Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.06.2004, Az. XI ZR 153/03

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2725

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES [X.] [X.] ZR 153/03 Verkündet am: 22. Juni 2004 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 22. Juni 2004 durch [X.], [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] Appl

für Recht erkannt:
Die Revision des [X.]n gegen das Urteil des 17. Zivilsenats des [X.] am
Main vom 17. März 2003 wird mit der Maßgabe zurück-gewiesen, daß der [X.] in Abänderung des Urteils der 7. Zivilkammer des [X.] vom 17. Oktober 2002 4% Zinsen seit dem 22. Mai 1999 zu zahlen hat.

Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der [X.].
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen

- 3 - Tatbestand:

Die klagende Stadt nimmt den [X.]n aus einer Bürgschaft für rückständige Gewerbesteuer in Anspruch. Dem liegt folgender Sachver-halt zugrunde:

Der [X.] war einer von zwei Gesellschaftern und alleinvertre-tungsberechtigten Geschäftsführern der [X.]

-GmbH

. Im Jahre 1995 erließ die Klägerin gegen die L-GmbH einen Gewerbesteuerbescheid über 618.108 DM. [X.] vertreten ersuchte die L-GmbH wegen [X.] vorübergehender Liquiditätsprobleme die Klägerin um Stundung und anschließende Gewährung von Ratenzahlungen. Dabei stellte sie mit Schreiben vom 7. Februar 1996 in Aussicht, die beiden Gesellschaf-ter würden Abschlagszahlungen auf die Gewerbesteuerschuld leisten und ihr [X.] gewähren. Der [X.] und sein [X.] erklärten sich darüber hinaus bereit, eine selbstschuldnerische Bürgschaft in Höhe von jeweils 50.000 DM für die Erfüllung der Gewer-besteuerschuld durch die L-GmbH zu übernehmen. In den [X.] behielten sich die Gesellschafter vor, in Erfüllung der Bürg-schaftsverpflichtung - auch ohne ausdrückliche Aufforderung durch den Bürgschaftsnehmer - Zahlungen bis zur Höhe der [X.] zu leisten, sollte die L-GmbH ihre Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Klägerin nicht einhalten können.

In der Folgezeit verständigten sich die Klägerin und die L-GmbH auf einen Ratenzahlungsplan. Der [X.] und sein Mitgesellschafter überwiesen zwischen dem 1. April 1996 und dem 1. September 1997 die - 4 - darin festgelegten Raten von insgesamt 350.000 DM an die Klägerin. Die Überweisungsträger weisen ab 1. November 1996 als Auftraggeber eine [X.]und [X.]und als Verwendungszweck Gewerbesteuer der L-GmbH und deren Personenkontonummer beim zuständigen Amt der Klägerin aus. Mit Schreiben vom 26. August 1997 erklärte die L-GmbH, mit den bisherigen Zahlungen seien die Gesellschafter ihrer Bürg-schaftsverpflichtung nachgekommen, und kündigte an, ab September 1997 würden keine Zahlungen mehr auf die Steuerschuld erfolgen.

Nach erfolgloser Anmahnung der Bürgschaftssumme mit Schreiben vom 5. Mai 1999 nimmt die Klägerin den [X.]n auf Zahlung von 25.564,59 • nebst 5% Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22. Mai 1999 in Anspruch. Dieser macht geltend, die Ratenzahlun-gen seien auf die [X.] erbracht worden und hätten zu de-ren Erlöschen geführt.

Das [X.] hat der Klage stattgegeben, die Berufung des [X.] ist erfolglos geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelas-senen Revision verfolgt der [X.] seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:
A.

Die Revision ist statthaft (§§ 542, 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). [X.] liegt ein Zulassungsgrund im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO - 5 - nicht vor. Daß bei einem anderen Spruchkörper desselben Gerichts ein vergleichbarer, noch nicht entschiedener Fall anhängig und eine Verbin-dung beider Verfahren wegen etwaiger Unzulänglichkeiten in der Ge-schäftsverteilung nicht möglich ist, rechtfertigt die Zulassung der [X.] entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch unter dem Ge-sichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht. Das gilt besonders, wenn als Grund für eine lediglich mögliche Abweichung von Entscheidungen in Parallelverfahren - wie hier - vor allem eine un-terschiedliche, in der Revisionsinstanz nur beschränkt nachprüfbare tat-richterliche Auslegung von Individualerklärungen in Betracht kommt (vgl. Senatsbeschluß vom 16. September 2003 - [X.] ZR 238/02, [X.], 2278). Gleichwohl ist der Senat an die rechtsfehlerhafte Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht gebunden (§ 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO).

B.

Da die Klägerin in der mündlichen Verhandlung trotz rechtzeitiger Ladung zum Termin nicht vertreten war, war über die Revision des [X.] durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil ist jedoch [X.] Folge der Säumnis, sondern beruht auf einer Sachprüfung (vgl. [X.]Z 37, 79, 81).

Die Revision des [X.]n ist bis auf einen Teil der Zinsforderung unbegründet.

- 6 - [X.]

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt:

Der Klägerin stehe ein Anspruch aus der noch nicht erfüllten Bürg-schaft zu. Der [X.] habe seine Zahlungen ohne Zweckbestimmung erbracht. Aus der maßgeblichen Sicht der Klägerin als Leistungsempfän-gerin seien die Zahlungen des [X.]n und seines Mitgesellschafters nicht auf die [X.], sondern gemäß § 267 Abs. 1 BGB auf die Steuerschuld der L-GmbH erfolgt. Dies ergebe sich zum einen aus den Angaben auf den [X.], zum anderen aus der vor Abschluß der Ratenzahlungsvereinbarung schriftsätzlich erklärten [X.] des [X.]n und seines Mitgesellschafters, der [X.] zuzuführen und Abschlagszahlungen auf die Gewerbesteuer-schuld zu leisten, also als Dritte mit [X.] die Schuld der L-GmbH zu tilgen. Als Gesellschafter und Geschäftsführer habe der [X.] ein persönliches Interesse an der Sanierung der [X.].

I[X.]

Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand.

1. Wird der Gläubiger einer Forderung durch eine Leistung befrie-digt, die der Leistende als Bürge oder als Dritter (§ 267 BGB) bewirkt haben kann, so ist eine Leistung des Bürgen zur Erfüllung seiner eige-- 7 - nen Verbindlichkeit dann anzunehmen, wenn er bei der Leistung eine entsprechende Zweckbestimmung getroffen hat. Fehlt es - wie hier - an einer eindeutigen Zweckbestimmung, dann ist, wie im Fall des § 812 BGB, darauf abzustellen, als wessen Leistung sich die Zuwendung bei objektiver Betrachtungsweise aus der Sicht des Zuwendungsempfängers darstellt (vgl. [X.], Urteil vom 14. Januar 1998 - [X.]I ZR 103/96, [X.], 443, 445 m.w.Nachw.).

2. Unter Beachtung dieser auch von der Revision nicht in Zweifel gezogenen Grundsätze ist das Berufungsgericht durch Auslegung der Angaben auf den [X.] und der geführten Korrespondenz zu dem Ergebnis gelangt, aus der maßgeblichen Sicht der Klägerin könn-ten die Überweisungen der [X.]und [X.] nicht als Zahlungen auf die Bürgschaft eingeordnet werden, sondern seien als auf die [X.] erfolgt anzusehen. Diese nur beschränkt nachprüf-bare tatrichterliche Auslegung läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen.

a) Sie ist nach dem Wortlaut der Angaben auf den Überweisungs-trägern nicht nur ohne weiteres möglich, sondern naheliegend. Als "Ver-wendungszweck (nur für den Empfänger)" ist dort jeweils die Gewerbe-steuerschuld der L-GmbH und deren Kontonummer bei der Klägerin, nicht aber die [X.] des [X.]n und seines [X.]s genannt. Der Angabe der [X.]und [X.]als Auftrag-geberin der ab 1. November 1996 erfolgten monatlichen Überweisungen über insgesamt 210.000 DM hat das Berufungsgericht bei seiner Ausle-gung rechtsfehlerfrei keine wesentliche Bedeutung beigemessen. - 8 - b) Anders als die Revision meint, hat das Berufungsgericht auch den Zusammenhang der erfolgten Zahlungen mit dem Schreiben vom 7. Februar 1996 nicht verkannt. Das Berufungsgericht hat dieses Schrei-ben bei seiner Auslegung ausdrücklich berücksichtigt. Soweit die [X.] dem Schreiben entnehmen will, es sei zwischen den ersten beiden vom [X.]n und seinem Mitgesellschafter unmittelbar auf die Steuer-schuld der L-GmbH erbrachten Zahlungen über zusammen 140.000 DM und den nachfolgenden Ratenzahlungen über insgesamt 210.000 DM, die zunächst auf die Bürgschaftsverpflichtungen des [X.]n und [X.] über zusammen 100.000 DM geleistet worden seien, zu unterscheiden, versucht sie in unzulässiger Weise ihre Ausle-gung an die Stelle der des Berufungsgerichts zu setzen und begibt sich zudem mit dem Vorbringen in den Vorinstanzen in Widerspruch. Dort hat der [X.] vorgetragen, alle Raten über zusammen 350.000 DM, und damit auch die ersten beiden, seien in Erfüllung der [X.] gezahlt worden. Daß auch dies in keiner Weise überzeugt, liegt ange-sichts der Höhe der [X.] von insgesamt nur 100.000 DM und der bereits angesprochenen Angabe des Verwendungszwecks auf den [X.] auf der Hand.

c) Entgegen der Ansicht der Revision ist unter Berücksichtigung des vom Berufungsgericht nicht besonders angesprochenen Schreibens des Anwalts der L-GmbH vom 26. August 1997 auch die letzte Ratenzah-lung zum 1. September 1997 über 30.000 DM nicht auf die Bürgschafts-schuld des [X.]n anzurechnen. In diesem Schreiben hat die L-GmbH den Standpunkt vertreten, ihre Gesellschafter hätten in der [X.] die laufenden Raten aufgrund ihrer Bürgschaftserklärung in einer erheblich über die jeweils verbürgten Beträge hinausgehenden [X.] 9 - ordnung bedient. Mit dieser Erklärung war keine Zweckbestimmung für künftige Zahlungen verbunden; im Gegenteil mußte die Klägerin davon ausgehen, daß die Gesellschafter, die ihre [X.] bereits als erloschen betrachteten, künftige Zahlungen nicht zur Erfüllung einer ei-genen Verbindlichkeit, sondern ausschließlich im Interesse der zu sanie-renden Gesellschaft leisten würden.

d) Die Klagehauptforderung ist danach angesichts der nur in Höhe von 350.000 DM getilgten verbürgten Gewerbesteuerschuld der L-GmbH gegeben.

3. Der [X.] schuldet jedoch Verzugszinsen nur in Höhe von 4%. Nach Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 EGBGB gilt der erhöhte Zinssatz nach § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB n.F. - 5 Prozentpunkte über dem [X.] - erst für Forderungen, die seit dem 1. Mai 2000 fällig geworden sind. Für die bereits im Jahre 1997 fällig gewordene Forderung der Klä-gerin bleibt es bei 4% gemäß § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F..

- 10 - II[X.]

Die Revision war daher mit der Maßgabe, daß der Zinsausspruch im Urteil des [X.]s auf die Berufung des [X.]n entsprechend abzuändern war, als unbegründet zurückzuweisen.

[X.] Joeres

Wassermann

[X.]

Appl

Meta

XI ZR 153/03

22.06.2004

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.06.2004, Az. XI ZR 153/03 (REWIS RS 2004, 2725)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2725

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