Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.06.2013, Az. 12 W (pat) 1/09

12. Senat | REWIS RS 2013, 5246

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Patentbeschwerdeverfahren – „Vorrichtung zur Befestigung eines Rundschaftmeißels“ – unzulässige Erweiterung – unzulässige Verallgemeinerung


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 10 2005 010 678

hat der 12. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juni 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] [X.], der Richterin [X.] sowie [X.] und [X.]. Krüger

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss der [X.] des [X.] vom 18. September 2008 aufgehoben und das Patent 10 2005 010 678 widerrufen.

Gründe

I

1

Mit dem angefochtenen Beschluss hat die [X.] das Patent 10 2005 010 678 betreffend eine

2

"Vorrichtung zur Befestigung eines [X.]"

3

beschränkt aufrechterhalten.

4

Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Einsprechenden.

5

Der aufrechterhaltene Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung hervorgehoben):

6

das aus einem Elastomer mit großer Shore-Härte besteht oder in Form einer Federspannhülse ausgebildet ist, die in eine Bohrung in dem Meißelhalter eingepresst ist.

7

Der aufrechterhaltene nebengeordnete Anspruch 7 hat folgenden Wortlaut (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung hervorgehoben):

8

das aus einem Elastomer mit großer Shore-Härte besteht oder in Form einer Federspannhülse ausgebildet ist, zur Bildung einer Anschlagfläche (7, 26) und/oder Stützfläche (8, 27), die sich jeweils in Laufrichtung eines Rundschaftmeißels (2, 23) einer Straßenfräse vor einem [X.] (6, 22) befinden, wobei die Anschlagfläche (7, 26) sich an einem Meißelhalter (5, 21) einer Befestigungsvorrichtung (1, 20) und die Stützfläche (8, 27) sich an einem Basisteil (3, 28) der Befestigungsvorrichtung (1, 20) befindet und der [X.] (6, 22) in einer angepassten Ausnehmung in dem Basisteil (3, 28) einsteckbar ist.

9

An den Anspruch 1 schließen sich [X.] 2 bis 6 an.

Die Einsprechende und Beschwerdeführerin stellte den Antrag,

den Beschluss der [X.] des [X.] vom 18. September 2008 aufzuheben und das Patent 10 2005 010 678 zu widerrufen.

Der ordnungsgemäß geladene Patentinhaber und Beschwerdegegner hat den Termin der mündlichen Verhandlung nicht wahrgenommen und sich auch in der Sache nicht geäußert.

Wegen weiterer Einzelheiten und wegen des Wortlauts der [X.] wird auf die Akte verwiesen.

II

Die Beschwerde ist zulässig und auch begründet.

Der Einspruch war zulässig.

1. Anspruch 1 lässt sich folgendermaßen in Merkmale gliedern:

1.1 Vorrichtung (1, 20) zur Befestigung eines [X.] (2, 23), aufweisend ein Basisteil (3, 28) und einen Meißelhalter (5, 21),

1.2 wobei der Meißelhalter (5, 21) mit einem [X.] (6, 22) versehen ist, der in eine angepasste Ausnehmung des [X.] (3, 28) einsteckbar ist

1.3 und wobei der Meißelhalter (5, 21) eine [X.] (7, 26) aufweist, die an einer [X.] (8, 27) des [X.] (3, 28) anliegt

1.4 und wobei über die [X.] (7, 26) und die [X.] (8, 27) ein wesentlicher Teil der von dem [X.] (2, 23) und dem Meißelhalter (5, 21) aufgenommenen Kräfte in das Basisteil (3, 28) ableitbar ist,

1.5 wobei sich zumindest ein Teil der [X.] (8, 12, 27) auf dem Basisteil (3, 28) in Laufrichtung (9) des [X.] (2, 23) vor dem [X.] (6, 22) befindet

1.6 und zumindest ein Teil der [X.] (7, 13, 26) an diesem Teil der [X.] (8, 12, 27) anliegt,

1.7 wobei zumindest diejenigen Teile der [X.] (8, 12, 27) und/oder der [X.] (7, 13, 26), die in Laufrichtung (9) des [X.] (2, 23) vor dem [X.] (6, 22) angeordnet sind, von einem elastischen Abstützelement (10, 29, 30) gebildet sind,

1.7.1 das aus einem Elastomer mit großer Shore-Härte besteht

1.7.2 oder in Form einer [X.] ausgebildet ist, die in eine Bohrung in dem Meißelhalter eingepresst ist.

Fachmann ist ein Ingenieur des Maschinenbaus mit Fachhochschulabschluss und mehrjähriger Berufserfahrung, der mit der Konstruktion und Wartung von Bohr- und Fräsmaschinen vertraut ist.

2. Gemäß dem geltenden Anspruch 1 betrifft die Erfindung eine Vorrichtung zur Befestigung eines [X.] mit einem Basisteil und einem Meißelhalter (Merkmal 1.1). Dabei weist der Meißelhalter eine [X.] auf, die an einer [X.] des [X.] anliegt (Merkmal 1.3). Zusätzlich ist der Meißelhalter mit einem [X.] versehen, der in eine angepasste Ausnehmung des [X.] einsteckbar ist (Merkmal 1.2). Teile der [X.] und/oder der [X.] vor dem [X.] sind von einem elastischen Abstützelement gebildet (Merkmal 1.7).

Merkmal 1.7.2 gibt an, dass dieses elastische Abstützelement in Form einer [X.] ausgebildet ist, die in eine Bohrung in dem Meißelhalter eingepresst ist. Die im geltenden Anspruch 1 auf die Variante des Abstützelementes als [X.] gerichtete Alternative ist den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen in der im Anspruch 1 angegebenen allgemeinen Form nicht entnehmbar und stellt somit eine unzulässige Erweiterung dar.

Der Patentinhaber ist zwar nicht genötigt, wenn er nur noch für eine bestimmte Ausführungsform der angemeldeten Erfindung Schutz begehrt, sämtliche Merkmale eines Ausführungsbeispiels in den Anspruch aufzunehmen. Die Aufnahme eines weiteren Merkmals aus der Beschreibung in den Patentanspruch ist zulässig, wenn dadurch die zunächst weiter gefasste Lehre auf eine engere Lehre eingeschränkt wird und wenn das weitere Merkmal in der Beschreibung als zu der beanspruchten Erfindung gehörend zu erkennen war ([X.], [X.]Z 111, 21, 25 - [X.]; Beschl. v. 30.10.1990 - [X.], [X.], 307, 308 - Bodenwalze; Urt. v. 7.12.1999 - [X.], [X.], 591, 592 - Inkrustierungsinhibitoren). Dienen mehrere in der Beschreibung eines Ausführungsbeispiels genannte Merkmale der näheren Ausgestaltung der unter Schutz gestellten Erfindung, die je für sich, aber auch zusammen den durch die Erfindung erreichten Erfolg fördern, hat es der Patentinhaber in der Hand, ob er sein Patent durch die Aufnahme einzelner oder sämtlicher dieser Merkmale beschränkt; in dieser Hinsicht können dem Patentinhaber keine Vorschriften gemacht werden ([X.] v. 23.1.1990 - [X.], [X.], 432, 434 – [X.]).

Das bedeutet jedoch nicht, dass der Patentinhaber nach Belieben einzelne Elemente eines Ausführungsbeispiels im Patentanspruch kombinieren dürfte. Die Kombination muss vielmehr in ihrer Gesamtheit eine technische Lehre darstellen, die der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen kann; andernfalls wird etwas beansprucht, von dem der [X.] aufgrund der ursprünglichen Offenbarung nicht erkennen kann, dass es von vornherein von dem [X.] umfasst sein soll ([X.] v. 23.1.1990 - [X.], [X.], 432, 434 – [X.]). Werden in den Patentanspruch nur einzelne Merkmale eines Ausführungsbeispiels der Erfindung aufgenommen, geht die sich daraus ergebende Merkmalskombination dann über den Inhalt der Anmeldung hinaus, wenn sie in ihrer Gesamtheit eine technische Lehre umschreibt, die der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen nicht als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen kann ([X.] v. 11.9.2001 – [X.], [X.], 49 – Drehmomentenübertragungseinrichtung).

Das Merkmal, wonach das Abstützelement eine [X.] sein kann, ist zwar dem erteilten Anspruch 7 entnehmbar. Dieser Anspruch 7 ist aber auf den Anspruch 6 und der Anspruch 6 wiederum auf den Anspruch 5 rückbezogen. Anspruch 5 schließlich ist auf Anspruch 1 rückbezogen. Gemäß Anspruch 5 weist der Meißelhalter ein relativ zu dem [X.] (22) verstellbares Oberteil (24) auf, welches es ermöglicht, die Mittelachse (25) des [X.] (23) hinsichtlich eines [X.] zu verstellen. Gemäß Anspruch 6 weist das Oberteil (24) ein Abstützelement auf – nämlich gemäß Anspruch 7 eine [X.] – das mit einem Formschlussmittel des [X.] in Eingriff bringbar und mittels Fixiermitteln ortsfest [X.] ist. Die [X.] ist demgemäß in den Ansprüchen lediglich in Verbindung mit einem verstellbaren Oberteil offenbart. Dieses gilt auch für die ursprünglich eingereichte Anspruchsfassung.

Oberteil (24) eingepresst sind (vgl. Absatz 0034).

Meißelhalter vorsieht.

Die in Absatz 0034 angegebenen Informationen zu den [X.]n erlauben mithin keine Verallgemeinerung gemäß dem Gegenstand des geltenden Anspruches 1.

Da der Gegenstand des Patentes bezüglich des Anspruchs 1 über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinausgeht, ist das Patent gemäß § 21 (1) Nr. 4 [X.] zu widerrufen.

Die [X.] und der nebengeordnete Anspruch 7 fallen zwangsläufig mit dem Anspruch 1.

Meta

12 W (pat) 1/09

06.06.2013

Bundespatentgericht 12. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.06.2013, Az. 12 W (pat) 1/09 (REWIS RS 2013, 5246)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5246

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

5 Ni 42/21 (EP) (Bundespatentgericht)

Patentnichtigkeitssache – „Schneidkörper“ – Zur Zulässigkeit des Hilfsantrags einer Nichtigkeitsklägerin – Zu den Befugnissen des …


4 Ni 31/15 (EP) (Bundespatentgericht)

(Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Interdentalreiniger (europäisches Patent)" – Erhebung einer Verletzungsklage durch den im Nichtigkeitsverfahren beklagten Patentinhaber, …


I-15 U 61/16 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


5 Ni 8/13 (EP) (Bundespatentgericht)

Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Elektrisch angetriebene Vorrichtung für Fahrräder (europäisches Patent)" – zum Vorliegen einer Schutzbereichserweiterung


7 Ni 79/19 (Bundespatentgericht)

Patentnichtigkeitssache – „Duschbodenelement“ – teilweise Nichtigkeit – rechtsbeständiger Hilfsantrag – Hinweispflicht – Zur Frage der …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.