Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.06.2017, Az. I ZB 60/16

1. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 8853

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INSOLVENZRECHT SCHIEDSRICHTERLICHES VERFAHREN SCHIEDSKLAUSEL

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Gegenstand

Bindung des Insolvenzverwalters an eine vom Schuldner in einem Geschäftsbesorgungsvertrag vereinbarte Schiedsklausel


Leitsatz

Die Bestimmung des § 116 InsO steht der Bindung des Insolvenzverwalters an eine vom Schuldner in einem Geschäftsbesorgungsvertrag vereinbarte Schiedsklausel nicht entgegen.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des [X.] - 6. Zivilsenat - vom 20. Juni 2016 aufgehoben.

Der Antrag des Antragstellers, den Zwischenentscheid des Schiedsgerichts, bestehend aus den Schiedsrichtern      [X.]  , Dr.      [X.]und Prof.   R.   , vom 10. Februar 2016 aufzuheben und festzustellen, dass das Schiedsgericht zur Entscheidung über die in der [X.] vom 7. November 2014 geltend gemachten Anträge unzuständig ist, wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Wert des [X.]: 33.878,40 €

Gründe

1

I. Die Antragsgegnerin schloss am 2. Mai 2005 einen Bereederungsvertrag mit der [X.] [X.] (im Folgenden: Schuldnerin) als [X.]. Der [X.] sollte bei einem Verkauf des Schiffs automatisch enden (Ziffer 8.2 des [X.]s). Die Vergütung der Antragsgegnerin war in Ziffer 4 des [X.]s und dessen Anhang 1 geregelt. Nach Ziffer 2 des [X.] sollte die Antragsgegnerin unter anderem eine Vergütung für Leistungen im Zusammenhang mit dem Verkauf des Schiffs in Höhe von 1,5% (zuzüglich etwaiger Mehrwertsteuer) des Kaufpreises erhalten. Ziffer 9.2 des [X.]s enthält eine Schiedsvereinbarung, die folgenden Wortlaut hat:

All disputes arising out of or in connection with this contract or concerning its validity shall be finally settled by arbitration in [X.]. [X.] in [X.] language.

2

Der Antragsteller wurde mit Beschluss des [X.] vom 13. Dezember 2013 zum vorläufigen Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin bestellt. Mit Beschluss vom 26. März 2014 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Antragsteller zum Insolvenzverwalter ernannt.

3

Mit Schreiben vom 31. März 2014 zeigte der Antragsteller der Antragsgegnerin seine Bestellung an und erklärte für alle zwischen der Schuldnerin und der Antragsgegnerin bestehenden [X.]sverhältnisse die Nichterfüllung gemäß §§ 103 ff. [X.] Mit Kaufvertrag vom 1. April 2014 verkaufte der Antragsteller das Schiff zu einem Preis von 12.500.000 US-Dollar. Nach dem Verkauf des Schiffs machte die Antragsgegnerin einen Anspruch in Höhe von 1,5% des erzielten Kaufpreises (187.500 US-Dollar) geltend. Sie leitete wegen dieses Anspruchs ein Schiedsverfahren ein.

4

Durch Zwischenentscheid vom 10. Februar 2016 erklärte sich das Schiedsgericht für zuständig.

5

Der Antragsteller hat beantragt, den Zwischenentscheid des Schiedsgerichts aufzuheben und festzustellen, dass das Schiedsgericht zur Entscheidung über die in der [X.] vom 7. November 2014 geltend gemachten Anträge unzuständig ist.

6

Das [X.] hat dem Antrag stattgegeben. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin, deren Zurückweisung der Antragsteller beantragt.

7

II. Das [X.] hat die Zuständigkeit des Schiedsgerichts verneint. Dazu hat es ausgeführt:

8

Der Antragsteller als Insolvenzverwalter sei nicht an die ursprünglich zwischen der Schuldnerin und der Antragsgegnerin wirksam vereinbarte [X.] gebunden.

9

Soweit die Antragsgegnerin ihren mit der [X.] verfolgten Anspruch darauf stütze, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Leistungen für die Veräußerung des Schiffs aufgrund einer Vereinbarung mit dem Antragsteller erbracht zu haben, sei nicht ersichtlich, dass dafür eine Schiedsvereinbarung bestehe. Soweit sich die Antragsgegnerin dagegen als Anspruchsgrundlage auf den ursprünglichen Bereederungsvertrag berufe, sei nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zwar der Insolvenzverwalter grundsätzlich weiter an die [X.] gebunden. Diese Bindung bestehe aber nicht, soweit es um auf der [X.] beruhende, insolvenzspezifische Rechte des Insolvenzverwalters gehe, die sich nicht unmittelbar aus dem vom Schuldner abgeschlossenen [X.] ergäben. Dies sei hier unabhängig davon der Fall, ob auf den Bereederungsvertrag § 103 [X.] oder §§ 115, 116 [X.] anzuwenden sei. Die Fragen, die im Streitfall zu beurteilen seien, beruhten im Wesentlichen nicht auf dem Inhalt der vertraglichen Vereinbarung und auch nicht auf Erklärungen, die die Parteien im Hinblick auf den [X.] abgegeben hätten. Vielmehr bestimmten sich die Rechtsfolgen maßgeblich aus der [X.], die sowohl die Voraussetzungen für das Erlöschen eines Geschäftsbesorgungsvertrags wie auch die Frage regele, ob und in welchem Umfang der [X.] als fortbestehend gelte.

III. [X.] ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 1065 Abs. 1 Satz 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 2, § 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch sonst zulässig (§ 574 Abs. 2, § 575 ZPO). In der Sache hat sie ebenfalls Erfolg. Die Auffassung des [X.]s, die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts ergebe sich im Streitfall aus der Entscheidungserheblichkeit insolvenzspezifischer Rechte des Insolvenzverwalters, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Der Antragsteller ist als Insolvenzverwalter grundsätzlich an die von der Schuldnerin mit der Antragsgegnerin in Ziffer 9.2 des [X.] vereinbarte [X.] gebunden.

a) Der Bereederungsvertrag ist allerdings mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 116 Satz 1 in Verbindung mit § 115 Abs. 1 [X.] ex nunc erloschen. Der Bereederungsvertrag ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag im Sinne von § 116 Satz 1 [X.]. Es handelt sich um einen Dienstvertrag, durch den sich der Auftragnehmer verpflichtet, entgeltlich ein Geschäft des Auftraggebers zu besorgen. Aufgrund der in § 116 [X.] bestimmten entsprechenden Anwendung von § 115 Abs. 1 [X.] erlöschen Geschäftsbesorgungsverträge durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

b) Gemäß § 1040 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist eine [X.] im Streit über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts aber als eine von den übrigen [X.]sbestimmungen unabhängige Vereinbarung zu behandeln. Die Schiedsvereinbarung ist weder ein gegenseitiger [X.] noch ein Auftrag. Der Verwalter kann daher weder die Erfüllung ablehnen, noch erlischt der Schiedsvertrag durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ([X.], Urteil vom 28. Februar 1957 - [X.], [X.]Z 24, 15, 18 (zur Konkursordnung); Beschluss vom 20. November 2003 - [X.], Z[X.] 2004, 88; Urteil vom 25. April 2013 - [X.], [X.], 1514 Rn. 8).

2. Der von der Antragsgegnerin vor dem Schiedsgericht geltend gemachte Anspruch wird trotz Eröffnung des Insolvenzverfahrens von der Schiedsvereinbarung erfasst.

a) Die Antragsgegnerin macht vor dem Schiedsgericht einen Anspruch auf Vergütung aus Notgeschäftsführung nach Beendigung des [X.] gemäß § 115 Abs. 2 [X.] geltend. Nach Satz 1 dieser Vorschrift hat der Beauftragte, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist, die Besorgung des übertragenen Geschäfts fortzusetzen, bis der Insolvenzverwalter anderweitig Fürsorge treffen kann. § 115 Abs. 2 Satz 2 [X.] bestimmt, dass der Auftrag insoweit als fortbestehend gilt. Das umfasst den Anspruch des Beauftragten auf die vertraglich vereinbarte Vergütung für die im Rahmen berechtigter Notgeschäftsführung erbrachten Leistungen.

Die Streitigkeit über die von der Antragsgegnerin beanspruchte Vergütung aus Notgeschäftsführung wird von der [X.] erfasst. Es handelt sich um einen Anspruch, der im Zusammenhang mit dem Bereederungsvertrag steht. Der Vergütungsanspruch aus Notgeschäftsführung gemäß § 115 Abs. 2 [X.] beruht darauf, dass der Auftrag insoweit als fortbestehend gilt. Der Anspruch knüpft damit an den vorher bestehenden Auftrag, hier den Bereederungsvertrag, an und setzt ihn voraus. Die von der Antragsgegnerin behaupteten vergütungspflichtigen Leistungen im Zusammenhang mit dem Verkauf des Schiffs stehen im Zusammenhang mit der Beendigung und Abwicklung des [X.].

b) Für die Beurteilung des in Rede stehenden Anspruchs aus Notgeschäftsführung kommt es auf kein insolvenzspezifisches Recht des Insolvenzverwalters an, das der Bindung an die Schiedsvereinbarung entgegensteht.

aa) Der Insolvenzverwalter ist an eine vom Schuldner abgeschlossene Schiedsvereinbarung nicht gebunden, soweit im Streit ein selbständiges, der Verfügungsgewalt des Schuldners entzogenes Recht des Insolvenzverwalters ist ([X.], Beschluss vom 30. Juni 2011 - [X.]/10, [X.] 2011, 281 Rn. 14). Zu diesen Rechten des Verwalters gehört etwa die Insolvenzanfechtung. Der [X.] aus Insolvenzanfechtung (§ 143 Abs. 1 [X.]) folgt nicht aus dem anfechtbar geschlossenen [X.], sondern aus einem selbständigen, der Verfügungsgewalt des Schuldners entzogenen Recht des Insolvenzverwalters. Der Schuldner ist an dem materiellen Streitverhältnis der [X.] nicht beteiligt; er kann nicht über sie disponieren ([X.], [X.], 1514 Rn. 9 mwN). Ebenso verhält es sich mit dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 [X.]. Dabei handelt es sich um keine Befugnis, die ursprünglich dem Insolvenzschuldner zustand, und die deshalb Gegenstand von vertraglichen Vereinbarungen einschließlich einer entsprechenden [X.] hätte sein können, sondern um ein gesetzlich dem Insolvenzverwalter zustehendes Recht ([X.], [X.] 2011, 281 Rn. 14 [X.]). Allgemein entfällt die Bindung des Insolvenzverwalters an eine vom Insolvenzschuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschlossene [X.], wenn es um Rechte des Insolvenzverwalters geht, die sich nicht unmittelbar aus dem vom Insolvenzschuldner abgeschlossenen [X.] ergeben, sondern auf der [X.] beruhen und daher insolvenzspezifisch sind. Der Schuldner ist nicht befugt, über sie zu verfügen oder Einfluss darauf zu nehmen, wann, in welcher Weise und bei welcher Stelle sie geltend gemacht werden ([X.], [X.] 2011, 281 Rn. 14).

Demgegenüber bleibt es bei einem Streit, ob einem Gläubiger ein Aus- oder Absonderungsrecht in der Insolvenz des Schuldners zusteht, bei der Bindung des Insolvenzverwalters an eine Schiedsvereinbarung ([X.], Z[X.] 2004, 88), obwohl diese Gläubigerrechte ihre Grundlage ebenfalls in den Vorschriften der [X.] finden. Ebenso bleibt der Insolvenzverwalter an eine Schiedsvereinbarung gebunden, wenn er gemäß § 166 Abs. 2 [X.] eine Forderung einzieht, die der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs abgetreten hat ([X.], [X.], 1514 Rn. 9). Dieses Einziehungsrecht ist dem Verwalter zwar von der [X.] besonders verliehen. Der Schuldner selbst hätte es nicht. Auf die einzuziehende Forderung als solche, die der [X.] unterliegt, wirkt sich das besondere Einziehungsrecht des Verwalters gemäß § 166 Abs. 2 [X.] jedoch nicht aus. Eingezogen wird die vom Schuldner vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete und von ihm sicherungshalber abgetretene Forderung. Ebenso wie der Sicherungsnehmer dann bei einer Zahlungsklage an die Schiedsvereinbarung gebunden gewesen wäre, gilt dies für den Verwalter, der gemäß § 166 Abs. 2 [X.] anstelle des Sicherungsnehmers die Forderung einzieht. Wie der Sicherungsnehmer hat er die vom Schuldner vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirksam geschaffene Rechtslage insoweit hinzunehmen ([X.], [X.], 1514 Rn. 10).

bb) Das [X.] hat angenommen, die Ausführungen des [X.] im Zusammenhang mit § 103 [X.] seien auf die §§ 115, 116 [X.] übertragbar. Die sich aus diesen Vorschriften ergebenden Rechtsfolgen seien abschließend im Gesetz geregelt und insoweit "insolvenzspezifisch". In der Art wie § 103 [X.] regelten die §§ 115, 116 [X.] die Frage, wie sich das Insolvenzverfahren auf die "Erfüllung der Rechtsgeschäfte" auswirke. Für eine übereinstimmende Beurteilung der Fälle des § 103 [X.] und der §§ 115, 116 [X.] spreche ferner, dass die Regelungen in den §§ 103 bis 118 [X.] insgesamt nach § 119 [X.] der Verfügungsbefugnis des Schuldners entzogen seien. Die dem insolvenzrechtlichen "Kernbereich" zuzurechnenden Vorschriften der §§ 115, 116 [X.] ließen sich von der Ausnahmevorschrift des § 115 Abs. 2 [X.] nicht trennen. Für die Annahme eines insolvenzspezifischen Rechts reiche es aus, dass §§ 115, 116 [X.] bestimmte Rechtsfolgen regelten, auf die sich der Insolvenzverwalter berufen könne, wenn er Ansprüchen ausgesetzt sei, die auf Verträge gestützt seien, die nach diesen Normen erlöschten. Für die Frage, ob Ansprüche aus einem Geschäftsbesorgungsvertrag bestünden, müssten die Vorfragen geklärt werden, ob der [X.] nach §§ 115, 116 [X.] erloschen sei sowie ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine Notgeschäftsführung zu bejahen sei, die zu einem fingierten Fortbestehen des [X.]s führe. Dabei handele es sich um Fragen, die in der [X.] geregelt seien und nicht im [X.].

cc) Diese Erwägungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Soweit § 116 [X.] auf § 115 Abs. 2 und 3 [X.] verweist, werden die [X.]sinteressen des Geschäftsbesorgers geschützt (vgl. [X.].[X.]/[X.]/[X.], 3. Aufl., § 116 Rn. 1) und keine insolvenzspezifischen Rechte des Insolvenzverwalters begründet.

(1) Insoweit kommt es nicht darauf an, dass die Rechte des Beauftragten gemäß § 115 Abs. 2 und 3 [X.] an den Tatbestand des gesetzlichen Erlöschens von Aufträgen und Geschäftsbesorgungsverträgen infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 115 Abs. 1 und § 116 [X.] anknüpfen. Diese kraft Gesetzes eintretende Rechtsfolge stellt weder ein Gestaltungsrecht des Insolvenzverwalters dar, noch verleiht sie ihm einen schuldrechtlichen Anspruch.

Entgegen der Ansicht des [X.]s ist für die Frage, ob insolvenzspezifische Rechte des Insolvenzverwalters in Rede stehen, nicht maßgeblich, dass sich die Rechtsfolgen der §§ 115, 116 [X.] nicht aus den vertraglichen Vereinbarungen im Geschäftsbesorgungsvertrag und dem Verhalten der [X.]sparteien ergeben, sondern abschließend im Gesetz geregelt sind. Das ist auch in den Fällen der Aus- oder Absonderungsrechte von Gläubigern oder der Einziehung zur Sicherheit abgetretener Forderungen durch den Verwalter gemäß § 166 Abs. 2 [X.] so, in denen nach der Rechtsprechung des [X.] keine insolvenzspezifischen Rechte des Insolvenzverwalters betroffen sind (vgl. [X.], Z[X.] 2004, 88; [X.], 1514 Rn. 9). Zwar haben sowohl das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 [X.] als auch die Vorschriften der §§ 115, 116 [X.] die Frage zum Gegenstand, wie sich das Insolvenzverfahren auf die Erfüllung der vom Schuldner begründeten Rechtsgeschäfte auswirkt. Anders als § 103 [X.] verleihen die §§ 115, 116 [X.] dem Insolvenzverwalter jedoch kein Recht. Vielmehr handelt es sich bei Vergütungsansprüchen nach § 115 Abs. 2 oder 3 [X.] um vertragliche Ansprüche des Auftragnehmers.

(2) Nach § 115 Abs. 3 [X.] gilt der Auftrag zugunsten des Beauftragten als fortbestehend, solange er die Eröffnung des Verfahrens ohne Verschulden nicht kennt. Für bis zur Kenntniserlangung erbrachte vertragsgemäße Leistungen steht dem Beauftragten die vertragliche Vergütung zu. Sein Anspruch richtet sich allein nach dem mit dem Schuldner geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag. [X.] Rechte des Verwalters sind nicht betroffen. [X.] ist allein die Regelung des § 115 Abs. 3 Satz 2 [X.], wonach der Beauftragte mit den Ersatzansprüchen aus der Fortsetzung des Auftrags lediglich Insolvenzgläubiger wird.

Liegen dagegen die Voraussetzungen einer Notgeschäftsführung gemäß § 115 Abs. 2 [X.] vor, ist der Beauftragte mit seinen Ersatzansprüchen [X.]. Gemäß § 115 Abs. 2 Satz 2 [X.] gilt der Auftrag "insoweit", das heißt in dem für die Notgeschäftsführung erforderlichen Umfang, als fortbestehend. Grundlage der Erbringung von Leistungen im Wege der Notgeschäftsführung und daraus erwachsenden Vergütungsansprüchen des Beauftragten sind danach Leistungsumfang und Vergütungsregelung des vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Schuldner abgeschlossenen [X.]s. Zur Notgeschäftsführung ist der Beauftragte nur innerhalb der Besorgung des übertragenen Geschäfts berechtigt, soweit mit einem Aufschub Gefahr verbunden ist und der Insolvenzverwalter nicht anderweitig Fürsorge treffen kann. Der Beauftragte ist trotz des an sich eingetretenen Erlöschens des Auftragsverhältnisses im Sinne einer nachwirkenden Treue- und Fürsorgepflicht gehalten, die erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr einer drohenden Gefahr für die Masse zu treffen (vgl. [X.].[X.]/[X.]/[X.] aaO § 115 Rn. 16).

c) Die Antragsgegnerin stützt ihren Anspruch in der [X.] allein auf eine Notgeschäftsführung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Sie macht einen Vergütungsanspruch gemäß Ziffer 4 in Verbindung mit Anhang 1 Ziffer 2 des [X.] für im Zusammenhang mit dem Verkauf des Schiffs erbrachte Leistungen geltend. Auf den dieser vertraglichen Absprache unterliegenden Vergütungsanspruch für im Rahmen der Notgeschäftsführung erbrachte Leistungen wirken sich Bestimmungen des Insolvenzrechts nicht aus (vgl. [X.], [X.], 1514 Rn. 10).

aa) Zwar wird der Umfang der berechtigten Notgeschäftsführung durch die Möglichkeit des Insolvenzverwalters begrenzt, anderweitig Fürsorge zu treffen. Dabei handelt es sich aber um keine insolvenzspezifische Beschränkung. Die Regelung der Notgeschäftsführung in § 115 Abs. 2 Satz 1 und 2 [X.] entspricht der allgemein für das Auftragsrecht geltenden Bestimmung des § 672 Satz 2 BGB. Diese Vorschrift galt gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 KO bis zum Inkrafttreten der [X.] im Konkursrecht entsprechend. Vergleichbare Regelungen zur Notgeschäftsführung finden sich in § 1472 Abs. 4 und § 1698b BGB, auf die wiederum in den Fällen des § 1497 Abs. 2 und § 1893 Abs. 1 BGB verwiesen wird. Derselbe Rechtsgedanke liegt der Bestimmung des § 727 Abs. 2 BGB zugrunde. Handelt es sich bei der Regelung zur Notgeschäftsführung um einen allgemeinen Rechtsgedanken, so liegt es fern, von einer insolvenzspezifischen Regelung auszugehen.

bb) Dem vertraglichen und nicht insolvenzspezifischen Charakter des Vergütungsanspruchs der Antragsgegnerin steht nicht entgegen, dass sich der Insolvenzverwalter zur Abwehr von Ansprüchen grundsätzlich auf das Erlöschen des [X.] gemäß § 116 in Verbindung mit § 115 Abs. 1 [X.] berufen kann. Das führt zu keiner stärkeren insolvenzrechtlichen Prägung des Sachverhalts als die Abwehr von Ansprüchen aus Ab- oder [X.] durch den Insolvenzverwalter, bei der eine Bindung an eine vom Schuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschlossene Schiedsvereinbarung besteht (vgl. [X.], Z[X.] 2004, 88). Eine Klage des Insolvenzverwalters auf Feststellung des Erlöschens des [X.] gemäß § 116 in Verbindung mit § 115 Abs. 1 [X.] müsste ebenfalls vor dem Schiedsgericht erhoben werden, so dass die vom [X.] angenommene Gefahr einer unterschiedlichen Zuständigkeit für die Zahlungsklage des Beauftragten und einer negativen Feststellungsklage des Insolvenzverwalters nicht besteht.

Für die Annahme eines von der Bindung an die Schiedsvereinbarung befreienden insolvenzspezifischen Rechts reicht es nicht aus, dass sich der Insolvenzverwalter auf bestimmte in der [X.] geregelte Rechtsfolgen berufen kann, wenn er Ansprüchen ausgesetzt ist, die ihre Grundlage in nach der [X.] erloschenen Verträgen finden.

3. Weitere Feststellungen sind nicht mehr erforderlich, so dass der Senat in der Sache selbst entscheiden kann (§ 577 Abs. 5 ZPO). Der Rechtsbeschwerde ist stattzugeben. Das Schiedsgericht hat seine Zuständigkeit zu Recht festgestellt.

4. [X.] folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Büscher     

      

Schaffert     

      

[X.]

      

Löffler     

      

Schwonke     

      

Meta

I ZB 60/16

29.06.2017

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 20. Juni 2016, Az: 6 SchH 2/16, Beschluss

§ 1040 Abs 1 S 2 ZPO, § 1062 Abs 1 Nr 2 ZPO, § 103 InsO, §§ 103ff InsO, § 116 InsO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.06.2017, Az. I ZB 60/16 (REWIS RS 2017, 8853)

Papier­fundstellen: MDR 2018, 114-115 WM2017,2271 REWIS RS 2017, 8853

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

I ZB 12/17

I ZB 60/16

Zitiert

IX ZR 49/12

III ZB 59/10

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