weil die [X.] bei ihrer Entscheidung die Einspruchsberechtigung offenbar nicht hinreichend geprüft und unzutreffend die Zulässigkeit angenommen hat

a) Der fristgerecht erhobene Einspruch wird insgesamt als ursprünglich zulässig angesehen.

Mit dem Einspruch sind die statthaften Widerrufsgründe gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 [X.] geltend gemacht worden. Es wird unterstellt, dass in der Einspruchsbegründung zu den [X.] nach § 21 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 [X.] hinreichend substantiiert vorgetragen worden ist (§ 59 Abs. 1 Satz 4 und 5 [X.]).

b) Der Einspruch ist jedoch hinsichtlich des geltend gemachten [X.]es der widerrechtlichen Entnahme (§ 21 Abs. 1 Nr. 3 [X.]) unzulässig, weil der Einsprechende nicht der Verletzte und somit gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht einspruchsberechtigt ist.

(1) Der „Verletzte“ ist der „Andere“ im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 3 [X.].

Eine widerrechtliche Entnahme nach § 21 Abs. 1 Nr. 3 [X.] setzt voraus, dass der wesentliche Inhalt des Patents den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder Einrichtungen eines Anderen oder einem von diesem angewendetem Verfahren entnommen worden ist. Zumindest die Voraussetzung, dass der wesentliche Inhalt des Patents einem „Anderen“ entnommen worden ist, liegt im vorliegenden Fall aber nicht vor. Denn der Einsprechende, der sich als Verletzten ansieht, ist tatsächlich nicht „der Verletzte“ im Sinne des § 59 Abs. 1 Satz 1 [X.] und kein „Anderer“ im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 3 [X.].

Bei dem „Anderen“ im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 3 [X.] handelt es sich um den [X.]er, der die Verfügungsgewalt über die Erfindung hat, also die fertige Erfindung kennt oder über die zur Kenntnis erforderlichen Unterlagen verfügt (vgl. [X.], Patentgesetz, 8. Auflage 2008, § 21 Rdn. 43; Busse, Patentgesetz, 7. Auflage 2013, § 21 Rdn. 45, 49; [X.], Patentrecht, 6. Auflage 2009, S. 361).

Über den [X.] verfügt in der Regel ein Berechtigter, nämlich der Erfinder oder sein Rechtsnachfolger, dem gemäß § 6 Satz 1 [X.] das Recht auf das Patent zusteht (vgl. [X.], Patentgesetz, 10. Auflage 2006, § 21 Rdn. 20). Da das Recht auf das Patent mehreren gemeinschaftlich zustehen kann (§ 6 Satz 2 [X.]), gibt es auch insoweit den Mitbesitz an einer Erfindung, insbesondere von [X.] oder Mitinhabern.

Aus dem unstreitigen Sachverhalt ergibt sich bereits klar und eindeutig, dass die Beteiligten auf Grund ihrer vereinbarten Zusammenarbeit Mitbesitzer der Erfindung und insbesondere Mitbesitzer der fertigen Erfindung zur [X.] der [X.]eldung des Streitpatents geworden sind.

Es bedarf hier keiner Entscheidung, welche erfinderischen Beiträge die Beteiligten im Rahmen ihrer Zusammenarbeit bis zur [X.]eldungsreife des Streitpatents geleistet haben. Insbesondere kann dahingestellt bleiben, ob – wie die Beteiligte behaupten - jeweils der Einsprechende oder der Beschwerdeführer als alleiniger Erfinder des [X.] oder des wesentlichen Inhalts des Patents zu gelten haben oder die Beteiligten Miterfinder sind. Somit kommt es hier auch nicht darauf an, ob die Erfinderbenennung des vormaligen [X.] zutrifft.

Jedenfalls sind beide Beteiligten bei der [X.]eldung des Streitpatents mitberechtigte [X.]er gewesen, wobei es auf die Beteiligungsverhältnisse hier nicht ankommt.

Mit der Vereinbarung ihrer Zusammenarbeit haben die Beteiligten im Jahr 2004 eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gemäß § 705 BGB gegründet, auch wenn sie dies konkludent und nicht bewusst vollzogen und eine genaue vertragliche Bestimmung der Beteiligungsverhältnisse fehlte. Der Vertragsschluss bedurfte keiner Schriftform, er konnte mündlich erfolgen.

Die Beteiligten vereinbarten jedenfalls ihre Zusammenarbeit, welche auf die Erreichung des gemeinsamen Zwecks angelegt war, ein [X.] zu eröffnen, die dafür notwendigen Gerätschaften zu entwickeln und herzustellen und ein angestrebtes Patent zu verwerten, wobei der spätere Patentinhaber als Investor die Tragung der Kosten übernahm und der Einsprechende seine Ideen für die Entwicklung eines Restaurantkonzeptes mit einem besonderen [X.] einbrachte. Ab dem 1. Januar 2005 erhielt der Einsprechende vom Beschwerdeführer monatliche Zahlungen für seine Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Erfindung in Höhe von 1.250,00 € (vgl. auch die eidesstattliche Versicherung des [X.] vom 4.1.2010 = Anlage 1 des Schriftsatzes des [X.] vom 18. Juli 2011). Es gab zwar Streit über die Beteiligungsverhältnisse an dem Gastronomiekonzept, in das der [X.] integriert werden sollte, aber die Zusammenarbeit wurde erst mit dem Kündigungsschreiben des [X.] vom 10. August 2007 beendet (vgl. eidesstattliche Versicherung vom 4.1.2010).

Die Beteiligten haben gemeinsam teils mit Ideen, Ermittlungen, [X.] Erkenntnissen und Entwürfen für die [X.]n sowie teils mit Finanzierungen und Sachaufwendungen zum Entstehen der Patentanmeldung beigetragen. Die Abfassung und Formulierung der Patentanmeldung sind gemeinsam mit dem beauftragten Patentanwalt besprochen worden. So teilte der Patentanwalt in seinem Schreiben vom 1. August 2006 mit dem Betreff „Ihre beabsichtigte Patentanmeldung „[X.]“ [X.].: [X.]“ dem Beschwerdeführer mit: „ Auf Grund der Besprechung mit [X.] am [X.] haben wir den Entwurf an einigen Stellen überarbeitet. Als Anlage finden Sie die neue Fassung. …“ (vgl. Anlage [X.] b des [X.] = Anlage 6 des Schriftsatzes des [X.] vom 18. Juli 2011). Zuletzt hat der Einsprechende noch am Tag der dann eingereichten Fassung der Patentanmeldung vom 4. August 2006 dem Patentanwalt einen „Nachtrag zur Patentschrift vom 1.08.2006“ mit Nachbesserungsvorschlägen übergeben, die dieser auch berücksichtigt hat (vgl. Anlage [X.] des [X.] = Anlage 7 des Schriftsatzes des [X.] vom 18. Juli 2011). Die Beteiligten firmierten auch schon mit „[X.]s“ und der entsprechenden E-Mail-Adresse (vgl. Anlage [X.] des [X.]: E-Mail vom 26. Oktober 2006 = Anlage 8 des Schriftsatzes des [X.] vom 18. Juli 2011; Anlage [X.]: E-Mail vom 13. November 2006) sowie einem markenmäßigen Logo (vgl. Anlage [X.] des [X.]: Abbildung vom [X.]; Anlage 8 des Schriftsatzes des [X.] vom 18. Juli 2011: Schreiben des [X.] vom 11.9.2006).

Die Beiträge der Beteiligten als Gesellschafter und die während der Zusammenarbeit erworbenen Gegenstände sind gemäß § 718 Abs. 1 BGB ihr gemeinschaftliches Vermögen geworden. Insoweit die Beteiligten nicht Erfinder sind - gegebenenfalls anteilig hinsichtlich bestimmter Merkmale – haben sie somit das gemeinschaftliche Recht auf das Patent rechtsgeschäftlich - als Rechtsnachfolger im Sinne des § 6 Abs. 1 [X.] – erworben. Zu diesem Gesellschaftsvermögen gehörten auch die eingebrachten und in ihrem Zusammenwirken erreichten Gegenstände der Erfindung sowie die Patentanmeldung, bei der es sich um ein [X.] Anwartschaftsrecht mit dem öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Patenterteilung handelt. Die Tatsache, dass der vormalige Patentinhaber die [X.]eldung allein auf seinen Namen getätigt hat, schließt dies nicht aus, weil der [X.]elder gemäß § 7 Abs. 1 [X.] ohne Prüfung seines Rechts auf das Patent (§ 6 [X.]) im Verfahren vor dem Patentamt als Berechtigter gilt.

Da die Gegenstände der Erfindung und die Patentanmeldung zum gemeinschaftlichen Gesellschaftsvermögen gehörten, sind der Beschwerdeführer und der Einsprechende [X.] und [X.] der Erfindung gewesen. Ein Mitbesitzer der Erfindung ist jedoch nicht (allein) einspruchsberechtigt, jedenfalls dann nicht, wenn er - wie im vorliegenden Fall – gegenüber dem Patentinhaber [X.]r ist (vgl. [X.], a. a. [X.], Rdn. 44; [X.], a. a. [X.], Rdn. 21; Busse, a. a. [X.], Rdn. 51; [X.], a. a. [X.], S. 373; Urteil des 2. [X.]s des B[X.] vom 26. Juli 2001 Az.: [X.]; B[X.]E 47, 28, 33 – Mehrheit von [X.]ern).

(2) Der [X.] hat nicht weiter in Betracht gezogen und geprüft, ob es sich bei dem Gegenstand des angegriffenen Patents um eine Arbeitnehmererfindung des [X.] handeln könnte. Denn einerseits behauptet der Beschwerdeführer nicht, die Erfindung des [X.] berechtigt gemäß § 6 ArbnErfG in Anspruch genommen zu haben, und andererseits könnte der Einsprechende nicht Verletzter einer widerrechtlichen Entnahme sein, wenn der spätere Patentinhaber der Berechtigte gemäß § 7 ArbnErfG gewesen sein sollte, so dass der Einspruch auch dann unzulässig wäre.

c) Der Einspruch ist hinsichtlich der geltend gemachten Widerrufsgründe der fehlenden Patentfähigkeit, mangelnden Ausführbarkeit und unzulässigen Erweiterung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 [X.] unzulässig geworden.

Er richtet sich gegen das bereits erloschene Patent, dessen Widerruf insofern nicht mehr möglich ist.

Da das Erlöschen des Patents in Folge Nichtzahlung der Jahresgebühr „ex nunc“ und nicht wie der mit dem Einspruch begehrte Widerruf gemäß § 21 Abs. 3 [X.] rückwirkend erfolgt, ist der Einspruch prinzipiell zunächst noch nicht erledigt gewesen. Ein öffentliches Interesse an einer Sachentscheidung über die Patentfähigkeit besteht aber bereits nach dem Erlöschen nicht mehr.

Eine Sachentscheidung kommt aber nur noch dann in Betracht, wenn der Einsprechende ein Rechtsschutzinteresse besitzt. Wenn der vormalige Patentinhaber jedoch gegenüber dem [X.] auf die Geltendmachung von Rechten aus dem Patent für die [X.] vor dem Erlöschen verzichtet, wie es hier der Beschwerdeführer getan hat, ist ein Rechtsschutzinteresse des [X.] ausgeschlossen (vgl. [X.], a. a. [X.], § 59 Rdn. 250, § 81 Rdn. 43, 44).

Der Einspruch ist somit auch insoweit in der Hauptsache erledigt.

[X.]

Der Antrag des [X.], dem Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.

Wie im Einspruchsverfahren gilt auch im [X.] das Prinzip der jeweils eigenen Kostentragung. Der [X.] vermag in keiner Weise zu erkennen, weshalb dem Beschwerdeführer ausnahmsweise aus Billigkeitsgründen Kosten auferlegt werden sollten, zumal der Beschwerdegegner seinen Antrag auch nicht begründet hat.

IV.

Der [X.] sieht keine Veranlassung, die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Der Einsprechende hat sich auch nicht dazu geäußert, worin eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegen soll.

Meta

11 W (pat) 5/13

12.12.2013

Bundespatentgericht 11. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 12.12.2013, Az. 11 W (pat) 5/13 (REWIS RS 2013, 347)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 347


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. X ZB 11/14

Bundesgerichtshof, X ZB 11/14, 22.09.2015.


Az. 11 W (pat) 5/13

Bundespatentgericht, 11 W (pat) 5/13, 12.12.2013.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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