Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.04.2009, Az. I ZR 61/06

I. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 4142

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 61/06 Verkündet am: 2. April 2009 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der I. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 27. November 2008 durch [X.] [X.], Pokrant, Dr. Schaffert, [X.] und [X.] für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des [X.] vom 21. Februar 2006 wird auf Kosten der [X.] zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Klägerin ist Transportversicherer der [X.] in [X.] (im Weiteren: Versicherungsnehmerin). Sie macht gegen die Beklagte aus überge-gangenem Recht der Versicherungsnehmerin wegen des Verlusts von Trans-portgut Schadensersatz geltend. 1 Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte am 12. Dezember 2001 zu festen Kosten mit dem Transport eines Pakets, das Schmuckwaren enthielt, per Luftfracht von [X.] nach [X.]/[X.]. Das Paket ging auf dem Transport verloren. Auf welchem Transportabschnitt die Sendung in [X.] - 3 - lust geriet, konnte nicht geklärt werden. Die Klägerin hat den Schaden der Ver-sicherungsnehmerin durch Zahlung von 8.666,83 • reguliert. 3 Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte hafte für den [X.] des Pakets unbeschränkt, weil ihr ein qualifiziertes Verschulden zur Last falle. Die Transportorganisation der [X.] sei mangelhaft, insbesondere gebe es zwischen den einzelnen Transportabschnitten keine verlässlichen Aus-gangskontrollen. Die Klägerin hat die Beklagte deshalb auf Zahlung von 8.666,83 • nebst Zinsen in Anspruch genommen. 4 Die Beklagte hat demgegenüber vorgebracht, sie unterhalte ein vollstän-diges System von Schnittstellenkontrollen. Aufgrund dessen stehe für den Transport des am 12. Dezember 2001 übernommenen Pakets fest, dass die Sendung im [X.] am [X.] in der [X.] zwischen dem 12. Dezember 2001, 23.08 Uhr und dem 14. Dezember 2001, 17.30 Uhr abhandengekommen sei. Für einen Diebstahl des Pakets durch ihre Mitarbeiter gebe es keine Anhaltspunkte. 5 Das [X.] hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der [X.] ist mit Ausnahme eines geringfügigen Teils der beanspruchten Zinsen erfolglos geblieben. 6 Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die [X.] ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen. 7 - 4 - - 5 - Entscheidungsgründe: 8 I. Das Berufungsgericht hat eine unbeschränkte Haftung der [X.] für den Verlust des Pakets bejaht. Dazu hat es ausgeführt: Die auf die Klägerin übergegangenen Schadensersatzansprüche der Versicherungsnehmerin gegen die Beklagte richteten sich gemäß Art. 28 Abs. 1 EGBGB nach [X.] Recht, da das Vertragsverhältnis zu [X.] die engsten Verbindungen aufweise. Die Beklagte hafte für den Verlust des Pakets gemäß § 459 Satz 1 HGB als Frachtführerin, da die Vertragspartner eine Beför-derung zu festen Kosten vereinbart hätten. 9 Auf der Grundlage des Sachvortrags der Klägerin hafte die Beklagte für den Verlust des Pakets gemäß § 425 Abs. 1, § 435 HGB unbeschränkt, weil es danach in der Transportorganisation der [X.] keine wirksamen Schnitt-stellenkontrollen gebe. Da nicht bekannt sei, auf welcher Teilstrecke das Paket abhandengekommen sei, kämen auf den Multimodaltransport gemäß § 452a Satz 1, § 452 Satz 1 HGB die Vorschriften des Handelsgesetzbuchs auch dann zur Anwendung, wenn der Verlust möglicherweise bei der Luftbeförderung [X.] sei. 10 Nach dem eigenen Vorbringen der [X.] folge die unbeschränkte Haftung aus Art. 18 Abs. 1, Art. 25 WA 1955. Die Beklagte habe vorgetragen, dass das Paket aus ihrem [X.] in [X.] abhandengekom-men sei. Dieses gehöre zu einem Flughafen und damit nach Art. 18 Abs. 2 WA 1955 zur "Luftbeförderung". Sofern der Sachvortrag der [X.] zu ihren Si-cherheitsmaßnahmen im Lager [X.] zuträfe, ergebe sich daraus die zwingende Schlussfolgerung, dass das in Rede stehende Paket entwendet 11 - 6 - worden sein müsse, wobei einer der "Leute" der [X.] als Täter gehandelt haben müsse oder zumindest als Gehilfe an der Tat mitgewirkt habe. 12 II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision sind un-begründet. Das Berufungsgericht ist mit Recht von einer unbeschränkten Haf-tung der [X.] für den Verlust des Pakets ausgegangen. Auf der [X.] der [X.], das sich die Klägerin hilfsweise zu eigen gemacht hat, folgt die unbegrenzte Haftung der [X.] aus Art. 18 Abs. 1, Art. 25 WA 1955 i.V. mit § 67 Abs. 1 [X.] a.F. 1. Die Klägerin hat ausweislich des Tatbestands des Berufungsurteils in der Berufungsinstanz geltend gemacht, an der vollen Haftung der [X.] ändere sich auch dann nichts, wenn von einem Verlust des Pakets im [X.] der [X.] in [X.] auszugehen sei. Bei einem Verlust im [X.] komme nur ein Diebstahl durch Mitarbeiter oder Subunter-nehmer in Betracht, für welche die Beklagte einzustehen habe. Das Berufungs-gericht ist ersichtlich davon ausgegangen, die Klägerin habe sich damit [X.] hilfsweise den Sachvortrag der [X.] zu eigen gemacht, nach dem das fragliche Paket im [X.] der [X.] in [X.] unter den von der [X.] dargelegten Umständen abhandengekommen ist. [X.] durfte es das entsprechende Vorbringen der [X.] zu dem Verlust des Paketes in ihrem [X.] als Hilfsvorbringen der Klägerin - und [X.] als unstreitiges Parteivorbringen - seiner Entscheidung zugrunde legen (vgl. [X.], 387, 389 ff.; MünchKomm.ZPO/Wagner, 3. Aufl., § 138 Rdn. 12 m.w.[X.]). Die Revisionsbegründung der [X.] legt nicht dar, dass die [X.] des [X.]vorbringens als Hilfsvorbringen der Klägerin auf Verfah-rensfehlern beruht (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 lit. [X.]). 13 - 7 - 2. Zwischen der Versicherungsnehmerin und der [X.] wurde ent-sprechend dem [X.] vom 12. Dezember 2001 ein Vertrag über eine internationale Luftbeförderung [X.]. 1 Abs. 1 WA 1955 von [X.] nach [X.]/[X.] geschlossen. Die Beklagte wurde zu festen Kosten mit der Beförderung des Pakets beauftragt und unterliegt damit der Frachtführerhaftung (vgl. [X.], Urt. v. 14.2.2008 - I ZR 183/05, [X.] 2008, 323 [X.]. 24 zu Art. 1 Abs. 1 CMR). Gemäß Art. 18 Abs. 1 WA 1955 hat der Luftfrachtführer den Schaden zu ersetzen, der durch Verlust des Transportgutes entstanden ist, wenn das Ereignis, durch das der Schaden verursacht wurde, während der Luftbeförderung eingetreten ist. Der Verlust des Pakets "während der [X.]" ergibt sich nach dem eigenen Vortrag der [X.] daraus, dass es in deren [X.] in [X.] abhandengekommen ist. Dieses [X.] gehört zu einem Flughafen und damit gemäß Art. 18 Abs. 2 WA 1955 zur "Luftbeförderung" im Sinne der Vorschriften des [X.] Abkom-mens. 14 3. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass der durch den Verlust des Pakets entstandene Schaden 8.666,83 • beträgt. Es ist davon ausgegan-gen, dass sich der Inhalt des verlorengegangenen Pakets im Wege des [X.] aus der von der Klägerin vorgelegten Rechnung der Versiche-rungsnehmerin vom 11. Dezember 2001 in Höhe von 8.509,73 • sowie hinsicht-lich der außerdem in dem Paket befindlichen [X.] im Wert von 157,10 • aus der als Lieferschein anzusehenden "[X.]" er-gibt. Das ist im Ergebnis aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. 15 a) Das Berufungsgericht hat dem Umstand, dass die Klägerin hinsichtlich der Warensendung über 8.509,73 • keinen mit der Rechnung korrespondieren-den Lieferschein vorgelegt hat, keine maßgebliche Bedeutung beigemessen. Die dem Paket beigefügte Rechnung der Versicherungsnehmerin habe [X.] - 8 - be Funktion erfüllt wie ein Lieferschein. Die Versicherungsnehmerin habe mit der von der Absenderin ausgestellten Rechnung für die Empfängerin [X.], welche Waren sie zur Versendung gebracht habe. Ein Lieferschein hätte in einem solchen Fall keinen zusätzlichen Beweiswert gehabt. Entscheidend sei, dass die Rechnung bereits zu einem [X.]punkt erstellt worden sei, zu dem die Versicherungsnehmerin noch nicht habe wissen können, dass die Sendung später in Verlust geraten würde. b) Die Revision macht demgegenüber vergeblich geltend, nach der Rechtsprechung des Senats könne ein Anscheinsbeweis für den Inhalt eines Pakets nur angenommen werden, wenn die in einem von einem kaufmänni-schen Versender erstellten Lieferschein aufgeführten Waren mit einer korres-pondierenden Rechnung übereinstimmten. Der Beweis für den Inhalt und den Wert eines verlorengegangenen Pakets unterliegt der freien richterlichen Be-weiswürdigung gemäß § 286 ZPO ([X.], Urt. v. 26.4.2007 - I ZR 31/05, [X.] 2007, 418 [X.]. 13; Urt. v. [X.], [X.] 2008, 163 [X.]. 34; Urt. v. 30.1.2008 - I ZR 165/04, [X.] 2008, 122 [X.]. 21). Entgegen der Ansicht der Revision ist es nicht erforderlich, dass sowohl Lieferscheine als auch korrespondierende Rechnungen zum Nachweis des Inhalts eines Pakets vorgelegt werden. Der Tatrichter kann sich die Überzeugung von der Richtigkeit des behaupteten Inhalts auch dann bilden, wenn nur eines der beiden [X.] vorgelegt wird und der Beklagte dagegen keine substantiierten Einwän-de vorbringt ([X.], Urt. v. 28.9.2006 - I ZR 198/03, [X.] 2007, 110 [X.]. 24; [X.] [X.] 2008, 163 [X.]. 35). 17 4. Ohne Erfolg bleiben die Angriffe der Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte könne sich auf die Haftungsbeschränkungen gemäß Art. 22 WA 1955 nicht berufen, weil der Schaden durch eine Handlung 18 - 9 - verursacht worden sei, die "Leute" der [X.] [X.]. 25 Satz 2 WA 1955 in Ausübung ihrer Verrichtungen vorgenommen hätten. 19 a) Das Berufungsgericht ist von einem weiten Verständnis des Begriffs der "Leute" in Art. 25 Satz 1 WA 1955 ausgegangen. Es hat angenommen, zu diesen gehörten neben allen eigenen Mitarbeitern der [X.], die Zutritt zu dem Lager in [X.] gehabt hätten oder in anderer Weise mit dem Transportgut und der [X.] betraut gewesen seien, alle Subunternehmer und deren Mitarbeiter, die die Beklagte im Zusammenhang mit dem Umschlag der Pakete in dem Lager beauftragt habe, des weiteren die [X.] von Sicherheits- oder Reinigungsdiensten sowie die Mitarbeiter von st[X.]tlichen Zollbehörden, soweit diese zu dem [X.] aus Gründen der zolltechnischen Abwicklung Zugang gehabt hätten. Dies müsse zumindest für schädigende Handlungen von Zollbediensteten im [X.] gelten. Die Revision macht demgegenüber erfolglos geltend, da die Beklagte als [X.] nur für diejenigen Personen als ihre "Leute" hafte, deren sie sich zur Ausführung der Beförderung bedient habe, komme eine Haftung für Reini-gungsdienste oder Zollbedienstete allenfalls im Rahmen eines hier nicht festge-stellten Organisationsverschuldens des Luftfrachtführers in Betracht. [X.]) Unter "Leuten" [X.]. 25 Satz 1 WA 1955 sind alle Personen zu verstehen, deren sich der Luftfrachtführer zur Ausführung der ihm aufgetrage-nen Luftbeförderung arbeitsteilig bedient. Hierbei ist im Sinne einer [X.] Auslegung der internationalen Tendenz Rechnung zu tragen, den per-sönlichen Anwendungsbereich der Vorschrift großzügig zu bestimmen ([X.]Z 145, 170, 179 m.w.[X.]). In der Sache entspricht der "[X.] weitgehend der dem [X.] Rechtskreis geläufigen Rechtsstellung des [X.] nach § 278 BGB ([X.], Urt. v. 14.2.1989 - VI ZR 121/88, [X.] 1989, 275, 276 f.; [X.]Z 145, 170, 179). Es kommt darauf an, ob der Gehilfe objektiv 20 - 10 - auf Veranlassung des Schuldners eine Aufgabe übernimmt, deren Erfüllung im Verhältnis zum Gläubiger dem Schuldner selbst obliegt. Der "[X.] [X.]. 25 Satz 1 WA 1955 erfordert keine Weisungsabhängigkeit des [X.] Gehilfen. Anderenfalls würde die Entlastungsmöglichkeit des Luft-frachtführers in einem gemäß Art. 18 Abs. 2 WA 1955 grundsätzlich noch der Luftbeförderung zuzurechnenden Bereich zum Nachteil des Geschädigten, der insoweit weder Einflussmöglichkeiten noch Einblick hat, in einer Weise einge-engt, die mit dem Zweck der strengen Obhutshaftung nicht mehr vereinbar wä-re ([X.]Z 145, 170, 180; [X.], Transportrecht [X.]O Art. 20 WA 1955 Rdn. 19). Entscheidend ist vielmehr, ob der Dritte dem Luftfrachtführer gegenüber zum Schutz des Gutes und zu seiner Herausgabe verpflichtet ist. Die Erweite-rung des Obhutszeitraums durch Einbeziehung der "Leute" ist dadurch gerecht-fertigt, dass es der Luftfrachtführer in aller Regel in der Hand hat, das Frachtgut auch in diesem [X.]raum durch geeignete Maßnahmen vor Verlust und Be-schädigung zu schützen ([X.]Z 145, 170, 180). Dafür reicht es aus, wenn dem Luftfrachtführer rechtliche Einflussmöglichkeiten hinsichtlich des Umgangs der "Leute" mit dem Transportgut zustehen und er, sofern es sich bei den "Leuten" um selbständige Unternehmen oder deren Mitarbeiter handelt, durch eine zu-mindest überwachende Anwesenheit auf die Behandlung des Guts auch tat-sächlich Einfluss nehmen kann (vgl. [X.]Z 145, 170, 182). 21 Das Berufungsgericht ist demnach mit Recht davon ausgegangen, dass auch Mitarbeiter von Reinigungsunternehmen und Zollbedienstete jedenfalls während des [X.]raums ihres Aufenthalts in dem [X.] der [X.] zu deren "Leuten" [X.]. 25 Satz 1 WA 1955 gehörten. Bei dem [X.] handelt es sich nach dem Vortrag der [X.] um eine abge-schlossene [X.] mit Zugangskontrollen, zu der nur Mitarbeiter der [X.] mit [X.] Zugang hatten. Außerdem erfolgte eine ständige 22 - 11 - Überwachung durch Sicherheitsdienste sowohl in als auch außerhalb der [X.]. Fahrern fremder Unternehmen sei das Betreten der [X.] nur in Be-gleitung eines Mitarbeiters der [X.] gestattet worden. Danach konnten sich, worauf das Berufungsgericht mit Recht abgestellt hat, nach dem Vorbrin-gen der [X.] fremde Personen, insbesondere auch Zollbedienstete und Mitarbeiter von Reinigungsunternehmen, nur in Kenntnis und in Anwesenheit von Mitarbeitern der [X.] Zugang zu deren [X.] in [X.] und dem dort befindlichen Transportgut verschaffen. Da sich [X.], die nicht zu den Mitarbeitern der [X.] zählten, nur mit ihrem [X.] in dem [X.] aufhalten konnten, sie deren Anwesenheit in dem Lager ständig kontrollieren sowie rechtlich und tatsächlich darauf Einfluss nehmen konnte, ob und in welcher Weise diese Personen mit dem Transportgut in Berührung kamen, hat das Berufungsgericht diese mit Recht jedenfalls für den [X.]raum ihres Aufenthalts in dem [X.] der [X.] als deren "Leute" in Sinne von Art. 25 Satz 1 WA 1955 angesehen. [X.]) Die Annahme des Berufungsgerichts, auf der Grundlage des [X.] der [X.] stehe fest, dass nur ein Diebstahl zum Verlust des in Rede stehenden Pakets geführt haben könne, wobei eine in dem vorgenannten Sinn zu den "Leuten" der [X.] gehörige Person der Täter gewesen sei oder zumindest als Gehilfe an der Tat mitgewirkt habe, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Sendung ist nach dem Vortrag der [X.] zwischen dem 12. Dezember 2001, 23.08 Uhr und dem 14. Dezember 2001, 17.30 Uhr aus dem [X.] in [X.] abhandengekommen. Zu dem Lager hatten nur Mitarbeiter der [X.] und des Sicherheitsdienstes Zugang. Eine versehentliche Fehlverladung kommt nach Ansicht des Berufungsgerichts nicht in Betracht, weil eine fehlgeleitete Sendung nach dem Vorbringen der [X.]n zu ihrer Organisation bei den weiteren Schnittstellenkontrollen in ihrem Transportsystem erfasst worden wäre; eine solche Erfassung habe es aber 23 - 12 - nicht gegeben. Die Zollbehörden hätten, so der weitere Vortrag der [X.], zwar die Möglichkeit, einzelne Sendungen aus dem Transportablauf [X.] und zu überprüfen. Bei der streitgegenständlichen Sendung habe eine Verzollung in [X.] und demnach eine derartige stichprobenartige Überprüfung jedoch nicht stattgefunden. Die Würdigung des Berufungsgerichts, unter diesen Umständen könne der Verlust des [X.] unter Berück-sichtigung der von der [X.] vorgetragenen Organisation ihres Betriebsab-laufs und der behaupteten Sicherheitsmaßnahmen (Zutritt zum [X.] nur für Mitarbeiter der [X.], ständige Kontrolle des Zugangs, ständige Überwachung des [X.]s durch Alarmanlage, Videoanlage und [X.]) allein auf einen Diebstahl durch "Leute" der [X.] oder zumindest unter deren Mitwirkung zurückzuführen sein, da ein Dritter, der nicht zu den "Leuten" der [X.] zähle, die Warensendung nicht unbemerkt hätte entwenden können, lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen. b) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Diebstahl von Transportgut durch einen Mitarbeiter oder einen der "Leute" des Luftfrachtführers während der Zwischenlagerung sei als Handlung "in Ausübung der Verrichtungen" [X.]. 25 Satz 2 WA 1955 anzusehen, begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Bedienstete oder "Leute" des Luftfrachtführers handeln in Ausübung ihrer Ver-richtung, wenn zwischen der Art und dem Zweck der übertragenen Verrichtung und der schädigenden Handlung ein innerer sachlicher Zusammenhang be-steht. Die Handlung muss noch zum allgemeinen Umkreis des zugewiesenen Aufgabenbereichs gehören (vgl. - zu Art. 29 Abs. 2 CMR - [X.], Urt. v. 27.6.1985 - I ZR 40/83, [X.] 1985, 338, 339 m.w.[X.]). Bei Diebstählen durch Bedienstete oder "Leute" des Frachtführers ist ein solcher innerer Zu-sammenhang jedenfalls dann gegeben, wenn die Vornahme der schädigenden Handlung - wie im Streitfall - durch Zuweisung des betreffenden [X.] - 13 - reichs ermöglicht worden ist (vgl. [X.], Urt. v. 3.7.2008 - I ZR 218/05, [X.] 2008, 412 [X.]. 32 m.w.[X.]). 25 c) Entgegen der Auffassung der Revision führt die tatrichterliche Würdi-gung (§ 286 Satz 1 ZPO) der nach dem Vorbringen der [X.] zugrunde zu legenden Umstände des Einzelfalles durch das Berufungsgericht nicht dazu, dass der Transporteur immer unbeschränkt haftet. Die Revision beanstandet, die Auffassung des Berufungsgerichts habe stets die Haftung des [X.] zur Folge, unabhängig davon, ob er seiner Einlassungsobliegenheit zu den von ihm vorgenommenen Schnittstellenkontrollen und Sicherheitsmaß-nahmen genüge oder nicht. Trage er insoweit ausreichend vor, werde von ei-nem qualifizierten Verschulden seiner "Leute" ausgegangen. Genüge er seiner Einlassungsobliegenheit nicht, werde aus diesem Grund auf ein qualifiziertes Verschulden geschlossen. Die Revision lässt insoweit jedoch außer [X.], dass die Beurteilung des Berufungsgerichts sich auf die nach § 286 Satz 1 ZPO rechtlich unbedenkliche tatrichterliche Würdigung gerade der besonderen Um-stände des konkreten Einzelfalles stützt, wie sie sich aus dem Vorbringen der [X.] zu dem [X.]raum und dem Ort des Verlusts des [X.] und insbesondere zu ihren Sicherungsmaßnahmen hinsichtlich ihres Umschlagla-gers in [X.] ergeben. Daraus lässt sich nicht allgemein herleiten, ein der Einlassungsobliegenheit des Frachtführers genügendes Vorbringen zu den von ihm vorgenommenen Schnittstellenkontrollen und Sicherheitsmaßnahmen lasse stets den Schluss zu, dass auf der Grundlage dieses Vorbringens der Verlust des [X.] dann nur auf einem qualifizierten Verschulden der "Leute" des Frachtführers beruhen könne. Die Beklagte hat insoweit zudem in den Vorinstanzen selbst geltend gemacht, ihre Sicherungsmaßnahmen insbe-sondere zur Verhinderung von Fehlverladungen gingen über die an einen Frachtführer gestellten Anforderungen hinaus, weil in ihrer Transportorganisati-on nicht nur Stichproben zum Schutz gegen etwaige Fehlverladungen stattfän-- 14 - den, sondern jede einzelne Sendung darauf kontrolliert werde, dass sie den vorgegebenen Sendungsverlauf tatsächlich einhalte. 26 III. Danach ist die Revision der [X.] mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
[X.] Pokrant Schaffert
Kirchhoff Koch Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 28.01.2005 - 15 O 143/02 [X.] - O[X.], Entscheidung vom 21.02.2006 - 15 U 45/05 -

Meta

I ZR 61/06

02.04.2009

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.04.2009, Az. I ZR 61/06 (REWIS RS 2009, 4142)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 4142

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