Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.06.2010, Az. 24 W (pat) 57/09

24. Senat | REWIS RS 2010, 5638

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren - Löschungsverfahren - "webadvocat" - keine Unterscheidungskraft für einen Teil der Dienstleistungen


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 305 29 553

(hier: Löschungsverfahren [X.])

hat der 24. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker sowie [X.] und Eisenrauch

beschlossen:

Auf die Beschwerde des Markeninhabers wird der Beschluss der Markenabteilung 3.4. des [X.] vom 17. Juli 2009 insoweit aufgehoben, als die Löschung der Marke 305 29 553 für folgende Dienstleistungen angeordnet worden ist:

„Klasse 35: [X.]; Verteilung von Waren zu Werbezwecken; Planung, Erstellung, Umsetzung und Überwachung von Werbe- und Verkaufskonzepten zur Verkaufsförderung; Herstellungsüberwachung von Werbemitteln als Dienstleistung einer Werbeagentur, soweit in Klasse 35 enthalten;

Klasse 41: Filmverleih (Vermietung von Kinofilmen); Erziehung; Musik- und Tanzveranstaltungen; künstlerische Livedarbietungen;

Klasse 42: Technische und/oder [X.] Beratung, auch im Internet“.

Insoweit wird der Löschungsantrag zurückgewiesen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 20. Mai 2005 angemeldete Wortmarke

2

[X.]

3

wurde am 16. Januar 2006 unter der Nr. 305 29 553 für folgende Dienstleistungen in das Markenregister eingetragen:

4

„35

5

Werbung; Marketing; Marktanalyse, Marktforschung; Werbemittlung; Verteilung von Waren zu Werbezwecken; Planung, Erstellung, Umsetzung und Überwachung von Werbe- und Verkaufskonzepten zur Verkaufsförderung; Herstellungsüberwachung von Werbemitteln als Dienstleistung einer Werbeagentur, soweit in Klasse 35 enthalten; Dienstleistungen einer Werbeagentur in konzeptioneller, planender und ausführender Art in den Bereichen klassischer Werbung, im Bereich Anwalts- und Kanzleiwerbung; Dienstleistungen eines Werbetexters; sämtliche vorbezeichnete Dienstleistungen im Zusammenhang mit allen Medien- und Werbeträgern unter Einschluss digitaler und elektronischer Medien- und Werbeträger; Organisations- und Unternehmensberatung; Personalmanagementberatung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten

41

6

Produktion von Werbefilmen und Rundfunkwerbung; Videoproduktion; Filmproduktion; Filmverleih (Vermietung von Kinofilmen); Tonaufnahmen; Entwicklung von Konzepten für die Erstellung von elektronischen Publikationen sowie das Bereitstellen von elektronischen Publikationen (nicht herunterladbar); Entwicklung von Konzepten für die Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitschriften, Katalogen, Prospekten und anderen Druckereierzeugnissen, auch in elektronischer Form, auch im [X.]; Herausgabe von Büchern, Zeitschriften, Katalogen, Prospekten und anderen Druckereierzeugnissen, auch in elektronischer Form, auch im [X.]; Herausgabe von Zeitschriften und Büchern in elektronischer Form, auch im [X.]; Ausbildung, Erziehung und Schulung; Musik- und Tanzveranstaltungen; künstlerische Livedarbietungen

42

7

Rechtsberatung und Rechtsvertretung; Vermittlung von Urheberrechten (bzw. deren Nutzungen) und gewerblichen Schutzrechten, Durchführung von Schutzrechts- und Benutzungsrecherchen; juristische Beratung in Steuerangelegenheiten; rechtswissenschaftliche Forschung; Nachforschungen und Recherchen in Datenbanken und im [X.] in Rechtsangelegenheiten; technische und/oder [X.] Beratung, auch im [X.]; Fotografieren; Werbegrafikdesign, Dienstleistungen eines [X.], Design von Homepages und Webseiten für Werbezwecke.“

8

Widerspruch erhoben wurde aus der [X.] Marke 399 76 235 - webvocat. Über diesen Widerspruch hat das [X.] bisher nicht entschieden.

9

Am 19. Dezember 2007 wurde (seitens des Widersprechenden aus der Marke 399 76 235) der Antrag auf vollständige Löschung der Marke 305 29 553 gemäß § 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 [X.] gestellt. Der Markeninhaber hat der Löschung fristgerecht widersprochen.

Mit Beschluss vom 17. Juli 2009 hat die Markenabteilung 3.4. die Löschung der Marke 305 29 553 angeordnet.

Die Bezeichnung „[X.]“ sei gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] schutzunfähig. Es handele sich um eine beschreibende, freizuhaltende und nicht unterscheidungskräftige Angabe. Sie vermittele unmittelbar den Begriffsinhalt, dass es sich um einen Advokaten, also einen Rechtsanwalt, handele, der seine Tätigkeit mit Hilfe des bzw. über das Web (im Sinne von [X.]) erbringe. Dienstleistungsangebote unter Voranstellung des Bestandteils „Web-“ anzudeuten, sei auf zahlreichen Gebieten üblich; z. B. gebe es Web-Designer, Web-Entertainer, [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], Web-Publisher. Auch der Begriff „webadvokat“ sei bereits zu finden. Im Hinblick auf die angeführte Bedeutung vermittele die angegriffene Marke für sämtliche eingetragenen Dienstleistungen einen unmittelbar beschreibenden Sachhinweis, insbesondere auf das Thema und den Gegenstand oder darauf, dass diese in einer sonstigen besonderen Weise etwas mit einem [X.]anwalt zu tun hätten. Die Schreibweise (mit „c“ anstatt mit „k“) ändere an dieser Beurteilung nichts. Dem Beschluss waren einige [X.]-Ausdrucke (6 Blatt) beigefügt.

Der Markeninhaber hat Beschwerde eingelegt. Seiner Auffassung nach hat die Markenabteilung nicht ausreichend begründet, weshalb es sich bei der Marke „[X.]“ um eine für Dienstleistungen der Klassen 35 und 41 beschreibende Angabe handeln solle. Selbst wenn es zutreffen sollte, dass die angegriffene Bezeichnung ohne weiteres auf die Tätigkeit eines Rechtsanwalts mit Hilfe des „Web“ hinweise, treffe diese Begründung nicht für die Dienstleistungen in den Klassen 35 und 41 zu, die nicht in Zusammenhang mit der Erteilung von Rechtsrat stünden. Entsprechendes gelte für einige der Dienstleistungen in Klasse 42. Im Übrigen sei es nicht möglich, umfassende Rechtsanwaltsdienstleistungen „über das [X.]“ oder „als [X.]anwalt“ zu erbringen. Die Berufsbezeichnung „Rechtsanwalt“ sei gesetzlich geschützt; andere Bezeichnungen für die Ausübung der Tätigkeit eines solchen seien unzulässig. Mithin könne es kein berechtigtes Interesse konkurrierender Rechtsanwälte an der beschreibenden Verwendung der Bezeichnung „[X.]“ geben. Der angegriffenen Bezeichnung fehle auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des [X.] nicht jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Ein Zusammenhang zwischen den Assoziationen, welche die Bezeichnung „[X.]“ hervorrufe, und den betreffenden Dienstleistungen sei nicht vorhanden. Es handele sich vielmehr um eine Wortneuschöpfung, die aus Wörtern unterschiedlicher sprachlicher Herkunft (englisch und lateinisch) zusammengesetzt sei.

Der Markeninhaber stellt den (sinngemäßen) Antrag,

den Beschluss der Markenabteilung 3.4. des [X.] vom 17. Juli 2009 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er weist darauf hin, dass anwaltliche Beratungsleistungen in Form eines Online-Dienstes zulässig seien und auch vielfach praktiziert würden, wobei der vernünftige und durchschnittlich gebildete Verkehrsteilnehmer wisse, dass über das [X.] keine tiefgreifende Rechtsberatung möglich sei. Wenn aber Online-Rechtsberatung zulässig sei, müsse auch das grundsätzliche Recht eines jeden Anbieters solcher Dienstleistungen zur Verwendung einer beschreibenden Fantasiebezeichnung anerkannt werden. Die sonstigen Dienstleistungen der angegriffenen Marke stünden sämtlich in Zusammenhang mit der Erbringung anwaltlicher Rechtsberatung. Von [X.] werde nämlich zunehmend auch eine wirtschaftliche Beratung „über den juristischen Tellerrand hinaus“ erwartet.

In weiteren Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten ihre gegensätzlichen Standpunkte vertieft und sich dabei auch auf - von ihnen vorgelegte - Entscheidungen von Gerichten der allgemeinen Zivilgerichtsbarkeit bezogen.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Markeninhabers ist nur teilweise, im Umfang der in der [X.] genannten Dienstleistungen, begründet; im Übrigen ist ihr der Erfolg zu versagen.

1. Hinsichtlich der im Tenor nicht enthaltenen verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen hat die Markenabteilung zu Recht die Löschung der angegriffenen Marke gemäß § 54, § 50 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 [X.] angeordnet, weil diese bei Eintragung jeglicher Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entbehrte und das Schutzhindernis auch noch zum Zeitpunkt der (abschließenden) Entscheidung über den Löschungsantrag fortbesteht.

Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Dienstleistungen (oder Waren) eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr.; z. B. [X.] [X.] 2006, 229, Nr. 27 - BioID; [X.], 850, 854, Nr. 18 - [X.]; [X.], 710, Nr. 12 - [X.]; [X.], 411, Nr. 8 - [X.]; [X.], 952, Nr. 9 - [X.]).

Keine Unterscheidungskraft kommt zunächst Bezeichnungen zu, die einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweisen, der für die in Frage stehenden Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel der betrieblichen Herkunft nach versteht ([X.], 1151, 1152 - marktfrisch; [X.], 417, 418 - [X.]; [X.], 952, 953, Nr. 10 - [X.]). Darüber hinaus fehlt die erforderliche Unterscheidungskraft auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchte Dienstleistung zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu dieser hergestellt wird (vgl. [X.], 850, 854 - [X.]; [X.], 411, Nr. 9 - [X.]). Ein solcher enger beschreibender Bezug kann sich insbesondere daraus ergeben, dass die betreffenden Dienstleistungen in engem sachlichem Zusammenhang mit Waren oder Dienstleistungen stehen, für die die zur Beurteilung stehende Bezeichnung einen unmittelbar beschreibenden Sinngehalt aufweist (BGH [X.], 949, 951, Nr. 20 - My World). Die Eignung, Dienstleistungen ihrer Herkunft nach zu unterscheiden, kommt schließlich auch solchen Angaben nicht zu, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.], 850, 854 - [X.]; [X.], 952, 953, Nr. 10 - [X.]). Maßgeblich sind das Verständnis und die Anschauung der angesprochenen Verkehrskreise ([X.] [X.] Int. 2005, 135, Nr. 19 - Maglite; [X.], 763, Nr. 25 - [X.]/[X.]; BGH [X.], 952, Nr. 9 - [X.]). Dabei ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] der fraglichen Dienstleistungen abzustellen (st. Rspr.; vgl. z. B. [X.] [X.] 2004, 943, Nr. 24 - SAT2).

Die angegriffene Marke ist ersichtlich aus den Bestandteilen „web“, der im Inland allgemein bekannten Kurzbezeichnung für das „[X.] (= [X.]), und „advocat“ zusammengesetzt. Letzterer wird als (veraltete bzw. fremdsprachliche) besondere Schreibweise des [X.] Wortes „Advokat“ (= Rechtsanwalt) verstanden und mit diesem gleichgesetzt werden. Das begriffliche Verständnis der Gesamtbezeichnung (i. S. v. [X.], [X.]anwalt) bereitet dem angesprochenen Publikum somit keinerlei Schwierigkeiten. Da beide Wortteile seit langem im [X.] Sprachschatz gebräuchlich sind, wird die unterschiedliche Herkunft (aus dem [X.] bzw. [X.]) als solche gar nicht wahrgenommen, zumal der [X.] betreffender Dienstleistungen keine linguistischen Überlegungen anstellt. Auch dass „Web“ mit einem modernen Kommunikations- und Informationsmedium gedanklich assoziiert wird, „Advocat“ demgegenüber z. T. als altertümlicher bzw. gewählter Ausdruck aufgefasst wird, legt ein markenmäßiges Verständnis nicht ohne weiteres nahe; dafür ist die Wortkombination nicht ungewöhnlich genug (vgl. auch [X.], 425 = [X.] 51, 163 - [X.]).

Für den mit der angegriffenen Marke angesprochenen Verkehr ergeben sich zwei unterschiedliche [X.], die allerdings beide einen engen beschreibenden Bezug zu den betreffenden Dienstleistungen aufweisen:

Zum einen dahingehend, dass die betreffenden Rechtsberatungsdienstleistungen usw. von einem Rechtsanwalt über das [X.] erbracht werden, zum anderen in dem Sinne, dass es sich bei dem betreffenden Anwalt um einen Spezialisten für [X.]-Recht handelt. Eine Rechtsberatung mit Hilfe des Mediums [X.] ist ebenso möglich, wie eine solche per Telefon oder über E-mail. Die Frage, inwieweit eine solche (standes-)rechtlichen oder faktischen Grenzen unterliegt, ist im vorliegenden Zusammenhang, in dem das [X.]) Wortverständnis des Verkehrs im Vordergrund steht, letztlich nicht relevant. Von daher bedarf es keines [X.] auf die von den Beteiligten angeführten Entscheidungen von Gerichten der Zivilgerichtsbarkeit (wobei die Entscheidung des [X.] zu einem Zeitpunkt ergangen ist, als die angegriffene Marke noch nicht eingetragen war). In jeder der beiden aufgezeigten Deutungsmöglichkeiten ist die angegriffene Bezeichnung zwar nicht glatt beschreibend (gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]) im Sinne einer Berufsbezeichnung - insoweit unterscheidet sie sich von einigen der seitens der Markenstelle genannten ähnlichen Wortkombinationen wie z. B. Web-Designer oder Web-Publisher (vgl. aber auch [X.] [X.] 2010, 186 - Patentconsult) -, ihr kommt aber jedenfalls nicht die Eignung zu, einen Hinweis auf die Herkunft der so gekennzeichneten Dienstleistungen aus einem (einzigen) Betrieb zu vermitteln.

Bezüglich der rechtsbezogenen Dienstleistungen in der Leitklasse 42 (nach früherer Klassifikation), welche typischerweise von Rechtsanwälten erbracht werden, liegt der dienstleistungsbeschreibende Charakter der angegriffenen Bezeichnung auf der Hand. Aber auch für einen Großteil der auf Werbung bezogenen Dienstleistungen in den Klassen 35, 41 und 42 können sich diese auf die berufliche Tätigkeit eines „[X.]s“ im oben aufgezeigten Sinn beziehen, und zwar nicht nur, soweit im Dienstleistungsverzeichnis (in Klasse 35) die „Dienstleistungen einer Werbeagentur ... im Bereich der Anwalts- und Kanzleiwerbung“ ausdrücklich genannt werden. Denn die z. T. weite Fassung der Oberbegriffe schließt nicht aus, dass sich die betreffenden Dienstleistungen - auch - auf diesen speziellen Bereich beziehen (vgl. [X.], 261, 262 - AC; [X.], 578, 580 - [X.]; [X.] in: [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 8 Rdn. 255).

Entsprechendes gilt für die - vom Wortlaut her neutralen - Dienstleistungen in Klasse 35 „Marketing; Marktanalyse; Marktforschung; Organisations- und Unternehmensberatung; Personalmanagementberatung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten“. Diese können sich sämtlich auf den Geschäftsbetrieb eines [X.]anwalts (der in diesem Sinne ein „Unternehmen“ verkörpert) beziehen. Die weiterhin zu versagenden Dienstleistungen in den Klassen 41 und 42 stehen z. T. mit Werbemaßnahmen in enger Verbindung (Film, Rundfunk, Video, Fotografie, Graphikdesign), z. T. auch mit der auf die Rechtsberatung bezogenen Tätigkeit (Publikationsdienstleistungen aller Art, in Printmedien ebenso wie in elektronischen Medien). Die Dienstleistungen „Ausbildung“ und „Schulung“ können sich in besonderer Weise auf die Vermittlung der ([X.] beziehen, über die ein „[X.]“ verfügen muss.

Aus der Registrierung für andere, vermeintlich ähnliche [X.] Marken vermag der Markeninhaber keinen Anspruch auf Zurückweisung des Löschungsantrags abzuleiten. Die [X.] Rechtsprechung geht von jeher davon aus, dass Voreintragungen - selbst identischer Marken - weder für sich, noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen führen, welche über die Eintragung (entsprechendes gilt für die Löschung) zu befinden haben (vgl. z. B. [X.], 420 - [X.]; [X.], 410, 411 - [X.]; [X.] 1997, 527, 529 - [X.]; [X.] 1998, 248 - Today; [X.], 1093 - [X.]; [X.] 32, 5 - [X.]; BPatG [X.] 2007, 333, 335 - Papaya; [X.] 2010, 425 - [X.]). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar. Im Recht der [X.] ([X.], [X.]) gilt nichts abweichendes, wie der [X.] in den letzten Jahren mehrfach festgestellt hat (vgl. z. B. [X.] 2004, 428, Nr. 63 - [X.]; [X.] 2004, 674, Nr. 43, 44 - Postkantoor; [X.] 2006, 229, Nr. 47 - BioID; [X.] 2008, 160, Nr. 43, 44 - [X.]; [X.], 667, Nr. 19 - [X.] u. a.). Eintragungen von Marken in das Gemeinschaftsmarkenregister oder in die Register einzelner [X.] können zwar Beachtung finden, führen aber nicht zu einer rechtlichen Bindung der nationalen Markenämter, die ihre Entscheidungen auf der Grundlage des geltenden geschriebenen Rechts, nicht aber einer vorangegangenen ständigen [X.] - die im vorliegenden Fall zudem, wie etwa die Zurückweisung der Marke „[X.]“ ([X.] (pat) 261/03, Beschluss vom 8.12.2004) belegt, nicht vorhanden ist - zu treffen haben.

2. Demgegenüber ist die angegriffene Marke für die in der [X.] genannten Dienstleistungen schutzfähig, d. h. unterscheidungskräftig gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] und nicht freihaltebedürftig nach Nr. 2 dieser Regelung, weshalb der Beschwerde des Markeninhabers insoweit stattzugeben und der Löschungsantrag zurückzuweisen ist. Die Annahme liegt fern, ein „[X.]“ würde die betreffenden Dienstleistungen in Klasse 35 erbringen bzw. diese seien für einen solchen bestimmt. Entsprechendes gilt für die - im weitesten Sinn kulturellen - Dienstleistungen in Klasse 41. Zwar mag es - abgesehen vom Patentrecht eher in Ausnahmefällen - Berührungspunkte zwischen einer Rechtsberatung und einer technischen Beratung (in Klasse 42) geben, jedoch wird letztere typischerweise nicht von einem Rechtsanwalt erbracht.

3. Für die Auferlegung von Verfahrenskosten (gemäß § 71 Abs. 1 [X.]) besteht kein Anlass.

Meta

24 W (pat) 57/09

22.06.2010

Bundespatentgericht 24. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.06.2010, Az. 24 W (pat) 57/09 (REWIS RS 2010, 5638)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5638

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Referenzen
Wird zitiert von

28 W (pat) 571/17

25 W (pat) 43/14

29 W (pat) 33/19

28 W (pat) 2/18

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