Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.05.2017, Az. II ZR 169/16

2. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 10509

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Gegenstand

Wertberechnung bei auf Dauer verlangten wiederkehrenden Leistungen mit sich verändernden Jahresbeträgen


Leitsatz

Bei wiederkehrenden Leistungen, die auf Dauer verlangt werden und nicht nur für eine bestimmte streitige Zeit, ist für die Wertberechnung bei sich verändernden Jahresbeträgen auf den höchsten für die Berechnung maßgeblichen Einzelwert in den ersten dreieinhalb Jahren nach Klageerhebung abzustellen.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des 28. Zivilsenats des [X.] vom 30. Mai 2016 wird auf ihre Kosten verworfen.

Streitwert: 19.003 €

Gründe

1

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO erforderliche Mindestbeschwer nicht erreicht wird. Die Klägerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass der Wert des [X.] für das beabsichtigte Revisionsverfahren über 19.003 € liegt und den Wert von 20.000 € übersteigt.

2

a) In die [X.] einzustellen ist zunächst der [X.] in Höhe von 7.487,33 €. Die geltend gemachten Zinsen bleiben gemäß § 4 Abs. 1 ZPO unberücksichtigt.

3

b) In die [X.] einzustellen ist des Weiteren ein Betrag von gerundet 11.516 € als Teilbetrag von 19.003 €. Nur dieser Teilbetrag ist infolge darüber hinaus bestehender wirtschaftlicher Identität des Antrages auf Absicherung der Versorgungsansprüche mit dem [X.] gemäß § 5 ZPO zu dessen Wert zu addieren.

4

aa) Der Antrag auf Absicherung der Versorgungsansprüche der Klägerin gegen das Risiko der Insolvenz durch Abschluss einer Rückdeckungsversicherung, der Klägerin die Versicherungsleistung aus dieser Versicherung einschließlich Zusatzversicherungen zu verpfänden und die hierfür erforderlichen Willenserklärungen gegenüber [X.] abzugeben, ist mit gerundet 19.003 € zu bewerten. Diese [X.] ergibt sich aus §§ 3, 9 Abs. 1 ZPO. Bei der Wertbemessung nach § 3 ZPO ist die Wertung des § 9 Abs. 1 ZPO heranzuziehen. Es handelte sich bei den [X.] der Klägerin um wiederkehrende Leistungen, die auf Dauer verlangt werden und nicht nur für eine bestimmte streitige [X.]. Maßgebend ist deshalb für die [X.] der dreieinhalbfache Wert des einjährigen Bezugs. Auszugehen ist dabei grundsätzlich von den ersten zwölf Monaten nach Klageerhebung ([X.] in [X.], 5. Aufl., § 9 Rn. 9; [X.] in Musielak/[X.], ZPO, 14. Aufl., § 9 Rn. 5; [X.] in [X.], ZPO, 9. Aufl., § 9 Rn. 7).

5

Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich nach der Pensionszusage die laufenden Rentenleistungen um 1 % jährlich nach Ablauf eines Jahres und im [X.] erhöhen. Bei sich verändernden Jahresbeträgen ist auf den höchsten Betrag in der streitigen [X.] abzustellen ([X.], Beschluss vom 21. September 2005 - [X.], NJW-RR 2006, 16 Rn. 10 ff. zu § 8 ZPO; [X.], 83, 86 zu § 9 ZPO aF; [X.] in [X.], 5. Aufl., § 9 Rn. 9; [X.] in [X.], ZPO, 9. Aufl., § 9 Rn. 7; [X.] in Musielak/[X.], ZPO, 14. Aufl., § 9 Rn. 5). Bezüglich des höchsten einzustellenden Jahreswerts kommt es dabei bei Rechten, bei denen kein Endzeitpunkt bestimmt ist, auf den gemäß § 9 Abs. 1 ZPO zu betrachtenden [X.]raum an (vgl. [X.] 1899, 1 Nr. 3 zu § 9 ZPO aF, sich dem anschließend [X.], 83, 86; [X.] in [X.], ZPO, 23. Aufl., § 9 Rn. 10). Diese Auslegung des § 9 Abs. 1 ZPO wird durch seinen Zweck gerechtfertigt. § 9 ZPO schreibt im Interesse der Vereinheitlichung und Vereinfachung der Streitwertfestsetzung eine normative Bemessung vor ([X.] in [X.], 5. Aufl., § 9 Rn. 1; [X.] in Musielak/[X.], ZPO, 14. Aufl., § 9 Rn. 1; [X.] in [X.], ZPO, 9. Aufl., § 9 Rn. 1). Bei natürlichen Personen würde andernfalls - was die Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall geltend gemacht hat - die Notwendigkeit bestehen, unter Heranziehung von Sterbetafeln den höchsten Wert zu ermitteln. Soweit z. B. anspruchsberechtigt eine Gesellschaft ist, würde eine sinnvolle Streitwertfestsetzung sogar gänzlich unmöglich werden. Dementsprechend ist die Wertbemessung im vorliegenden Fall im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführerin nicht nach dem Durchschnittswert und auch nicht nach dem höchsten, unter Berücksichtigung einer Sterbetafel letzten heranzuziehenden Monatswert in ferner Zukunft festzusetzen. [X.] ist vielmehr der Betrag von 452,45 € (439,14 € zuzüglich dreimaliger1 %-iger Erhöhung) monatlich.

6

bb) Da die Klägerin mit ihrem Antrag auf Absicherung und Verpfändung im Ergebnis den Erhalt der Rente sicherstellen will, kann ihr entsprechender Antrag nicht höher bewertet werden als ein entsprechender [X.] selbst. Dies entspricht auch dem Rechtsgedanken des § 6 Satz 1 ZPO.

7

cc) Zu dem [X.] konnte der Betrag von 19.003 € jedoch nicht vollständig addiert werden, da im Hinblick auf die Höhe des [X.]s insoweit eine wirtschaftliche Identität besteht, die einer Zusammenrechnung entgegensteht. Dabei ist im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerde davon auszugehen, dass der [X.] auch den [X.]raum erfasst, für den der [X.] gestellt worden ist. Jedenfalls lässt sich dem Antrag selbst eine Einschränkung nicht entnehmen. Eine solche ist auch nicht im Berufungsverfahren geltend gemacht worden.

8

c) Eine Erhöhung kommt auch nicht im Hinblick auf den Antrag auf die Verurteilung zum Nachweis einer entsprechenden Rückdeckungsversicherung in Betracht. Insoweit besteht wirtschaftliche Identität mit dem Antrag auf Abschluss einer Rückdeckungsversicherung.

9

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde wäre im Übrigen auch unbegründet, weil keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen Gründe vorliegt, nach denen der Senat die Revision zulassen darf. Der Rechtsstreit der Parteien hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert er eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbs. ZPO abgesehen.

[X.]     

      

Wöstmann     

      

Born   

      

Sunder     

      

Bernau     

      

Meta

II ZR 169/16

23.05.2017

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 30. Mai 2016, Az: 28 U 481/16

§ 3 ZPO, § 9 Abs 1 ZPO, § 26 Nr 8 ZPOEG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.05.2017, Az. II ZR 169/16 (REWIS RS 2017, 10509)

Papier­fundstellen: WM2017,1525 REWIS RS 2017, 10509


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. II ZR 169/16

Bundesgerichtshof, II ZR 169/16, 23.05.2017.


Az. 28 U 481/16

OLG München, 28 U 481/16, 30.05.2016.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VIII ZR 45/22

II ZR 169/16

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