Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.10.2011, Az. VII ZB 8/10

7. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 1894

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Gegenstand

Rechtsbeschwerde im Zwangsvollstreckungsverfahren: Rechtsmittelbeschränkung auf einen abgrenzbaren Teil des Verfahrensgegenstandes; eigene Ansprüche des Gerichtsvollziehers gegen ein von ihm mit der Versteigerung einer Kunstsammlung beauftragtes Auktionshaus


Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des [X.] vom 1. Februar 2010 wird verworfen, soweit die Neufestsetzung der Kosten für die Firma [X.] und [X.] im Vollstreckungsverfahren des [X.] - 9 M 115/06 - beantragt worden ist. Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen.

Die am Erinnerungsverfahren weiter Beteiligte zu 1 trägt die Kosten der Rechtsbeschwerde.

Gründe

I.

1

Im Rahmen der gegen den Schuldner betriebenen Zwangsvollstreckung ordnete das [X.] die Versteigerung einer Kunstsammlung durch die Firma [X.] und [X.] (fortan: [X.]) an. In Umsetzung dieser Anordnung trat der Gerichtsvollzieher [X.] an das [X.] heran und zeichnete den Versteigerungsauftrag. Die Sammlung wurde in der Folgezeit nur teilweise versteigert, weil der auf eine Einstellung der Auktion gerichtete Antrag des Schuldners vor dem [X.] Erfolg hatte (vgl. [X.], Beschluss vom 20. Dezember 2006 - [X.], [X.]Z 170, 243). Das [X.] rechnete daraufhin gegenüber dem Gerichtsvollzieher ab. Die Zuschlagssumme betrug insgesamt 1.340.687 €. Davon kehrte das [X.] neben einer Abschlagszahlung von 300.000 € zuzüglich Zinsen weitere 149.445,35 € und später nochmals 23.132,04 € an den Gerichtsvollzieher aus, nachdem dieser die Kosten für den Auktionskatalog festgesetzt hatte. Weitergehende Zahlungen lehnte es ab. Dies begründete es mit Transport- und Lagerkosten sowie mit Schadensersatzansprüchen wegen des Versteigerungsabbruchs aufgrund der Entscheidung des [X.]. Der Gerichtsvollzieher hat die Abrechnung des [X.]es nicht beanstandet. Dagegen haben der Schuldner und die Beteiligte zu 1, seine Ehefrau (fortan: Beteiligte), Erinnerung eingelegt.

2

Nach Einlegung der Erinnerung wurde auf die Drittwiderspruchsklage der Beteiligten die Zwangsvollstreckung von zwei [X.] für unzulässig erklärt. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Beteiligte sei Eigentümerin der Kunstsammlung; die Vollstreckungstitel der [X.] richteten sich nur gegen den Schuldner. Der dritte Gläubiger hob daraufhin seine Pfändung auf. Der Gerichtsvollzieher [X.] leitete die vom [X.] erhaltenen Gelder an die Beteiligte weiter. Die Gläubiger wurden nicht befriedigt.

3

Mit der Erinnerung haben der Schuldner und die Beteiligte beantragt, die Kosten für das [X.] auf 201.103,05 € - das entspricht einem Abgeld von 15 v.H. auf die Zuschlagssumme - festzusetzen. Zweitens haben sie begehrt, das [X.] zu verpflichten, den Rest des vereinnahmten [X.] einschließlich Zinsen in Höhe von weiteren 711.094,41 € an das [X.], vertreten durch den Gerichtsvollzieher [X.] zu zahlen, hilfsweise den Gerichtsvollzieher [X.] anzuweisen, von dem [X.] 711.094,41 € notfalls durch gerichtliche Inanspruchnahme zurückzufordern. Weiter hat die Beteiligte hilfsweise beantragt, den Gerichtsvollzieher [X.] zu verpflichten, sämtliche Ansprüche, die ihm aus dem [X.] mit dem [X.] zustehen, an sie abzutreten. Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - hat, nachdem der Schuldner seine Erinnerung zurückgenommen hatte, die Erinnerung der Beteiligten zurückgewiesen. Ihre dagegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.

II.

4

1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, der erste Antrag sei unzulässig, weil der Beteiligten die [X.] fehle. Im Verfahren gegen den [X.] des Gerichtsvollziehers seien nur der Kostenschuldner und die Staatskasse zu beteiligen. Die Beteiligte sei jedoch keine Kostenschuldnerin. Der zweite Antrag sei ebenfalls unzulässig. Das [X.] sei nicht Partei des Erinnerungsverfahrens, so dass es in diesem Rahmen nicht verpflichtet werden dürfe. Es sei auch kein Organ der Zwangsvollstreckung und damit Weisungen des Vollstreckungsgerichts nicht unterworfen. Den [X.] fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Denn Ansprüche wegen nicht abgeführten [X.] seien unmittelbar gegen den privaten Versteigerer geltend zu machen. Das Erinnerungsverfahren eigne sich nicht zur Durchsetzung dieser Ansprüche. Zudem könne dem an diesem Verfahren nicht beteiligten [X.] kein rechtliches Gehör gewährt werden.

5

2. Die Rechtsbeschwerde ist hinsichtlich des Antrags, die Kosten für das [X.] auf 201.103,05 € festzusetzen, unstatthaft und damit als unzulässig zu verwerfen (§ 577 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

6

a) Die von Gesetzes wegen nicht eröffnete Rechtsbeschwerde ist insoweit nicht zugelassen worden, § 574 Abs. 1 ZPO. Der Entscheidungssatz des angegriffenen Beschlusses enthält zwar keine Einschränkung der Zulassung. Diese kann sich jedoch aus dessen Gründen ergeben ([X.], Beschluss vom 10. September 2009 - [X.], NJW-RR 2010, 572 Rn. 4; Urteil vom 17. Juni 2004 - [X.], NJW 2004, 3264, 3265 jeweils m.w.N.). Das ist der Fall. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, die Rechtsbeschwerde sei zuzulassen, weil die Fragen, ob das Vollstreckungsgericht einem nach § 825 Abs. 2 ZPO tätigen Privaten Anweisungen geben dürfe und den Gerichtsvollzieher anweisen könne, gegen den Privaten vorzugehen oder seine Ansprüche gegen ihn abzutreten, von grundsätzlicher Bedeutung seien. Zur Zulassung wegen des [X.] äußert sich das Beschwerdegericht demgegenüber nicht. Es hat den Antrag der Beteiligten auf Kostenfestsetzung mit der Begründung zurückgewiesen, dass im Verfahren der Erinnerung gegen den [X.] nur die Kostenschuldner und die Staatskasse beteiligt seien, die Beteiligte jedoch nicht Kostenschuldner sei. Die vom Beschwerdegericht für die Zulassung angeführten Gesichtspunkte spielen in diesem Zusammenhang keine Rolle. Daraus folgt, dass es eine Zulassung insoweit nicht aussprechen wollte. Dafür spricht auch, dass eine Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen des [X.] ohnehin von Gesetzes wegen ausgeschlossen ist (vgl. [X.], Beschlüsse vom 11. September 2008 - [X.], [X.] 2008, 187 f.; [X.], NJW-RR 2009, 424 Rn. 4 ff.) und deshalb unwirksam gewesen wäre (vgl. [X.], Beschluss vom 27. Februar 2003 - [X.], [X.]Z 154, 102 m.w.N.).

7

b) Die Beschränkung der Zulassung der Rechtsbeschwerde ist wirksam, wenn sie nicht auf die Klärung einer einzelnen Rechtsfrage begrenzt ist, sondern sich auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen abtrennbaren Teil des [X.] bezieht, über den durch eine Teil- oder Zwischenentscheidung entschieden werden oder auf den der [X.] selbst seine Rechtsbeschwerde beschränken könnte (vgl. [X.], Beschluss vom 10. September 2009 - [X.], NJW-RR 2010, 572 Rn. 5; Urteil vom 17. Juni 2004 - [X.], NJW 2004, 3264, 3265 jeweils m.w.N.). So liegen die Dinge hier. Die Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf die Anträge, mit denen die Beteiligte Leistungen des [X.]es oder des Gerichtsvollziehers begehrt, ist möglich. Diese Anträge haben einen anderen Gegenstand als der Antrag auf Festsetzung der Kosten und können deshalb isoliert verfolgt werden. Das zeigt sich auch daran, dass die Rechtsbehelfe gegen [X.] unabhängig von den Rechtsbehelfen ausgestaltet sind, die im Rahmen der Zwangsvollstreckung für die Art und Weise der Zwangsvollstreckung und das vom Gerichtsvollzieher zu beobachtende Verfahren gelten (§ 66 Abs. 2, 3 GKG i.V.m. § 5 Abs. 2 GvKostG einerseits und §§ 766, 793 ZPO andererseits).

8

3. Im Übrigen ist die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch unbegründet.

9

a) Mit ihrem zweiten Antrag begehrt die Beteiligte die Auszahlung des Differenzbetrages zwischen dem [X.] und dem von ihr für richtig gehaltenen [X.] nebst Zinsen. Der Antrag ist schon deshalb unbegründet, weil der [X.], wie ausgeführt, nicht zur Überprüfung durch den [X.] steht. Der [X.] hat aufgrund der insoweit nicht mehr anfechtbaren Entscheidung des [X.] die vom Gerichtsvollzieher [X.] gebilligte Abrechnung des [X.]es zu Grunde zu legen. Deren rechnerische Richtigkeit ist unstreitig. Den auf dieser Grundlage berechneten auszukehrenden Erlös hat die Beteiligte bereits erhalten.

b) Aus diesen Gründen kann der Gerichtsvollzieher [X.] durch das Rechtsbeschwerdegericht auch nicht angewiesen werden, vom [X.] 711.094,41 € zurückzufordern.

c) Schließlich kann der Gerichtsvollzieher [X.] nicht angewiesen werden, sämtliche Ansprüche, die ihm aus dem [X.] mit dem [X.] zustehen, an die Beteiligte abzutreten. Dem steht entgegen, dass nicht er, sondern das [X.] Vertragspartner des [X.]es geworden ist (vgl. [X.], Beschluss vom 20. Dezember 2006 - [X.], [X.]Z 170, 243 Rn. 17). Daher können ihm keine eigenen Ansprüche gegen das [X.] zustehen, die er abtreten könnte.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Kniffka                                       Kuffer                                      Safari Chabestari

                     Halfmeier                                    Leupertz

Meta

VII ZB 8/10

27.10.2011

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Wiesbaden, 1. Februar 2010, Az: 4 T 290/09

§ 574 ZPO, § 808 ZPO, § 825 Abs 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.10.2011, Az. VII ZB 8/10 (REWIS RS 2011, 1894)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1894

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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