Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.01.2016, Az. 29 W (pat) 12/13

29. Senat | REWIS RS 2016, 17852

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "getprint" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 304 59 696

(hier: Löschungsverfahren [X.]/12)

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 13. Januar 2016 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], der Richterin [X.] und des Richters am Landgericht Dr. von Hartz

beschlossen:

Auf die Beschwerde des Markeninhabers wird der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des [X.] vom 6. Dezember 2012 aufgehoben, soweit die Löschung der Marke 304 59 696 angeordnet worden war. Der Löschungsantrag wird auch insoweit zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die angegriffene Wortmarke 304 59 696

2

getprint

3

der Beschwerdeführerin wurde am 19. Oktober 2004 angemeldet und am 13. Juni 2005 für die Waren und Dienstleistungen der

4

Klasse 16:

5

Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; [X.]; Schreibwaren;

6

Klasse 35:

7

Bestellannahme, [X.] und Rechnungsabwicklung, auch im Rahmen von e-commerce und über das [X.]; Vermittlung von Verträgen über die Inanspruchnahme von Dienstleistungen einer Druckerei, insbesondere Druckarbeiten, auch im Rahmen von e-commerce und über das [X.]; Vermittlung, Abschluss und Abwicklung von Verträgen über den An- und Verkauf von Waren, auch im Rahmen von e-commerce und über das [X.]; Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften, auch im Rahmen von e-commerce und über das [X.]; Waren- und Dienstleistungspräsentationen; Durchführung von Auktionen und Versteigerungen, auch im [X.]; Vermittlung von Handels- und Wirtschaftskontakten, auch über das [X.]; Marketing (Absatzforschung); Merchandising;

8

Klasse 38:

9

Bereitstellung von Portalen im [X.]; Bereitstellen des Zugangs (Software) zu Informationen im [X.]; Bereitstellen von [X.]zugängen (Software); Betrieb von [X.], [X.] und Foren; E-Mail-Dienste; Weiterleiten von Nachrichten aller Art an [X.]-Adressen (Web-Messaging); Bereitstellung von Plattformen im [X.];

Klasse 39:

Zustellung (Auslieferung) von Waren; Transportwesen; Verpackung und Lagerung von Waren; Auslieferung von Waren; Kurierdienste für Waren;

Klasse 40:

Dienstleistungen einer Druckerei, insbesondere Druckarbeiten, soweit in Klasse 40 enthalten;

Klasse 42:

Zurverfügungstellen von Webspace (Webhosting); Zurverfügungstellung von Speicherplätzen im [X.]; Betrieb von Suchmaschinen für das [X.];

in das Markenregister eingetragen.

Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin hat mit [X.] vom 30. März 2012 die vollständige Löschung der Marke wegen absoluter Schutzhindernisse beantragt. Die Wortmarke sei für die eingetragenen Waren und Dienstleistungen nicht unterscheidungskräftig und habe zudem rein beschreibenden Charakter. Sie hat ferner ca. 100 nicht zur Eintragung gelangte, entweder den Bestandteil „print“ oder den Bestandteil „get“ enthaltende Marken angeführt, aus denen sich die Schutzunfähigkeit dieser Bestandteile ergebe. Des Weiteren hat sie auf ein anhängiges Verletzungsverfahren zwischen den Parteien hingewiesen; aus der angegriffenen Marke würden gerichtlich Ansprüche gegen die Antragstellerin auf Unterlassung der Benutzung der Domain „gotprint.de“ geltend gemacht.

Dem am 16. April 2012 zugestellten Löschungsantrag hat der Markeninhaber in einem am 11. Juni 2012 per Fax im [X.] eingegangenen Schreiben vom selben Tage widersprochen.

fett gedruckten Waren und Dienstleistungen angeordnet und den Löschungsantrag im Übrigen zurückgewiesen. Die angegriffene Marke entbehre in Bezug auf die von der Löschungsanordnung umfassten Waren und Dienstleistungen des Printsektors jeglicher Unterscheidungskraft. Denn sie diene insoweit lediglich einer zur Produktabnahme ermunternden bzw. bedarfsorientierten Kundenansprache, die keinen individualisierenden Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Produkte vermittle. Auch und gerade bei Produkten, deren Vermarktung in engem Zusammenhang mit den sogenannten neuen Medien stehe, werde der Verkehr regelmäßig mit etlichen kurzgefassten, meist schon überwiegend in [X.] gehaltenen Produkt- oder Leistungsbezeichnungen konfrontiert, so dass er auch weitere Bezeichnungen mit sachbezogenem Sinngehalt nicht sogleich als Herkunftshinweis verstehen werde. In der aus einfachsten Wörtern des [X.] Grundwortschatzes zusammengefügten Bezeichnung „getprint“ werde der überwiegende Teil des inländischen Publikums ohne jede Mühe die Verbindung des Bestandteils „get“ in seinen einfachsten Bedeutungen „bekommen, erhalten, sich etwas beschaffen“ mit dem hauptsächlich für „drucken (lassen), bedrucken, Druck, Aufdruck, Abzug“ stehenden Wort „print“ und damit ohne Weiteres auch deren Gesamtaussage im Sinne von „bekomme, erwerbe Gedrucktes, erhalte Druckleistungen, lasse drucken“ erkennen. Begegne dem Verkehr diese sloganartige Aussage im Zusammenhang mit Dienstleistungen, die entweder selbst in irgendeiner Form ein Druckerzeugnis zum Ergebnis hätten oder die der Erlangung solcher Erzeugnisse dienten, so werde er in der Bezeichnung „getprint“ einen zwar schlagwortartig verkürzten, dennoch aber rein sachbezogenen Hinweis auf den für die Bestimmung oder den Inhalt der so bezeichneten Dienstleistungen wesentlichen Gegenstand sehen. Nämlich einen Hinweis darauf, dass es um die Herstellung oder Lieferung von Printprodukten gehe und der Verkehr sich dieser Leistungen bedienen möge. Dies treffe unmittelbar auf die „Vermittlung von Verträgen über die Inanspruchnahme von Dienstleistungen einer Druckerei, insbesondere Druckarbeiten, auch im Rahmen von e-commerce und über das [X.]“ und die „Dienstleistungen einer Druckerei, insbesondere Druckarbeiten, soweit in Klasse 40 enthalten“ zu und könne ebenso für die damit verbundene „Bestellannahme, [X.] und Rechnungsabwicklung, auch im Rahmen von e-commerce und über das [X.]“ sowie für die „Zustellung (Auslieferung) von Waren; Auslieferung von Waren; Kurierdienste für Waren“ und die „Durchführung von Auktionen und Versteigerungen, auch im [X.]“ gelten, wenn dabei per Kurier zugestellte oder ausgelieferte Printerzeugnisse oder auch sonstige spezielle, etwa antiquarische Drucksachen betroffen seien. Entsprechendes gelte für „[X.]“ selbst, aber auch für „Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten“, soweit diese zu bedruckende Materialien darstellten, für die „getprint“ dann als Bestimmungsangabe wirke. Schließlich könne „getprint“ auch bei „Schreibwaren“ als Funktions- oder Bestimmungsangabe aufzufassen sein, da dieser weite Oberbegriff z. B. auch einfache Beschriftungsgeräte, Etikettendrucker oder Druckstempel umfasse.

Demnach ergebe sich ungeachtet der ohnehin nicht unüblichen Zusammenfügung der Begriffe „get“ und „print“ eine so deutlich beschreibende Charakterisierung der generellen Ausrichtung bzw. des Erbringungszusammenhangs derart bezeichneter Waren und Dienstleistungen, dass eine Wahrnehmung dieser Kombination als Herkunftskennzeichen ausscheide. Die Aussage „getprint“ stelle mit ihrer Botschaft „erwerbe, bekomme Gedrucktes, erhalte Druckleistungen“ vielmehr eine reine Werbeansprache für den Druckbereich dar. Es handle sich lediglich um die auf ein bestimmtes Produktsegment ausgerichtete Verwendung der wie im [X.] (z. B.: „[X.]“) so auch im Bereich der alltäglichen englischsprachigen Werbemittel nicht selten bemühten „get …“-Formel, mit der ein Grundanliegen jeder Werbung - die Heranführung des Verkehrs an ein bestimmtes Angebot - transportiert werden solle. So habe das [X.] ([X.]) bereits im Jahre 2004 festgestellt, dass „[es] auf allen Waren- und Dienstleistungsgebieten seit vielen Jahren üblich [ist], durch Begriffe wie "Take the ...", "Try the ..." oder auch „Get the ...“ potentielle Abnehmer zum Kauf zu animieren. Dementsprechend fänden sich auch gegenwärtig in der über „slogans.de“ erreichbaren Datenbank an die hundert „[X.]“. Der Rückgriff auf diese - wenn hier auch gegenüber [X.] wie „get a print“, „get your print“, „get printed“ grammatikalisch verkürzte „get…“ - Wendung werde den angesprochenen Verkehr daher nicht veranlassen, die verständliche und produktgerechte Gesamtaussage für derart prägnant und originell anzusehen, dass er sie als betrieblichen Herkunftshinweis verstehe. Hinsichtlich der verbleibenden Dienstleistungen der angegriffenen Marke ließen sich die von der Antragstellerin geltend gemachten Schutzhindernisse nicht feststellen, so dass es insoweit bei der Eintragung verbleibe.

Gegen die Teillöschungsanordnung der Markenabteilung 3.4 wendet sich der Markeninhaber mit seiner Beschwerde.

Er ist der Auffassung, die angegriffene Marke sei auch für die von der Löschungsanordnung betroffenen Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend. Der Begriff „getprint“ werde aufgrund der Vieldeutigkeit seiner Bestandteile „get“ und „print“ und erst recht in deren ungewöhnlichen Kombination nicht beschreibend verstanden. Es handle sich um einen Kunstbegriff, der nicht zum lexikalischen Wortschatz gehöre und der auch nicht mit Aussagen wie „get your print“, „get printed“ oder „get a print“ gleichgesetzt werden könne. Die Ausführungen der Antragstellerin zur Eintragungspraxis des [X.] in Bezug auf Marken mit den Bestandteilen „print“ oder „get“, bei denen zudem Eintragungen entsprechend zusammengesetzter Marken unberücksichtigt geblieben seien, seien mangels Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Anmeldungen und aufgrund abzulehnender Selbstbindung des [X.] von beschränktem Erkenntniswert. Bei der tatsächlichen Verwendung des Begriffs „getprint“ auf einer betreffenden Website handle es sich um eine markenmäßige Verwendung als Unternehmenskennzeichen mit dem Bestandteil „print“, wie sie der Verkehr von bekannten Anbietern z. B.

Der Beschwerdeführer beantragt:

Der Beschluss des [X.] Patent- und Markenamts vom 6. Dezember 2012 wird aufgehoben, soweit die Löschung der Marke 304 59 696 angeordnet worden ist, und der Löschungsantrag wird insgesamt zurückgewiesen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

understand the elementary English words „get“ and „print“ of which the sign is composed“. Der Verkehr sei seit langem daran gewöhnt, dass „get“ als Bestandteil eines Slogans oder als Aufforderung verwendet werde, wie z. B. „Get the spirit oft tomorrow“ oder „[X.]“. Vor allem aber durch die digitalen Medien sei der Verbraucher an die Verwendung „Get + Substantiv/Produktnamen“ als Kaufaufforderung gewöhnt, wie auch die sog. „Get-Ticket“-Buttons zeigten. Das Zeichen werde nicht als Gesamtbegriff wahrgenommen, sondern zergliedere sich automatisch in „get=Aufforderung“ und „print=Produkt/Dienstleistung“. Die Marke erschöpfe sich daher in einer allgemein verständlichen, werbeüblichen Kaufaufforderung.

Ergänzend wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung, die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die nach § 66 [X.] zulässige Beschwerde des Antragsgegners und Markeninhabers hat in der Sache Erfolg.

Es kann weder mit der gebotenen Sicherheit festgestellt werden, dass die angegriffene Marke „getprint“ im verfahrensgegenständlichen Umfang der Teillöschung bereits im Zeitpunkt ihrer Anmeldung als nicht unterscheidungskräftige Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] schutzunfähig war noch, dass sie es gegenwärtig ist. Die Markenabteilung 3.4 hat daher zu Unrecht auf den zulässigen Antrag auf Löschung der Eintragung der Marke wegen Nichtigkeit die teilweise Löschung angeordnet (§§ 50 Abs. 1 und Abs. 2, 54 [X.]).

1. Eine Marke wird nach § 50 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 [X.] auf Antrag wegen Nichtigkeit gelöscht, wenn sie entgegen § 8 [X.] eingetragen worden ist und wenn das Schutzhindernis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 9 [X.] auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Löschung besteht. Nach neuerer Rechtsprechung des [X.] ist für die im Eintragungsverfahren (§ 37 Abs. 1, § 41 Satz 1 [X.]) und im [X.] (§ 50 Abs. 1 [X.]) vorzunehmende Prüfung der Schutzhindernisse einheitlich auf den Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens und das zu diesem Zeitpunkt bestehende Verkehrsverständnis abzustellen ([X.], 1012 Rn. 8 – [X.]; [X.], 565 Rn. 10 – [X.]; [X.], 483 Rn. 22 – test; [X.], 1143 Rn. 15 - Aus Akten werden Fakten).

Für die absoluten Löschungsgründe nach § 50 Abs. 1 [X.] gilt, dass eine Löschung nur erfolgen kann, wenn das Vorliegen von [X.] zu den jeweils maßgeblichen Zeitpunkten zweifelsfrei feststeht. Ist eine solche Feststellung auch unter Berücksichtigung der von den Beteiligten vorgelegten und von Amts wegen zusätzlich ermittelten Unterlagen nicht möglich, muss es - gerade in Grenz- oder Zweifelsfällen - bei der Eintragung der angegriffenen Marke sein Bewenden haben (vgl. [X.] Rn. 18 – [X.]; [X.] [X.], 155 - Salatfix).

2. Danach liegen die Voraussetzungen für die Löschung der Marke für die hier verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen wegen fehlender Unterscheidungskraft nach §§ 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1[X.]nicht vor.

a) Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] [X.], 228 Rn. 33 - [X.]/ [X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.], 608 Rn. 66 f. - [X.]; BGH [X.], 731 Rn. 11 - [X.]; [X.], 270 Rn. 8 - Link economy; [X.], 825 Rn. 13 - [X.]; [X.], 935 Rn. 8 - [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] a. a. [X.] - [X.]/ [X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.], 233 Rn. 45 - Standbeutel; [X.], 229 Rn. 27 - BioID; [X.], 949 Rn. 10 - My World; GRUR, 2008, 710 Rn. 12 - [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] - [X.]; [X.], 411 Rn. 8 - [X.]; [X.], 778 Rn. 11 - Willkommen im Leben; a. a. [X.] - My World). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.], 428 Rn. 53 - [X.]; [X.], 1151 - marktfrisch; [X.] 2000, 420 – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen [X.]e, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] [X.], 411 Rn. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.], 943 Rn. 24 - [X.] 2; [X.], 449 Rn. 11 - grill meister).

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen [X.]e lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] [X.], 674, Rn. 86 - Postkantoor; BGH [X.], 270 Rn. 11 - Link economy; [X.], 952 Rn. 10 - [X.]; [X.], 850 Rn. 19 - [X.]) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH [X.], 872 Rn. 21 - [X.]; [X.], 1100 Rn. 20 -[X.]!; a. a. [X.] - [X.]; [X.], 1050 - [X.]; [X.], 1043 - [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH [X.], 1204 Rn. 12 - [X.]; a. a. [X.] Rn. 16 - [X.]; a. a. [X.] Rn. 23 - [X.]!; a. a. [X.] Rn. 28 f. - [X.]). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann ([X.] [X.], 146 Rn. 32 - [X.]; a. a. [X.] Rn. 97 - Postkantoor; a. a. [X.] Rn. 38 - [X.]; [X.], 58 Rn. 21 - [X.]); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer [X.] entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der [X.] wegführt ([X.] [X.] 2007, 204 Rn. 77 f. - [X.]; a. a. [X.] Rn. 98 - Postkantoor; a. a. [X.] Rn. 39 f. -[X.]; a. a. [X.] Rn. 28 - [X.] 2; [X.] Rn. 16 - [X.]).

Der genannte großzügige Beurteilungsmaßstab gilt auch für Wortfolgen, an deren Unterscheidungskraft grundsätzlich keine strengeren Anforderungen als an andere Wortmarken zu stellen sind. Von mangelnder Unterscheidungskraft ist deshalb bei einer Wortfolge lediglich bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art auszugehen. Indizien für die Eignung, Waren oder Dienstleistungen eines bestimmten Anbieters von denen anderer zu unterscheiden, können Kürze, eine gewisse Originalität sowie die Prägnanz einer Wortfolge sein. Auch die Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit einer Wortfolge kann einen Anhaltspunkt für eine hinreichende Unterscheidungskraft bieten. Dabei dürfen die Anforderungen an die Eigenart im Rahmen der Bewertung nicht überspannt werden. Auch einer für sich genommen eher einfachen Aussage kann nicht von vornherein die Eignung zur [X.] abgesprochen werden (vgl. [X.], [X.]. 2012, 914 Rn. 25 bis 30 - Smart/[X.] [[X.] DAS [X.]]; BGH [X.], 565 Rn. 14 - [X.]; [X.], 949 Rn. 12 - My World).

b) Nach diesen Grundsätzen kann und konnte der angegriffenen Marke „getprint“ nicht die erforderliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

aa) Die Streitmarke „getprint“ besteht aus den beiden [X.] Begriffen „get“ und „print“, diese sind aber ohne Binnengroßschreibung oder sonstige optische Unterbrechung zu einem einheitlichen Zeichen zusammengefügt. Der inländische Verkehr wird daher zunächst überlegen, ob es einen eigenständigen [X.] Gesamtbegriff „getprint“ gibt. Hierzu hat er im Hinblick auf vergleichbar gebildete Sachbegriffe wie z. B. footprint (= Fußabdruck), fingerprint (= Fingerabdruck), blueprint (= Blaupause/Plan), [X.] (=Fehldruck/Druckfehler), Flockprint (= Flockdruck), Imprint (= Aufdruck/Druckvermerk), Preprint (= Vorabdruck), Videoprint (= Ausdruck aus einem Video), Reprint (= Nachdruck/Wiederabdruck) einerseits und getaway (= Flucht) andererseits auch Anlass.

Der Begriff „getprint“ als solcher existiert aber – wie die entsprechende Senatsrecherche ergeben hat – weder in der [X.] noch als Anglizismus in der [X.].

bb) Erfasst der angesprochene [X.] daraufhin die Marke getrennt in seiner Kombination aus zwei Worten im Sinne von „get print“, mithin als Wortfolge bzw. Werbeaussage, so ist zwar davon auszugehen, dass die Einzelbestandteile als Wörter des [X.] Grundwortschatzes auch dem angesprochenen breiten Publikum ohne weiteres bekannt sind.

So hat das Verb „get“ unter anderem die Bedeutung von „erlangen, bekommen, erhalten, sich verschaffen, etwas kriegen“ (vgl. [X.] Wörterbuch unter [X.], [X.] Wörterbuch) und auch von „machen“ (vgl. [X.], Langenscheidt Großwörterbuch [X.], 2010). Das Wort „print“ kann als Substantiv u. a. mit „Druck, Kopie, Ausdruck, photographischer Abzug, Druckmuster“ oder als Verb unter anderem mit „drucken, veröffentlichen“ übersetzt werden (vgl. Pons Online Wörterbuch).

Eine Zusammenschreibung von Wörtern im Rahmen einer Wortfolge ist in der Werbesprache durchaus nicht unüblich und daher allein nicht schutzbegründend (vgl. [X.], Beschluss vom 03.09.2013, 33 W (pat) 511/13 - klugeshandeln; [X.], Beschluss vom 15.10.2003, 29 W (pat) 192/01 - [X.]). Die konkrete Verbindung der Wörter „get“ und „print“ ist im vorliegenden Fall aber mehr als die Summe der Einzelbestandteile, denn es ergibt sich durch die Zusammenfügung und Zusammenschreibung eine so stark verkürzte Aussage im Sinne von „erhalte Druck/Abdruck/Kopie“, dass sie als Werbeansprache unüblich ist.

Weder die Löschungsantragstellerin noch die Markenabteilung 3.4 haben Belege vorlegen können, dass diese Wortkombination im Eintragungszeitpunkt in der Werbung als Kundenansprache im Sinne einer werblichen Aufforderung zur Inanspruchnahme des Produktangebots verwendet worden ist. Entsprechendes ist auch für den Anmeldezeitpunkt wie auch für den jetzigen Entscheidungszeitpunkt nicht ersichtlich.

Die eigene Recherche des Senats - deren Ergebnisse den Parteien vorab übersandt wurden - hat ergeben, dass auch in der getrennten Schreibweise „get print“, von der noch am ehesten eine Belegbarkeit zu erwarten wäre, die Wortfolge weder in Alleinstellung noch in vergleichbarer Verbindung als werbliche Sachaussage oder Kaufaufforderung nachweisbar ist. In der Werbesprache ist eine solche - zudem doch recht unfreundliche - Kundenansprache als Aufforderung zum Erwerb der Waren bzw. Inanspruchnahme der Dienstleistungen vielmehr ungewöhnlich. Zu finden sind dem gegenüber nur - in Form und im Ton verbindliche - Aussagen wie z. B. “how to get prints“, “how to get a print job (with…)”, “get high quality photo prints”, “Easily get prints for…”, “I get prints”, “Get a print…? [X.]”, “Get printed!”. Gleiches gilt für die Recherche bei slogans.de. Zwar gibt es dort zahlreiche Treffer für die Begriffe „print“ und „get“, die jeweiligen Aussagen sind aber mit der hier zu beurteilenden Wortbildung nicht vergleichbar. Eine Kombination von „get“ allein mit der Angabe eines Produkts - vergleichbar „print“ - ohne weitere Angaben wie Artikel („a“, „the“), Pronomen („our“, „your“), Anpreisungen („smart“, „right“) oder außerhalb von grafisch ausgestalteten sog. „Get“-Buttons (wie sie die Beschwerdegegnerin vorgelegt hat) konnte nicht ermittelt werden. Die von der Markenabteilung aufgeführten Aufforderungen wie „Take the.., try the…, get the...“ unterscheiden sich von der Streitmarke ebenfalls dadurch, dass jeweils keine Zusammenschreibung erfolgt sowie [X.] ein Artikel und/oder abschließend ein Ausrufezeichen vorhanden ist. Auch die weiteren zitierten von verschiedenen Senaten des [X.]s als nicht schutzfähig erachteten – teilweise mit einem gewissen Wortwitz versehenen - Werbeaussagen (28 W (pat) 208/03 – [X.]; 25 W (pat) 161/01 – getyourcar.de; 33 W (pat) 237/03 – get-IT-smart; 28 W (pat) 062/06 – [X.]; 33 W (pat) 9/08 – [X.] NEW TECHNOLOGY FIRST) sind mit der streitgegenständlichen Marke nicht vergleichbar.

Es liegt zwar nahe, dass der Verkehr in Bezug auf die hier verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen in die Marke Aussagen im Sinne von „get printed“, „get a print“ oder „get your print“ hineinlesen wird. Bei der angegriffenen Marke drängt sich damit vordergründig die Vorstellung auf, dass es um Druckaufträge geht, die erledigt werden. Aus diesen Feststellungen ergibt sich aber nichts für eine fehlende Unterscheidungskraft der angegriffenen Marke.

Denn zum einen stehen produktbezogene Anklänge oder Anspielungen einer Schutzgewährung nicht entgegen. Zum anderen kann die verkürzte Aufforderung „getprint“gerade nicht mit den vorgenannten Aussagen gleichgesetzt werden. Die Beschwerdegegnerin und die Markenabteilung haben bei ihrer gegenteiligen Annahme nicht berücksichtigt, dass der Beurteilung, ob das Schutzhindernis mangelnder Unterscheidungskraft besteht, die Marke in ihrer eingetragenen Form zugrunde zu legen und diese nicht um weitere Bestandteile (assoziativ) zu ergänzen ist (vgl. BGH [X.], 731 - [X.]; [X.], 65 Rn. 17 - Buchstabe T mit Strich).

In der für die Beurteilung der Schutzfähigkeit maßgeblichen konkreten Wortkombination passt „getprint“ schon rein sprachlich nicht in übliche Werbeaussagen. Zudem muss der Verkehr - wie bereits ausgeführt - in einem ersten Schritt überlegen, ob es einen Gesamtbegriff „getprint“ gibt. Einen solchen wird er nicht erkennen, so dass er sodann von einer Aussage „get print“ ausgehen wird, wobei ihm die starke - in dieser Form nicht werbeübliche - Verkürzung auffallen wird. Angesichts der damit fehlenden sofortigen sprachlichen und semantischen Erfassbarkeit kann die angegriffene Marke nicht als ohne weiteres erkennbare werbliche Sachaussage bzw. Kundenansprache angesehen werden.

The contested sign „getprint“ does not have a meaning as a whole, however a large portion of the relevant public is likely to understand the elementary English words „get“ and „print“ of which the sign is composed“. Dieser Auffassung schließt sich der Senat aus den vorgenannten Gründen an.

Der Streitmarke kann daher nicht die Eignung als betrieblicher Herkunftshinweis abgesprochen werden. Eine Löschung wegen des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft ist daher nicht gerechtfertigt.

3. Die angegriffene Marke besteht auch nicht „ausschließlich“ aus merkmalsbeschreibenden Angaben im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] und muss(te) daher auch nicht für die  Mitbewerber freigehalten werden.

4. Weitere absolute Schutzhindernisse sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Die Beschwerde des Markeninhabers hat daher Erfolg.

5. Zur Auferlegung von Kosten auf einen Beteiligten aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] besteht kein Anlass.

Meta

29 W (pat) 12/13

13.01.2016

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.01.2016, Az. 29 W (pat) 12/13 (REWIS RS 2016, 17852)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 17852

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Wird zitiert von

29 W (pat) 4/17

Zitiert

33 W (pat) 511/13

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