Bundespatentgericht, Urteil vom 29.12.2014, Az. 4 Ni 12/12 (EP)

4. Senat | REWIS RS 2014, 23

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Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 1 302 147

([X.] 698 25 642)

hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 12. August 2014 durch den Vorsitzenden [X.] sowie die [X.]. [X.], Dipl.-Ing. Univ. Rippel, [X.]in [X.] und [X.] [X.] für Recht erkannt:

[X.] Die Klage wird abgewiesen.

I[X.] Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

II[X.] [X.] ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Gegenstand des Nichtigkeitsverfahrens ist das auch mit Wirkung für die [X.] erteilte [X.] Patent 1 302 147 [X.] (Streitpatent), das auf der Teilanmeldung vom 30. Dezember 1998 (EP 1 302 147 [X.]) beruht. Diese ist ihrerseits aus der die Priorität der [X.] Patentanmeldung [X.] 9800017 vom 8. Januar 1998 in Anspruch nehmenden Stammanmeldung [X.] ([X.]) vom 30. Dezember 1998 hervorgegangen und betrifft eine Andockvorrichtung für ein selbstfahrendes arbeitendes Werkzeug (Docking system for a self-propelled working tool). Das in [X.] abgefasste Streitpatent, dessen eingetragene Inhaberin die Beklagte ist, wird vom [X.] unter der Nummer [X.] 698 25 642 T2 geführt.

2

[X.] umfasst 17 Patentansprüche, von denen nur der Patentanspruch 1 angegriffen ist. Patentanspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache Englisch:

3

1. A docking system (1) which essentially comprises

4

a) at least one self-propelled working-tool (3), preferably intended for attendance of ground or floor, such as grass-cutting, moss-scratching, watering, [X.], polishing, transportation etc., having a body (16) and

5

b) at least one docking station (2) for the at least one working tool (3),

6

c) wherein the docking station and the tool can by way of emitted signals establish contact with each other, so [X.], characterized by that

7

d) the docking station is provided with at least one first transmission part (5, 6; 5', 6') and the working tool is provided with at least one cooperating second transmission part (7, 8) for transmission of energy between the docking station and the working tool,

8

e) wherein the docking station is provided with at least one rising part (10, 11, 12, 13), of which at least one part is used for mounting of the first transmission part(s).

9

f) wherein the tool's second transmission part (s) (7, 8) is/are located on the upper side of the body.

Patentanspruch 1 lautet in der [X.] Übersetzung:

1. Ankopplungssystem (1), das im Wesentlichen umfasst

a) mindestens ein selbstfahrendes Arbeitsgerät (3), vorzugsweise für die Bearbeitung eines Bodens oder Fußbodens, wie Rasenmähen, Moosentfernung, Bewässerung, Staubsaugen, Polieren, Transportieren, etc., mit einem Körper (16),

b) mindestens eine [X.] (2) für das mindestens eine Arbeitsgerät (3),

c) wobei die [X.] und das Gerät durch ausgesendete Signale miteinander Kontakt aufnehmen können, so dass das Gerät in die [X.] fahren kann,

dadurch gekennzeichnet, dass

d) die [X.] mit mindestens einem ersten Übertragungsteil (5, 6, 5', 6') versehen ist und das Arbeitsgerät mit mindestens einem kooperierenden zweiten Übertragungsteil (7, 8) versehen ist für die Übertragung von Energie zwischen der [X.] und dem Arbeitsgerät,

e) wobei die [X.] mit mindestens einem hochstehenden oder ansteigenden Teil (10, 11, 12, 13) versehen ist, von denen mindestens ein Teil zur Montage des oder der ersten Übertragungsteile(s) dient,

f) wobei das oder die zweiten Übertragungsteil (e) (7, 8) des Arbeitsgeräts an der Oberseite des Körpers angeordnet ist oder sind.

Mit ihrer Teilnichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gehe über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung gemäß [X.] ([X.]) hinaus. Ferner macht die Klägerin die fehlende Patentfähigkeit geltend und greift im Hinblick auf Figur 10 der [X.] die fehlende Neuheit der in Patentanspruch 1 offenbarten Lehre an. Patentanspruch 1 sei zudem nicht erfinderisch. Der Fachmann könne den [X.] und [X.] in Verbindung mit der [X.] oder in Kombination mit seinem Fachwissen den Patentgegenstand jeweils naheliegend entnehmen.

Sie beruft sich hierzu auf folgende vorveröffentlichte Druckschriften:

[X.]  [X.]

N4  [X.] 5,324,948

[X.]  [X.] 5,324,948

[X.]  [X.] 196 04 648 [X.]

Die Klägerin beantragt,

das [X.] Patent 1 302 147 im Umfang von Patentanspruch 1 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen, hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit das Streitpatent mit den [X.] 1 bis 3 vom 24. Juli 2014 ([X.]. 230-247 d. A.) verteidigt wird, wobei nur der dortige Anspruch 1 Inhalt der Anspruchsfassung sein soll und die anderen Ansprüche zu streichen sind.

Hinsichtlich des Wortlauts der [X.] bis 3 wird auf den Akteninhalt ([X.]. 230 ff. d. A.) verwiesen.

Die Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Eine unzulässige Erweiterung liege nicht vor, auch erweise sich Patentanspruch 1 als patentfähig. Patentanspruch 1 sei neu im Hinblick auf die [X.]. Die Klägerin gehe im Hinblick auf die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit zudem von einer unzulässigen ex-post-Betrachtung aus. Der Fachmann habe keine Veranlassung gehabt, in den [X.], [X.] oder [X.] einen Hinweis zur Lösung für die gestellte Aufgabe zu suchen.

Der Senat hat den Parteien einen frühen gerichtlichen Hinweis nach § 83 Abs. 1 [X.] zugeleitet. Auf diesen Hinweis vom 9. Mai 2014 wird Bezug genommen ([X.]. 159 ff. d. A.).

Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien samt Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 12. August 2014 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet, denn der [X.] konnte nicht feststellen, dass der Gegenstand des Streitpatents nach Patentanspruch 1 in der nach Hauptantrag verteidigten erteilten Fassung wegen der von der Klägerin geltend gemachten Nichtigkeitsgründe der fehlenden Patentfähigkeit nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1, [X.], § 138 Abs. 1 Buch[X.] a, Buch[X.] c EPÜ sich als nicht bestandsfähig erweist, insbesondere dass die beanspruchte Lehre gegenüber dem Inhalt der Anmeldung unzulässig erweitert oder gegenüber dem Stand der Technik nicht neu ist oder nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht. Auf die von der Beklagten gestellten Hilfsanträge kommt es daher nicht an.

II.

1. Der [X.] betrifft nach seinem mit Hauptantrag verteidigten erteilten Anspruch 1 ein Ankopplungssystem, das eine im Wesentlichen wenigstens eine [X.] für mindestens ein selbstfahrendes Arbeitsgerät und das Arbeitsgerät selbst umfasst, wobei das Arbeitsgerät vorzugsweise zur Behandlung des Bodens oder Fußbodens, wie Rasenmähen, Moosentfernung, Bewässern, Staubsaugen, Polieren, Transportieren, etc. vorgesehen i[X.] Die [X.] und das Arbeitsgerät können mittels ausgesendeter Signale zueinander Kontakt aufnehmen, so dass das Arbeitsgerät zur [X.] fahren kann, wobei die [X.] mit mindestens einem ersten Übertragungsteil zur Übertragung von Energie und/oder Information zwischen der [X.] und dem Arbeitsgerät ausgestattet ist, wobei das Arbeitsgerät mit mindestens einem kooperierenden zweiten Übertragungsteil ausgestattet i[X.]

Bei nach dem Stand der Technik bekannten Ankopplungssystemen (Abs. [0005] und [0006] der Streitpatentschrift) umfasst die [X.] jeweils eine Basisplatte und einen aufsteigenden Teil, an dem Aufladestifte bzw. Ladestecker montiert sind und die Arbeitsgeräte während des [X.] mit ihren Rädern auf einer Basisplatte der [X.] ruhen.

2. Ausgehend hiervon hat sich das Streitpatent daher zur Aufgabe gestellt, ein Ankopplungssystem zu schaffen, das vor [X.] geschützt ist (Abs. [0007] der Streitpatentschrift).

3. Gelöst wird dies durch die Lehre nach Patentanspruch 1 ([X.] hinzugefügt):

1. Ankopplungssystem (1), das im Wesentlichen umfasst

2. mindestens ein selbstfahrendes Arbeitsgerät (3), vorzugsweise für die Bearbeitung eines Bodens oder Fußbodens, wie Rasenmähen, Moosentfernung, Bewässerung, Staubsaugen, Polieren, Transportieren, etc. mit einem Körper (16),

3. mindestens eine [X.] (2) für das mindestens ein Arbeitsgerät (3),

4. wobei die [X.] und das Gerät durch ausgesendete Signale miteinander Kontakt aufnehmen können, so dass das Gerät in die [X.] fahren kann,

dadurch gekennzeichnet, dass

5. die [X.] mit mindestens einem ersten Übertragungsteil (5, 6, 5',6') versehen ist und das Arbeitsgerät mit mindestens einem kooperierenden zweiten Übertragungsteil (7, 8) versehen ist für die Übertragung von Energie zwischen der [X.] und dem Arbeitsgerät,

6. wobei die [X.] mit mindestens einem hochstehenden oder ansteigenden Teil (10, 11, 12, 13) versehen ist, von denen mindestens ein Teil zur Montage des oder der ersten [X.](s) dient,

7. wobei das oder die zweiten Übertragungsteil(e) (7, 8) des Arbeitsgeräts an der Oberseite des Körpers angeordnet ist oder sind.

4. Als Fachmann zur Lösung der objektiven Aufgabe berufen sieht der [X.] einen Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Maschinenbau, der umfangreiche Kenntnisse im Bereich der Entwicklung von selbstfahrenden Haushalts- bzw. Gartenbaugeräten aufweist und bereits Erfahrungen in der Gestaltung der Strom- bzw. Signalversorgung derartiger selbstfahrenden Haushalts- bzw. Gartenbaugeräte besitzt.

[X.]

Den Grundsätzen zu Art. 69 Abs. 1 EPÜ folgend, ist bei der Auslegung eines [X.] Patents der Patentanspruch seinem technischen Sinn nach aufzufassen. Das heißt, dass der Erfindungsgedanke unter Ermittlung von Aufgabe und Lösung, wie sie sich aus dem Patent ergeben, zu bestimmen und maßgebend ist, wie der angesprochene Fachmann die Angaben versteht und welche Schlussfolgerungen er hieraus für die erfindungsgemäße Beschaffenheit zieht. Nach dessen maßgeblichem Verständnis und einer am Gesamtzusammenhang orientierten Betrachtung ([X.] Rspr., vgl. [X.], Urt. v. 18. November 2010, [X.] 149/07 = GRUR 2011, 129 – [X.]; Urt. v. 3.6.2004, [X.]/03 = [X.], 845 – Drehzahlermittlung, [X.])) ist zu beurteilen, welche technische Lehre Gegenstand des jeweiligen Patentanspruchs ist und welchen technischen Sinngehalt den Merkmalen des Patentanspruchs im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit zukommt ([X.], Urt. v. 12. März 2002, [X.]/00 = [X.], 515, 517 - Schneidmesser I, [X.]). Dabei können in der Beschreibung enthaltene Angaben zur Aufgabe der Erfindung einen Hinweis auf das richtige Verständnis des Patentanspruchs enthalten; sie sind ein Hilfsmittel bei der Ermittlung des objektiven technischen Problems ([X.], Urt. v. 15. Mai 2012, [X.]/09 = GRUR 2012, 803 – [X.]), wobei die Patentschrift im Hinblick auf die gebrauchten Begriffe auch ihr eigenes Lexikon darstellt ([X.], Urt. v. 2. März 1999, [X.] = [X.], 909, – Spannschraube; Urt. v. 13. April 1999, [X.] = [X.]. 2000, 105, 106 – [X.]). Ausgehend hiervon legt der [X.] dem erteilten Patentanspruch 1 folgendes Verständnis zu Grunde:

Der Gegenstand des Anspruchs 1 betrifft ein Ankopplungssystem, bestehend aus einem selbstfahrenden Arbeitsgerät 3 und einer [X.] 2 für das Arbeitsgerät 3, wobei das Arbeitsgerät 3 einen Körper 16 aufweist (Merkmale 1 bis 3).

Entsprechend den im Merkmal 2 genannten beispielhaften Verwendungen des Ankopplungsgerätes für Arbeitsgeräte vorzugsweise bei für die Bearbeitung eines Bodens oder Fußbodens, wie Rasenmähen, Moosentfernung, Bewässerung, Staubsaugen, Polieren, Transportieren, etc. bezieht sich die Erfindung auf alle möglichen selbstfahrenden Arbeitsgeräte, auch wenn sie nichtgenannten Verwendungszwecken dienen.

Gemäß Merkmal 4 sind die [X.] 2 und das Gerät in der Lage, durch ausgesendete Signale miteinander Kontakt aufzunehmen, so dass das Gerät in die [X.] 2 fahren kann. Im Sinne der Gesamtoffenbarung des Patentgegenstands ist hier unter dem nicht weiter spezifizierten und nicht mit einem Bezugszeichen versehenen Merkmal „Gerät“ das in den Merkmalen 1 und 2 genannte Arbeitsgerät 3 zu verstehen. Die [X.] wird nicht weiter beschrieben, so dass durch den [X.] hier alle bekannten Möglichkeiten der Signalübertragung umfasst werden wie Funk, Radar, W-LAN oder Vergleichbares.

Nach Merkmal 5 ist die [X.] 2 mit mindestens einem ersten Übertragungsteil 5, 6 und das Arbeitsgerät mit mindestens einem kooperierenden zweiten Übertragungsteil 7, 8 versehen. Die [X.] sollen der Übertragung von Energie zwischen der [X.] und dem Arbeitsgerät dienen. Weder die Form der übertragenen Energie noch die Art der Kooperation der [X.] werden weiter spezifiziert. Daher könnte der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents hier neben der Übertragung von elektrischer Energie auch die mögliche Übertragung fluidischer Energie (z. B. Druckluft) umfassen. Auch werden alle technisch denkbaren Verbindungselemente umfasst, mit denen Energie übertragen werden kann, wie Steckverbindungen, Schleifringe, Federkontakte oder Ähnliches für die Übertragung elektrischer Energie oder Schnellkupplungen für die Übertragung fluidischer Energie.

Da nach dem Wortlaut der Merkmale 4 und 5 der zugehörigen [X.] explizit durch die Formulierung „und/oder Informationen“ zwischen der Übertragung von „Signalen“ oder „Informationen“ zur Kommunikation zwischen der [X.] und dem Arbeitsgeräte einerseits und der Übertragung von „Energie“ unterschieden wird und der Ausgangspunkt für die Erfindung solarbetriebene Rasenmäher oder batteriebetriebene Staubsauger darstellen ([X.], [X.] 9 – 13 sowie [X.], [X.] 23 – [X.], [X.] 7) ist unter der „Energie“ des Merkmals 5 die Übertragung von [X.] für den Betrieb des [X.] zu verstehen und nicht eine Informationsübertragung, obwohl eine Signal- oder Informationsübertragung auch prinzipiell eine Energieübertragung darstellt.

Die [X.] ist entsprechend Merkmal 6 mit mindestens einem hochstehenden oder ansteigenden Teil 10, 11, 12, 13 versehen, von denen mindestens ein Teil zur Montage des oder der ersten [X.](s) dient. Unter dem Begriff „Montage“ ist hier nicht ein Montageprozess oder -verfahren zu verstehen. Vielmehr ist das Merkmal so auszulegen, dass entsprechend der Beschreibung der [X.] Abschnitt [0032] das oder die erste(n) Übertragungsteil(e) 5, 6 an einem hochstehenden Teil der Arbeitsstation angebracht ist/sind. Das Merkmal M6 betrifft daher die Anordnung des/der ersten [X.](s), nicht dessen Montage. Die genauere Anordnung des/der ersten [X.](s) an dem hochstehenden Teil der Arbeitsstation wird im Patentanspruch nicht weiter spezifiziert.

Die Ausführungsbeispiele gemäß den Figuren zeigen zwar ausschließlich die Ausrichtung des/der ersten [X.](s) 5, 6 nach unten (und korrespondieren des/der zweiten [X.](s) 7, 8 am Arbeitsgerät 3 nach oben), durch den Wortlaut des Patentanspruchs 1 werden aber alle möglichen Anordnungsvarianten umfas[X.] Denkbar wären daher, dass das/die erste(n) Übertragungsteil(e) 5, 6 nach unten, nach oben, seitwärts oder auch frontal nach vorn ausgerichtet sind.

Gleiches gilt für die Anordnung des/der zweiten [X.](s) 7, 8 an der Oberseite des Körper 16 des Arbeitsgeräts 3 nach Merkmal 7. Die Angabe „an der Oberseite“ lässt, je nach Gestaltung des Körpers 16, auch alle denkbaren Ausrichtungsmöglichkeiten des/der zweiten [X.](s) 7, 8 nach unten, nach oben, seitwärts oder frontal nach vorn zu. Sie ist als Angabe in technisch funktioneller Hinsicht zu lesen und setzt voraussetzt, dass die mit der Erfindung gelösten Aufgaben, nämlich Verschmutzung zu vermeiden uns auch Unebenheiten zu überwinden, auch ohne Basisplatte gelöst werden.

IV.

Der [X.] konnte nicht feststellen, dass die [X.] gemäß des angegriffenen Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag gemäß Art. 138 Abs. 1 Buch[X.] c EPÜ unzulässig erweitert ist oder die Voraussetzungen fehlender Patentfähigkeit nach Art. 54 bis 56 EPÜ erfüllt.

1. Die dem Streitpatent nach Hauptantrag zugrunde liegende Fassung des Patentanspruchs ist zulässig, insbesondere geht die danach verteidigte Lehre nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.

1.1. Gemäß Art. 138 Abs. 1 Buch[X.] c EPÜ kann das auf einer Teilanmeldung beruhende [X.] Patent für nichtig erklärt werden, wenn sein Gegenstand über den Inhalt der früheren Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht. Patentanspruch 1 des Streitpatents darf deshalb weder eine Lehre beanspruchen, die gegenüber der [X.] eine unzulässige Erweiterung darstellt – was vorliegend außer Streit steht – noch darf diese im Hinblick auf die Voraussetzungen nach Art. 76 EPÜ den [X.] der [X.] [X.]/38237 = [X.] auf eine Lehre erweitern, welche dort in ihrer Gesamtheit nicht als zu der angemeldeten Erfindung gehörend offenbart ist (vgl. z. B. B[X.] GRUR 2013, 609 – Unterdruckwundverband).

1.2 Ob eine unzulässige Erweiterung der Teilanmeldung vorliegt und diese inhaltlich über die [X.] hinausgeht, ist danach zu bestimmen, ob diese die gleiche Erfindung betreffen. Denn nach ständiger Rechtsprechung ist die Erfindungsidentität von Vor- und Nachanmeldung dann gegeben, wenn die mit der Nachanmeldung beanspruchte Merkmalskombination in der Voranmeldung in ihrer Gesamtheit als zu der angemeldeten Erfindung gehörend offenbart ist ([X.] [X.], 146, – Luftverteiler). Der Patentanspruch darf deshalb nicht auf einen Gegenstand gerichtet werden, den die ursprüngliche [X.] aus Sicht des Fachmanns nicht als zur Erfindung gehörend erkennen läs[X.]

1.3 Danach ist nach Überzeugzeugung des [X.]s Patentanspruch 1 in der nach Hauptantrag verteidigten erteilten Fassung auch nicht unzulässig gegenüber dem Inhalt der [X.] erweitert, auch wenn die Formulierung des ursprünglichen Anspruch 1 von derjenigen der geltenden Fassung abweicht und insbesondere die dortige Ausgestaltung des Ankopplungssystems als Basisplatte (9) nach Merkmal 6 im geltenden Anspruch 1 keine Entsprechung findet sowie zusätzliche Änderungen enthalten sind, wie sie die Klägerin im Folgenden (Anlage T4) durch Gegenüberstellung des ursprünglichen Anspruch 6 mit dem geltenden Anspruch 1 (Merkmale unterstrichen) zusammengefasst hat:

Ankopplungssystem (1), das im Wesentlichen umfasst

mindestens ein selbstfahrendes Arbeitsgerät (3), vorzugsweise für die Bearbeitung eines Bodens oder Fußbodens, wie Rasenmähen, Moosentfernung, Bewässerung, Staubsaugen, Polieren, Transportieren, etc. mit einem Körper (16),

mindestens eine [X.] (2) für das mindestens ein Arbeitsgerät (3),

wobei die [X.] und das Gerät durch ausgesendete Signale miteinander Kontakt aufnehmen können, so dass das Gerät in die [X.] fahren kann,

die [X.] mit mindestens einem ersten Übertragungsteil (5, 6, 5',6') versehen ist und das Arbeitsgerät mit mindestens einem kooperierenden zweiten Übertragungsteil (7, 8) versehen ist für die Übertragung von Energie und/oder Informationen zwischen der [X.] und dem Arbeitsgerät,

dadurch gekennzeichnet, dass

6. die [X.] als Basisplatte (9) ausgebildet ist, die dazu bestimmt ist, auf einem Boden oder Fußboden angeordnet zu werden,

die [X.] mit mindestens einem hochstehenden oder ansteigenden Teil (10, 11, 12, 13) versehen ist, von denen mindestens ein Teil zur Montage des oder der ersten Übertragungsteile(s) dient,

8. dass die [X.] so angepasst ist, dass das Arbeitsgerät mit jedem Teil, wie seinen Rädern oder seinem Körper, in die [X.] fahren kann, insbesondere dann, wenn

9. das oder die erste(n) Übertragungsteil(e) (5, 6; 5', 6') der [X.] abwärts gerichtet ist bzw. sind und das oder die zweite Übertragungsteil (e) (7, 8) des Arbeitsgeräts aufwärts gerichtet ist bzw. sind,

das oder die zweiten Übertragungsteil(e) (7, 8) des Arbeitsgeräts an der Oberseite des Körpers angeordnet ist oder sind, während das oder die erste(n) Übertragungsteil(e) der [X.] in einem hochstehenden Teil, genannt Übertragungskopf (11), das höher liegt als die Basisplatte (9) und eine mögliche Rampe (10), angeordnet ist oder sind.

1.4. Die Auffassung der Klägerin, dass der Gegenstand des erteilten Patentanspruch 1 über die ursprüngliche Anmeldungsfassung nach der [X.]/038237 (Anlage [X.]) hinausgehe und unzulässig erweitert sei, weil die fehlenden – hier nicht unterstrichenen – Merkmale als erfindungswesentlich nicht weggelassen und von den übrigen Merkmalen der ursprünglichen Ansprüche 1, 5 und 6 nicht losgelöst angesehen werden könnten, teilt der [X.] nicht. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass für die Beurteilung der Erfindungsidentität von Vor- und Nachanmeldung der Gegenstand der Erfindung bei der prioritätsbeanspruchenden Anmeldung bzw. Teilanmeldung aus den Patentansprüchen zu ermitteln ist, bei der prioritätsbegründenden Anmeldung bzw. [X.] dagegen aus der Gesamtheit der [X.] ([X.] GRUR 2011, 1109 – Reifenabdichtmittel).

1.4.1. Der Verzicht auf die im Merkmal 5 der Anlage T4 genannte Variante der Übertragung von Information stellt lediglich eine Beschränkung auf eine von zwei ursprünglich in der Beschreibung genannten Alternativen dar (vgl. [X.], [X.] 12+13 der [X.]) und kann daher nicht als unzulässige Erweiterung angesehen werden.

1.4.2. Die Ausbildung der [X.] als Basisplatte 9 entsprechend Merkmal 6 kann ebenfalls weggelassen werden, ohne dass dadurch die ursprünglich offenbarte Lehre verlassen oder erweitert wird, auch wenn sie z. B. bei einem unebenen Boden, einen wesentlichen Anteil an der Höheneinstellung der [X.] der [X.] hat, insbesondere beim Einfahren des Arbeitsgeräts. Denn die als erfindungsgemäß in der [X.] offenbarte erfindungsgemäße Lehre ist nicht auf diese konkrete technische Anweisung beschränkt.

Die Basisplatte 9 wird bereits in [X.] erwähnt, die nicht auf die Kennzeichnung eines bestimmten Ausführungsbeispiels des [X.] gerichtet sind ([X.], [X.] 15 -25). Sie kann nach den Ausführungen in der Beschreibung z. B. bei einem unebenen Boden, einen wesentlichen Anteil an der Höheneinstellung der [X.] der [X.], insbesondere beim Einfahren des Arbeitsgeräts, haben.

Abbildung

Für den [X.] besteht kein Zweifel, dass der [X.] in der [X.] für den Fachmann dennoch auf ein Ankopplungssystem gerichtet ist, welches nicht zwingend eine Basisplatte umfas[X.]

1.4.2.1. Insoweit ist zunächst in rechtlicher Hinsicht zu berücksichtigen, dass zum [X.] einer Patentanmeldung im Zusammenhang mit der Frage, ob eine unzulässige Erweiterung vorliegt, zwar nur das zählt, was den ursprünglich eingereichten Unterlagen unmittelbar und eindeutig zu entnehmen ist, nicht hingegen eine weitergehende Erkenntnis, zu welcher der Fachmann erst aufgrund seines allgemeinen Fachwissens oder durch Abwandlung der offenbarten Lehre gelangen kann ([X.] GRUR 2010, 910 – [X.] Dokument), dass der Fachmann sich aber insoweit nicht nur an dem Wortlaut der Unterlagen orientiert, sondern an dem mit der Erfindung im Hinblick auf die Nachteile des Stands der Technik verfolgten Zweck und an dem Lösungsvorschlag mit seinen Elementen ([X.] GRUR 2008, 56 – [X.]) und dass die [X.] nach ihrem „objektiven“ Gehalt und dem darin unmittelbar und eindeutig offenbarten allgemeinsten Erfindungsgedanken auszulegen sind; die etwaigen subjektiven Vorstellungen des Erfinders bzw. Anmelders, wie sie in der Beschreibung oder in den Ausführungsbeispielen zum Ausdruck kommen, sind danach nicht entscheidend, selbst wenn sie abweichen sollten ([X.] GRUR 2008, 887 – Momentanpol II).

Entscheidend ist deshalb, ob die ursprüngliche Gesamtoffenbarung der [X.] für den Fachmann objektiv erkennen ließ, dass der geänderte Lösungsvorschlag nach Patentanspruch 1 erteilter Fassung von vornherein von dem [X.] mit umfasst werden sollte ([X.] GRUR 2010, 509 – Hubgliederungstor). Ein „breit“ formulierter Anspruch kann deshalb unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Erweiterung jedenfalls dann als unbedenklich zu erachten sein, wenn sich ein in der ursprünglichen Anmeldung beschriebenes Ausführungsbeispiel der Erfindung für den Fachmann als Ausgestaltung der im Anspruch umschriebenen allgemeineren technischen Lehre darstellt und diese Lehre in der beanspruchten Allgemeinheit für ihn bereits der Anmeldung – sei es in Gestalt eines in der Anmeldung formulierten Anspruchs, sei es nach dem Gesamtzusammenhang der Unterlagen – als zu der angemeldeten Erfindung gehörend zu entnehmen ist ([X.] GRUR 2014, 970 – Stent; GRUR 2014, 542 – Kommunikationskanal; 2012, 1124 – Polymerschaum).

Das Erfordernis einer unmittelbaren und eindeutigen [X.] muss dabei in einer Weise angewendet werden, die berücksichtigt, dass die Ermittlung dessen, was dem Fachmann als Erfindung und was als Ausführungsbeispiel der Erfindung offenbart wird, wertenden Charakter hat, und eine unangemessene Beschränkung des Anmelders bei der Ausschöpfung des [X.]s der Voranmeldung vermeidet ([X.] GRUR 2014, 542 – Kommunikationskanal). Innerhalb dieses Rahmens können deshalb – wie vorliegend – die Patentansprüche bis zur Erteilung weiter gefasst werden als in den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen ([X.] GRUR 2010, 910 – [X.] Dokument, m. w. H.).

1.4.2.2. Bei der Beurteilung des [X.]s der [X.] ist deshalb zunächst zu berücksichtigen, dass diese in den einführenden [X.] und insbesondere auch bei der Formulierung der Aufgabe auf ein Ankopplungssystem abstellt, welches sowohl auf glatten als auch auf unebenen Böden anwendbar i[X.] So wird in den einführenden [X.] bereits darauf hingewiesen, dass die erwähnte Bodenplatte ([X.], [X.] 15 -25) einen wesentlichen Anteil an der Höheneinstellung der [X.] der [X.], insbesondere beim Einfahren des Arbeitsgeräts z. B. bei einem unebenen Boden haben kann.

Abbildung

Fig. 1 zeigt eine solche [X.] mit Basisplatte 9.

Hintergrund ist die auch in der Beschreibung neben der Thematik der Verschmutzung erörterte Problematik einer möglichst exakten Höheneinstellung der Kontakte bei unebenem Untergrund. Dies gibt dem Fachmann bereits den Hinweis, dass die Basisplatte zumindest nicht in jedem Falle, zum Beispiel bei einem ebenen Untergrund, zwingend den Untergrund für das Arbeitsgerät – auch nicht im Zusammenwirken mit einem anderen oder weiteren Bauteil wie einer Rampe – bieten muss, um zu einer möglichst exakten Höheneinstellung der Kontakte beizutragen.

Abbildung

Hinzu kommt, dass Figur 3 konkret eine solche erfindungsgemäße [X.] zeigt, in deren Seitenansicht keine Basisplatte („base plate“) dargestellt wird. In der Beschreibung heißt es hierzu ([X.], [X.] 8 und 9):

Abbildung

Das Ausführungsbeispiel nach Figur 4 zeigt darüber hinaus [X.] (5‘, 6‘) der [X.], die als abgewinkelte bzw. abgeknickte, elastische Blechstreifen (

1.2.2.3. Der Umstand, dass die Basisplatte bereits in einführenden [X.] erwähnt wird, die nicht auf die Kennzeichnung eines bestimmten Ausführungsbeispiels des [X.] gerichtet sind ([X.], [X.] 15 -25),

steht danach als solche nicht der Annahme entgegen, dass der Fachmann bei unbefangener Betrachtung der Anmeldeunterlagen unmittelbar erkennt, dass die Basisplatte insbesondere auch zur Lösung der in der [X.] angesprochenen Aufgaben, Verschmutzungen der Kontakte zu vermeiden und auf unebenem Untergrund ein sicheres Andocken im Hinblick auf die Höheneinstellung der [X.] der [X.] sicherzustellen, kein unabdingbares Erfindungsmerkmal des gelehrten Ankopplungssystems ist, wie auch die weiteren Ausführungen und insbesondere die Figuren 3 und 4 bestätigen.

1.4.2.3. Dies gilt auch für die [X.] der Teilanmeldung zum Streitpatent, auch wenn dort die Problemstellung konkreter gefasst und ausschließlich auf die Vermeidung von Verschmutzung gerichtet i[X.] Denn insoweit wird die Lehre von [X.] erteilter Fassung bereits durch identische Fassung des dortigen [X.] offenbart.

1.4.3. Auch die mit dem Wegfall des Merkmals 8 verbundene Verallgemeinerung ist Teil der in der Stamm- und Teilanmeldung offenbarten erfindungsgemäßen Lehre. Denn die dort als erfindungsgemäß offenbarte Lehre ist nicht darauf reduziert, dass die [X.] so angepasst ist, dass das Arbeitsgerät mit jedem Teil, wie seinen Rädern oder seinem Körper, in die [X.] fahren kann.

Entsprechend den in den Figuren 1 bis 4 gezeigten Ausführungsbeispielen kann zwar das Arbeitsgerät zumindest mit einem kleinen, vorderen Teil seines Körpers in die [X.] fahren. Allerdings hält die schriftliche [X.] nach [X.] für den Fachmann eine Vielzahl anderer Lösungen bereit, von denen der Fachmann unmittelbar erkennt, dass sie nicht unter der vorgenannten Prämisse des Merkmals 8 stehen, wie z. B. Kontakte an einer „mehr vertikalen Oberfläche“ (

1.4.4. Auch das Weglassen des Merkmals 9, welches sich auf die Ausrichtung der ersten und zweiten [X.] bezieht, wie im ursprünglichen Anspruch 5 gemäß [X.] beschrieben, führt nicht zu einer unzulässigen Verallgemeinerung der ursprünglich als erfindungsgemäß offenbarten Lehre, denn die Gesamtoffenbarung der [X.] schließt lässt auch andere Ausgestaltungen der Ausrichtung ein, z. B. bei der die ersten [X.] 5, 6 und zweiten [X.] 7, 8 von [X.] 2 und Arbeitsgerät 3 auch zur Seite zeigen und miteinander in Kontakt kommen ([X.], [X.] 19 ff. –

1.4.5. Schließlich führt auch das Fortlassen des 2. Teils des Merkmals 10 t nicht zu einer unzulässigen Erweiterung der ursprüngliche [X.], da das Merkmal der Anordnung der ersten [X.] der [X.] in einem hochstehenden Teil dieser [X.] direkt aus Merkmal 6 des erteilten Anspruchs 1 hervorgeht und daher nicht noch einmal wiederholt werden muss. Für den Fachmann bedarf es dabei auch keiner ausdrücklichen Erwähnung, dass einerseits ein „hochstehendes Teil“ einer [X.] höher liegen muss als andere Teile dieser [X.], andererseits aber auch weitere Teile dieser Station vorhanden sein müssen, welche ihrerseits tiefer liegen. Diese Information entnimmt der Fachmann ebenfalls bereits aus dem Merkmal 6 des erteilten Anspruchs 1, wo von einer [X.] die Rede ist, die

2. Die Klägerin vermochte den [X.] nicht davon zu überzeugen, dass das streitpatentgemäße Ankopplungssystem nach dem Patentanspruch 1 gemäß geltendem Hauptantrag durch den im Verfahren befindlichen Stand der Technik, insbesondere durch die [X.] neuheitsschädlich vorweggenommen i[X.]

Abbildung

Die [X.] offenbart ein Ankopplungssystem für eine selbstfahrende automatische [X.] 1 zur Reinigung eines Bodens, mit einem [X.]körper (

Nach Auffassung der Klägerin stellen der auf der Oberseite des [X.] angeordnete Navigationssensor 23 und der [X.] 150 an der [X.] die erfindungsgemäßen [X.] für die Übertragung von Energie zwischen der Arbeitsstation und dem Arbeitsgerät dar. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden, da der Navigationssensor 23 und der [X.] 150 der erfindungsgemäßen Signalübertragung entsprechend Merkmal 4 dienen und nicht der Übertragung der [X.] für das Arbeitsgerät entsprechend der Merkmale 5 bis 7 (siehe [X.] zu Merkmal 5). Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 ist daher neu gegenüber der [X.].

3. Die Klägerin vermochte den [X.] auch nicht davon zu überzeugen, dass sich die Lehre nach Patentanspruch 1 für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik ergab.

Für die Frage der Bewertung der erfinderischen Tätigkeit ist nach [X.] Rspr. entscheidend, um welche Leistung der Stand der Technik bereichert wird, was die Erfindung also gegenüber diesem tatsächlich leistet ([X.] [X.], 382 – Olanzapin; [X.], 1039 – [X.]), wobei möglicherweise verschiedene Ausgangspunkte in Betracht zu ziehen sein können ([X.], 317 – Programmartmitteilung) und zu fragen ist, ob der Fachmann Veranlassung hatte, diesen Stand der Technik zu ändern.

3.1. Ausgehend von dem sich für den Fachmann objektiv stellenden und auch im Streitpatent angesprochenen Problems eines verbesserten Ankopplungssystems, welches gegen Verschmutzung besser geschützt ist, und/oder bei unebenen Flächen eine sichere bzw. zuverlässige Ankopplung ermöglicht, fand der Fachmann im Prioritätszeitpunkt bei Suche nach einer Lösung und Anregungen in der auch seitens der Klägerin herangezogenen [X.] einen vielversprechenden Ausgangspunkt. Wie bereits ausgeführt, entspricht das dort offenbarte Ankopplungssystem für eine selbstfahrende automatische [X.] 1 zur Reinigung eines Bodens mit den Merkmalen 1 bis 6 des Anspruchs 1. Zum Wiederaufladen der Batterie fährt die [X.] horizontal in die Ladestation ein und stellt mit einem Ankopplungssystem einen elektrischen Kontakt zwischen auf der der Frontseite angeordneten Buchse 31 mit [X.] und dem [X.] der Ladestation her. Dabei wird das Finden der beiden korrespondierenden Kontakte 156 und 31 zueinander durch [X.] unterstützt. Die Buchse 31 an der Frontseite der [X.] 1 und der [X.] an der Ladestation 30 sind etwa in mittlerer Höhe zwischen Boden und Oberseite des Gehäuses der [X.] angeordnet, wobei die Kontaktfedern 31a der Buchse 31 unter dem Gehäuse der [X.] liegen.

Das Ankopplungssystem nach diesem Stand der Technik unterscheidet sich demnach vom Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 darin, dass die mit dem Gleichstromanschluss 156 kooperierende Buchse 31 der [X.] 1 nicht an der Oberseite, sondern an einer Seitenfläche des [X.]skörpers angeordnet i[X.]

Abbildung

a. Ausgehend von der Aufgabe, ein Ankopplungssystem zu schaffen, das vor [X.] geschützt ist, ist diese bereits im Hinblick auf die Anordnung der Buchse 31 des [X.] im deutlichen Abstand zum Boden sowie der geschützten Lage der Kontaktfedern 31a (vgl. Figur 12) nach der [X.] bereits gelö[X.] Eine Anregung oder ein naheliegender Anlass, die konkrete erfindungsgemäße Lösung zu wählen, ist auch unter Einsatz weiterer fachmännischer Überlegungen nicht ersichtlich oder von der Klägerin dargetan.

Die Klägerin führt dazu zwar unter Hinweis auf die aktuelle Rechtsprechung des [X.] (GRUR 2014, 647 – [X.]) aus, dem Fachmann seien die Möglichkeiten der Anordnung von [X.]n am Körper selbstfahrender Arbeitsgeräte bekannt, nämlich an deren Unterseite, Vorderseite, Oberseite, Rückseite und/oder an deren Seitenflächen, wobei der Fachmann wegen der Verschmutzungsgefahr von einer Anordnung an der Unterseite absehen würde. Aufgrund seiner Kenntnisse gehe der Fachmann weiterhin davon aus, dass die [X.] am Körper des Arbeitsgeräts so angeordnet sein müssten, dass sie mit den [X.]n der [X.] kontaktieren könnten. Daher sei für den Fachmann eine Anordnung der [X.] an der Rückseite des Arbeitsgeräts ausgeschlossen, wenn dieses mit der Vorderseite in der [X.] einfährt. Als mögliche Alternativen blieben ihm daher nur die Vorderseite, die Oberseite und die Seitenflächen des Arbeitsgeräts. Wenn, wie nach dem Patentanspruch vorgesehen und aus der [X.] bekannt, die [X.] der [X.] an einem hochstehenden Teil angeordnet sind, würde der Fachmann die [X.] des Arbeitsgeräts an dessen Körper so anordnen, dass sie beim Einfahren des Arbeitsgeräts in die [X.] mit dessen [X.]n kontaktieren. Dabei würde er berücksichtigen, an welcher Stelle der [X.] sich das hochstehende Teil befindet und wo sowie auf welche Weise daran die [X.] angeordnet sind. Abhängig davon sowie abhängig von der Gestaltung und der Form des Körpers des Arbeitsgeräts würde der Fachmann die korrespondierenden [X.] entweder an dessen Vorderseite, an dessen Oberseite oder an dessen Seitenflächen entsprechend platzieren. Für den Fachmann wäre diese eine Selbstverständlichkeit. Der Fachmann würde hierzu weder in irgendeiner Weise erfinderische Überlegungen noch Anregungen aus dem Stand der Technik benötigen.

Dieser Auffassung vermag sich der [X.] nicht anzuschließen. Es ist zwar zutreffend, dass nach der Rechtsprechung des [X.] „[X.]“ eine maschinenbautechnische Lösung als ein generelles, für eine Vielzahl von Anwendungsfällen in Betracht zu ziehendes [X.]el ihrer Art nach zum allgemeinen Fachwissen des angesprochenen Fachmanns gehört, die Veranlassung zu ihrer Heranziehung bereits dann besteht, wenn sich die Nutzung ihrer Funktionalität in dem zu beurteilenden Zusammenhang als objektiv zweckmäßig darstellt und keine besonderen Umstände feststellbar sind, die eine Anwendung aus fachlicher Sicht als nicht möglich, mit Schwierigkeiten verbunden oder sonst untunlich erscheinen lassen. Auch in der Entscheidung „[X.]“ hat der [X.] unter Verzicht auf einen Beleg Handlungsweisen als naheliegend berücksichtigt, weil sie zum ärztlichen Standard-Repertoire gehörten.

Diese Voraussetzungen sieht der [X.] vorliegend als nicht erfüllt an. Insoweit ist zu beachten, dass diese Rechtsprechung Ausnahmen von der grundsätzlichen erforderlichen und vom Kläger nach allgemeinen Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast zu belegenden Veranlassung bildet, die nach der [X.] Rspr. des [X.] auch bei der Hinzuziehung von Fachwissen angewendet wird.

Denn um das Begehen eines von den bisher beschrittenen Wegen abweichenden [X.] nicht nur als möglich, sondern dem Fachmann nahegelegt anzusehen, bedarf es – abgesehen von den Fällen, in denen für den Fachmann auf der Hand liegt, was zu tun ist – in der Regel zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe dafür, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen ([X.] [X.], 746 – Betrieb einer Sicherheitseinrichtung). In welchem Umfang und mit welcher Konkretisierung der Fachmann Anregungen im [X.] benötigt, um eine bekannte Lösung in bestimmter Weise weiterzuentwickeln, ist eine Frage des Einzelfalls. Insoweit können auch Eigenarten des in Rede stehenden technischen Fachgebiets, insbesondere betreffend die Ausbildung von Fachleuten, die übliche Vorgehensweise bei der Entwicklung von Neuerungen, technische Bedürfnisse, die sich aus der Konstruktion oder der Anwendung des in Rede stehenden Gegenstands ergeben und auch nicht-technische Vorgaben eine Rolle spielen ([X.] GRUR 2012, 378 – [X.]; [X.] GRUR 2014, 647 – [X.]).

Allerdings belegt der Umstand, dass die Kenntnis eines technischen Sachverhalts zum allgemeinen Fachwissen gehört, noch nicht, dass es für den Fachmann nahegelegen hat, sich bei der Lösung eines bestimmten technischen Problems dieser Kenntnis zu bedienen ([X.] [X.], 743 – [X.] ).

So ist es vorliegend, da sich die erfindungsgemäße Lösung nicht als eine beliebige oder zum Standard-Repertoire gehörende Lösung gegenüber dem Stand der Technik zählt, auf welche der Fachmann ohne weiteres aufgrund seines allgemeinen Fachwissens zurückgreift. Der [X.] kann weder Umstände erkennen noch hat die Klägerin trotz Hinweises des [X.]s Umstände vorgetragen, welche die Annahme rechtfertigen, dass die vorliegend in Rede stehende erfinderische Ausgestaltung der Anordnung der [X.] auf der Oberseite des Körpers zur Ankopplung mit korrespondierenden [X.]n an der [X.] unter Wegfall der Basisplatte einem solchen Stand-Repertoire entsprechen bzw. einem in einer Vielzahl von Anwendungsfällen selbstverständlichen „generischen“ Fachwissen entsprach und der Fachmann diese deshalb als eine objektiv zweckmäßige bzw. vorteilhafte oder alternative Lösung ohne weitere Veranlassung oder Anregung in Erwägung zog.

So hat die Klägerin auch keine einzige erfindungsgemäße maschinenbautechnische Lösung aus vergleichbaren Problemstellungen aufgezeigt, die als Ausgangspunkt eine Lehre vermittelt, welche nur noch des Einsatzes eines solchen Stand-Repertoires im Prioritätszeitpunkt bedurfte, um zur erfindungsgemäßen Lösung zu gelangen. Insoweit ist es trotz geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes auch nicht Aufgabe des [X.]s, mittels eigenständiger Recherchen einen derartigen Stand der Technik oder ein derartiges Fachwissen zu belegen ([X.] GRUR 2013, 1272 – Tretkurbeleinheit).

b. Auch bei Zugrundelegung der ursprünglich in der [X.] [X.] noch angegebenen Aufgabe, ein Ankopplungssystem zu schaffen, welches sowohl auf rauem Grund als auch auf ebenen Böden anwendbar ist, ergibt sich keine andere Bewertung. Denn wie die [X.] zeigt, wird dort das horizontale Einführen des [X.] in die Buchse 31 entsprechend der [X.] zwar durch die leicht trichterförmige Form der Buche 31 unterstützt (vgl. Figur 12), ist aber trotz dieser Formgebung nur bei einem geringen Höhenversatz von Buchse und Steckkontaktstift möglich. Ein Einsatz wäre, wenn gewünscht, bereits auch auf rauem Untergrund möglich, da die [X.] in der [X.] vollständig auf die Bodenplatte der Ladestation auffährt und dadurch in ihrer vertikalen Lage definiert ausgerichtet wird, unabhängig vom Untergrund unter bzw. neben der Ladestation.

Da das Ankopplungssystem der [X.] entsprechend der [X.] sowohl ausreichend gegen Verschmutzung geschützt ist als auch dafür geeignet ist, sowohl auf rauem Grund als auch auf ebenen Böden eingesetzt zu werden, liefert diese dem Fachmann daher keinerlei Veranlassung, die Lage der Buchse 31 von der Frontseite der [X.] 1 auf deren Oberseite unter Verzicht auf die Bodenplatte zu verlegen.

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3.2 Gleiches gilt für die [X.] Aus der [X.] ist ebenfalls ein Ankopplungssystem, das aus einer [X.] und einem Roboter zur Durchführung radiologischer Untersuchungen als selbst fahrendem Arbeitsgerät besteht, mit den Merkmalen 1 bis 6 des Patentanspruchs 1 bekannt. Der Roboter ist dabei sowohl für den Einsatz in geschlossenen Räumen als auch im [X.] geeignet. Das Übertragungsteil („

3.3. Die von der Klägerin ergänzend herangezogene [X.] zeigt eine Stromversorgungseinheit für eine elektrische Grasschneidevorrichtung, bei der der Rasenmäher über einen Ladegerät-Anschluss verfügt, der an der Oberseite des Gehäuses angeordnet i[X.] Der Rasenmäher der [X.] ist jedoch weder selbstfahrend noch verfügt er über eine Ladestation, die er selbstständig anfährt, sondern wird bei entleerten Batterien manuell über einen Stecker mit einem Ladegerät verbunden. Aufgrund des völlig anderen Betriebs- und Stromversorgungskonzeptes würde die [X.] daher vom Fachmann ausgehend von der [X.] zur Lösung seiner Aufgabenstellung nicht herangezogen werden.

5. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ist daher patentfähig und die Klage deshalb abzuweisen.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 [X.] i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

Meta

4 Ni 12/12 (EP)

29.12.2014

Bundespatentgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 29.12.2014, Az. 4 Ni 12/12 (EP) (REWIS RS 2014, 23)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 23


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. X ZR 10/15

Bundesgerichtshof, X ZR 10/15, 01.03.2017.


Az. 4 Ni 12/12 (EP)

Bundespatentgericht, 4 Ni 12/12 (EP), 29.12.2014.


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