Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.09.2002, Az. XI ZR 306/01

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 1570

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.] ZR 306/01Verkündet am:17. September 2002Weber,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 17. September 2002 durch den Vorsitzenden [X.][X.], [X.] Siol, [X.], [X.] und die [X.]inMayenfür Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des2. Zivilsenats des [X.] vom19. Juli 2001 aufgehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Ent-scheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die klagende Bank nimmt die [X.] im Wege der Teilklage auseiner als Garantie bezeichneten Erklärung für Verbindlichkeiten [X.] in Anspruch.Die Mutter der [X.]n entschloß sich im Jahr 1996 zur Fortfüh-rung eines in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft betriebenenUnternehmens, dessen Betriebsleiterin sie früher gewesen war. Zu [X.] 3 -sem Zweck trat sie als Komplementärin in die [X.] ein. Die [X.]übernahm eine Kommanditeinlage von 810.000 DM. [X.] der [X.] wurde gemäß Gesellschafts- und Beteiligungsvertrag vom10. Dezember 1996 die [X.] (M.) mit einerEinlage von ebenfalls 810.000 DM. Für die Beteiligung war an die M. u.a.ein [X.] in Höhe von zunächst jährlich 7,75% der Beteiligungs-summe zu zahlen, das sich mit Ablauf des dritten Verlustjahres auf jähr-lich 8,25% erhöhen sollte.Gemäß § 6 des Vertrages, der mit "Rückzahlungsgarantien" über-schrieben ist, garantierten die [X.] und ihre Mutter der M. u.a. dieRückzahlung der Einlage und die Zahlung rückständigen [X.]. Als weitere Garantin trat die Klägerin auf. Im Innenverhältnis zuihr waren aber die [X.] und ihre Mutter allein verpflichtet.Die [X.], eine damals 30 Jahre alte Diplomjuristin, verheiratetund kinderlos, war seit 1992 als selbständige Finanz- und Versorgungs-beraterin tätig. Ausweislich des [X.] für 1996betrugen ihre jährlichen Einnahmen 18.241 DM. In einer Selbstauskunftvom 20. Juni 1996 hatte sie ihr Jahreseinkommen nach den Feststellun-gen des Berufungsgerichts hingegen auf 64.000 DM beziffert. Ihr Bank-guthaben hatte sie dort mit 21.000 DM und den Wert von Grundeigen-tum, das mit Grundpfandrechten in Höhe von 145.000 DM belastet war,mit 145.000 DM angegeben. Die Klägerin hat den Verkehrswert des be-lasteten, der [X.]n nur zu ein halb zustehenden Grundstücks hinge-gen auf 300.000 DM beziffert. Sie hat zudem eine Gewinnermittlung der[X.]n vorgelegt, die für den Zeitraum 1. Januar 1995 bis 30. Sep-- 4 -tember 1995 einen Gewinn von 73.310,86 DM und für das Vorjahr einensolchen von [X.] auswies.Nachdem die [X.] im November 1999 die Eröffnung des [X.] beantragt hatte, kündigte die M. ihre Beteiligung fristlos undnahm die Klägerin aus der Garantie auf Zahlung von 690.000 DM in [X.]. Die Klägerin verlangt ihrerseits von der [X.]n und deren- mittlerweile rechtskräftig verurteilter - Mutter Zahlung.Die [X.] macht die Sittenwidrigkeit der als Garantie bezeich-neten Erklärung wegen krasser finanzieller Überforderung geltend. [X.] nicht in der Lage gewesen, auch nur das laufende zinsähnliche Be-teiligungsentgelt aus ihrem pfändbaren Einkommen zu tilgen. Die Gesell-schafterstellung habe sie nur als Strohfrau und die Garantie nur aufgrundfamiliären Drucks übernommen. Sie sei geschäftsunerfahren gewesen.Auch seien ihr gegenüber die aus der Übernahme der Garantie [X.] verharmlost worden.Das [X.] hat der Teilklage auf Zahlung von 200.000 [X.] Zinsen stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie auf die Beru-fung der [X.]n abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mitder Revision.- 5 -Entscheidungsgründe:Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des [X.] Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].[X.] hat im wesentlichen ausgeführt:Bei der getroffenen Vereinbarung handele es sich trotz der anderslautenden Bezeichnung nicht um eine Garantie, sondern um eine Bürg-schaft, da die Verpflichtung der [X.]n die Verbindlichkeiten der [X.]gegenüber der M. unstreitig nur akzessorisch habe sichern sollen unddie [X.] als Kommanditistin kein starkes eigenes [X.] an der Erfüllung der Hauptverpflichtung gehabt habe. [X.] sei wegen krasser finanzieller Überforderung der [X.] sit-tenwidrig. Die [X.] sei bei Berücksichtigung ihres pfändbaren [X.] und Vermögens nicht in der Lage, auch nur die für die stilleBeteiligung anfallenden laufenden Verbindlichkeiten von jährlich [X.] zu tragen. Dies gelte auch dann, wenn man zugunsten derKlägerin von dem in der Selbstauskunft vom 20. Juni 1996 angegebenenJahreseinkommen von 64.000 DM und dem von der Klägerin behaupte-ten Verkehrswert des Grundstücks in Höhe von 300.000 DM ausgehe.Aus dem in der Gewinnermittlung für den Zeitraum vom 1. Januar bis30. September 1995 ausgewiesenen Gewinn von 73.310,86 DM lassesich zwar theoretisch ein Jahresgewinn von rund 98.000 DM hochrech-- 6 -nen. Ein solcher Gewinn könne aber nicht zugrunde gelegt werden, da erdie realistische Einkommenserwartung nicht zutreffend wiedergebe,nachdem in der Gewinnermittlung zugleich ausgewiesen sei, daß die [X.] im Jahr zuvor lediglich [X.] Gewinn erwirtschaftet habe.Die Klägerin habe ferner berücksichtigen müssen, daß die [X.] fürdie Übernahme des [X.] von 810.000 DM noch den [X.] in einer Rate zu 110.000 DM und sieben jährlichen Folgeraten [X.] DM habe zahlen müssen. Auf den mit dem Erwerb des [X.] verbundenen Vermögenszuwachs komme es nicht an, dader Kommanditanteil im Falle der Insolvenz des [X.] mehr habe. Die [X.] habe die Bürgschaft aus emotionaler Ver-bundenheit zu ihrer Mutter übernommen. Mit dem Erwerb der [X.] habe sie keinen eigenen geldwerten Vorteil [X.], zumal sie nach dem Beteiligungsvertrag auf Tantiemezahlungenund Gewinnausschüttungen solange verzichtet habe, bis das [X.] Eigenkapital der [X.] einen Anteil von mindestens 10% der Bilanz-summe erreicht habe.[X.] Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht in allenPunkten stand.1. Ohne Erfolg beanstandet die Revision allerdings die [X.], es handele sich bei der sogenannten Rückzah-lungsgarantie - entgegen dem Wortlaut - um eine Bürgschaft. Die Ausle-gung einer Individualvereinbarung durch den Tatrichter kann [X.] -rechtlich nur daraufhin nachgeprüft werden, ob sie gesetzliche und all-gemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder [X.] verletzt oder auf Verfahrensverstößen beruht ([X.], Urteile vom29. März 2000 - [X.], [X.], 1289, 1291 f., vom 3. [X.] - II ZR 194/98, [X.], 1195, 1196 und vom 25. Juni 2002- [X.], [X.], 1687, 1688). Derartige Fehler werden von [X.] nicht aufgezeigt und sind nicht erkennbar.Angesichts der für das Revisionsverfahren bindenden Feststellungdes Berufungsgerichts, die Verpflichtung der [X.]n habe nach demunstreitigen Sachverhalt nur akzessorisch sein sollen, hält sich das Be-rufungsgericht mit seiner Auslegung vielmehr innerhalb des dem [X.] zur Verfügung stehenden Spielraums. Die Auslegung ist jedenfallsmöglich, da das wichtigste Auslegungskriterium dafür, ob in einer [X.] eine Garantie oder aber eine Bürgschaft zu sehen ist, dieFrage ist, ob der für eine fremde Schuld Eintretende unter allen Umstän-den für den Leistungserfolg einstehen will, also unabhängig vom [X.] und Fortbestand der fremden Schuld; im Zweifel ist zum Schutz [X.] eine Bürgschaft anzunehmen ([X.] in: Schimansky/Bunte/[X.], [X.]. § 92 [X.]. 5).2. Im Ergebnis zutreffend ist auch die Ansicht des Berufungsge-richts, die [X.] werde durch die Übernahme der Bürgschaft [X.] überfordert.a) Nach der inzwischen übereinstimmenden Rechtsprechung desIX. und des [X.]. Zivilsenats des [X.] liegt eine solcheÜberforderung des Bürgen oder Mitverpflichteten bei nicht ganz geringen- 8 -Bankschulden grundsätzlich vor, wenn er innerhalb der vertraglich fest-gelegten Kreditlaufzeit voraussichtlich nicht einmal die laufenden Zinsenaus dem pfändbaren Teil seines Einkommens und Vermögens dauerhaftaufbringen kann ([X.]Z 136, 347, 351; 146, 37, 42; [X.], Urteile vom27. Januar 2000 - [X.], [X.], 410, 411; vom 13. [X.] - [X.] ZR 82/01, [X.], 125, 126; vom 4. Dezember 2001 - [X.] ZR56/01, [X.], 223, 224; vom 14. Mai 2002 - [X.] ZR 50/01, [X.]1347, 1348 und [X.] ZR 81/01, [X.], 1350, 1351 sowie vom 28. [X.] - [X.] ZR 199/01, [X.], 1647, 1648). Bei der Beurteilung derkrassen finanziellen Überforderung von Bürgen und Mithaftenden istpfändbares Vermögen in der Weise zu berücksichtigen, daß der ermit-telte Wert von der Bürgschafts- oder mitübernommenen Schuld abgezo-gen wird. Nur wenn der pfändbare Teil des Einkommens des [X.] die auf den so ermittelten Schuldbetrag entfallendenlaufenden Zinsen voraussichtlich nicht abdeckt, liegt eine krasse [X.] Überforderung vor ([X.]surteil vom 28. Mai 2002 - [X.] ZR 199/01,[X.], 1647, 1648; [X.]/Kirchhof [X.], 5, 10).b) So ist es hier, ohne daß es auf die vom Berufungsgericht be-rücksichtigten Ratenzahlungsverpflichtungen der [X.]n aus dem Er-werb des [X.] ankommt.aa) Richtig und von der Revision nicht beanstandet ist zunächst,daß das Berufungsgericht das für die stille Einlage von 810.000 DM zuentrichtende jährliche Entgelt als zinsähnliche Leistung behandelt hat.Daraus resultiert eine monatliche Belastung der [X.]n in Höhe von4.595,10 DM, selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin nur das laufen-de [X.] für die stille Beteiligung in Höhe von anfänglich 7,75%- 9 -berücksichtigt und von den - bestrittenen - Vermögensverhältnissen der[X.]n ausgeht, wie sie sich aus der Selbstauskunft vom 20. [X.] unter Berücksichtigung des von der Klägerin behaupteten Grund-stücksverkehrswertes ergeben.Das pfändbare Vermögen der [X.]n bei Abschluß des [X.] betrug entgegen der Auffassung der Revision nur98.500 DM. Die [X.] verfügte über ein Bankguthaben [X.] und war zu ein halb mitbeteiligt an einem Grundstück mit ei-nem Verkehrswert von 300.000 DM, das mit valutierenden Grundpfand-rechten von 145.000 DM belastet war. Diese Belastung ist der bankübli-chen Praxis entsprechend bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit der[X.]n vermögensmindernd zu berücksichtigen; denn im Falle [X.] des Grundstücksanteils der [X.]n stünde nur der umdie Belastung geminderte Erlös zur Erfüllung ihrer [X.] (vgl. [X.]surteile vom 14. Mai 2002 - [X.] ZR 50/01, [X.],1347, 1349 und vom 28. Mai 2002 - [X.] ZR 199/01, [X.], 1647,1648). Dies wären hier, wie das Berufungsgericht zutreffend [X.], 77.500 DM. Diese sowie das Bankguthaben von 21.000 DM sind da-nach von der [X.] von 810.000 DM abzuziehen, so daßsich bei Berücksichtigung des [X.]s von jährlich 7,75% die ge-nannte monatliche Belastung von 4.595,10 DM ergibt.Der Wert des noch nicht bezahlten [X.] der [X.] war entgegen der Ansicht der Revision nicht anzusetzen. Er war, [X.] Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, im Falle der Insolvenzder Hauptschuldnerin wertlos und stand deshalb gerade bei Eintritt des- 10 -Bürgschaftsfalls als Vermögensgegenstand zur Befriedigung der Gläubi-gerin nicht zur Verfügung.bb) Die laufende Zinslast konnte die [X.] allein nicht aus dempfändbaren Teil ihres Einkommens tragen. Nach der vom Berufungsge-richt zugrundegelegten Selbstauskunft vom 20. Juni 1996 verfügte die[X.] über jährliche Einnahmen von 64.000 DM. Das in der Gewinn-ermittlung für 1995 ausgewiesene höhere Einkommen hat das [X.] zu Recht nicht berücksichtigt. Der Einwand der Revision,das Berufungsgericht habe einen Jahresgewinn von 98.000 DM ermittelt,trifft nicht zu. Das Berufungsgericht hat vielmehr zu Recht darauf [X.], daß angesichts der im übrigen wesentlich niedriger liegenden [X.] realistischerweise nicht von der nachhaltigen [X.] solchen Jahreseinkommens ausgegangen werden könne. Zu [X.] das Berufungsgericht auch das in der Selbstauskunft angegebeneJahreseinkommen der gleichfalls als [X.] haftenden Mutter der [X.]n sowie ihres Ehemannes unberücksichtigt gelassen. Die [X.]haftete für die [X.] über 810.000 DM gemäß § 769 [X.] mit ihrer Mutter als Gesamtschuldnerin, d.h. die [X.] von ihr die gesamte Leistung verlangen. Es ist danach allein aufdie Leistungsfähigkeit der [X.]n abzustellen. Das Einkommen [X.] resultierte nur aus deren Tätigkeit für die Hauptschuldnerin, ver-minderte das Risiko der [X.]n bei Eintritt des Bürgschaftsfalles alsonicht. Das Einkommen des Ehemannes der [X.]n ist für die Beurtei-lung der Leistungsfähigkeit nur insofern von Bedeutung, als bei der Be-rechnung des [X.] ihres Einkommens keine Unter-haltspflichten zu berücksichtigen sind ([X.], Urteil vom 28. Mai 2002- [X.] ZR 199/01, [X.], 1647, 1648). Auszugehen ist daher von einem- 11 -Jahreseinkommen der [X.]n in Höhe von 64.000 DM, d.h. monatli-chen Einkünften von 5.333,33 DM. Der 1996 nach § 850 c ZPO monat-lich pfändbare Betrag beläuft sich danach auf 3.337,03 DM und [X.] erheblich hinter der monatlichen Belastung zurück.3. Nicht rechtsfehlerfrei ist aber die Ansicht des Berufungsgerichts,die krasse finanzielle Überforderung habe hier die Sittenwidrigkeit [X.] der [X.]n zur [X.]) Die in der Rechtsprechung des [X.] zur Sitten-widrigkeit von Mithaftung und Bürgschaft finanziell überforderter [X.] entwickelten Grundsätze (vgl. [X.], Urteil vom 27. [X.] - [X.], [X.], 410, 411; [X.] [X.]Z 146, 37 ff.; [X.] vom 15. Januar 2002 - [X.] ZR 98/01, [X.], 436 f., jeweilsm.w.Nachw.) gelten für die Bürgschaft der [X.]n als einziger Kom-manditistin der Hauptschuldnerin grundsätzlich nicht.aa) Ein Kreditinstitut, das einer GmbH ein Darlehen gewährt, [X.] gefestigter Rechtsprechung des [X.] ein berech-tigtes Interesse an der persönlichen Haftung der maßgeblich beteiligtenGesellschafter. Die gängige Bankpraxis, bei der Gewährung von [X.] für eine GmbH Bürgschaften der Gesellschafter zu ver-langen, ist deshalb rechtlich nicht zu beanstanden ([X.]Z 137, 329, 336;[X.], Urteile vom 11. Dezember 1997 - [X.], [X.] 1998, 235,236, insoweit in [X.]Z 137, 292 ff. nicht abgedruckt; vom [X.] - [X.], [X.], 514, 516; vom 18. September 2001- [X.], [X.] 2001, 2156, 2157 und [X.]surteil vom 15. [X.] - [X.] ZR 98/01, [X.], 436). Das gilt - wie der [X.] bereits mit- 12 -Urteil vom 28. Mai 2002 ([X.] ZR 199/01, [X.], 1647, 1648) in [X.] die [X.] betreffenden Verfahren entschieden hat - in glei-cher Weise, wenn der Kredit einer Kommanditgesellschaft gewährt [X.] Kommanditisten eine entsprechende Sicherheit verlangt wird. [X.] diesem Fall kann die kreditgebende Bank im allgemeinen davon [X.], daß bei einem [X.], der einen bedeutsamenGesellschaftsanteil hält, das eigene wirtschaftliche Interesse im [X.] steht und er schon deshalb durch die Haftung kein unzumutbaresRisiko auf sich nimmt. Auch hier begründen daher weder die krasse fi-nanzielle Überforderung eines bürgenden Gesellschafters noch seineemotionale Verbundenheit mit einem die Gesellschaft beherrschendenDritten die Vermutung der Sittenwidrigkeit (vgl. [X.]surteile vom15. Januar 2002 aaO S. 436 f. und vom 28. Mai 2002 aaO, jeweilsm.w.[X.]) Dies gilt in der Regel selbst dann, wenn der Gesellschafter- wie die [X.] dies behauptet - lediglich die Funktion eines Stroh-mannes hat. Nur wenn für das Kreditinstitut klar ersichtlich ist, daß der-jenige, der bürgen soll, finanziell nicht beteiligt ist und die Stellung [X.] ohne eigenes wirtschaftliches Interesse nur aus persön-licher Verbundenheit mit einer die Gesellschaft wirtschaftlich beherr-schenden Person übernommen hat, gelten die Grundsätze zur [X.] naher Angehöriger entsprechend ([X.]surteilevom 15. Januar 2002 aaO S. 437 m.w.Nachw. und vom 28. Mai 2002aaO S. 1649). Wird die Bank in die wirtschaftlichen Hintergründe der Ge-sellschaftsgründung so einbezogen, daß für sie die wirklichen Motive [X.] klar hervortreten, so darf sie davor nicht die Augen verschließen.Erkennt das Kreditinstitut infolge der ihm offenbarten Tatsachen, daß- 13 -derjenige, der die Haftung übernehmen soll, finanziell nicht beteiligt [X.] die Stellung eines Gesellschafters nur aus emotionaler Abhängigkeitübernommen hat, er also keine eigenen wirtschaftlichen Interessen ver-folgt, ist der überforderte Bürge in gleicher Weise schutzwürdig wie inden typischen Fällen von Haftungserklärungen für die Verbindlichkeitenvon Personen, denen er emotional eng verbunden ist ([X.]Z 137, 329,337; [X.], Urteil vom 18. September 2001 - [X.], [X.] 2001,2156, 2157; [X.]surteil vom 28. Mai 2002 - [X.] ZR 199/01, [X.],1647, 1649).b) Das Berufungsgericht hat bislang weder zu der zwischen [X.] streitigen Frage, ob die [X.] lediglich als Strohfrau ohneeigene wirtschaftliche Interessen Gesellschafterin geworden war, ausrei-chende Feststellungen getroffen noch zu der Frage, ob das der Klägerinbekannt war oder sie davor die Augen verschlossen hat.Zwar hat die [X.] nach den Feststellungen des Berufungsge-richts die Bürgschaft aus emotionaler Verbundenheit mit ihrer Mutterübernommen. Es fehlt aber an Feststellungen, daß die Verbundenheit zuihrer Mutter für die [X.] der einzige Beweggrund zur Übernahme [X.] war. Nach der oben zitierten Rechtsprechung des [X.] bedarf es bei einem [X.] außerdem zusätzli-cher - bisher fehlender - Feststellungen dazu, daß für das Kreditinstitutdas mangelnde eigene wirtschaftliche Interesse des Bürgen und [X.] nur aus persönlicher Verbundenheit klar ersichtlich war. So-weit das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang darauf verweist,daß die [X.] nach dem Beteiligungsvertrag auf Tantiemezahlungenund Gewinnausschüttungen solange verzichtet habe, bis das wirtschaftli-- 14 -che Eigenkapital einen Anteil von mindestens 10% der Bilanzsumme [X.] habe, läßt es unberücksichtigt, daß die [X.] mittelfristig gese-hen durchaus wirtschaftliche Interessen mit der [X.] verfolgt habenkönnte.[X.] Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen alsrichtig dar (§ 563 ZPO a.[X.] kann nach ständiger Rechtsprechung des [X.] eine finanziell belastende Bürgschaftsübernahme auch aufgrundbesonderer erschwerender, dem Kreditinstitut zurechenbarer [X.] sein. Das ist etwa der Fall, wenn das Kreditinstitut die ge-schäftliche Unerfahrenheit des Bürgen ausgenutzt oder die Willensbil-dung und Entschließungsfreiheit durch Irreführung, Schaffung einer see-lischen Zwangslage oder die Ausübung unzulässigen Drucks beeinträch-tigt hat (vgl. [X.]Z 125, 206, 210; 128, 230, 232; 132, 328, 329 f.; 137,329, 333; [X.], Urteile vom 15. Februar 1996 - [X.], [X.] 1996,588, 592; vom 16. Januar 1997 - [X.], [X.] 1997, 511, 512 so-wie [X.]surteile vom 15. Januar 2002 - [X.] ZR 98/01, [X.], 436,437 und vom 28. Mai 2002 - [X.] ZR 199/01, [X.], 1647, 1649). [X.] Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen rechtfertigt aberauch dies die Annahme der Sittenwidrigkeit der Bürgschaft hier nicht.1. Die [X.] kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die Klä-gerin habe ihre geschäftliche Unerfahrenheit ausgenutzt. Wie der [X.]- 15 -mit Urteil vom 28. Mai 2002 ([X.] ZR 199/01, [X.], 1647, 1649) ent-schieden hat, scheidet dieser Umstand, der in der Praxis bei einemKommanditisten ohnedies so gut wie nie zu bejahen sein wird ([X.]/Kirchhof aaO [X.]), hier angesichts der Berufsausbildung der [X.]nals Diplomjuristin und ihrer seit 1992 ausgeübten Tätigkeit als [X.] Versorgungsberaterin aus.2. Ohne Erfolg bleibt auch der Hinweis der [X.]n, sie sei vonihrem Vater massiv unter Druck gesetzt worden. Hieraus läßt sich [X.] keine zur Sittenwidrigkeit der Bürgschaft führende seelischeZwangslage der [X.]n herleiten, weil nicht dargetan ist, daß dieseUmstände der Gläubigerin bekannt geworden sind.3. Soweit die [X.] behauptet hat, ihr gegenüber sei die Über-nahme der Bürgschaft verharmlost worden, handelt es sich um einenGesichtspunkt, der nach der Rechtsprechung des [X.]die Sittenwidrigkeit der Bürgschaft (mit)begründen kann (vgl. [X.], [X.] 18. Dezember 1997 - [X.], [X.] 1998, 239, 240, insoweit in[X.]Z 137, 329 ff. nicht abgedruckt; Urteil vom 8. November 2001- [X.], [X.], 919, 922 und [X.]surteil vom 28. Mai 2002- [X.] ZR 199/01, [X.], 1647, 1649 m.w.Nachw.). Allerdings hat sichdas [X.] aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme nicht vonder Richtigkeit der Behauptung der [X.]n überzeugen können. DasBerufungsgericht hat sich mit den gegen diese Beweiswürdigung gerich-teten Angriffen - von seinem Standpunkt aus konsequent - bislang nochnicht [X.] -IV.Das Berufungsurteil war danach aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPOa.[X.]). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, war sie zur weite-ren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565Abs. 1 Satz 1 ZPO a.[X.]).[X.] [X.] am [X.]gerichtshof [X.] ist wegen Urlaubs gehindert, seine Un- terschrift beizufügen [X.] Joeres Mayen

Meta

XI ZR 306/01

17.09.2002

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.09.2002, Az. XI ZR 306/01 (REWIS RS 2002, 1570)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 1570

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