Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.03.2000, Az. IV ZR 23/99

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 2738

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:22. März 2000SchickJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]: ja[X.]Z: nein_____________________[X.] § 9 [X.] einem Lebensversicherungsvertrag zugrunde liegende [X.] "Den [X.] können wir als berechtigt ansehen, über die Rechteaus dem Versicherungsvertrag zu verfügen, insbesondere Leistungen in [X.] zu nehmen" hält einer Kontrolle an § 9 [X.] stand.[X.], Urteil vom 22. März 2000 - [X.] - [X.] LG München I- 2 -Der IV. Zivilsenat des [X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], [X.] die Richterin [X.] auf die mündliche Verhandlung vom22. März 2000für Recht erkannt:Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das [X.] 29. Zivilsenats des [X.] 19. November 1998 aufgehoben und das Urteil [X.] München I, 7. Zivilkammer, vom 9. [X.] geändert.Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.Von Rechts [X.]:Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verein, zu dessen satzungsgemä-ßen Aufgaben die Wahrnehmung und Förderung der Interessen der [X.] durch Aufklärung und Beratung zählen. Das beklagte Versiche-rungsunternehmen verwendet beim Abschluß von Lebensversicherungs-verträgen Allgemeine Versicherungsbedingungen, die - in Übereinstim-- 3 -mung mit § 11 Abs. 1 Satz 1 der Musterbedingungen für die kapitalbil-dende Lebensversicherung 1986 ([X.]), [X.] 1986, 205 - folgende[X.] [X.] Inhaber des Versicherungsscheins können wir als berechtigtansehen, über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag zu verfü-gen, insbesondere Leistungen in Empfang zu [X.] Schreiben vom 1. Juli 1997 beanstandete der Kläger diese[X.]. Die Beklagte lehnte es ab, eine Unterlassungserklärung abzu-geben. Der Kläger ist der Auffassung, die [X.] verstoße als [X.] Geschäftsbedingung gegen § 9 [X.].Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu [X.], bei neu abzuschließenden Lebensversicherungsverträgendiese oder eine inhaltsgleiche [X.] zu verwenden oder sich daraufbei der Abwicklung von nach dem 1. April 1977 geschlossenen Verträgenzu berufen; er hat ferner beantragt, ihm die Befugnis zur Veröffentli-chung der Urteilsformel zuzusprechen.Das [X.] hat der Klage stattgegeben; die Berufung der [X.] ist erfolglos geblieben ([X.], 1222). Mit der [X.] die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.Entscheidungsgründe:- 4 -Die Revision der Beklagten hat Erfolg.[X.] Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die vom Kläger bean-standete [X.] sei schon deshalb gemäß § 9 Abs. 1 [X.] unwirksam,weil sie dem Transparenzgebot widerspreche. Für den durchschnittli-chen Versicherungsnehmer erwecke die [X.] den Eindruck, daß [X.] den Inhaber des Versicherungsscheins nach ihrem Gutdünkenals berechtigt ansehen könne, Leistungen in Empfang zu nehmen [X.] bei einer Leistung an diesen ihren Pflichten aus dem [X.] stets genüge, sie also immer befreiend an den Inhaber des [X.] leisten könne. Dieser durch die [X.] vermittelteEindruck sei aber unzutreffend. Zwar solle der [X.] die [X.] zu einem Legitimationspapier im Sinne der §§ 4 [X.],808 BGB ausgestaltet werden, in Rechtsprechung und Literatur sei ab[X.]erkannt, daß eine Inhaberklausel den Versicherer dann nicht schütze,wenn er rechtsmißbräuchlich an den Inhaber des [X.]. Ein solches rechtsmißbräuchliches Verhalten liege unzweifelhaftvor, wenn der Versicherer von der mangelnden Berechtigung [X.] positive Kenntnis habe. Danach stelle sich die von [X.] verwendete [X.] nicht nur als unklar dar, sie eröffne viel-mehr die Möglichkeit, daß einerseits der Versicherungsnehmer über sei-ne Rechte und die Pflichten des Versicherers irregeführt werde, ande-rerseits der Versicherer begründete Ansprüche unter Hinweis auf die[X.] ablehnen könne. Eine solche [X.] benachteilige den [X.] entgegen den Geboten von [X.] und Glauben unange-messen.- 5 -Die [X.] erweise sich zudem als unwirksam, weil sie von [X.] Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung abweiche (§ 9Abs. 2 Nr. 1 [X.]). Forderungen gegen den Versicherer könntengrundsätzlich nur vom materiell Berechtigten geltend gemacht werden.Nur dieser könne wirksam über die ihm zustehende Forderung verfügen;sie könne grundsätzlich nur ihm gegenüber erfüllt werden. Die [X.], die den Versicherungsschein zu einem qualifizierten Legitimati-onspapier mache, habe also nur Bedeutung, wenn ein anderer als [X.] Gläubiger der Forderung sei. Nur für diese Fälle be-wirke die Ausgestaltung des Scheins als qualifiziertes Legitimationspa-pier den Schutz des Schuldners. Die von der Beklagten verwendete [X.] gebe aber nicht nur den Inhalt der gesetzlichen Regelungwieder. Denn sie bestimme, daß die Beklagte den Inhaber des Versiche-rungsscheins - nach ihrem Gutdünken - als berechtigt ansehen könne,über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag zu verfügen. Unter [X.] "verfügen" fielen dabei Rechtshandlungen wie die Kündigung [X.] und Annahme des Rückkaufswertes, die Um-wandlung der Versicherung in eine prämienfreie Versicherung aber auchder Abschluß eines Vergleichs über die Versicherungsforderung. Diebeanstandete [X.] gehe also über die gesetzliche Regelung [X.] einer Forderung hinaus. Sie weiche inhaltlich vom Leitbild desgesetzlichen Forderungsrechts so weitgehend ab, daß sie mit den [X.] Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht mehr ver-einbar sei. Der Versicherungsnehmer werde durch die [X.] bei einemunberechtigt verfügenden Inhaber des Versicherungsscheins nahezuschutzlos gestellt und dadurch in erheblichem Maße in Abweichung ge-genüber den Leitgedanken des [X.] 6 -Dem folgt der [X.] nicht.I[X.] Die streitbefangene [X.] hält einer Kontrolle nach § 9 [X.]stand.1. a) Vor der Prüfung der [X.] ist ihr Inhalt durch Auslegung zuermitteln. Dabei sind nach gefestigter Rechtsprechung des [X.] Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie eindurchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung,aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinn-zusammenhangs verstehen muß ([X.]Z 123, 83, 85). Eine Ausnahmeerfährt dieser Grundsatz jedoch, wenn die Rechtssprache mit einem inden Bedingungen verwendeten Ausdruck einen fest umrissenen Begriffverbindet; trifft das zu, so ist im Zweifel anzunehmen, daß auch die Be-dingungen darunter nichts anderes verstehen wollen ([X.]surteil vom5. Juli 1995 - [X.]/94 - [X.], 951 unter 2. b). Bei Berück-sichtigung dieser Maßstäbe ergibt sich hier:b) Der verständige Versicherungsnehmer geht vom Wortlaut der[X.] aus. Aus diesem ergibt sich für ihn zunächst, daß sich der [X.] mit der Regelung das Recht einräumt, an den Inhaber des Versi-cherungsscheins die mit dem Versicherungsvertrag versprochene [X.] zu bewirken. Die Wendung "als berechtigt" ansehen verdeutlichtihm darüber hinaus, daß der Versicherer mit einer Leistung an den Inha-ber der Urkunde von seiner Leistungspflicht aus dem [X.], denn andernfalls entfaltete die [X.] auch aus der Sicht des [X.] -ständigen Versicherungsnehmers keinen Sinn. Weil die [X.] [X.] bestimmt, daß der Versicherer den Scheininhaber als zur Empfang-nahme der Leistung berechtigt ansehen kann, aber nicht muß, ergibtsich für den Versicherungsnehmer weiter, daß dem Inhaber des Versi-cherungsscheins kein Anspruch auf die Leistung zukommen soll. Die[X.] begründet danach zwar ein Recht des Versicherers zur befrei-enden Leistung an den Urkundeninhaber, aber keinen Anspruch des [X.] des Versicherungsscheins auf diese.Nach dem Inhalt der Regelung kann der Versicherer den [X.] aber nicht nur als berechtigt ansehen, [X.]en in Empfang zu nehmen, er kann ihn vielmehr als berechtigt [X.], "über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag zu verfügen".Daß dem Versicherer damit eine weiterreichende Berechtigung zugewie-sen wird als diejenige, mit befreiender Wirkung an den Urkundeninhaberzu leisten, ergibt sich für den Versicherungsnehmer schon daraus, daßgerade diese konkret bezeichnete Berechtigung mit dem Zusatz "insbe-sondere" versehen ist und damit zugleich als ein Beispiel für ein Verfü-gen über Rechte aus dem Vertrag ausgewiesen wird. Dabei führt [X.] "über Rechte ... verfügen" den Versicherungsnehmer erkenn-bar in den Bereich der Rechtssprache. Daß es insoweit allein auf dierechtliche Bedeutung ankommen soll, verdeutlicht gerade das als Verfü-gung angesprochene Beispiel der Empfangnahme der Leistung, die um-gangsprachlich nicht oder nur schwerlich mit dem Verfügen über [X.] gleichgesetzt wird. Nach dem damit für die Auslegung maßgebli-chen rechtlichen Verständnis des Verfügungsbegriffs erfaßt die [X.]das aktive Einwirken auf Rechte, mithin solche Rechtshandlungen des- [X.] des Versicherungsscheins, die die Rechte aus dem Versiche-rungsvertrag betreffen. Dazu rechnet nicht nur die als Beispiel benannte- grundsätzlich Verfügungsmacht voraussetzende - Empfangnahme dervertraglich versprochenen Leistung mit für den Schuldner befreienderWirkung, sondern auch sonstige Rechtshandlungen wie die [X.] zur Erlangung des Rückkaufswertes (§ [X.]), der Antrag auf Umwandlung des Vertrages in eine prämienfreieVersicherung (§ 174 [X.]) oder etwa auch die Abtretung oder Verpfän-dung des Anspruchs auf die Versicherungsleistung (vgl. Kollhosser inPrölss[X.], [X.], 26. Aufl. [X.] § 11 Rdn. 3; [X.]/[X.],Berufsunfähigkeits- und Lebensversicherung, ALB § 11 Rdn. 6; Bruck/[X.]/Winter, [X.] 8. Aufl. [X.]/2 [X.]. C 334) sowie die Bezeichnungoder Änderung der Bezugsberechtigung ([X.]surteil vom [X.] 1988 - [X.] - NJW-RR 1989, 21 unter 2).c) In dieser Auslegung kommt der [X.] in zweierlei Hinsichtrechtliche Wirkung zu: Mit der dem Versicherer vertraglich eingeräumtenBerechtigung, an den Inhaber des Versicherungsscheins mit befreienderWirkung zu leisten, ohne aber diesem gegenüber zur Leistung ver-pflichtet zu sein, wird der Versicherungsschein zu einem qualifiziertenLegitimationspapier im Sinne des § 808 BGB ([X.]surteil vom24. Februar 1999 - [X.] - NVersZ 1999, 365 unter 2 a). [X.] wird der Versicherer für berechtigt erklärt, den [X.] anderer Verfügungen über Rechte aus dem [X.] als berechtigt anzusehen. Dabei kommt dieser Seite der Berech-tigung nur insoweit selbständige Bedeutung zu, als sie von der dem In-haber eines qualifizierten Legitimationspapiers zukommenden [X.] 9 -stellung nicht ohnehin erfaßt wird. Diese Differenzierung ist auch bei [X.] der [X.] nach § 9 [X.] zu beachten.2. Es verstößt nicht gegen § 9 [X.], wenn der [X.] aufgrund der streitbefangenen [X.] zu einem qualifiziertenLegitimationspapier im Sinne des § 808 BGB wird, der Versicherer alsogrundsätzlich auch dann von seiner Leistungspflicht befreit wird, wenn [X.] den Inhaber des Versicherungsscheins leistet, auch wenn dieser zumEmpfang der Leistungen materiell nicht berechtigt [X.]) Insoweit ist die Inhaltskontrolle nicht an § 9 Abs. 2 Nr. 1 [X.]zu orientieren. Denn mit der durch die [X.] bewirkten [X.] Versicherungsscheins zu einem qualifizierten [X.] nicht von einer "gesetzlichen Regelung" im Sinne des § 9 Abs. 2Nr. 1 [X.] abgewichen. § 4 [X.] hindert eine solche Ausgestaltungnicht, er setzt sie vielmehr voraus und beschreibt ihre Wirkungen [X.] auf § 808 BGB. Die Vorschrift des § 4 [X.] will lediglich die Ge-staltung des Versicherungsscheins zu einem reinen [X.] ver-hindern (vgl. Bruck/[X.]/Winter, aaO; vgl. [X.] in [X.]/Langheid,[X.] § 4 Rdn. 1). Darum aber geht es bei der streitbefangenen [X.]gerade nicht. Ebenso scheidet § 808 BGB als "gesetzliche Regelung" imdargestellten Sinne aus, denn dessen von § 362 BGB abweichendeAuswirkungen bilden gerade den Ausgangspunkt für die Prüfung, obschon die Ausgestaltung des Versicherungsscheins zu einem qualifi-zierten Legitimationspapier gegen § 9 [X.] verstößt. Als Maßstab [X.] kommt daher § 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 [X.] in [X.] 10 -b) Die Ausgestaltung des Versicherungsscheins als Urkunde [X.] des § 808 BGB führt nicht zu einer Gefährdung des Vertrags-zwecks (§ 9 Abs. 2 Nr. 2 [X.]) einer Lebensversicherung. [X.] kommt der Leistung des Schuldners regelmäßig zwar nur dannzu, wenn er an den materiell berechtigten Forderungsinhaber leistet.Wenn die [X.] demgegenüber die [X.] [X.] erweitert, so liegt darin keine wesentliche Beeinträchtigungvon solchen Rechten oder Pflichten, die sich gerade aus der Natur einesLebensversicherungsvertrages, ihrem typischen Vertragszweck, ableite-ten. Denn der mit dem Lebensversicherungsvertrag versprochene undgeschuldete Versicherungsschutz bleibt von einer solchen Regelung un-berührt; sie betrifft Einzelheiten der Leistungsbewirkung, die auch in an-deren vertraglichen Verhältnissen - wie § 808 BGB zeigt - vereinbartwerden können.c) Die durch die [X.] bewirkte Erweiterung der [X.] benachteiligt den Versicherungsnehmerauch nicht entgegen den Geboten von [X.] und Glauben unangemessen(§ 9 Abs. 1 [X.]). Sie dient zwar allein dem Interesse des [X.] damit des Versicherers. Dieser Umstand allein läßt jedoch noch kei-nen Schluß auf eine damit verbundene unangemessene Benachteiligungdes Versicherungsnehmers zu. Eine solche ergibt sich aber auch ausden Folgewirkungen der Erweiterung der [X.] [X.] nicht. Die Leistung an den Inhaber der Urkunde befreit [X.] von seiner Verbindlichkeit. Das ist selbstverständlich, wenndie Forderung - wie das regelmäßig der Fall sein wird - auch dem Inha-ber des Versicherungsscheins zusteht (§ 362 BGB). Bedeutung kommt- 11 -der Erweiterung der [X.] also nur für den [X.] zu, in dem der Urkundeninhaber nicht zugleich Inhaber der Forde-rung ist. Und nur für diesen Fall bezweckt und bewirkt die [X.] Versicherungsscheins zu einem qualifizierten Legitimationspapierden Schutz des Schuldners, wenn er an den Urkundeninhaber [X.] ihm wird das Risiko der Doppelzahlung und der [X.] gegen den vermeintlichen Gläubiger abgenommen([X.], [X.]. § 808 Rdn. 12). Insoweit ist aber an-dererseits zu berücksichtigen, daß es zu einer Leistung des Versicherersan den nicht berechtigten Inhaber des Versicherungsscheins nur [X.] kann, wenn sich der Versicherungsnehmer selbst der Kontrolle überden Versicherungsschein - ob freiwillig oder unfreiwillig - begeben hat.Denn im Regelfall steht der erweiterten [X.] [X.] einerseits die Kontrolle des Gläubigers über die Urkundeandererseits gegenüber. Der Gläubiger - hier der Versicherungsnehmer -hat es in der Hand, ob er den Versicherungsschein weitergibt oder nicht.Schon diese Steuerungsmöglichkeit des Versicherungsnehmers mindertsein Risiko, daß der Versicherer durch eine Leistung an den [X.] berechtigten Urkundeninhaber von seiner Leistungspflicht befreitwerden könnte. Verliert der Versicherungsnehmer unfreiwillig die [X.] über den Versicherungsschein, kann er sich jedenfalls ab [X.] Verlust durch Anzeige beim Versicherer vor Nachteilen zu schützensuchen. Denn die Legitimationswirkung der Urkunde greift nach [X.] des [X.] jedenfalls dann nicht ein, wennder Schuldner die mangelnde Verfügungsberechtigung des Schuldnerspositiv kennt oder sonst gegen [X.] und Glauben die Leistung bewirkthat ([X.]surteil vom 24. Februar 1999 aaO). Die durch die [X.] her-- 12 -beigeführte erweiterte [X.] des Versicherers kann [X.] alledem zwar unter besonderen Umständen auch nachteilig für [X.] auswirken und die Durchsetzung seines An-spruchs aus dem Vertrag gefährden, indessen ist darin keine derart [X.] fallende Beeinträchtigung seiner Interessen zu erkennen, daßvon einer den Grundsätzen von [X.] und Glauben widerstreitenden [X.] Benachteiligung ausgegangen werden könnte. Dem Er-gebnis dieser Abwägung entspricht es, daß auch das Versicherungsver-tragsgesetz die Ausgestaltung des Versicherungsscheins als [X.] nicht aus Gründen des Schutzes des [X.] hindert, es vielmehr mit § 4 [X.] lediglich dessen Ge-staltung als reines [X.] unterbinden wollte (vgl. [X.] aaO;Bruck/[X.]/[X.] Die streitbefangene [X.] hält aber auch insoweit einer In-haltskontrolle nach § 9 [X.] stand, als der Versicherer den [X.] - weitergehend - als berechtigt ansehen kann,über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag zu verfügen.Insoweit ist zunächst zu unterscheiden zwischen solchen Rechts-handlungen, die dem Inhaber des Versicherungsscheins als eines quali-fizierten Legitimationspapiers schon nach § 808 BGB zukommen, undsonstigen Rechten, auf die sich die Legitimationswirkung der [X.] vornherein nicht bezieht.a) Die Legitimationswirkung des § 808 Abs. 1 Satz 1 BGB erstrecktsich auf die vertraglich versprochenen Leistungen ([X.]Z 64, 278, 280).- 13 -Dagegen vermittelt ein qualifiziertes Legitimationspapier dem Inhabergrundsätzlich nicht das Recht, Willenserklärungen abzugeben, die fürden Gläubiger des verbrieften Rechts verbindlich sind. Lediglich insoweitals zur Empfangnahme der in der Urkunde versprochenen [X.] erforderlich sind, kann auch der Inhaber der Urkun-de diese abgeben, weil andernfalls die Legitimationswirkung der Urkun-de hinfällig wäre (vgl. [X.]Z 64, 278, 287; allgemein: [X.],[X.]. § 808 Rdn. 58; weitergehend [X.]/[X.], [X.] Aufl. § 808 Rdn. [X.] versprochene Leistung ist bei einer Lebensversiche-rung aber nicht nur die Leistung der Versicherungssumme im [X.]. Vertraglich versprochen ist auch die Leistung des [X.] nach Kündigung des Vertrages (vgl. § 4 [X.] und § 176 [X.]).Denn das Recht auf den Rückkaufswert ist nur eine andere Erschei-nungsform des Rechts auf die Versicherungssumme ([X.]Z 45, 162, 167m.w.[X.]). Demgemäß erstreckt sich die Legitimationswirkung eines Versi-cherungsscheins als Urkunde im Sinne des § 808 BGB auch auf [X.], um den Rückkaufswert zu erlangen. Der Versichererkann den Inhaber des Versicherungsscheins deshalb schon nach § 808BGB als zur Kündigung berechtigt ansehen, wenn dieser die Auszahlungdes Rückkaufswertes erstrebt. Einen Verstoß gegen § 9 [X.] begrün-det diese dem Versicherer mit der [X.] eröffnete Möglichkeit schonaus den zuvor dargelegten Gründen nicht; es geht insoweit bei [X.] erneut um den Empfang der vertraglich versprochenen [X.], wenn auch hier in der Form des Rückkaufswertes.- 14 -Ob der Inhaber des Versicherungsscheins nach § 808 BGB auchzur Abgabe einer Umwandlungserklärung (vgl. § 174 [X.]) als berechtigtangesehen werden kann, ob auch eine solche Erklärung zum Empfangeiner vertraglich versprochenen Leistung führen würde, kann offenblei-ben. Denn die [X.] verstößt auch nicht insoweit gegen § 9 [X.], alsder Versicherer den Inhaber des Versicherungsscheins auch als berech-tigt ansehen kann, über Rechte aus dem Versicherungsvertrag zu verfü-gen, soweit es dabei nicht unmittelbar um den Empfang einer vertraglichversprochenen Leistung geht.b) Als Prüfungsmaßstab kommt hier allein § 9 Abs. 1 [X.] in [X.]; §§ 4 [X.], 808 BGB stellen auch in diesem Zusammenhang keinegesetzlichen Regelungen im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 1 [X.] dar, mitderen wesentlichen Grundgedanken die streitbefangene [X.] - soweitsie nicht den Empfang der Leistung betrifft - nicht zu vereinbaren seinkönnte. § 4 Abs. 1 [X.] betrifft den hier in Rede stehenden Tatbestandnicht ([X.]/[X.], Berufsunfähigkeits- und Lebensversicherung,§ 11 ALB Rdn. 6); er will - wie dargelegt - nur die Ausgestaltung [X.] zum reinen [X.] unterbinden. § 808 [X.] eine besondere Ausformung des Schuldnerschutzes bei [X.] der vertraglich versprochenen Leistung. Er betrifft demgemäßden Glauben des Schuldners an andere Verfügungen des Inhabers [X.], soweit sie nicht unmittelbar dem Empfang dervertraglich versprochenen Leistungen dienen, von vornherein nicht. Dar-auf, daß mit dieser Ausgestaltung der [X.] eine [X.] (§ 9 Abs. 2 Nr. 2 [X.]) einhergehen könnte, stellt schon [X.] - mit Recht - nicht ab.- 15 -c) Nimmt man die hier noch in Rede stehenden Verfügungen inden Blick, so ist ihnen gemeinsam, daß sich eine Einwirkung auf [X.] aus dem Versicherungsvertrag infolge einer solchen Verfügungunabhängig vom Versicherungsschein vollzieht. Das gilt für die Abtre-tung oder Verpfändung des Anspruchs auf die Versicherungsleistung,aber auch für die Bestimmung oder Änderung des Bezugsrechts. Vor-aussetzung für die materielle Wirksamkeit der Verfügung ist nicht die [X.]chaft am Versicherungsschein, sondern die materielle Forde-rungsinhaberschaft des [X.]. Denn eine Forderung kann durchden Abtretungsempfänger nicht gutgläubig erworben werden, ein [X.]er Erwerb des Pfandrechts durch einen Dritten kommt nicht [X.], weil das verpfändete Recht selbst - die Forderung - nicht [X.] erworben werden kann. Für die Bestimmung oder Änderung desBezugsrechts gilt im Ergebnis nichts anderes. Denn durch die Ausübungdieses Rechts verfügt der Versicherungsnehmer über seinen versiche-rungsvertraglich begründeten Leistungsanspruch, also über eine Forde-rung (vgl. [X.]surteil vom 28. September 1988 - [X.] -NJW-RR 1989, 21 unter 2). Wenngleich der Versicherer nach [X.] streitbefangenen [X.] den Inhaber des [X.] als zu solchen Verfügungen berechtigt ansehen kann, bleibt das fürdie materielle Forderungsinhaberschaft des Versicherungsnehmers ohneBedeutung. Sie bleibt beim Versicherungsnehmer auch dann, wenn derin dieser Weise [X.] zwar Inhaber des Versicherungsscheins,nicht aber Inhaber der Forderung ist. Jedenfalls unter diesem Blickwin-kel ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Interessen des [X.] nicht festzustellen, seine unangemessene [X.] -gung nicht zu besorgen. Erbringt der Versicherer dem [X.], Pfändungsgläubiger oder Bezugsberechtigten dievertragliche Leistung, hängt deren befreiende Wirkung wiederum [X.], daß jener auch Inhaber des Versicherungsscheins ist. Daß mit [X.] zwar eine Gefährdung der Interessen des [X.] sein kann, die aber dennoch nicht den Grad einer unange-messenen Benachteiligung erreicht, ist bereits festgestellt worden. [X.] aber wird nicht dadurch in besonderem Maße erhöht, daßder Versicherer den Inhaber des Versicherungsscheins auch zu den ge-nannten Verfügungen als berechtigt ansehen kann. Zwar mag es in Ein-zelfällen zu Schwierigkeiten in der Durchsetzung des Anspruchs desmateriell Berechtigten kommen, wenn dieser nicht (mehr) im Besitz [X.] ist; daß solche aber gerade durch diese Ausge-staltung der [X.] ein Ausmaß und eine Häufigkeit erreichen, daß [X.] - wie das Berufungsgericht meint - "schutzlos" ge-stellt würde, ist - auch unter Berücksichtigung von Rechtsprechung [X.] zu der in ihrem wesentlichen Inhalt bereits seit 1932 durchge-hend verwendeten [X.] (vgl. § 13 ALB 1932, [X.] 1932, 115) -nicht zu erkennen. Die [X.] führt daher auch insoweit zu keiner [X.] Benachteiligung des [X.] Die streitbefangene [X.] ist schließlich auch nicht wegenVerstoßes gegen das sich aus § 9 [X.] ergebende Transparenzgebotunwirksam.a) Nach dem Transparenzgebot ist der Verwender [X.] entsprechend den Grundsätzen von [X.] und- 17 -Glauben gehalten, Rechte und Pflichten eines Vertragspartners [X.] klar und durchschaubar darzustellen ([X.]Z 136, 394, 401; [X.] vom 24. März 1999 - [X.] - NVersZ 1999, 360 unter I, 3b). Das schließt es ein, daß dem Versicherungsnehmer mit der [X.]die Rechtslage nicht unzutreffend dargestellt und dem Verwender damitdie Möglichkeit eröffnet wird, begründete Ansprüche unter Hinweis aufdie [X.] abzuwehren ([X.]Z 104, 82, 92). Dagegen verlangt [X.] nicht, aus dem Gesetz oder aus der Rechtsnatur ei-nes Vertrages folgende Rechte ausdrücklich zu regeln oder den [X.] darüber zu belehren ([X.]Z 133, 25, 32). Nach [X.] verstößt die [X.] nicht gegen das [X.]) Die [X.] enthält keine unzutreffende Darstellung [X.]. Wie dargelegt, ergibt sich für den verständigen Versiche-rungsnehmer aus ihr, daß der Versicherer zwar berechtigt ist, an den In-haber des Versicherungsscheins mit befreiender Wirkung zu leisten, daßaber andererseits kein Anspruch des [X.] auf diese [X.] besteht. Das beschreibt die rechtlichen Wirkungen der [X.] zutreffend (§ 808 Abs. 1 BGB). Zwar gilt nach der [X.] eine Ausnahme von der befreienden Wirkung der Leistung an [X.] jedenfalls dann, wenn der Versicherer die mangelndeVerfügungsbefugnis des Inhabers des Versicherungsscheins positivkennt oder sonst gegen [X.] und Glauben die Leistung bewirkt hat ([X.] vom 24. Februar 1999 aaO). Diese Ausnahme in der [X.] anzuführen, gebietet das Transparenzgebot aber nicht. Denn [X.] sich auf eine - in ihrer Reichweite noch nicht vollständig [X.] - Auslegung des § 808 BGB (vgl. [X.], [X.].- 18 -§ 808 Rdn. 14 f.) oder auf die Anwendung des § 242 BGB, folgt also un-mittelbar aus gesetzlichen Regelungen. Daß sich daraus aber im [X.] von dem in der [X.] dargestellten Grundsatzergeben können, bedarf der besonderen Hervorhebung auch unter dem- 19 -Blickwinkel der Transparenz nicht. Der [X.] ist [X.] nicht gehalten, die Wirkungen der Inhaberklausel weitergehend zuerläutern, als dies der Gesetzgeber mit § 808 BGB für geboten [X.].Dr. [X.] [X.] [X.] Seiffert [X.]

Meta

IV ZR 23/99

22.03.2000

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.03.2000, Az. IV ZR 23/99 (REWIS RS 2000, 2738)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 2738

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