Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.01.2011, Az. II ZR 122/09

2. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 10114

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Wirtschaftliche Schieflage einer Publikumspersonengesellschaft: Pflicht der nicht zahlungsbereiten Gesellschafter zur Zustimmung zu einem Gesellschafterbeschluss über den Ausschluss eines nicht sanierungswilligen Gesellschafters


Leitsatz

Regelt der Gesellschaftsvertrag einer Publikumspersonengesellschaft, dass eine Kapitalerhöhung auch im Krisenfall nur einstimmig beschlossen werden kann und das Nichterreichen der Einstimmigkeit zur Folge hat, dass die zustimmenden Gesellschafter berechtigt sind, ihre Einlagen zu erhöhen, während die nicht zustimmenden Gesellschafter eine Verringerung ihres Beteiligungsverhältnisses hinzunehmen haben, so sind die zahlungsunwilligen Gesellschafter nicht aus gesellschaftlicher Treuepflicht verpflichtet, einem Beschluss zuzustimmen, dass ein nicht sanierungswilliger Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 19. Oktober 2009, II ZR 240/08, BGHZ 183, 1 - Sanieren oder Ausscheiden) .

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 19. Zivilsenats des [X.] vom 7. April 2009 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die [X.] ist ein geschlossener Immobilienfonds in der Rechtsform einer [X.] bürgerlichen Rechts. [X.]szweck ist die Errichtung und Vermietung eines Wohn- und Geschäftshauses sowie zweier weiterer Wohnhäuser auf gesellschaftseigenem Grundstück. Der Kläger und seine Ehefrau erklärten ihren Beitritt zu der [X.] durch eine gemeinsam abgegebene Beitrittserklärung vom 16. Dezember 1998, mit der sie eine gemeinsame Einlage von 121.956,00 DM übernahmen. Nachdem die [X.] in eine finanzielle Schieflage geraten war, beauftragte sie die [X.] mit der Erarbeitung eines Sanierungskonzepts. In dem im März 2005 vorgelegten vorläufigen Bestandssicherungskonzept stellte die [X.] die Sanierungsbedürftigkeit der [X.] fest, weil sie eine wachsende strukturelle Unterdeckung erwirtschafte und ihr ohne Umsetzung geeigneter Sanierungsmaßnahmen spätestens 2009 die Zahlungsunfähigkeit drohe. Als Sanierungsmaßnahme schlug die [X.] vor, das Fremdkapital auf einen geringeren, leichter bedienbaren Valutenstand zu reduzieren. Das finanzierende Kreditinstitut stimmte der Sanierung unter der Voraussetzung einer Kapitalerhöhung um insgesamt 2.700.000,00 € zu. Daraufhin fasste die [X.]erversammlung am 18. Januar 2006 mit der im [X.]svertrag für Satzungsänderungen vorgesehenen Stimmenmehrheit, jedoch ohne die Stimmen des [X.] und seiner Ehefrau, u.a. folgende Beschlüsse:

§ 4 Abs. 1 [des [X.]svertrages] wird wie folgt neu gefasst:

(1) Das [X.]skapital wird auf 12.925.837,62 € erhöht. Es setzt sich zusammen aus dem [X.] in Höhe von 10.225.837,62 € und [X.] in Höhe von 2.700.000 €.

§ 18 Abs. 7 wird wie folgt neu gefasst:

(7) Ein [X.]er, der nicht spätestens bis zum 28. Februar 2006 einen seiner bisherigen Beteiligungshöhe entsprechenden Anteil am [X.] von 2.700.000 € gezeichnet hat, scheidet rückwirkend zum 1. Januar 2006 aus der [X.] aus, ohne dass es einer weiteren Erklärung seitens der [X.] bedarf.

2

Der [X.]svertrag enthält darüber hinaus folgende Bestimmungen:

§ 1 Abs. 2:

Halten mehrere Personen einen Anteil gemeinschaftlich, so gelten sie als ein [X.]er im Sinne dieses Vertrages. Sie können ihre Rechte nur einheitlich ausüben und haften gesamt-schuldnerisch. Jeder von ihnen ist zur Abgabe und zum Empfang von Willenserklärungen für den anderen bevollmächtigt.

§ 4 Abs. 5:

Die Erhöhung des [X.]skapitals ist nur mit Zustimmung aller [X.]erstimmen zulässig, sofern bei Überschreitung der Gesamtkosten für das gesellschaftseigene Bauvorhaben Eigengelder soweit zu erhöhen sind, wie es die Beendigung des Bauvorhabens erforderlich macht. Kommt ein einstimmiger Beschluss nicht zustande, so sind die zustimmenden [X.]er berechtigt, ihre Einlagen - soweit erforderlich - zu erhöhen. Die nicht zustimmenden [X.]er haben in diesem Fall eine Verringerung ihres [X.] hinzunehmen.

§ 12:

(1) Die [X.]erversammlung beschließt über

...

e) die Änderung des [X.]svertrages;

f) die Auflösung der [X.],

g) die Festsetzung eventuell notwendiger Nachschusszahlungen sowie

...

(2) Beschlüsse gemäß Abs. 1 e) und f) bedürfen einer qualifizierten Mehrheit. Die qualifizierte Mehrheit beträgt 75 % aller in der [X.] vorhandenen Stimmen. Für Beschlüsse gem. Abs. 1 g) gilt die Regelung des § 4 Abs. 5 entsprechend.

...

3

Der Kläger und seine - inzwischen getrennt lebende - Ehefrau zeichneten die Kapitalerhöhung nicht wie ihnen angeboten. Die Ehefrau des [X.] unterzeichnete die Kapitalerhöhungsvereinbarung mit dem Hinweis, dass sie die Erklärung allein für sich und auch nur für den hälftigen Geschäftsanteil abgebe. Der Kläger gab keine Zeichnungserklärung ab. Mit Ablauf der auf den 28. Februar 2006 datierten Zeichnungsfrist betrachtete die [X.] den Kläger und seine Ehefrau als ausgeschieden, da die Kapitalerhöhung nicht für den gesamten von ihnen gehaltenen [X.]santeil gezeichnet worden sei. Mit der Ehefrau des [X.] traf die [X.] am 22. Juni/29. September 2006 eine "Wiederaufnahmevereinbarung" im Umfang der Hälfte der ursprünglich gemeinsam mit ihrem Ehemann gehaltenen Beteiligung, wobei die Ehefrau insoweit auch an der beschlossenen Kapitalerhöhung teilnahm. Dem Kläger hat die [X.] auf den Stichtag seines beschlussmäßigen Ausscheidens (1. Januar 2006) eine Auseinandersetzungsrechnung erteilt, einen Auseinandersetzungsfehlbetrag in Höhe von insgesamt 10.971.973,78 € errechnet und den Kläger hieran entsprechend der Hälfte seiner ursprünglich gemeinsam mit seiner Ehefrau eingegangenen prozentualen Beteiligung am [X.]skapital in Höhe von 35.306,01 € beteiligt.

4

Das [X.] hat auf Antrag des [X.] festgestellt, dass der am 18. Januar 2006 gefasste [X.]erbeschluss zur Änderung des § 18 Abs. 7 des [X.]svertrages unwirksam sei und das [X.]sverhältnis der [X.] zu dem Kläger und seiner Ehefrau unverändert fortbestehe. Die von der [X.] erhobene Widerklage, mit der sie vom Kläger die Zahlung des zu seinen Lasten errechneten negativen Auseinandersetzungsguthabens verlangt, hat das [X.] abgewiesen. Die Berufung der [X.] ist ohne Erfolg geblieben. Mit der - vom erkennenden Senat zugelassenen - Revision verfolgt die [X.] ihre erstinstanzlichen Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision der [X.] hat keinen Erfolg.

6

I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

7

Die Klage sei unbegründet, da der Kläger und seine Ehefrau nicht aus der [X.] ausgeschieden, sondern weiterhin deren [X.]er seien. Die von der [X.]erversammlung für alle [X.]er verbindlich beschlossene Einlagenerhöhung sei unwirksam, weil ihr nicht alle [X.]er zugestimmt hätten. Die in § 4 Abs. 5 des [X.]svertrages enthaltene Regelung erlaube nur eine Kapitalerhöhung auf freiwilliger Basis. Auch aus gesellschafterlicher Treuepflicht habe keine Zustimmungspflicht zu einer verbindlichen Einlagenerhöhung bestanden, da aufgrund der in § 12 Abs. 1, 2 sowie § 4 Abs. 5 des [X.]svertrages getroffenen Regelungen jeder [X.]er davon ausgehen durfte, dass er nur die ihm zum Zeitpunkt des Beitritts bekannten Zahlungen zu leisten hatte. Nachdem die Kapitalerhöhung nicht wirksam beschlossen sei, fehle es auch für den Ausschluss des nicht an ihr teilnehmenden [X.]ers an einer Grundlage.

8

II. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis richtig entschieden. Der Beschluss der [X.]erversammlung der [X.] über den Ausschluss derjenigen [X.]er, die die Kapitalerhöhung nicht gezeichnet haben (§ 18 Abs. 7 des [X.]svertrages), ist gegenüber dem Kläger und seiner Ehefrau unwirksam. Daher sind der Kläger und seine Ehefrau nicht mit Wirkung vom 1. Januar 2006 aus der [X.] ausgeschieden und der Kläger nicht zur Erstattung eines Auseinandersetzungsfehlbetrages verpflichtet.

9

1. Die Klage ist zulässig erhoben; insbesondere ist der Kläger zur Prozessführung befugt. Bei der Prozessführungsbefugnis handelt es sich um eine Prozessvoraussetzung, die in jeder Lage des Verfahrens, auch in der Revisionsinstanz, von Amts wegen zu prüfen ist ([X.], Urteil vom 19. März 1987 - [X.], [X.]Z 100, 217, 219; Urteil vom 11. August 2010 - [X.], NJW 2010, 3033). Grundsätzlich ist (nur) der Inhaber eines Rechts befugt, es in eigenem Namen einzuklagen ([X.]/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., Vor § 50 Rn. 18). Wer ein Recht einklagt, das nicht ihm selbst zusteht (Prozessstandschaft), muss seine Befugnis zur Führung des Prozesses dartun und notfalls beweisen. Andernfalls ist seine Klage als unzulässig abzuweisen ([X.]/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., Vor § 50 Rn. 19). Dasselbe gilt bei der Einzelprozessführung durch einen nur Teilberechtigten ([X.]/[X.], 3. Aufl., [X.]. § 50 Rn. 42).

Mit seinem Feststellungsbegehren gemäß § 256 Abs. 1 ZPO verfolgt der Kläger Rechte aus der Mitgliedschaft in der beklagten [X.]. Nach seinem eigenen Vorbringen steht ihm dieses Mitgliedschaftsrecht gemeinsam mit seiner Ehefrau zu, so dass der Kläger in Bezug auf das streitige Rechtsverhältnis nur die Rolle eines Teilberechtigten einnimmt und er somit die Feststellung (auch) eines [X.]s verfolgt.

Nach feststehender Rechtsprechung können jedoch auch [X.] Gegenstand einer Feststellungsklage sein, wenn diese für die Rechtsbeziehungen der Parteien untereinander zumindest mittelbar von Bedeutung sind und ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Klärung besteht (vgl. [X.], Urteil vom 2. März 1960 - [X.], [X.] 1960, 485; Urteil vom 16. Juni 1993 - [X.], NJW 1993, 2539, 2540 m.w.[X.]). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Denn aus der streitigen Mitgliedschaft erwachsen besondere Rechtsbeziehungen auch zwischen der [X.] und den einzelnen Ehegatten gesondert. Aufgrund der in § 1 Abs. 2 Satz 2 des [X.]svertrages getroffenen Regelung haften die Ehegatten gegenüber der [X.] gesamtschuldnerisch und können daher von der [X.] einzeln in Anspruch genommen werden. Ob und mit welchem Inhalt Rechtspflichten der einzelnen Ehegatten bestehen, hängt vom Fortbestand der gemeinsamen Mitgliedschaft der Ehegatten und von der Wirksamkeit des hier streitigen Beschlusses ab. Daraus folgt das rechtliche Interesse des einzelnen Ehegatten, im eigenen Namen die Unwirksamkeit des am 18. Januar 2006 gefassten [X.]erbeschlusses zur Änderung des § 18 Abs. 7 des [X.]svertrages sowie den Fortbestand des [X.]sverhältnisses der [X.] zu beiden Ehegatten feststellen zu lassen.

Dem steht nicht entgegen, dass die Ehefrau des [X.] gemäß den von der [X.]erversammlung am 18. Januar 2006 gefassten Beschlüssen die Kapitalerhöhung für "ihren" Anteil zunächst zeichnete und später eine "Wiederaufnahmevereinbarung" mit der [X.] traf. Ein dem Vorgehen des [X.] entgegenstehender Wille seiner Ehefrau ist in entsprechender Anwendung von § 744 Abs. 2 [X.] (vgl. dazu [X.], Urteil vom 4. Mai 1955 - [X.], [X.]Z 17, 181, 183; [X.]/Habermeier, [X.], Neubearb. 2003, § 709 Rn. 43; [X.]/[X.], [X.], 70. Aufl., § 714 Rn. 8) unbeachtlich. Auch Verfahrenshandlungen wie die Klage eines einzelnen von mehreren Mitberechtigten können als Erhaltungsmaßnahmen im Sinne von § 744 Abs. 2 [X.] für den gemeinsam gehaltenen Gegenstand notwendig sein (vgl. [X.], Urteil vom 15. Juni 2008 - [X.], [X.], 1582 Rn. 36; MünchKomm[X.]/[X.], 5. Aufl., §§ 744, 745 Rn. 43; [X.]/Langhein, [X.], Neubearb. 2008, § 744 Rn. 43). Die vom Kläger erhobene Feststellungsklage ist zur Erhaltung der gemeinsam begründeten Mitgliedschaft an der [X.] auch und gerade im Hinblick auf die Rechtshandlungen der Ehefrau notwendig, die sie für "ihren" Anteil vorgenommen hat und die den gemeinsamen Anteil in Frage stellen.

2. Die Klage ist auch begründet. Der Kläger und seine Ehefrau sind weiterhin [X.]er der [X.], da der [X.]erbeschluss über die Einfügung von § 18 Abs. 7 des [X.]svertrages ihnen gegenüber unwirksam ist.

a) Anders als das Berufungsgericht meint, ist der Mehrheitsbeschluss über die Kapitalerhöhung durch Änderung von § 4 Abs. 1 des [X.]svertrages allerdings nicht unwirksam. Dies folgt aus den Regelungen in § 4 Abs. 5 i.V.m. § 12 Abs. 1 Buchstabe g, Abs. 2 des [X.]svertrages.

Nach § 4 Abs. 5 Satz 2 des [X.]svertrages sind die zustimmenden [X.]er in dem hier vorliegenden Fall, dass ein - nach § 4 Abs. 5 Satz 1 an sich notwendig - einstimmiger Beschluss über eine Kapitalerhöhung nicht zustande kommt, berechtigt, ihre Einlagen - soweit erforderlich - zu erhöhen, während die nicht zustimmenden [X.]er eine Verringerung ihres [X.] hinzunehmen haben. Der [X.] ist daher auch dann wirksam, wenn Einstimmigkeit nicht erreicht wird. Allerdings ist in dem Fall jedem einzelnen [X.]er nach dem [X.]svertrag die Erhöhung seiner Einlage freigestellt. Ein [X.]er, der seine Einlage nicht erhöht, setzt seine Beteiligung unter Verwässerung seines [X.]santeils fort (§ 4 Abs. 5 Satz 3 des [X.]svertrages).

Die in § 4 Abs. 5 getroffenen Regelungen gelten gemäß § 12 Abs. 1 Buchstabe g, Abs. 2 Satz 2 des [X.]svertrages für Beschlüsse über die Festsetzung eventuell notwendiger Nachschusszahlungen entsprechend. Der Begriff der notwendigen Nachschusszahlungen umfasst auch die am 18. Januar 2006 beschlossene Kapitalerhöhung. Denn mit der Regelung in § 12 Abs. 1 Buchstabe g, Abs. 2 Satz 2 des [X.]svertrages ist gerade eine einheitliche Behandlung sowohl späterer "Nachschüsse" als auch der in § 4 Abs. 5 geregelten "Kapitalerhöhung" bezweckt: Beide Arten zusätzlicher Beitragsleistungen sollen entweder einstimmig beschlossen werden und dann sämtliche [X.]er verpflichten oder es soll, wenn ein einstimmiger Beschluss nicht gefasst wird, dadurch eine Verschiebung der Kapitalanteile erfolgen, dass die nicht zustimmenden [X.]er eine Verringerung ihres [X.] hinzunehmen haben. Diese Auslegung des [X.]svertrages kann der Senat selbst vornehmen, weil der [X.]svertrag der [X.] als Publikumsgesellschaft objektiv auszulegen ist ([X.], Urteil vom 7. Juni 1999 - [X.], [X.], 1391, 1393; Urteil vom 19. März 2007 - [X.], [X.], 812 Rn. 18 jeweils m.w.[X.]).

b) Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, dass die in der [X.]erversammlung weiter beschlossene Neufassung des § 18 Abs. 7 des [X.]svertrages, nach der der nicht an der Kapitalerhöhung teilnehmende [X.]er aus der [X.] ausscheidet, zumindest gegenüber dem Kläger und seiner Ehefrau, die diesem Beschluss im Hinblick auf den gemeinschaftlich gehaltenen [X.]santeil nicht - wie nach § 1 Abs. 2 Satz 2 des [X.]svertrages geboten - einheitlich zugestimmt haben, unwirksam ist.

aa) Der Entzug der [X.]erstellung durch zwangsweises Ausscheiden ist nur mit Zustimmung des betroffenen [X.]ers möglich, sei es durch antizipierte Zustimmung in Form der eindeutigen Regelung im [X.]svertrag, sei es durch Zustimmung zu einem Beschluss, durch den nachträglich eine Ausschlussregelung in den [X.]svertrag eingefügt wird (vgl. [X.], Urteil vom 19. Oktober 2009 - [X.]/08, [X.]Z 183, 1 Rn. 16 - Sanieren oder Ausscheiden, m.w.[X.]). Beide Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Weder enthielt der ursprüngliche [X.]svertrag eine Regelung über das Ausscheiden bei Nichtteilnahme an einer Kapitalerhöhung noch haben der Kläger oder seine Ehefrau einer solchen Regelung nachträglich zugestimmt.

bb) Anders als die Revision meint, verhält sich der Kläger auch nicht treupflichtwidrig, wenn er zwar an den Sanierungsbemühungen nicht teilnehmen, aber in der [X.] verbleiben will.

(1) Ein [X.]er ist im Allgemeinen nicht verpflichtet, einer solchen, seine [X.]erstellung aufhebenden Änderung des [X.]svertrages zuzustimmen. Zwar geht der Senat in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass sich in besonders gelagerten Ausnahmefällen für jeden einzelnen [X.]er aus der gesellschafterlichen Treuepflicht etwas Abweichendes ergeben kann. Danach kommt eine Zustimmungspflicht dann in Betracht, wenn sie mit Rücksicht auf das bestehende [X.]sverhältnis oder auf die bestehenden Rechtsbeziehungen der [X.]er untereinander dringend erforderlich ist und die Änderung des [X.]svertrages dem [X.]er unter Berücksichtigung seiner eigenen Belange zumutbar ist (vgl. [X.], Urteil vom 19. Oktober 2009 - [X.]/08, [X.]Z 183, 1 Rn. 23 - Sanieren oder Ausscheiden, m.w.[X.]).

(2) Grundlage solcher Treuepflichten eines [X.]ers kann jedoch stets nur die auf dem konkreten [X.]sverhältnis beruhende berechtigte Erwartungshaltung der übrigen [X.]er sein. Der [X.]svertrag bildet die Grundlage der gesellschafterlichen Treuepflicht und bestimmt damit auch deren Inhalt und Umfang; der einzelne [X.]er ist nur insoweit verpflichtet, wie er es im [X.]svertrag versprochen hat (vgl. [X.]/Windbichler, [X.]srecht, 21. Aufl., § 7 Rn. 4; [X.], [X.]srecht, 4. Aufl., § 20 IV 2 d, [X.]; MünchKomm[X.]/[X.], 5. Aufl., § 705 Rn. 222). Erlaubt das eingegangene [X.]sverhältnis keine berechtigte Erwartungshaltung gegenüber einzelnen [X.]ern, besteht auch keine Treuepflicht, diese zu erfüllen. Der Gesichtspunkt der gesellschafterlichen Treuepflicht rechtfertigt es nicht, in eine sachlich nicht unvertretbare gesellschaftsvertragliche Regelung [X.] einzugreifen, nur weil dies für angemessener erachtet wird (vgl. [X.], Urteil vom 10. Juni 1965 - [X.], [X.]Z 44, 40, 42).

(3) Im vorliegenden Fall ist eine Erwartungshaltung, dass jeder [X.]er in der Schieflage der [X.] weiteres Risiko auf sich nimmt und sich an einer Kapitalerhöhung beteiligt, durch das eingegangene [X.]sverhältnis nicht begründet worden. Im Gegenteil war den Bestimmungen der § 4 Abs. 5 und § 12 Abs. 1, 2 des [X.]svertrages zu entnehmen, dass eine eventuell zur Aufrechterhaltung der [X.] notwendig werdende Kapitalerhöhung oder Nachschusszahlung einstimmig beschlossen werden musste, wenn sie alle [X.]er verpflichten sollte; andernfalls sollten die zustimmenden [X.]er berechtigt sein, ihre Einlagen zu erhöhen, während die nicht zustimmenden [X.]er unter Verringerung ihres [X.] in der [X.] verbleiben können sollten.

Aufgrund dieser ausdrücklichen gesellschaftsvertraglichen Regelung, mit der sich jeder [X.]er bei seinem Eintritt in die [X.] einverstanden erklärt hatte, durfte er nicht darauf vertrauen, einen Mitgesellschafter, der im Falle einer Schieflage der [X.] zu weiteren Einlagen nicht bereit war, unter dem Gesichtspunkt der gesellschafterlichen Treuepflicht mit einer anderen als der vertraglich vorgezeichneten Rechtsfolge in Anspruch nehmen zu können. Vielmehr musste jeder [X.]er damit rechnen, dass zusätzlicher Kapitalbedarf der [X.] nur von einem Teil der [X.]er aufgebracht würde, sich andere [X.]er dagegen nicht an der Kapitalerhöhung beteiligten und sich für den Verbleib in der [X.] unter Verwässerung ihrer [X.]santeile entschieden.

(4) Eine über diese vertraglichen Regelungen hinausgehende Treuepflicht des einzelnen [X.]ers wird hier auch nicht durch den Umstand begründet, dass die [X.] in eine wirtschaftliche Schieflage mit drohender Zahlungsunfähigkeit geraten war, welche die Aufbringung neuen Kapitals für den Erhalt der [X.] notwendig machte. Denn die Bestimmungen der § 4 Abs. 5 und § 12 Abs. 1 Buchstabe g, Abs. 2 des [X.]svertrages regeln auch diesen Krisenfall.

§ 4 Abs. 5 des [X.]svertrages regelt ausdrücklich den Fall, dass das gesellschaftseigene Bauvorhaben wegen Überschreitung der vorgesehenen Gesamtkosten nicht ohne Zuführung von Eigenkapital beendet werden kann. In dieser Lage, in der in der Regel Fremdkapital nicht zu erlangen ist, wäre die [X.] ohne eine Kapitalerhöhung liquidationsreif. Denn ohne die Möglichkeit, das unvollendete Bauvorhaben mit zusätzlichem Eigenkapital fertig zu stellen, hätte die [X.] keine Vermietungsmöglichkeit und somit dauerhaft keine Ertragserwartung und keine positive Fortführungsprognose. Im Falle einer danach notwendigen Liquidation wäre zu erwarten, dass der Veräußerungserlös des Grundstücks mit dem angefangenen Bauwerk die bis dahin getätigten Aufwendungen nicht annähernd deckt. Die [X.]er verlören zumindest einen erheblichen Teil ihrer Einlagen, wenn sie nicht sogar zu einem [X.] herangezogen werden müssten.

In der so beschriebenen, für die [X.] existenzbedrohenden Ausgangslage wird der einzelne [X.]er gleichwohl durch die ausdrückliche Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 2, 3 des [X.]svertrages nicht dazu verpflichtet, an einer mehrheitlich beschlossenen Kapitalerhöhung zur Rettung der [X.] teilzunehmen. Die - rechtlich unbedenkliche (vgl. [X.], Urteil vom 24. November 1975 - [X.], [X.]Z 66, 82, 85 f.) - gesellschaftsvertragliche Regelung sieht vielmehr vor, den zur Rettung erforderlichen Kapitalmehrbedarf durch zusätzliche Einlagen nur der sanierungswilligen [X.]er zu erbringen, während die nicht daran teilnehmenden [X.]er eine Verwässerung ihrer Anteile hinzunehmen haben.

Stellt sich die wirtschaftliche Schieflage der [X.] nicht - wie in dem in § 4 Abs. 5 des [X.]svertrages geregelten Fall - durch eine unvorhergesehene Erhöhung der Gesamtkosten, sondern - wie hier revisionsrechtlich zu unterstellen - durch Wegfall geplanter Einnahmen ein, besteht eine sowohl für die [X.] als auch für ihre [X.]er vergleichbare Interessenlage. Ohne Zuführung neuen Kapitals müsste die [X.] unter Inkaufnahme wesentlicher wirtschaftlicher Nachteile liquidiert werden. Für diesen Sanierungsfall sind diejenigen Bestimmungen, die § 4 Abs. 5 des [X.]svertrages für den Fall einer unerwarteten Kostenerhöhung trifft, gemäß § 12 Abs. 1 Buchstabe g, Abs. 2 des [X.]svertrages entsprechend anzuwenden.

(5) Zwar kann diese Regelung unter Umständen zu einer Besserstellung derjenigen [X.]er führen, die nicht an der Kapitalerhöhung teilnehmen, indem sie durch den Beitrag der übrigen [X.]er zumindest teilweise von den auf sie entf[X.]den [X.]sschulden frei werden und sogar - wenn auch in geringerer Höhe - an dem Gewinn beteiligt sind, falls die [X.] in die Gewinnzone gelangen sollte (vgl. [X.], Urteil vom 19. Oktober 2009 - [X.]/08, [X.]Z 183, 1 Rn. 31 - Sanieren oder Ausscheiden). Eine solche Besserstellung ist hier jedoch in den Regelungen des [X.]svertrages selbst angelegt (§ 4 Abs. 5, § 12 Abs. 1, 2) und daher von [X.] [X.]ern mit ihrer [X.] in Kauf genommen worden.

(6) Überdies könnte eine Verpflichtung, einer notwendig gewordenen Änderung des [X.]svertrages zuzustimmen, nur dann angenommen werden, wenn dem schützenswerte Belange des einzelnen [X.]ers nicht entgegenstehen (vgl. [X.], Urteil vom 19. Oktober 2009 - [X.]/08, [X.]Z 183, 1 Rn. 23 m.w.[X.] - Sanieren oder Ausscheiden). Diese Voraussetzung ist hier ebenfalls nicht erfüllt. Nach § 707 [X.] sowie aufgrund der Regelungen in § 4 Abs. 5 Satz 1 und § 12 Abs. 1 Buchstabe g, Abs. 2 des [X.]svertrages durfte jeder beitrittswillige Anleger davon ausgehen, dass seine Beitragsverpflichtung auf die im Zeitpunkt des Beitritts gezeichnete Einlage beschränkt blieb und er zu einer Vermehrung seiner Beitragspflichten nicht gegen seinen Willen veranlasst werden konnte (vgl. [X.], Urteil vom 25. Mai 2009 - [X.], [X.], 1373 Rn. 18 m.w.[X.]). Ebenso durfte er aufgrund der Regelungen in § 4 Abs. 5 Satz 2 und 3 annehmen, dass er seinen [X.]santeil, wenngleich verwässert, behalten könne, auch wenn er an einer notwendigen Kapitalerhöhung nicht teilnähme. Durch diese ausdrücklichen Regelungen in dem dem Beitritt zugrunde liegenden [X.]svertrag wurde ein schutzwürdiges Vertrauen des einzelnen [X.]ers begründet, das einem späteren Entzug seiner Mitgliedschaft, auch als Folge der hier zur Überprüfung stehenden Änderung des [X.]svertrages, sowie der Annahme entgegensteht, der [X.]er sei aufgrund seiner gesellschafterlichen Treuepflicht verpflichtet, einer diesem Vertrauen gerade widersprechende Regelung zuzustimmen.

cc) Der damit (jedenfalls) gegenüber dem Kläger und seiner Ehefrau bestehenden Unwirksamkeit der Änderung des [X.]svertrages steht nicht entgegen, dass diese zur Folge haben könnte, dass der [X.]svertrag gegenüber verschiedenen [X.]ern einen unterschiedlichen Inhalt hat. Diese Rechtsfolge ist zwingend, wenn alle [X.]er - wie hier antizipiert im [X.]svertrag - auch für Änderungen des [X.]svertrages auf das sonst geltende [X.] verzichtet haben, die Wirksamkeit des konkreten, den [X.]svertrag [X.]en Beschlusses gegenüber dem jeweiligen [X.]er aber von dessen Zustimmung abhängig ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die tatsächliche Umsetzung des Beschlusses auch dann möglich und sinnvoll ist, wenn sie nicht gegenüber [X.], sondern nur gegenüber den zustimmenden [X.]ern erfolgen kann (vgl. [X.], Urteil vom 19. Oktober 2009 - [X.]/08, [X.]Z 183, 1 Rn. 20 - Sanieren oder Ausscheiden).

3. Da der Kläger und seine Ehefrau weiterhin gemeinsam der [X.] als [X.]er angehören, haben die Vorinstanzen zu Recht auch die Widerklage der [X.] abgewiesen. Der mit der Widerklage begehrte Anspruch auf anteiligen Ausgleich eines [X.] entsteht erst mit dem Ausscheiden eines [X.]ers aus der [X.] (§ 739 [X.]).

Bergmann                                  Strohn                                           Caliebe

                         Reichart                               [X.]

Meta

II ZR 122/09

25.01.2011

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend KG Berlin, 7. April 2009, Az: 19 U 34/08, Urteil

§ 705 BGB, § 735 BGB, § 739 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.01.2011, Az. II ZR 122/09 (REWIS RS 2011, 10114)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10114


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. II ZR 122/09

Bundesgerichtshof, II ZR 122/09, 25.01.2011.


Az. 19 U 34/08

Oberlandesgericht Köln, 19 U 34/08, 18.12.2008.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

II ZR 122/09 (Bundesgerichtshof)


II ZR 227/14 (Bundesgerichtshof)

Publikums-GbR: Gesellschafterliche Treuepflicht zur Zustimmung zu einer Sanierungsregelung und damit verbunden dem eigenen Ausscheiden aus …


II ZR 420/13 (Bundesgerichtshof)

Gesellschaftsvertrag einer Publikumspersonengesellschaft: Regelung über die Zustimmungspflicht des Gesellschafters zu seinem Ausscheiden aus gesellschafterlicher Treuepflicht


II ZR 420/13 (Bundesgerichtshof)


II ZR 110/14 (Bundesgerichtshof)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.