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[X.]UNDESGERICHTSHOF
[X.]ESCHLUSS
AnwZ ([X.]) 45/13
vom
23. Juli 2014
in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache
wegen [X.]estellung eines Zustellungsbevollmächtigten
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Der [X.], [X.], hat durch die Präsidentin des [X.]s [X.], die Richterin [X.],
den Richter Dr.
Remmert sowie die Rechtsanwälte Prof. Dr. Stüer und Dr. Kau
am 23. Juli 2014
beschlossen:
Der Antrag des [X.] auf Zulassung der [X.]erufung gegen das Urteil des
I. [X.]s des
[X.] in der [X.] vom 14. Juni 2013
wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 5
Gründe:
I.
Der Kläger ist seit dem 20. Juni 1968 zugelassener Rechtsanwalt und Mitglied der beklagten Rechtsanwaltskammer. Er
verlegte seinen Wohnsitz und seine Kanzlei nach I.
(Spanien). Mit [X.]escheid vom 23. September 1994 be-freite ihn die seinerzeit zuständige Justizbehörde
H.
von der
Pflicht, eine Kanzlei im [X.]ezirk der [X.]eklagten zu unterhalten.
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Mit [X.]escheid vom 10. November 2011 gab die [X.]eklagte dem Kläger un-ter Anordnung des [X.] auf, für die Dauer der [X.]efreiung von der Kanzleipflicht einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen. Widerspruch und Klage des [X.] gegen diesen [X.]escheid blieben erfolglos.
Der Kläger hat nunmehr einen als "Nichtzulassungsbeschwerde"
bezeichneten Rechtsbehelf eingelegt, mit welchem er die Zulassung der [X.]erufung erreichen will.
II.
Der Antrag
des [X.] kann als Antrag auf Zulassung der [X.]erufung ausgelegt werden. Als solcher ist er
nach § 112e
Satz 2
[X.], § 124a Abs.
4 VwGO statthaft. Er bleibt jedoch ohne Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils beste-hen
nicht (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
a) Ein Rechtsanwalt, der von der Pflicht befreit worden ist, eine Kanzlei zu unterhalten, hat der Rechtsanwaltskammer einen Zustellungsbevollmächtig-ten zu benennen, der im Inland wohnt oder dort einen Geschäftsraum hat (§
30 Abs. 1 [X.]); Ausnahmen sind nicht vorgesehen.
Der Kläger ist mit [X.]escheid vom 23. September 1994 von der Kanzleipflicht befreit worden. Die Kanzlei-pflicht wird in § 27 Abs. 1 [X.] dahingehend bestimmt, dass der Rechtsanwalt verpflichtet ist, im [X.]ezirk der Rechtsanwaltskammer, deren Mitglied er ist, eine Kanzlei einzurichten und zu unterhalten. Ein Rechtsanwalt, der seine Kanzleien ausschließlich in anderen [X.] einrichtet, wird gemäß § [X.] Abs. 2 [X.] ebenso von der Kanzleipflicht des § 27 Abs. 1 [X.] befreit wie ein Rechtsan-walt, der weder im Inland noch im Ausland eine Kanzlei unterhält und nach §
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Abs.
1 [X.] zur Vermeidung von Härten von der Pflicht des § 27 Abs.
1 [X.] befreit werden kann. Dass die Vorschrift des § 30 Abs. 1 [X.] auch für Anwäl-te mit (ausschließlichem) Kanzleisitz im Ausland gilt, folgt hinreichend deutlich aus § [X.] Abs. 2 [X.], der auf § 27 [X.] [X.]ezug nimmt. Überdies kann nach § 14 Abs. 3 Nr. 3
[X.] die Zulassung eines Anwalts zur Rechtsanwaltschaft widerrufen werden, der nicht binnen drei Monaten, nachdem er gemäß § [X.] Abs. 2 [X.] von der Kanzleipflicht befreit worden ist, einen Zustellungsbe-vollmächtigten benennt.
b) Auf einen "[X.]estandsschutz"
kann sich der Kläger nicht berufen.
Die in §
30 [X.] normierte Pflicht, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, ist
fortlaufend
zu erfüllen, solange der Rechtsanwalt von der Kanzleipflicht des §
27 Abs. 1 [X.] befreit ist. Sie
gilt damit auch
in Fällen, in denen die [X.] zunächst davon abgesehen hatte, die [X.]enennung eines Zustel-lungsbevollmächtigten zu verlangen.
Ein Rechtsanwalt, der jahrelang keinen Zustellungsbevollmächtigten beauftragt hatte,
wird durch die Erfüllung der ihm
gemäß
§ 30 [X.] obliegenden Pflicht zur [X.]estellung des [X.] nicht mehr oder anders belastet als ein Anwalt, der unverzüglich nach der [X.]efreiung von der Kanzleipflicht einen Zustellungsbevollmächtigten bestellt hat.
Im Jahre 2009
ist
dem Kläger wegen seiner Weigerung, einen [X.] zu bestellen, gemäß § 74 [X.]
eine Rüge erteilt worden;
sein Antrag auf anwaltsgerichtliche Entscheidung (§ 74a [X.])
ist
erfolglos geblieben.
c) Der
nicht näher belegten
[X.]ehauptung des [X.], nur ihm allein sei die [X.]estellung eines Zustellungsbevollmächtigten aufgegeben worden, geht der [X.] nicht nach. Auf die Frage, welche Folgen ein Vollzugsdefizit nach sich ziehen könnte und welches Ausmaß dieses angenommen haben müsste, um 6
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rechtlich von [X.]elang zu sein, kommt es wegen des Fehlens ausreichender tat-sächlicher Anhaltspunkte nicht an.
2. Rechtsfragen von grundsätzlicher [X.]edeutung wirft
die Sache nicht auf (§
112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Dieser Zulassungsgrund ist
gegeben, wenn der Rechtsstreit eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürf-tige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten
Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der [X.] an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt ([X.], [X.]eschluss vom 27. März 2003 -
V [X.], [X.]Z 154, 288, 291; [X.],
[X.], 515, 518; [X.]VerwG,
NVwZ 2005, 709).
a) Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage nach dem Anwendungsbe-reich des §
30 Abs. 1 [X.] lässt sich, wie gezeigt, ohne weiteres aus den [X.] der §§ 27, [X.], 30, 14 Abs. 3 Nr. 3 [X.] beantworten.
[X.] trägt der Kläger ohne Angaben genauer Fundstellen
vor, das Urteil des [X.] stehe im Widerspruch zu
führender Kommentarliteratur. Nicht jede in der Literatur geäußerte Einzelmeinung begründet jedoch die [X.] einer höchstrichterlichen Leitentscheidung. Die Mehrzahl der Kom-mentatoren geht wie der [X.] und der [X.] davon aus, dass die Pflicht des § 30 Abs. 1 [X.] auch in den Fällen des § [X.] Abs.
2 [X.] gilt (vgl. etwa [X.] in [X.]/Wolf/Göcken, Anwaltliches [X.]erufsrecht, § 30 [X.] Rn. 8; [X.], aaO, § [X.]
[X.] Rn. 19; [X.], aaO, §
14 Rn. 50; [X.] in Henssler/Prütting, [X.], 4. Aufl., § [X.] Rn. 12; Prütting, aaO, § 30 Rn. 7; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 8. Aufl., §
14 Rn. 92a; [X.], aaO, § [X.] Rn. 15; Kleine/[X.], [X.], 6. Aufl., §
30 Rn. 1).
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b) Die verfassungsrechtlichen [X.]edenken des [X.]
teilt der [X.] nicht. Die Vorschrift des § 30 [X.] verstößt nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Sie enthält eine [X.]erufsausübungsregelung, die
dem Rechtssatzvorbehalt des Art.
12 Abs. 1 Satz 2 GG genügt und
durch vernünftige Erwägungen des Ge-meinwohls, nämlich
die Erleichterung der Zustellung an Anwälte ohne Kanzlei
im Sinne von § 27 Abs. 1 [X.],
gerechtfertigt ist. Nach der amtlichen [X.]egrün-dung des Entwurfs einer [X.]undesrechtsanwaltsordnung vom 24. November 1954 dient die [X.]estellung eines Zustellungsbevollmächtigten der Sicherung des [X.] in den besonderen Formen, welche die Prozessordnungen für Zustellungen an Anwälte vorsehen ([X.]T-Drucks. 2/1014, [X.] zu §
42 [X.]-E, nach welchem nur ein zugelassener Rechtsanwalt als Zustellungsbe-vollmächtigter benannt werden konnte).
Auch
§ 30 Abs. 1 [X.]
in der jetzt geltenden Fassung soll
gewährleisten, dass Zustellungen in den in § 30 Abs.
2 [X.] genannten erleichterten Formen der Zivilprozessordnung erfolgen kön-nen
und Auslandszustellungen vermieden werden (vgl. die amtliche [X.]egrün-dung des Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im an-waltlichen und notariellen [X.]erufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung, der Finanzgerichtsordnung und kostenrechtlicher Vorschriften vom [X.] 2008, [X.]T-Drucks. 16/11385, [X.] zu [X.]). Der [X.] hat auch in [X.] Entscheidungen keinen Anlass für eine Vorlage nach Art. 100 GG gesehen (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 18. November 2013 -
AnwZ ([X.]) 3/13, NJW-RR 2014, 377). Eine Vorlage an den Gerichtshof
der Europäischen Union
ist ebenfalls nicht veranlasst. Die Vorschrift des § 30 Abs. 1 [X.] ist schließlich auch in-haltlich hinreichend bestimmt. Der Kläger hat der [X.]eklagten einen [X.] zu benennen.
Auf weiteres kommt es nicht an.
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3. Die Rechtssache weist keine besonderen rechtlichen oder tatsächli-chen Schwierigkeiten auf (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Der Sachverhalt ist übersichtlich; die Rechtslage ist eindeutig.
4. Der Kläger hat
schließlich
keinen Verfahrensfehler dargelegt, auf dem die Entscheidung des [X.] beruhen kann (§ 112e Satz 2 [X.], §
124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Soweit der Kläger beanstandet, dass sich die [X.]e-klagte im Hinblick auf § 46 [X.] nicht durch eine bei ihr angestellte Rechts-anwältin hätte vertreten lassen dürfen, ist nicht ersichtlich, dass das Urteil des [X.] hierauf beruht
(vgl. § 102 Abs. 2 VwGO). Entgegen der Ansicht des [X.] stellen
der [X.] und der [X.], [X.], keine
verbotenen Ausnahmegerichte im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Satz 1 GG dar.
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III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 154 Abs. 2
VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 1
Satz 1 [X.], § 52 Abs. 2 GKG.
[X.]
[X.]
Remmert
Stüer
Kau
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 14.06.2013 -
AGH I ZU 2/12 -
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Meta
23.07.2014
Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen
Sachgebiet: False
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.07.2014, Az. AnwZ (Brfg) 45/13 (REWIS RS 2014, 3857)
Papierfundstellen: REWIS RS 2014, 3857
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
AnwZ (Brfg) 45/13 (Bundesgerichtshof)
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