Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.06.2016, Az. 29 W (pat) 537/13

29. Senat | REWIS RS 2016, 9531

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "der Standard.at (IR-Marke, Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die international registrierte Marke [X.] 071 885

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] am 22. Juni 2016 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], der Richterin [X.] und des Richters am Landgericht Dr. von Hartz

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Inhaberin der schutzsuchenden international registrierten Marke wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 – [X.] – des [X.] vom 24. Juni 2013 aufgehoben.

Gründe

I.

1

Das Wort-/Bildzeichen

Abbildung

2

ist am 6. Dezember 2010 von der Beschwerdeführerin, beruhend auf der [X.] Basisanmeldung vom 24. Juni 2010, als internationale Marke bei der [X.] unter anderem mit Antrag auf Schutzrechtserstreckung auf das Gebiet der [X.] für folgende Waren und Dienstleistungen registriert worden:

3

Klasse 16:

4

Printed matter, [X.], [X.], [X.]; photographs;

5

Klasse 35:

6

Dissemination of advertisements; rental of advertising space in computer networks and electronic communication medias; solicitation and electronic administration of subscriptions for [X.] and [X.]; compilation and systematization of data in computer databases; investigations and inquiries in business affairs by computer networks and computer databases; compilation of statistics; consumer advice shop; collection and compilation of theme-related press articles;

7

8

Klasse 38:

9

News agency services; message and image transfer and transmission by computer networks and electronic communication medias; electronic bulletin board services; provision of Internet chat rooms; [X.].

Mit Beschluss vom 24. Juni 2013 hat die Markenstelle für Klasse 35 - [X.] - den Schutz für das Gebiet der [X.] wegen fehlender Unterscheidungskraft vollständig verweigert. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das um Schutz nachsuchende Zeichen setze sich sprach- und werbeüblich aus beschreibenden Bestandteilen zusammen. In Verbindung mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen werde die Bezeichnung bei den angesprochenen [X.]en lediglich als allgemeiner, werbemäßiger Hinweis auf Produkte und Dienstleistungen, die einen gewissen Standard aufwiesen, mit dem allgemeinen Hinweis auf eine [X.] Internetseite, verstanden. Ein betrieblicher Herkunftshinweis werde in dem international registrierten Zeichen nicht gesehen. Daran ändere auch die graphische Darstellung des Zeichens nichts. Die [X.]e verstünden den Wortsinn des Zeichens und sähen aufgrund der üblichen Internetschreibweise und mangelnder ungewöhnlicher Wortkombination diesen daher nicht als betrieblichen Herkunftshinweis.

Die Beschwerde der [X.] richtet sich gegen die Schutzrechtsverweigerung. Sie beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 vom 24. Juni 2013 aufzuheben und der internationalen Registrierung IR 1 071 885 den Schutz zu gewähren.

Sie trägt vor, dass die Kombination der Bestandteile „der“, „Standard“ und „.at“ des um Schutz nachsuchenden Zeichens mehrdeutig und interpretationsbedürftig sei, ohne dass ein beschreibender Sinngehalt eindeutig im Vordergrund stünde. Das international registrierte Zeichen sei kurz und prägnant und weise eine gewisse Originalität auf. Soweit das Zeichen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen auf ein bestimmtes Leistungsniveau im Sinne einer Standardisierung und Vereinheitlichung von Produkten hinweise, würden beim angesprochenen Verkehr lediglich verschwommene Assoziationen geweckt. Dem Zeichen könne jedoch kein im Vordergrund stehender Begriffsinhalt zugeordnet werden.

Weiterhin führt die Inhaberin der schutzsuchenden Marke aus, der Ausschlussgrund gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] scheide aus, da die international registrierte Marke als Internetadresse erkennbar sei, welche [X.] und nur für ein bestimmtes Unternehmen vergeben werde. Somit sei die Herkunftsfunktion der international registrierten Marke, welche auch in der Gesamtbeurteilung durch ihre graphische Ausgestaltung begründet sei, erfüllt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 66, 64 Abs. 6 S. 1 [X.] zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde hat Erfolg.

1.

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren und Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] [X.] 2012, 304 Rn. 23 - Smart Technologies/[X.] [[X.] DAS [X.]]; [X.], 228 Rn. 33 - [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] 2014, 565 Rn. 12 - smartbook; [X.], 731 Rn. 11 - [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] 2015, 173 Rn. 15 - for you; GRUR 2014, 565 Rn. 12 - smartbook; [X.], 270 Rn. 8 - Link economy; [X.], 778 Rn. 11 - Willkommen im Leben).

Ebenso ist vorliegend zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes – zusammengesetztes – Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] GRUR 2004, 428 Rn. 53 – [X.] [Henkel]; [X.] 2015, 173 Rn. 16 – for you). Eine analysierende Betrachtungsweise ist unzulässig, weil sich aus ihr keine in den Vordergrund drängende, für den Durchschnittsverbraucher ohne weiteres ersichtliche Beschreibung von Waren ergibt ([X.] 2014, 564 Rn. 24 - smartbook). Allerdings schließt der Grundsatz der Gesamtbetrachtung es nicht aus, dass die einzelnen Markenbestandteile zunächst getrennt geprüft werden ([X.] [X.], 534 Rn. 43 Prana Haus GmbH/[X.] [[X.]]; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 8 Rn. 186).

Setzt sich die angemeldete Marke aus mehreren beschreibenden Wörtern zusammen, kann sich aus dem Gesamteindruck eine Unterscheidungskraft ergeben. Zwar geht grundsätzlich der beschreibende Charakter mehrerer Wörter nicht verloren. Allgemeinen verbleit es bei dem beschreibenden Charakter des [X.]. Der beschreibende Charakter einer [X.] kann aber entfallen, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der [X.] wegführt ([X.] [X.], 931 Rn. 61 ff. – [X.]/[X.] [COLOR EDITION]; GRUR 2004, 674 Rn. 99 – [X.]/[X.] [Postkantoor]; [X.] 2014, 1204 – Rn. 18 – [X.]; [X.], 949 Rn. 13 – [X.]).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen [X.]e, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren abzustellen ist ([X.] [X.], 411 Rn. 24 - Matratzen Concord AG/[X.] SA [Matratzen Concord/[X.]]; [X.] in [X.]/[X.], a. a. [X.], § 8 Rn. 41).

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen im maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung ([X.] 2015, 1012 Rn. 8 – [X.]; [X.], 1143 Rn. 15 - Aus Akten werden Fakten) dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen [X.]e lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] GRUR 2004, 674 Rn. 86 – [X.] [X.]/[X.] [Postkantoor]; [X.] 2012, 1143 Rn. 9 – [X.]; [X.] a. a. [X.] Rn. 11 – Link economy). Gleiches gilt, wenn die Wortzeichen aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.] 2014, 872 Rn. 21 – [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen ([X.] 2014, 569 Rn. 14 – [X.]; [X.], 1100 Rn. 23 – [X.]!; [X.], 850 Rn. 28 f. – [X.]). Die bloße theoretische Möglichkeit, dass die eine oder andere Sachaussage durch die Marke vermittelt werden könnte, reicht zur Verneinung der Unterscheidungskraft allerdings nicht aus.

Gemessen an diesen Grundsätzen verfügt das um Schutz im Inland nachsuchende Zeichen in Bezug zu den hier beanspruchten Waren der Klasse 16 und den Dienstleistungen der Klasse 35 und 38 über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft.

a)

aa)

Der Begriff „Standard“ bedeutet allgemein „Richtschnur, Maßstab, Norm, Normalmaß, Normalausführung einer Ware“ sowie grundsätzlich eine erreichte Höhe an Qualitäts- und Leistungsniveau ([X.], [X.], 21. Aufl., Band 26 Stichwort: Standard; [X.], [X.], [X.] 2005, Band 14, Stichwort: Standard; vgl. auch [X.], Beschluss vom 12.09.2006, 33 W (pat) 106/04 – Prime Standard). Neben diesen Bedeutungen steht der Begriff in Bezug auf das Eich- und Messwesen für „das Normal“ und in Bezug auf Musik für „Kompositionen, die zum Repertoire der von einer großen Anzahl von Jazzmusikern anerkannten Kompositionen gehört“ ([X.], a. a. [X.]).

Der Begriff Standard wird im Alltag vielfältig verwendet. Er ist dem angesprochenen [X.] geläufig, wie sich bereits aus der Vielzahl der dem Verkehr präsenten [X.] ergibt und nachfolgende, nicht abschließende Auflistung belegt (vgl. Wortschatz [X.], Stichwort: Standard):

Lebensstandard, hoher Standard; Sicherheitsstandard, Qualitätsstandard, Goldstandard, Mobilfunkstandard, Mindeststandard, Bildungsstandard, EU-Standard, Energiestandard, Ausbildungsstandard, Leistungsstandard, [X.], [X.], [X.], GSM-Standard, Mobilfunk-Standard, [X.], [X.], [X.], [X.], Zertifizierungsstandard, Technologiestandard, Standard Version.

„Standard“ tritt dabei als Kompositum in Wortzusammensetzungen, nicht hingegen in Alleinstellung auf. Es ist dabei in der Regel das Grundwort am Ende der Wortkombination, wohingegen ein weiteres oder mehrere Bestimmungswörter hinzukommen, auf die sich der jeweilige Standard bezieht. Erst durch die Inbezugsetzung zum Bestimmungswort ergibt sich, welche Art von Standard gemeint ist.

bb)

Das vorangestellte Wortelement „der“ hat in Bezug auf ein Substantiv neben der Funktion eines direkten Artikels u.a. auch die Funktionen, individualisierend oder betonend zu wirken ([X.], Das große Wörterbuch der [X.], 3. Aufl., Band 2, Stichwort: der).

cc)

Der Bestandteil „.at“ der [X.] wird ersichtlich als Kennung einer Internetadresse verstanden, vorliegend der [X.]. Die Anfügung eines Punktes und der Buchstabenkombination "at" ist typisch für die Bildung von Internetadressen, hier als ein geographisches (.de, .at, .it etc.) Zuordnungskriterium (vgl. [X.] 2009, 1055 Rn. 66 – [X.]; [X.], Beschluss vom 22.05.2012, 29 W (pat) 2/12 – bueroservice24.de). Der Verkehr sieht in Top-Level-Domains ebenso wie in weiteren Bestandteilen höherer Ordnung (beispielsweise „[X.]“) allein eine technisch funktionale Bedeutung. Der Gesamteindruck einer als Domain ausgestalteten Marke wird daher regelmäßig durch die sogenannte [X.] bestimmt und nicht durch Domänen höherer Ordnung (vgl. [X.] 2012, 1040 Rn 42 - pjur/pure; GRUR 2005, 262, 263 - soco.de; OLG [X.] GRUR-RR 2006, 262, 263 combit/kompit.de; [X.] GRUR-RR 2003, 40, 41 - [X.]; OLG [X.] GRUR-RR 2002, 100, 102 - [X.] (Revision vom [X.] nicht angenommen)). Die aus der Einmaligkeit der Registrierung resultierende technische Adressfunktion eines Domain-Namens gibt jedoch - anders als die Beschwerdeführerin meint - keinen Aufschluss über dessen Eintragungsfähigkeit als Marke ([X.], Beschluss vom 12.12.2013, [X.]/13 - P[X.]OS.COM; [X.], Beschluss vom 14.10.2014, 27 W (pat) 501/14 - dirndl.com; Beschluss vom 22.05.2012, 29 W (pat) 2/12 - bueroservice24.de; [X.] in [X.]/[X.], a. a. [X.], § 8 Rn. 173).

b)

Die angesprochenen [X.]e, die aus dem Endverbraucher für die Waren der Klasse 16 und dem Geschäftsverkehr, bezogen auf die Dienstleistungen der Klassen 35 und 38 ([X.] 2009, 949 Rn. 28 – [X.]; [X.], Beschluss vom 30.04.2014, 29 W (pat) 113/11), bestehen, erfassen die Marke in ihrer Gesamtheit als für [X.] bestehende Internetadresse von „Der Standard“. Es ist zwar davon auszugehen, dass die Einzelbestandteile als gängige [X.] Begriffe selbst dem angesprochenen breiten Publikum ohne weiteres bekannt sind. Die konkrete Verbindung der Wörter „der“ und „Standard“ ist im vorliegenden Fall aber mehr als die Summe der Einzelbestandteile aus Artikel und Substantiv, denn es ergibt sich durch das um Schutz nachsuchende Zeichen sinngemäß lediglich die Bedeutung „die Normalausführung; der Maßstab“. Welches Normalmaß bzw. welcher Maßstab gemeint ist, folgt aus dem Zeichen allerdings – mangels eines Bestimmungswortes – nicht. In der Verkürzung ist „der Standard“ weder als Bezeichnung eines konkreten Leistungs- bzw. Qualitätsniveaus noch als besondere Form der Kundenansprache im Sinne einer werblichen Aufforderung üblich. Der [X.] konnte keine dahingehenden Tatsachen feststellen, dass das um Schutz nachsuchende Zeichen üblicherweise oder in der Werbung entsprechend verwendet wird.

Vielmehr erfährt ein Standard erst durch einen weiteren Begriff die erforderliche Bedeutungskontur, um Waren und Dienstleistungen beschreiben zu können. Auch die nachfolgende Auswahl aus der [X.]srecherche zu „Standards“ auf diversen Gebieten verdeutlicht dies:

- Thema: ISBN (Internationale Standard Buch Nummer), dreizehnstellige Zahlenfolge, die der Verlag jedem einzelnen Titel zuordnet, um eine eindeutige Identifizierung zu ermöglichen (vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels, Lexikon Verlagskunde)

- Thema: Buchformate, standardmäßig stehen folgende Buchformate zur Verfügung (vgl. [X.]tredition.de)

- „häkeln – Das Standardwerk“

- ISO-Standards

- „Bewertungsstandards für Patente und Marken“

- „[X.]“: Das Standardhandbuch für jeden Haushalt und jedes Büro!

- „Schokolade – Das Standardwerk“

- „Standard Buch-Ausstattung“ Die [X.] sind bestens ausgestattet. Sie überzeugen nicht nur durch die qualitative Verarbeitung – sondern auch durch ausgewählte Materialien! Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung wird Ihr Buch bestmöglich produziert und verarbeitet

-  „Standardwerk  Standardvertragsmuster zum Handels- und Gesellschaftsrecht“

- Information Interchange Model ([X.]): ein universeller Standard für die Nachrichtenübertragung

- „Für den [X.]n Raum hat der [X.] ([X.]) im [X.] ([X.]) auf Basis der [X.] die folgenden Größen definiert, die derzeit als Standard gelten: …..“

Es liegt zwar nahe, dass der Verkehr in Bezug auf die hier verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen in die Marke Aussagen im Sinne eines bestimmten Standards für Buch- oder Zeitschriftenformate, für Standards bei der Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken, Erstellung von Statistiken oder die Nachrichten- und Bildübertragung in elektronischen Medien hineinlesen wird. Bei der angegriffenen Marke drängt sich damit vordergründig die Vorstellung auf, dass es für alle beanspruchten Waren oder Dienstleistungen bestimmte Bewertungs-, Qualitäts- oder Formatstandards gibt. Aus diesen Feststellungen ergibt sich aber nichts für eine fehlende Unterscheidungskraft des verfahrensgegenständlichen Zeichens.

Denn zum einen stehen produktbezogene Anklänge oder Anspielungen einer Schutzgewährung nicht entgegen. Zum anderen kann die verkürzte Bezeichnung „der Standard“ gerade nicht mit den vorgenannten Aussagen gleichgesetzt werden. Bei der Beurteilung, ob das Schutzhindernis mangelnder Unterscheidungskraft besteht, ist nämlich die Marke in ihrer eingetragenen Form zugrunde zu legen und diese nicht um weitere Bestandteile (assoziativ) zu ergänzen ist (vgl. [X.] 2013, 731 - [X.]; [X.], 65 Rn. 17 - Buchstabe T mit Strich).

Die durch das um Schutz nachsuchende Zeichen dem angesprochenen [X.] vermittelte Aussage ist somit nicht ohne weitere Gedankenschritte unmittelbar verständlich. Den inhaltlichen Bezug zu einem Standard in Bezug auf eine Ware oder Dienstleistung stellt der Verkehr nur dadurch her, dass er analytisch assoziativ tätig wird und sich hinzudenkt, wofür der Standard gelten soll.

d)

Für die eingetragenen Waren und Dienstleistungen, auf die der Schutz erstreckt werden soll, gilt  – im Einzelnen – Folgendes:

aa)

Für die Waren „

Der angesprochene Verkehr vermag der um Schutz nachsuchenden Marke weder einen Sachhinweis noch einen Formathinweis auf eine Druckschrift zu entnehmen, da unklar bleibt, welcher Standard in Bezug auf die Ware gemeint ist. Zwar mag es für Druckschriften Formate geben, die überwiegend in der Zeitungsbranche verwendet werden (vgl. [X.]die-zeitungen.de/media/fag/Zeitungsformate: [X.], [X.] oder [X.] Format; Medienstandard Druck – [X.]: „Der Medienstandard Druck enthält Anleitungen, wie Daten und Prüfdrucke (Proofs) beschaffen sein müssen, die an eine Druckerei gehen sollen….“). Zu einem solchen Verständnis gelangt der angesprochene [X.] indes erst durch ein unzulässiges Hinzudenken des Bereichs oder der Branche, in der Standards zur Anwendung gelangen. Der Begriff „der Standard“ wird, wie die [X.]srecherche ergeben hat, auch nicht in Alleinstellung zur Kennzeichnung von Druckschriften (z. B. Bücher) ohne erklärenden Zusatz verwendet, wie nachfolgende Beispiele belegen:

- E-Commerce Buch – ein absolutes Standardwerk

- „Atmen – Atemhilfen  Das Standardbuch der Beatmungstechnik“

- „Das Standardbuch für alle Hunde- und Katzenhalter überhaupt!

- „Standard-Funkverkehr für die Bordpraxis“

- „Die 100 wichtigsten Jazz-Standards“

Auch für die beanspruchte Ware „

bb)

Erfolg hat die Beschwerde auch in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 35.

Soweit es um Dienstleistungen mit Bezug zur Werbung geht, vermögen allein beschreibende Anklänge ein Schutzhindernis nicht zu begründen. Zwar gibt es Standards im Bereich der Werbung, wie „

cc)

Schließlich gelten gleiche Erwägungen für die in der Klasse 38 beanspruchten Dienstleistungen

2.

Im Hinblick auf ihre unterscheidungskräftige Wortbildung unterliegt die [X.] ungeachtet etwaiger beschreibender Anklänge auch keinem Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.].

Zwar ist bei der Prüfung dieses Schutzhindernisses auch ein aktuell noch nicht bestehendes, jedoch aufgrund konkreter Tatsachen mit hinreichender Sicherheit prognostizierbares zukünftiges Freihaltebedürfnis zu berücksichtigen ([X.] [X.], 723 - [X.]; [X.] 2009, 994, Nr. 15 - [X.]; GRUR 2003, 882, 883 - [X.]; [X.], 771 - THE HOME DEPOT; [X.], 988 - [X.] [X.]). Ein solches kann jedoch aufgrund fehlender Anhaltspunkte nicht angenommen werden.

Meta

29 W (pat) 537/13

22.06.2016

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.06.2016, Az. 29 W (pat) 537/13 (REWIS RS 2016, 9531)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 9531

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