Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.09.2010, Az. AnwZ (P) 1/09

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2010, 3466

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ([X.]) 1/09 Verkündet am: 13. September 2010 [X.] Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Ges[X.]häftsstelle in der verwaltungsre[X.]htli[X.]hen [X.] Na[X.]hs[X.]hlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja[X.] §§ 59b Abs. 2 Nr. 1 Bu[X.]hst. g, 112a, 112[X.], 191e a) Zur Erhebung einer Anfe[X.]htungsklage gegen einen Bes[X.]heid, dur[X.]h den ein Be-s[X.]hluss der Satzungsversammlung bei der [X.] na[X.]h § 191e Halbs. 2 [X.] aufgehoben wird, ist allein die [X.], ni[X.]ht die bei ihr eingeri[X.]htete Satzungsversammlung aktivlegitimiert. b) § 59b Abs. 2 Nr. 1 Bu[X.]hstabe g [X.] ermä[X.]htigt au[X.]h zur Regelung von [X.] an die Einri[X.]htung und den Betrieb einer Zweigstelle. [X.], Urteil vom 13. September 2010 - [X.] ([X.]) 1/09 -

wegen Aufhebung eines Bes[X.]hlusses der Satzungsversammlung - 2 - Der [X.], Senat für [X.]n, hat auf die mündli[X.]he [X.] vom 12. Juli 2010 dur[X.]h den [X.]räsidenten des [X.]es [X.]rof. Dr. [X.], [X.] S[X.]hmidt-Ränts[X.]h, die Ri[X.]hterin [X.] und die Re[X.]htsanwälte [X.] und [X.] für Re[X.]ht erkannt: Der Bes[X.]heid des [X.] vom 30. Sep-tember 2009 ([X.] 3170/15-5-R 3 708/2008) wird aufgehoben. Der [X.] trägt die Kosten des Verfahrens. Der Gegenstandswert wird auf 15.000 • festgesetzt. Von Re[X.]hts wegen Tatbestand: In ihrer 3. Sitzung am 15. Juni 2009 bes[X.]hloss die 4. [X.] bei der klagenden [X.] unter anderem folgende Änderung von § 5 [X.]: 1 "[X.] § 5 [X.] 1. § 5 erhält folgende neue Übers[X.]hrift: "Kanzlei und Zweigstelle" 2. § 5 Satz 2 erhält folgende Fassung: Der Re[X.]htsanwalt ist verpfli[X.]htet, die für seine Berufsausübung erforderli-[X.]hen sa[X.]hli[X.]hen, personellen und organisatoris[X.]hen Voraussetzungen in Kanzlei und Zweigstelle vorzuhalten." - 3 - Diese Änderung hob das beklagte [X.] (fortan: [X.]r) mit bei der Klägerin am 6. Oktober 2009 eingegangenem Bes[X.]heid vom 30. September 2009 ([X.] 3170/15-5-R 3 708/2008) na[X.]h § 191e [X.] mit der Begründung auf, die Satzungsänderung sei von der [X.] der Klägerin ni[X.]ht gede[X.]kt. 2 3 Die Klägerin meint, sie sei auf Grund von § 59b Abs. 2 Nr. 1 Bu[X.]hstabe g [X.] zu der bes[X.]hlossenen Änderung von § 5 [X.] ermä[X.]htigt. Dana[X.]h dürf-ten au[X.]h die Anforderungen an eine Zweigstelle geregelt werden. Kanzlei im Sinne dieser Vors[X.]hrift sei ni[X.]ht nur die [X.], sondern au[X.]h eine Zweigstelle. Die Klägerin beantragt, 4 den Bes[X.]heid des [X.]n vom 30. September 2009 ([X.] 3170/15-5-R 3 708/2008) aufzuheben. Der [X.] beantragt, 5 die Klage abzuweisen. 6 Er ist der Auffassung, § 59b Abs. 2 Nr. 1 Bu[X.]hstabe g [X.] ermä[X.]htige die Satzungsversammlung bei der Klägerin nur zur näheren Regelung der in § 27 Abs. 1 [X.] bestimmten Kanzleipfli[X.]ht, ni[X.]ht jedo[X.]h dazu, Regelungen über die Anforderungen an Kanzleien und Zweigstellen im [X.]. 7 Ents[X.]heidungsgründe: Die Klage hat Erfolg. 8 - 4 - [X.] 9 Die Klage ist als Anfe[X.]htungsklage zulässig. 10 1. Die Aufhebung eines Bes[X.]hlusses der Satzungsversammlung bei der Klägerin ist ein Verwaltungsakt des [X.], der mit der [X.] na[X.]h § 112[X.] [X.] i.V.m. § 42 VwGO angefo[X.]hten werden kann. Die für diese Klageart vorgesehene Klagefrist von einem Monat ab der Be-kanntgabe des Aufhebungsbes[X.]heids (§ 112[X.] [X.] i.V.m. §§ 74 Abs. 1 Satz 2, 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO) ist - unabhängig davon, dass der [X.] seinen Bes[X.]heid ans[X.]heinend entgegen § 112[X.] [X.] i.V.m. § 59 VwGO ni[X.]ht mit einer Re[X.]htsmittelbelehrung versehen hat, so dass die Klagefrist ni[X.]ht in Gang gesetzt worden sein dürfte (§ 112[X.] [X.] i.V.m. § 58 Abs. 1 VwGO) - gewahrt. Die Klages[X.]hrift ist beim [X.] nämli[X.]h innerhalb eines Monats na[X.]h Bekanntma[X.]hung des Bes[X.]heids eingegangen. 2. Für die Ents[X.]heidung ist der [X.] zuständig. Na[X.]h § 112a Abs. 3 Nr. 1 [X.] ents[X.]heidet dieser in erster und letzter Instanz über Klagen gegen Ents[X.]heidungen des [X.], zu denen die Aufhebung von Bes[X.]hlüssen der Satzungsversammlung bei der [X.] na[X.]h § 191e Halbs. 2 [X.] gehört ([X.]Gö[X.]ken, Anwaltli[X.]hes Berufsre[X.]ht, § 112f [X.] Rn. 5; [X.], ebenda, § 191e [X.] Rn. 17-18; [X.] in Henssler/[X.]rütting, [X.], 3. Aufl., § 191e Rn. 9). 11 3. Die Klägerin ist au[X.]h aktivlegitimiert. 12 a) Wer für Klagen gegen den Aufhebungsbes[X.]heid des Bundesministeri-ums der Justiz na[X.]h § 191e Halbs. 2 [X.] aktivlegitimiert ist, ist allerdings streitig. Teilweise wird der Satzungsversammlung selbst die Aktivlegitimation 13 - 5 - zugespro[X.]hen ([X.], aaO, § 191e [X.] Rn. 19; Kleine-Cosa[X.]k, [X.], 6. Aufl., § 191 Rn. 7; zum früheren Re[X.]ht: [X.]/[X.], [X.], 7. Aufl., § 191e Rn. 5; [X.] in Henssler/[X.]rütting, [X.], 2. Aufl., § 191e Rn. 16). Teilweise wird demgegenüber die [X.] als aktivlegiti-miert angesehen (S[X.]hmidt-Ränts[X.]h, aaO, § 112f [X.] Rn. 5; [X.] in Henssler/[X.]rütting, aaO [3. Aufl., fortan aaO], § 191e Rn. 9; Funk, Die Satzungs-versammlung bei der [X.] im System der anwaltli[X.]hen Selbstverwaltung, 2006, S. 282 f.). So haben es au[X.]h die Beteiligten dieses Verfahrens selbst gesehen. b) Diese (zweite) Si[X.]ht teilt der Senat. Die Satzungsversammlung ist dur[X.]h das [X.] und der [X.]atentanwälte vom 2. September 1994 ([X.] I S. 2278) als "neues Be-s[X.]hlussorgan der [X.]" eingeri[X.]htet worden ([X.] in BT-Dru[X.]ks. 12/4993, 36). Sie sollte keine von der [X.] zu trennende Einri[X.]htung, sondern - ähnli[X.]h wie die Satzungs-versammlung der Steuerberaterkammer gemäß § 86a StBerG - ein besonderes Organ sein, dem die Re[X.]htsetzungsaufgaben der [X.] übertragen sind (Einzelheiten bei Funk, aaO, [X.] ff., 107 ff.). Diese Einord-nung ergibt si[X.]h jetzt au[X.]h aus § 112f Abs. 1 [X.], der gegen Wahlen und Bes[X.]hlüsse der Organe der [X.] die [X.] zulässt, hiervon aber Bes[X.]hlüsse der Satzungsversammlung aus-nimmt und damit indirekt die Stellung der Satzungsversammlung als Organ der Bundesre[X.]htsanwaltkammer klarstellen sollte (Begründung der [X.]-Novelle 2009 in BT-Dru[X.]ks. 16/11385, 42). 14 - 6 - I[X.] 15 Die Anfe[X.]htungsklage ist au[X.]h begründet. Der Bes[X.]heid des [X.]n ist re[X.]htswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Re[X.]hten (§ 112[X.] [X.] i.V.m. § 113 Abs. 1 VwGO). 16 1. Der [X.] hat den Bes[X.]heid allerdings fristgere[X.]ht erlassen. Er darf einen Satzungsbes[X.]hluss der Satzungsversammlung der Klägerin na[X.]h § 191e [X.] nur innerhalb von drei Monaten na[X.]h seiner Übermittlung an ihn aufhe-ben. Diese Auss[X.]hlussfrist ([X.]/[X.], aaO, § 191e Rn. 2 a.E.; Funk, aaO, S. 256) hat der [X.] gewahrt. Der Bes[X.]hluss ist ihm na[X.]h der [X.] [X.] am 6. Juli 2009 übermittelt worden; der Aufhe-bungsbes[X.]heid ist der Klägerin am 6. Oktober 2009 bekannt gema[X.]ht worden. 2. Der angefo[X.]htene Bes[X.]heid ist aber materiell re[X.]htswidrig. Der dur[X.]h ihn aufgehobene Bes[X.]hluss der Satzungsversammlung verstößt ni[X.]ht gegen geltendes Re[X.]ht. 17 a) Insbesondere fehlt es ni[X.]ht an der erforderli[X.]hen [X.]. 18 aa) Die (Satzungsversammlung der) Klägerin darf Satzungen zu den be-rufli[X.]hen Re[X.]hten und [X.]fli[X.]hten der Re[X.]htsanwälte allerdings nur erlassen, so-weit sie dazu in § 59b Abs. 2 [X.] ermä[X.]htigt ist. Die in dieser Vors[X.]hrift [X.] ist abs[X.]hließend (Begründung des Entwurfs der [X.]-Novelle von 1994 in BT-Dru[X.]ks. 12/7656, 50; [X.]/[X.], aaO, § 59b Rn. 1; [X.], aaO, § 59b [X.] Rn. 3; [X.] in [X.]/[X.], Berufs- und Fa[X.]hanwaltsordnung, 4. Aufl., Einf. Rn. 62; [X.] in Henssler/ [X.]rütting, aaO, § 59b Rn. 15; Kleine-Cosa[X.]k, aaO, § 59b Rn. 22). 19 - 7 - bb) Entgegen der Auffassung des [X.]n ermä[X.]htigt die Bundes-re[X.]htsanwaltsordnung in § 59b Abs. 2 Nr. 1 Bu[X.]hstabe g aber au[X.]h dazu, die Anforderungen an eine Zweigstelle dur[X.]h Satzung in Form der Berufsordnung zu regeln. 20 21 Diese Vors[X.]hrift enthält zwar ausdrü[X.]kli[X.]h eine Ermä[X.]htigung nur für Re-gelungen der "Kanzleipfli[X.]ht". Unter Regelungen zur Kanzleipfli[X.]ht sind aber au[X.]h sol[X.]he Bestimmungen zu verstehen, mit denen die Anforderungen an eine Kanzlei - gegebenenfalls mit ihrer Hauptstelle und ihren Zweigstellen - festge-legt werden (ebenso: [X.], aaO, § 59b [X.] Rn. 21; [X.]rütting in Henssler/ [X.]rütting, aaO, § 5 [X.] Rn. 12 f.; Kleine-Cosa[X.]k, aaO, § 27 Rn. 11; [X.], [X.]. 2007, 94, 95; a.M. [X.] in [X.]/[X.], aaO, § 5 [X.] Rn. 79; [X.], [X.]. 2007, 609 ff.). [X.]) [X.] zu den Anforderungen an eine Zweigstelle könnten allerdings in § 59b Abs. 2 Nr. 1 Bu[X.]hstabe g [X.] keine Grundlage finden, wenn als Regelungen der "Kanzleipfli[X.]ht" s[X.]hon für den Re[X.]htsanwalt mit einer Kanzlei ohne Zweigstelle - begriffli[X.]h oder aus systema-tis[X.]hen Erwägungen - nur Vors[X.]hriften angesehen werden könnten, mit denen die [X.]fli[X.]ht, eine Kanzlei einzuri[X.]hten, in ihren Voraussetzungen näher [X.] oder dur[X.]h S[X.]haffung von [X.] ausgestaltet wird. Das ist indes ni[X.]ht der Fall: 22 Unter Regelungen der "Kanzleipfli[X.]ht" lassen si[X.]h begriffli[X.]h ohne [X.] au[X.]h Satzungsbestimmungen fassen, mit denen diese [X.]fli[X.]ht inhaltli[X.]h aus-gestaltet und näher festgelegt wird, wel[X.]he Voraussetzungen der Ges[X.]häftsbe-trieb eines Re[X.]htsanwalts erfüllen muss, damit angenommen werden kann, dass er seine Tätigkeit aus einer Kanzlei heraus betreibt. 23 - 8 - Systematis[X.]he Erwägungen s[X.]hließen eine andere Betra[X.]htung sogar aus. Bes[X.]hränkte si[X.]h die in § 59b Abs. 2 Nr. 1 Bu[X.]hstabe g [X.] [X.] Regelungskompetenz auf das "Ob" der Einri[X.]htung einer Kanzlei, liefe die Vors[X.]hrift leer. Dass der Re[X.]htsanwalt eine Kanzlei zu unterhalten hat, ergibt si[X.]h bereits aus der gesetzli[X.]hen Regelung des § 27 [X.]. Das Gesetz legt au[X.]h - in § 29 und § 29a [X.] - abs[X.]hließend fest, unter wel[X.]hen Vorausset-zungen ein Re[X.]htsanwalt von der Kanzleipfli[X.]ht befreit ist. Diese [X.]fli[X.]ht als sol-[X.]he, also das "Ob" einer Kanzlei, ist dana[X.]h einer weiteren sinnvollen Regelung dur[X.]h Vors[X.]hriften einer Satzung ni[X.]ht zugängli[X.]h. Hingegen legt das Gesetz ni[X.]ht des Näheren fest, wel[X.]he Anforderungen der Ges[X.]häftsbetrieb des Re[X.]htsanwalts erfüllen muss, damit er seine Kanzleipfli[X.]ht erfüllt. Insoweit [X.] ein Bedarf an näheren Regelungen. Diese gerade au[X.]h in der Form einer Satzung zu treffen, ermögli[X.]ht § 59b Abs. 2 Nr. 1 Bu[X.]hstabe g [X.]. 24 bbb) Au[X.]h der [X.] bestreitet ni[X.]ht, dass § 59b Abs. 2 Nr. 1 Bu[X.]h-stabe g [X.] eine wirksame Ermä[X.]htigung für die Regelung von inhaltli[X.]hen Anforderungen an eine "Kanzlei" enthält. Er meint aber, dass si[X.]h diese Kom-petenz auf die Festlegung von Anforderungen an die "Hauptstelle" der Kanzlei bes[X.]hränke und auf "Zweigstellen" ni[X.]ht erstre[X.]kt werden könne. Dazu ma[X.]ht er geltend: 25 Der Gesetzesbegriff der "Kanzleipfli[X.]ht" finde si[X.]h in der Bundesre[X.]hts-anwaltsordnung außer in § 59b Abs. 2 Nr. 1 Bu[X.]hstabe g [X.] nur in der amt-li[X.]hen Übers[X.]hrift des § 29 [X.]. Aus § 29 Abs. 1 [X.] folge, dass das [X.] unter "Kanzleipfli[X.]ht" die "[X.]fli[X.]ht des § 27 Abs. 1 [X.]" verstehe. Gemäß § 27 Abs. 1 [X.] müsse der Re[X.]htsanwalt im Bezirk der [X.], deren Mitglied er sei, eine Kanzlei einri[X.]hten und unterhalten. § 59b Abs. 2 Nr. 1 [X.] gebe der Satzungsversammlung somit nur die Befugnis, diese in § 27 Abs. 1 [X.] normierte [X.]fli[X.]ht des Anwalts zu regeln. Die [X.] - 9 - mä[X.]htigung umfasse dagegen ni[X.]ht die Befugnis, Regelungen zu Kanzleien oder Zweigstellen zu treffen, die ein Re[X.]htsanwalt jenseits der Verpfli[X.]htung na[X.]h § 27 Abs. 1 [X.] einri[X.]hte und unterhalte. 27 Dieser Betra[X.]htung kann ni[X.]ht gefolgt werden. 28 (1) Sie begegnet s[X.]hon begriffli[X.]hen Bedenken. "Zweigstelle" und "[X.]" sind vom Wortsinn her keine Gegensätze. Mit dem Begriff der "Zweigstelle" korrespondiert na[X.]h allgemeinem Spra[X.]hgebrau[X.]h der - im Gesetz freili[X.]h ni[X.]ht verwandte - Begriff der "Hauptstelle". Bei der Zweigstelle und der Hauptstelle handelt es si[X.]h jeweils um Niederlassungen der "Kanzlei", die si[X.]h dana[X.]h [X.], in wel[X.]her der Re[X.]htsanwalt seine berufli[X.]he Tätigkeit ihrem S[X.]hwerpunkt na[X.]h entfaltet. Dementspre[X.]hend wurde au[X.]h s[X.]hon na[X.]h altem Re[X.]ht, das bei einem grundsätzli[X.]hen Verbot von Zweigstellen (§ 28 Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F.) deren Einri[X.]htung materiell von einem dringenden örtli[X.]hen Bedarf und formell von der Gestattung dur[X.]h die [X.] ma[X.]hte (§ 28 Abs. 1 Satz 2 [X.] a.F.), als Zweigstelle eine "Kanzlei angesehen, die neben einer bereits bestehenden Kanzlei eingeri[X.]htet oder un-terhalten wird" ([X.]rütting in Henssler/[X.]rütting, [X.], 2. Aufl., § 28 Rn. 5). (2) Vor allem aber ist die Argumentation des [X.]n mit dem Sinn und Zwe[X.]k der Kanzleipfli[X.]ht ni[X.]ht in Einklang zu bringen. Mit der Kanzleipfli[X.]ht will der Gesetzgeber errei[X.]hen, dass der Re[X.]htsanwalt seine anwaltli[X.]he Tätigkeit nur von einer berufli[X.]hen Niederlassung aus ausübt. Das gilt für die [X.] glei[X.]hermaßen wie für die Zweigstelle. 29 (a) Na[X.]h der Begründung der ursprüngli[X.]hen Regelung sollte die [X.]pfli[X.]ht ni[X.]ht nur das damals no[X.]h bestehende Lokalisationsprinzip absi[X.]hern, sondern au[X.]h si[X.]herstellen, dass der Re[X.]htsanwalt "mit dem Geri[X.]ht und den Re[X.]htsu[X.]henden in enger Verbindung bleibt" (BT-Dru[X.]ks. [X.], 68). Das soll 30 - 10 - dadur[X.]h errei[X.]ht werden, dass der Re[X.]htsanwalt eine Kanzlei unterhält, in der er für seine Mandanten, aber au[X.]h für Geri[X.]hte und Behörden, errei[X.]hbar und anspre[X.]hbar ist ([X.]/[X.], aaO, § 27 Rn. 2; [X.] in [X.]/ Wolf/Gö[X.]ken, aaO, § 27 [X.] Rn. 21 ff.; Kleine-Cosa[X.]k, aaO, § 27 Rn. 1). 31 (b) Diese "enge Verbindung" bes[X.]hränkt si[X.]h na[X.]h dem [X.] des Gesetzgebers ni[X.]ht auf den rein kommunikativen Aspekt, also darauf, dass an den Re[X.]htsanwalt Zustellungen erfolgen können und dass er über-haupt errei[X.]hbar ist. Dazu würde die Benennung eines Zustellungsbevollmä[X.]h-tigten oder die Mitteilung einer Zustellans[X.]hrift und der Kommunikationsdaten ausrei[X.]hen. Die zweite Maßnahme lässt das Gesetz ni[X.]ht, die erste nur für den Fall zu, dass der Re[X.]htsanwalt von der Kanzleipfli[X.]ht befreit ist. Ohne eine Be-freiung von der Kanzleipfli[X.]ht verlangt § 27 Abs. 1 [X.] von dem [X.], dass er eine Kanzlei einri[X.]htet und seine berufli[X.]he Tätigkeit von dieser berufli[X.]hen Niederlassung aus ausübt (so [X.]rütting in Henssler/[X.]rütting, aaO, § 27 Rn. 5). Es soll also einen festen Ort geben, an dem der Re[X.]htsanwalt ge-wöhnli[X.]h angetroffen werden kann, an dem insbesondere Mandanten mit ihrem Re[X.]htsanwalt vertrauli[X.]he Gesprä[X.]he führen und ihre Unterlagen und Mitteilun-gen vor unbefugtem Zugriff si[X.]her verwahrt wissen können ([X.] in [X.]/ Wolf/Gö[X.]ken, aaO, § 27 [X.] Rn. 28 ff., 32 ff.). ([X.]) § 27 Abs. 1 [X.] verpfli[X.]htet zwar nur zur Einri[X.]htung einer sol[X.]hen Niederlassung überhaupt. Ents[X.]hließt si[X.]h der Re[X.]htsanwalt aber dazu, seine anwaltli[X.]he Tätigkeit an mehreren Orten auszuüben, dann muss er na[X.]h § 27 Abs. 1 [X.] an jedem dieser Tätigkeitsorte au[X.]h eine Kanzlei einri[X.]hten und unterhalten. Eine Zweigstelle ist nämli[X.]h ni[X.]ht nur ein Ort, an dem der Re[X.]hts-anwalt ohne Kontakt na[X.]h außen ähnli[X.]h wie in einer Geri[X.]htsbibliothek seiner anwaltli[X.]hen Tätigkeit na[X.]hgeht, die örtli[X.]h an seiner [X.] konzentriert bleibt. 32 - 11 - Eine Zweigstelle ri[X.]htet der Re[X.]htsanwalt vielmehr ein, weil er mit Ge-ri[X.]hten und Behörden, vor allem aber mit seinen vorhandenen und zu gewin-nenden Mandanten ni[X.]ht nur von seiner [X.] aus in Kontakt treten will, sondern zusätzli[X.]h au[X.]h von einem anderen Ort. Das verbietet ihm das Gesetz zwar na[X.]h der Aufhebung von § 28 [X.] a.F. ni[X.]ht mehr. Es hält aber daran fest, dass der Re[X.]htsanwalt dann si[X.]herstellen muss, dass er von Mandanten, aber au[X.]h Geri[X.]hten und Behörden, au[X.]h an diesem Ort angespro[X.]hen werden kann. Das erfordert na[X.]h § 27 Abs. 1 [X.] die Einri[X.]htung einer Kanzlei au[X.]h am Ort der Zweigstelle. Die Zweigstelle ist damit, worauf die Klägerin zutreffend hingewiesen hat, der Sa[X.]he na[X.]h ebenso die Kanzlei des Re[X.]htsanwaltes wie seine ([X.]. Das zeigt si[X.]h au[X.]h daran, dass der Re[X.]htsanwalt dur[X.]h einfa[X.]he Anzeige an die Re[X.]htsanwaltskammer bestimmen kann, wel[X.]he Nie-derlassung jeweils eine Hauptniederlassung ist, ohne dass das an bestimmte sa[X.]hli[X.]he Voraussetzungen geknüpft wäre. 33 (d) Die Aufhebung des grundsätzli[X.]hen Zweigstellenverbots dur[X.]h das Gesetz vom 26. März 2007 ([X.] I S. 358) kann der [X.] ni[X.]ht als Argu-ment für seine Auffassung in Anspru[X.]h nehmen. Dieses Verbot wurde aufgeho-ben, weil es der Absi[X.]herung des [X.] diente und na[X.]h dessen Aufgabe keinen Sinn mehr hatte. Der Gesetzgeber hat die Aufhebung des [X.] aber gerade ni[X.]ht zum Anlass genommen, die Kanzleipfli[X.]ht abzus[X.]haffen und die Einri[X.]htung von Zweigstellen von allen bes[X.]hränkenden Regelungen freizustellen. Vielmehr hat er si[X.]h ausdrü[X.]kli[X.]h für die Beibehaltung der [X.]pfli[X.]ht und die Einführung einer [X.]fli[X.]ht zur Anzeige der Erri[X.]htung einer Zweigstelle gemäß § 27 Abs. 2 [X.] ents[X.]hieden (Begründung des Entwurfs der [X.]-Novelle von 2007 in BT-Dru[X.]ks. 16/513, 15). Das hat er zwar eher formal damit begründet, dass si[X.]h anders das Re[X.]htsanwaltsverzei[X.]hnis na[X.]h § 31 [X.] ni[X.]ht führen lasse, in dem na[X.]h § 31 Abs. 3 Satz 1 [X.] neben der Ans[X.]hrift der [X.] au[X.]h die Ans[X.]hriften etwaiger Zweigstellen [X.] - 12 - zugeben sind. Die Aufnahme der Ans[X.]hriften von Zweigstellen in das Re[X.]hts-anwaltsverzei[X.]hnis belegt aber, dass die Zweigstelle in der Sa[X.]he für die Re[X.]htsu[X.]henden einerseits und Geri[X.]hte und Behörden andererseits im We-sentli[X.]hen die glei[X.]he Bedeutung hat wie die [X.]. Dementspre[X.]hend muss au[X.]h sie als "Anlaufstelle" geeignet sein, und spri[X.]ht ni[X.]hts dafür, die Er-mä[X.]htigungsgrundlage für die Festlegung der inhaltli[X.]hen Anforderungen an eine Kanzlei in Bezug auf Hauptstelle und Zweigstellen unters[X.]hiedli[X.]h zu [X.]. [X.][X.]) Die dem Sinne der Kanzleipfli[X.]ht entspre[X.]hende Erstre[X.]kung der [X.] der Klägerin aus § 59b Abs. 2 Nr. 1 Bu[X.]hstabe g [X.] au[X.]h auf Zweigstellen führt entgegen der von dem [X.]n in der mündli[X.]hen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Ansi[X.]ht au[X.]h ni[X.]ht zu einer [X.] inländis[X.]her Re[X.]htsanwälte gegenüber europäis[X.]hen Re[X.]htsanwälten. Europäis[X.]he Re[X.]htsanwälte, die im Inland eine Zweigstelle unterhalten wollen, müssen nämli[X.]h am Ort der Zweigstelle ni[X.]ht anders als inländis[X.]he Re[X.]htsan-wälte eine Kanzlei einri[X.]hten. Denn die Unterhaltung einer Zweigstelle dur[X.]h sie ist eine Form der Niederlassung im Inland, für die, je na[X.]h dem gewählten be-rufsre[X.]htli[X.]hen Rahmen, entweder na[X.]h § 4 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 14 [X.] oder na[X.]h §§ 12, 13 [X.] i.V.m. § 27 [X.] eine Kanzleipfli[X.]ht besteht (Ei[X.]hele in [X.]/Wolf/Gö[X.]ken, aaO, § 4 [X.] Rn. 5; Lör[X.]her in Henssler/ [X.]rütting, aaO, § 4 [X.] Rn. 7 a.E.). Diese Regelungen stehen mit EU-Re[X.]ht in Einklang (vgl. Art. 4 Abs. 2 der Ri[X.]htlinie 77/249/EWG des Rates vom 22. März 1977 zur Erlei[X.]hterung der tatsä[X.]hli[X.]hen Ausübung des freien Dienst-leistungsverkehrs der Re[X.]htsanwälte [ABl. [X.], 17] und Art. 6 und 7 der Ri[X.]htlinie 98/5/EG des Europäis[X.]hen [X.]arlaments und des Rates vom 16. [X.] 1998 zur Erlei[X.]hterung der ständigen Ausübung des Re[X.]htsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben [X.] [ABl. Nr. L 77, 36]). 35 - 13 - b) Au[X.]h sonst ist kein Grund gegeben, der die Aufhebung des Bes[X.]hlus-ses vom 15. Juni 2009 dur[X.]h den [X.]n re[X.]htfertigen könnte. 36 37 Ein Satzungsbes[X.]hluss der Satzungsversammlung der Klägerin darf na[X.]h § 191e Halbs. 2 [X.] nur aufgehoben werden, wenn er gegen höherran-giges Re[X.]ht verstößt ([X.]/[X.], aaO, § 191e Rn. 2; [X.] in [X.]/ Wolf/Gö[X.]ken, aaO, § 191e [X.] Rn. 5; [X.] in Henssler/[X.]rütting, aaO, § 191e Rn. 3, 5; Funk, aaO, [X.]). Diese Maßnahme darf als Teil der Staatsaufsi[X.]ht, die das [X.] na[X.]h § 176 Abs. 2 Satz 1 [X.] über die [X.] führt, na[X.]h § 176 Abs. 2 Satz 2 [X.] nur bei [X.] oder Satzung erfolgen (Funk, aaO, [X.]). Ein sol[X.]her Verstoß ist ni[X.]ht gegeben und wird von dem [X.]n au[X.]h ni[X.]ht geltend gema[X.]ht. 38 II[X.] Die Kostenents[X.]heidung beruht auf § 112[X.] [X.] i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des [X.] auf § 194 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. Bei der Ausübung seines Ermessens na[X.]h § 52 Abs. 1 GKG 39 - 14 - hat si[X.]h der Senat an dem Festsetzungsvors[X.]hlag orientiert, den der Streitwert-katalog für die Verwaltungsgeri[X.]htsbarkeit in Nr. 22.5 für die Kommunalaufsi[X.]ht vorsieht. [X.] S[X.]hmidt-Ränts[X.]h Ri'in[X.] [X.]

ist urlaubsbedingt an

der Unterzei[X.]hnung

gehindert. [X.]

Wüllri[X.]h Braeuer

Meta

AnwZ (P) 1/09

13.09.2010

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.09.2010, Az. AnwZ (P) 1/09 (REWIS RS 2010, 3466)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3466

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