Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.02.2007, Az. VI ZR 105/06

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 5273

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES [X.]/06 Verkündet am: 13. Februar 2007 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 249 Gb Für die Annahme, dem Geschädigten sei kein wesentlich günstigerer Tarif zugäng-lich gewesen, reicht nicht aus, dass das Mietwagenunternehmen dem Geschädigten nur einen Tarif angeboten hat und ihm bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs un-ter Offenlegung der Unfallsituation auch im Bereich einer Stadt zunächst ausschließ-lich der [X.] angeboten worden wäre. [X.], Urteil vom 13. Februar 2007 - [X.]/06 - [X.] AG [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Februar 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.], [X.] [X.], die Richterin [X.] und [X.] und Zoll für Recht erkannt: Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des [X.]s [X.] vom 12. April 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Der Kläger macht restliche Mietwagenkosten aus einem Verkehrsunfall vom 4. Juli 2003 geltend. Die volle Haftung der Beklagten für den Unfallscha-den steht dem Grunde nach außer Streit. 1 Der Kläger mietete von Samstag, dem 5. Juli 2003 bis zum 19. Juli 2003 bei der Autovermietung S. ein Ersatzfahrzeug zu einem Mietpreis von 2.732,69 • an. Unter Anrechnung von 10 % ersparter Eigenaufwendungen er-2 - 3 - stattete die Beklagte 513 •. Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger den Differenzbetrag. 3 Das Amtsgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.946,42 • nebst Zinsen zu zahlen. Das [X.] hat die Berufung der Beklagten zu-rückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die [X.] ihren Klageabweisungsantrag weiter. Entscheidungsgründe: [X.] Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann der Kläger von der [X.] die nach dem "[X.]" entstandenen Mietwagenkosten ersetzt ver-langen. 4 Der Kläger könne zur betriebswirtschaftlichen Erforderlichkeit des [X.] keinen Beweis anbieten, weil es ihm nicht möglich sei, einen Kos-tenvorschuss zu erbringen. Da der Kläger beweisfällig bleiben müsse, weil er als wirtschaftlich Schwächerer nicht in der Lage sei, die hohen Sachverständi-genkosten zu verauslagen, teile die Kammer nicht die Auffassung des Bundes-gerichtshofs, dass es insoweit an der Schlüssigkeit seines Vorbringens fehle. 5 Demzufolge sei in einem zweiten [X.] abzuklären, ob dem Geschädigten ein wesentlich günstigerer Normaltarif ohne weiteres zugänglich gewesen sei. Diesbezüglich habe der Kläger den Nachweis geführt, dass einem Unfallgeschädigten ein anderer Tarif als der [X.] überhaupt nicht zugänglich sei. Nach den Ausführungen des Sachverständigen B. sei nämlich der [X.], der generell höher sei als der Normaltarif, in der konkreten 6 - 4 - Unfallsituation der Tarif, der einem Geschädigten nach einem Verkehrsunfall vom Mietwagenunternehmen angeboten werde. I[X.] 7 Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. 1. Zutreffend ist allerdings der Ansatz des Berufungsgerichts, dass der Geschädigte nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als Herstellungsaufwand Ersatz der objektiv erforderlichen Mietwagenkosten verlangen kann. Das Berufungsge-richt hat auch die Grundsätze weitgehend zutreffend wiedergegeben, die der erkennende Senat zur Erstattungsfähigkeit so genannter [X.]e ent-wickelt hat (vgl. Senatsurteile [X.] 160, 377, 383 f.; 163, 19, 22 f.; vom 26. Oktober 2004 - [X.] ZR 300/03 - [X.], 241, 242; vom 15. Februar 2005 - [X.] ZR 160/04 - [X.], 569 f. und - [X.] ZR 74/04 - [X.], 568 f.). 8 2. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht von einer Klärung der Erforderlichkeit des der Klageforderung zugrunde liegenden [X.]s abgesehen hat, steht jedoch nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des er-kennenden Senats. 9 a) Wie der Senat inzwischen mehrfach dargelegt hat (vgl. Senatsurteile vom 25. Oktober 2005 - [X.] ZR 9/05 - [X.], 133; vom 14. Februar 2006 - [X.] ZR 126/05 - [X.], 669, 670 und - [X.] ZR 32/05 - [X.], 564, 565; vom 9. Mai 2006 - [X.] ZR 117/05 - [X.], 986, 987; vom 13. Juni 2006 - [X.] ZR 161/05 - [X.], 1273, 1274 und vom 4. Juli 2006 - [X.] ZR 237/05 - [X.], 1425, 1426), ist es nicht erforderlich, dass der bei der 10 - 5 - Schadensabrechnung nach § 287 ZPO besonders freigestellte Tatrichter für die Prüfung der betriebswirtschaftlichen Rechtfertigung eines "[X.]s" die Kalkulation des konkreten Unternehmens - gegebenenfalls nach Beratung durch einen Sachverständigen - in jedem Einzelfall nachvollzieht. Vielmehr kann sich die Prüfung darauf beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte bei Unternehmen dieser Art aus [X.]r Sicht allgemein einen Aufschlag rechtfertigen, wobei unter [X.] auch ein pauschaler Aufschlag auf den "Normaltarif" in Betracht kommt (vgl. Senatsurteile vom 25. Oktober 2005 - [X.] ZR 9/05; vom 14. Februar 2006 - [X.] ZR 126/05; vom 13. Juni 2006 - [X.] ZR 161/05 -, jeweils aaO). Jedenfalls ist "Normaltarif" nicht der Tarif, der dem Unfallgeschädigten in seiner besonderen Situation angeboten wird, sondern derjenige, der dem Selbstzahler normaler-weise angeboten und der unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten gebildet wird (vgl. Senatsurteile [X.] 160, 377, 385; 163, 19, 23). Diesen "Normaltarif" kann der Tatrichter in Ausübung seines Ermessens nach § 287 ZPO auch auf der Grundlage des gewichteten Mittels des "[X.]" im Postleitzahlengebiet des Geschädigten - gegebenenfalls mit sachverständiger Beratung - ermitteln (vgl. Senatsurteil vom 9. Mai 2006 - [X.] ZR 117/05 - aaO). Nach diesen Grundsätzen trifft die Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu, der Kläger könne keinen Beweis zur Frage der betriebswirtschaftlichen Erforderlichkeit des [X.]s anbieten. Der Geschädigte muss nämlich zur Schlüssigkeit seines Vorbringens keineswegs die konkrete [X.] Kalkulation des Mietwagenunternehmens darlegen, wie dies offen-bar das Berufungsgericht meint. Zudem entstehen bei der vom [X.] in Verbindung mit der Möglichkeit einer Schadensschätzung nach § 287 ZPO keine so außergewöhnliche Kosten für ein gegebenenfalls zu erstel-lendes Sachverständigengutachten, dass eine besondere Situation gegenüber anderen Verfahren vorläge, in denen eine [X.] einen Kostenvorschuss hin-11 - 6 - sichtlich des von ihr angebotenen Beweises erbringen muss. Da das [X.] wegen der Weigerung des [X.], einen Prozesskostenvorschuss zu zahlen, eine Prüfung der Erforderlichkeit des berechneten [X.]s nicht vorgenommen hat, ist mithin revisionsrechtlich davon auszugehen, dass der [X.] nicht erforderlich gewesen ist. 12 b) Im Streitfall konnte die Frage der Erforderlichkeit nach den bisher vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen auch nicht offen bleiben. Zwar bedarf die Erforderlichkeit des den "Normaltarif" übersteigenden [X.]s im Hinblick auf die gebotene subjektbezogene Schadensbe-trachtung dann keiner Klärung, wenn der Geschädigte darlegt und [X.] beweist, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen [X.] und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeit-lich und örtlich relevanten Markt - zumindest auf Nachfrage - kein wesentlich günstigerer "([X.]" zugänglich war (vgl. Senatsurteile [X.] 163, 19, 24 f.; vom 14. Februar 2006 - [X.] ZR 126/05 - aaO, 671; vom 13. Juni 2006 - [X.] ZR 161/05 - aaO, 1274 und vom 23. Januar 2007 - [X.] ZR 243/05 - sowie - [X.] ZR 18/06 -, jeweils z.[X.]). Das Berufungsgericht hat hier aber keine konkre-ten Umstände des Einzelfalles festgestellt, aufgrund derer es eine solche Zu-gänglichkeit ohne Rechtsfehler verneinen durfte. 13 Die vom Berufungsgericht allein gegebene Begründung, der [X.] sei in der konkreten Unfallsituation der Tarif, der einem Geschädigten nach einem Verkehrsunfall vom Mietwagenunternehmen angeboten werde, reicht hierfür nicht aus. Diese Begründung beachtet nicht, dass gerade dieser Um-stand zur neueren Rechtsprechung des [X.] zum "[X.]" geführt hat, weil sich nach Unfällen ein besonderer Tarif für [X.] - 7 - gen entwickelt hat, der nicht mehr maßgeblich von Angebot und Nachfrage be-stimmt wird (vgl. Senatsurteile [X.] 160, 377, 383 f.; 163, 19, 22 f.). Über die Frage der Erforderlichkeit im Sinne des § 249 BGB wird dadurch nichts ausge-sagt. Demgemäß hat der [X.] nach Verkündung des [X.] entschieden, dass es grundsätzlich nicht für die Annahme ausreicht, dem Geschädigten sei kein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich gewesen, wenn ein Mietwagenunternehmen dem Geschädigten nur einen Tarif angeboten hat (vgl. Senatsurteil vom 13. Juni 2006 - [X.] ZR 161/05 - aaO). Ebenso kann nicht allein aus dem Umstand, dass dem Kläger bei der Anmietung eines [X.] unter Offenlegung der Unfallsituation von einem Mietwagenunternehmen im Bereich der Stadt [X.] zunächst ausschließlich der [X.] angeboten worden wäre, der Schluss gezogen werden, dem Kläger wäre bei entsprechen-der Nachfrage kein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich gewesen (vgl. [X.] vom 30. Januar 2007 - [X.] ZR 99/06 - z.[X.].). Da nach dem Vorbringen der Beklagten der angebotene Tarif erheblich über den in der so genannten "[X.]" aufgezeigten durchschnittlichen örtlichen Normaltarifen lag und selbst die Autovermietung S. über verschiedene Preislisten für den [X.] und den Normaltarif verfügte, musste ein vernünftiger und wirtschaftlich denkender Geschädigter grundsätzlich Bedenken gegen die Angemessenheit des ihm angebotenen [X.]s haben. Das Berufungsgericht hätte deshalb konkrete Umstände des Einzelfalls aufzeigen müssen, die ausnahmsweise die Prüfung der Erforderlichkeit des [X.]s entbehrlich machten. Die danach erforderlichen Feststellungen hat es nicht getroffen. 15 - 8 - II[X.] 16 Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben und die Sache an das [X.] zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht wird zu klären haben, ob dem Kläger unter den konkreten Umständen kein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich war. Bei Nichterweislichkeit des fehlenden Zugangs zu einem günstigeren Tarif wird es unter Beachtung der vom Senat entwickelten Grund-sätze zu prüfen haben, ob der geltend gemachte "[X.]" wegen un-fallbedingter Mehrkosten seiner Struktur nach als "erforderlicher" Aufwand zur Schadensbeseitigung angesehen werden kann. [X.]

[X.] [X.] [X.]

Zoll Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 29.06.2005 - 12 C 3746/04 - [X.], Entscheidung vom [X.]

Meta

VI ZR 105/06

13.02.2007

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.02.2007, Az. VI ZR 105/06 (REWIS RS 2007, 5273)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5273

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