Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.05.2023, Az. 6 StR 137/23

6. Strafsenat | REWIS RS 2023, 3413

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Gegenstand

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln: Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme beim Transport von Betäubungsmitteln


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 29. November 2022 dahin geändert, dass er des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit versuchter Ausfuhr von Betäubungsmitteln schuldig ist.

2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen „unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“ zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt zu der aus der [X.] ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs (entsprechend § 354 Abs. 1 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Zum Schuldspruch hat der [X.] in seiner Antrags-schrift im Wesentlichen ausgeführt:

Die Verurteilung des Angeklagten wegen „unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“ gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG wird von den Feststellungen nicht getragen. Beim Betäubungsmittelhandel gelten für die Abgrenzung von ([X.] und Beihilfe die allgemeinen Grundsätze über die Abgrenzung zwischen diesen Beteiligungsformen. Ob ein Beteiligter eine Tat als Täter oder Gehilfe begeht, ist danach in wertender Betrachtung nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zu ihr sein (vgl. Senat, Urteil vom 10. März 2021 – 6 StR 317/20 –, juris Rdnr. 13; [X.], Beschlüsse vom 15. Oktober 2020 – 1 StR 331/20 –, juris Rdnr. 3; und vom 30. August 2011 – 3 [X.] –, [X.], 40, 41). Beschränkt sich – wie regelmäßig bei einem Kurier – die Beteiligung am Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auf einen Teilakt des [X.], kommt es maßgeblich darauf an, welche Bedeutung der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen des [X.] zukommt. [X.] sich die Tätigkeit im bloßen Transport von Betäubungsmitteln, ist regelmäßig von einer untergeordneten Bedeutung auszugehen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 18. Mai 2021 – 1 [X.] –, juris Rdnr. 4; und vom 13. April 2021 – 4 StR 506/20 –, juris Rdnr. 5).

Unter Zugrundelegung dieser Kriterien ist der Tatbeitrag des Angeklagten lediglich als Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zu bewerten. Nach den getroffenen Feststellungen wurde dem Angeklagten von einer unbekannt gebliebenen Person in [X.] angeboten, künftig Betäubungsmittel nach [X.] zu überführen. Hierfür erhielt er ein Fahrzeug, das er „weisungsgemäß“ auf seinen Namen zuließ ([X.]). Unmittelbar vor der Tat erhielt er „die Anweisung“, nach [X.] zu fahren, wo die Betäubungsmittel schließlich im Fahrzeug deponiert wurden, während er im Hotel übernachtete ([X.]). Entgegen der Ansicht des [X.]s (UA S. 8) oblagen dem Angeklagten folglich nicht einmal die konkreten Modalitäten des [X.] (vgl. [X.], Beschlüsse vom 30. August 2011 – 3 [X.] –, [X.], 40, 41; und vom 25. Oktober 2006 – 2 [X.] –, juris Rdnr. 3). Der Umstand, dass er weder begleitet noch von anderen Tatbeteiligten observiert wurde, vermag seine bloße Gehilfenstellung nicht zu einer Täterschaft aufzuwerten (vgl. [X.], Beschluss vom 25. Oktober 2006 – 2 [X.] –, juris Rdnr. 3). (…)

Mit dem Wegfall der Verurteilung wegen täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge lebt der gleichfalls verwirklichte Tatbestand des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Sinne des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ebenso wieder auf, da Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln mit täterschaftlichem Besitz derselben gemäß § 52 StGB in Tateinheit steht (vgl. [X.], Beschlüsse vom 7. September 2017 – 1 StR 409/17 –, juris Rdnr. 3; vom 3. Juli 2014 – 4 [X.] –, juris Rdnr. 6; und vom 2. Oktober 2008 – 3 [X.] –, [X.], 58), wie jener der versuchten Ausfuhr von Betäubungsmitteln im Sinne von § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG (zur konkurrenzrechtlichen Bewertung von Beihilfe zum Handeltreiben und Einfuhr vgl. [X.], Urteil vom 22. August 2012 – 2 StR 530/11 –, juris Rdnr. 4; Beschluss vom 16. Dezember 1983 – 2 [X.] –, [X.], 171; [X.]/[X.]/[X.], BtMG, 10. Aufl., § 29 Rdnrn. 519, 534). Der Angeklagte hatte sich als Betäubungsmitteltransporteur im Bereich des [X.] Seehafens eingefunden, bereits ein Ticket für die Überfahrt erworben und sich damit unmittelbar auf die [X.] zubewegt, um das [X.] Hoheitsgebiet mit den Betäubungsmitteln zu verlassen (vgl. [X.]/[X.]/[X.], BtMG, 10. Aufl., § 29 Rdnr. 797), als er von den Ermittlungsbehörden aufgegriffen worden ist.

3

Dem schließt sich der Senat an. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, weil sich der geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

4

2. Der Strafausspruch kann bestehen bleiben. Es ist auszuschließen, dass das Tatgericht bei zutreffender rechtlicher Würdigung eine niedrigere Strafe verhängt hätte (§ 337 Abs. 1 StPO). Der Strafrahmen ergibt sich nach wie vor aus § 29a Abs. 1 BtMG. Schon mit Blick auf die beträchtliche Menge von 1,221 Kilogramm [X.] und die Gefährlichkeit des Betäubungsmittels scheidet die Annahme eines minder schweren Falls im Sinne des § 29a Abs. 2 BtMG aus.

5

3. Angesichts des geringen Erfolges der Revision ist es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

Sander     

  

Feilcke     

  

Tiemann

  

Fritsche     

  

Arnoldi     

  

Meta

6 StR 137/23

03.05.2023

Bundesgerichtshof 6. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Rostock, 29. November 2022, Az: 11a KLs 118/22 (1)

§ 25 Abs 2 StGB, § 27 StGB, § 29 BtMG, § 29a Abs 1 Nr 2 BtMG, § 261 StPO, § 267 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.05.2023, Az. 6 StR 137/23 (REWIS RS 2023, 3413)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 3413

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
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Zitiert

2 StR 530/11

1 StR 409/17

4 StR 506/20

1 StR 72/21

3 StR 270/11

6 StR 317/20

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