Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.04.2006, Az. IV ZB 20/05

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 3893

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[X.] [X.]/05vom 25. April 2006 in [X.]em Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]Z: ja [X.]R: ja _____________________

ZPO § 520 Abs. 2 Für [X.]ie Beurteilung [X.]er Rechtzeitigkeit [X.]es Eingangs eines per Telefax über-san[X.]ten Schriftsatzes kommt es allein [X.]arauf an, ob [X.]ie gesen[X.]eten Signale noch vor Ablauf [X.]es letzten Tages [X.]er Frist vom Telefaxgerät [X.]es Gerichts vollstän[X.]ig empfangen (gespeichert) wor[X.]en sin[X.].

[X.], Beschluss vom 25. April 2006 - [X.] - [X.][X.] - 2 -

[X.] hat [X.]urch [X.]en [X.], [X.], [X.], [X.] un[X.] Dr. [X.] am 25. April 2006 beschlossen: Auf [X.]ie Rechtsbeschwer[X.]e [X.]er Klägerin wir[X.] [X.]er Be-schluss [X.]es 20. Zivilsenats [X.]es [X.] vom 25. Februar 2005 aufgehoben. Die Sache wir[X.] zur neuen Behan[X.]lung un[X.] Entschei[X.]ung, auch über [X.]ie Kosten [X.]es Rechtsbeschwer[X.]everfahrens, an [X.]as Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Gegenstan[X.]swert [X.]er Rechtsbeschwer[X.]e wir[X.] auf 21.815,13 • festgesetzt.

Grün[X.]e: [X.] Die [X.]en streiten um [X.]ie Leistung aus einer von [X.]er Klägerin bei [X.]er Beklagten genommenen Einbruch[X.]iebstahlversicherung. Die [X.] beruft sich unter an[X.]erem auf Obliegenheitsverletzungen un[X.] lehnt eine Eintrittspflicht ab. 1 - 3 -

Das [X.] wies [X.]ie Klage ab. Nach form- un[X.] fristgerechter Beru-fungseinlegung un[X.] Verlängerung [X.]er Frist zur Berufungsbegrün[X.]ung bis einschließlich 14. Juli 2004 übermittelten [X.]ie Prozessbevollmächtigten [X.]er Klägerin [X.]em Berufungsgericht mit zwei [X.] eine sie-benseitige Berufungsbegrün[X.]ung nebst Anlagen. Eine erste [X.] bestan[X.] nach einer Einzelverbin[X.]ungsübersicht [X.]er [X.]am 14. Juli 2004 ab 23:55:40 h mit einer Dauer von vier Mi-nuten 24 Sekun[X.]en, also bis am 15. Juli 2004 um 00:00:04 h. Mit ihr wur[X.]en [X.]ie siebenseitige Berufungsbegrün[X.]ung sowie zwei Seiten [X.] übermittelt. Eine zweite Telefaxverbin[X.]ung am 15. Juli 2004 ab 00:02:08 h [X.]iente [X.]er Übermittlung weiterer Anlagen. 2 Das Telefaxgerät [X.]es Berufungsgerichts war so eingestellt, [X.]ass [X.]er Aus[X.]ruck einer Telefaxsen[X.]ung erst nach [X.]em Empfang sämtlicher Seiten [X.]er Sen[X.]ung im Speicher [X.]ieses Geräts erfolgte. Das Gerät [X.]ruckte sortiert aus, [X.]ie zuletzt gesen[X.]ete Seite zuerst un[X.] [X.]ie zuerst gesen[X.]ete Seite zuletzt. Bei [X.]er ersten Telefaxsen[X.]ung wur[X.]en [X.] - nach vollstän[X.]igem Empfang [X.]er gesen[X.]eten technischen [X.] - zunächst [X.]ie zweite un[X.] [X.]ie erste Seite [X.]er Anlagen, [X.]anach [X.]ie Sei-te 7 [X.]er Berufungsbegrün[X.]ung mit [X.]er Wie[X.]ergabe [X.]er Unterschrift [X.]es unterzeichnen[X.]en Prozessbevollmächtigten un[X.] so[X.]ann [X.]ie weiteren [X.] [X.]er Berufungsbegrün[X.]ung von Seite 6 bis Seite 1 ge[X.]ruckt. 3 Das Berufungsgericht hat [X.]ie Berufung [X.]er Klägerin wegen [X.] [X.]er Berufungsbegrün[X.]ungsfrist als unzulässig verworfen. Hier-gegen wen[X.]et sich [X.]ie Klägerin mit ihrer Rechtsbeschwer[X.]e. 4 - 4 -

I[X.] Das Rechtsmittel hat Erfolg un[X.] führt zur Aufhebung [X.]es [X.] Beschlusses un[X.] zur Zurückverweisung [X.]er Sache an [X.]as [X.]. 5 1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Ein per Telefax [X.]r Schriftsatz sei grun[X.]sätzlich erst in [X.]em Zeitpunkt bei Gericht einge-gangen, in welchem [X.]as Telefaxgerät [X.]es Gerichts [X.]as [X.] ausge[X.]ruckt habe. Eine Ausnahme von [X.]iesem Grun[X.]satz sei nur [X.]ann zu machen, wenn hinreichen[X.]e Anhaltspunkte [X.]afür vorlägen, [X.]ass [X.]as Telefaxgerät [X.]es Gerichts [X.]efekt gewesen o[X.]er falsch gehan[X.]habt [X.] sei un[X.] [X.]ie eingehen[X.]en Signale [X.]eshalb nicht sofort hätten ausge-[X.]ruckt wer[X.]en können. Darüber hinaus sei bei rechtzeitiger Telefaxsen-[X.]ung eine Ausnahme geboten, wenn ein Gericht [X.]ie nachts eingehen[X.]en [X.] zunächst le[X.]iglich speichern un[X.] erst am nächsten Morgen aus[X.]rucken lasse. Solche Ausnahmefälle lägen hier je[X.]och nicht vor. Maßgeblich bleibe [X.]aher [X.]er Zeitpunkt [X.]es Aus[X.]rucks. Da [X.]ie Frist zur Berufungsbegrün[X.]ung mit Ablauf [X.]es 14. Juli 2004 geen[X.]et habe un[X.] [X.]ie Berufungsbegrün[X.]ung bis zum Ablauf [X.]ieses Tages nicht vollstän[X.]ig ausge[X.]ruckt gewesen sei, habe [X.]ie Klägerin [X.]ie Berufungsbegrün[X.]ungs-frist versäumt. 6 2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stan[X.]. 7 a) Die Rechtsbeschwer[X.]e ist gemäß §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft un[X.] im Übrigen nach § 575 ZPO zuläs-sig. Die Klägerin hat in [X.]er Beschwer[X.]ebegrün[X.]ung hinreichen[X.] [X.]arge-tan, [X.]ass [X.]ie Rechtsfrage, 8 - 5 -

ob ein per Telefax übermittelter Schriftsatz bei [X.] Übermittlung un[X.] störungsfrei aus[X.]rucken[X.]em [X.] [X.]es Gerichts erst in [X.]em Zeitpunkt bei Gericht eingegan-gen ist, in [X.]em [X.]as Telefaxgerät [X.]es Gerichts ihn vollstän-[X.]ig ausge[X.]ruckt hat, o[X.]er - wie [X.]ie Rechtsbeschwer[X.]e meint - bereits mit [X.]em vollstän[X.]igen Empfang (Speiche-rung) [X.]er gesen[X.]eten technischen Signale im Telefaxgerät [X.]es Gerichts, grun[X.]sätzliche Be[X.]eutung hat (§ 575 Abs. 3 Nr. 2 i.V. mit § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Diese kommt einer Rechtsfrage zu, wenn sie entschei[X.]ungs-erheblich, klärungsbe[X.]ürftig un[X.] klärungsfähig ist un[X.] sich in einer [X.] Vielzahl von Fällen stellen kann ([X.]Z 152, 182, 191; 151, 221, 223 m.w.N.). Der Entschei[X.]ungserheblichkeit steht nicht entgegen, [X.]ass [X.]as [X.] nicht aus[X.]rücklich (positiv) festgestellt hat, [X.]ass [X.]ie Übermittlung/Speicherung [X.]er gesen[X.]eten Signale [X.]er Seiten 1 bis 7 [X.]er Berufungsbegrün[X.]ung, auf [X.]ie es allein ankommt, im Telefaxgerät [X.]es Berufungsgerichts vor Mitternacht abgeschlossen war. Die in [X.]er [X.] zu berücksichtigen[X.]en unstreitigen weiteren Über-mittlungsfakten belegen [X.]ies. Die (erste) Telefaxverbin[X.]ung war am 15. Juli 2004 um 00:00:04 h zu En[X.]e, [X.]ie mit ihr erfolgte Übermittlung [X.]er zwei Seiten Anlagen im [X.] an [X.]ie Übermittlung [X.]er siebensei-tigen Berufungsbegrün[X.]ung hat min[X.]estens fünf Sekun[X.]en in Anspruch genommen. Das folgert auch [X.]as Berufungsgericht aus [X.]en hier gegebe-nen Umstän[X.]en. Der entsprechen[X.]e vollstän[X.]ige Aus[X.]ruck kann erst nach Mitternacht erstellt wor[X.]en sein. 9 - 6 -

b) Die Rechtsbeschwer[X.]e ist begrün[X.]et. 10 aa) Das Berufungsgericht hat zutreffen[X.] erkannt, [X.]ass nach [X.] Rechtsprechung [X.]es [X.] un[X.] überwiegen[X.]er An-sicht in [X.]er Literatur ein per Telefax übermittelter Schriftsatz grun[X.]sätz-lich erst in [X.]em Zeitpunkt bei Gericht eingegangen ist, in welchem [X.]as Telefaxgerät [X.]es Gerichts ihn vollstän[X.]ig ausge[X.]ruckt hat ([X.], [X.] vom 4. Mai 1994 - [X.] - NJW 1994, 2097 unter [X.]; vom 19. April 1994 - [X.] - NJW 1994, 1881 unter [X.] a; vom 12. Dezember 1990 - [X.] - VersR 1991, 894 unter 2 b; zum Fernschreiben vgl. [X.]Z 105, 40, 42 f. u. 45; 101, 276, 279 f.; vgl. ferner [X.], Urteil vom 7. Dezember 1994 - [X.] - NJW 1995, [X.] 3 [X.] [X.]; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], ZPO 63. Aufl. § 519 [X.]. 4 un[X.] 10; Ball in Musielak, ZPO 4. Aufl. § 519 [X.]. 22; Feiber in [X.] zur ZPO, 2. Aufl. § 233 [X.]. 104; Ger-ken in [X.]/Schütze, ZPO 3. Aufl. § 519 [X.]. 20; [X.] in [X.], ZPO 22. Aufl. § 130 [X.]. 56; [X.] in [X.]/[X.], ZPO 27. Aufl. § 129 [X.]. 13; [X.], ZPO 7. Aufl. § 519 [X.]. 8; offen geblieben in [X.], Beschluss vom 24. Juli 2003 - [X.]/03 - NJW 2003, 3487 unter [X.] b). Eine Ausnahme von [X.]iesem Grun[X.]satz wir[X.] [X.], wenn hinreichen[X.]e Anhaltspunkte [X.]afür vorliegen, [X.]ass [X.]as Telefaxgerät [X.]es Gerichts [X.]efekt war o[X.]er falsch gehan[X.]habt wur[X.]e un[X.] [X.]eswegen [X.]ie eingehen[X.]en Signale nicht o[X.]er nicht sofort (vollstän[X.]ig) ausge[X.]ruckt wer[X.]en konnten, wenn also [X.]ie Ursache für [X.]en Mangel [X.]er Lesbarkeit o[X.]er ([X.]er Vollstän[X.]igkeit) [X.]es Aus[X.]rucks in [X.]er Sphäre [X.]es Gerichts gelegen hat; was vom Empfangsgerät eines Gerichts aufge-nommen un[X.] infolge eines Fehlers im Gerät o[X.]er bei [X.]essen Be[X.]ienung 11 - 7 -

nicht o[X.]er nicht sofort (vollstän[X.]ig) ausge[X.]ruckt wor[X.]en sei, müsse aus Grün[X.]en [X.]er Rechtsstaatlichkeit un[X.] [X.]es Vertrauensschutzes so behan-[X.]elt wer[X.]en, als habe [X.]as Gerät es or[X.]nungsgemäß ausge[X.]ruckt un[X.] als sei es auf [X.]iese Weise in [X.]ie Verfügungsgewalt [X.]es Gerichts gelangt ([X.], Beschlüsse vom 4. Mai 1994 aaO; vom 19. April 1994 aaO unter [X.] a un[X.] b; vom 12. Dezember 1990 aaO; [X.]Z 105, 40, 42 ff.; [X.], Ur-teil vom 14. März 2001 - [X.] - NJW 2001, 1581 unter 2 b; vgl. ferner [X.], Urteil vom 7. Dezember 1994 aaO; [X.], Beschluss vom 23. November 2004 - [X.] - NJW-RR 2005, 435 unter [X.]; [X.], aaO; Ball, aaO; [X.], aaO; [X.], aaO; [X.], aaO). In [X.]ie-sen Fällen wir[X.] schon bei vollstän[X.]igem Empfang [X.]er gesen[X.]eten [X.] im Telefaxgerät [X.]es Gerichts vor Fristablauf von einer rechtzeitigen Übermittlung [X.]es Schriftsatzes ausgegangen.
[X.]) Von [X.]ieser Rechtsprechung ist [X.]er 5. Strafsenat [X.]es [X.] mit seinem Beschluss vom 9. November 2004 (5 [X.]) nicht abgewichen. Er hat [X.]arin einen Beschluss [X.]es [X.]s Hamburg "aus [X.]en Grün[X.]en [X.]er Antragsschrift [X.]es [X.]" aufgehoben. Der [X.] hatte zunächst [X.]argelegt, [X.]ass eine per Telefax übermittelte Rechtsmittelbegrün[X.]ungsschrift grun[X.]-sätzlich erst in [X.]em Zeitpunkt zugegangen sei, in [X.]em sie im [X.] [X.]es Gerichts ausge[X.]ruckt wor[X.]en sei. Gleichwohl hatte er im konkre-ten Fall [X.]ie von [X.]er Vertei[X.]igerin [X.]es Angeklagten per Telefax [X.] (342 Seiten umfassen[X.]e) [X.] für fristgerecht eingegangen gehalten, nach[X.]em [X.]ie gesen[X.]eten Signale von [X.]en über einen [X.] verfügen[X.]en Telefaxgeräten [X.]es [X.]s noch am letzten Tag [X.]er Frist vollstän[X.]ig empfangen wor[X.]en waren, [X.]er Aus-[X.]ruck [X.]es Schriftsatzes ab Blatt 90 je[X.]och erst am Folgetag nach [X.] - 8 -

[X.]erauffüllen [X.]er [X.] [X.]er bei[X.]en Geräte abgeschlossen wer[X.]en konnte. Bei [X.] liege zwar - an[X.]ers als in [X.]en Fällen [X.]es [X.] - keine technische Störung [X.]er Empfangsgeräte, wohl aber eine an[X.]ere Verzögerung bei [X.]er Entgegennahme rechtzeitig in [X.]en [X.] [X.]es Gerichts gelangter fristwahren[X.]er Schriftsätze vor, [X.]eren Ursa-che allein in [X.]er Sphäre [X.]es Gerichts zu fin[X.]en sei (Antragsschrift [X.]es [X.]s vom 2. September 2004 - 5 [X.] - S. 2 ff. unter Hinweis auf [X.] NJW 1986, 244 = [X.]E 69, 381, 385 f.; vgl. ferner Maul in [X.] Kommentar zur [X.], 5. Aufl. § 43 [X.]. 19; [X.], [X.] 48. Aufl. Vor § 42 [X.]. 18; [X.], [X.] 5. Aufl. § 43 [X.]. 2). [X.]) Die Rechtsprechung [X.]es [X.] wir[X.] vom [X.] geteilt. Auch nach seiner Auffassung ist ein [X.]em Gericht per Telefax übermittelter Schriftsatz, wenn [X.]er Aus[X.]ruck nicht [X.]urch ei-nen Fehler in [X.]er Funktion o[X.]er bei [X.]er Be[X.]ienung [X.]es Telefaxgeräts [X.]es Gerichts verzögert wur[X.]e, in [X.]em Zeitpunkt eingegangen, in [X.]em er vom Telefaxgerät [X.]es Gerichts vollstän[X.]ig ausge[X.]ruckt wor[X.]en ist ([X.]NV 2004, 519 f.; [X.]NV 2004, 358; [X.]NV 1992, 532 f.; vgl. ferner [X.], 491, 492 f.). In [X.]en vom [X.] entschie[X.]enen Fällen [X.] je[X.]och nicht nur [X.]er Aus[X.]ruck, son[X.]ern auch [X.]er (vollstän[X.]ige) Emp-fang (Speicherung) [X.]er übermittelten Signale jeweils erst nach Fristab-lauf abgeschlossen, so [X.]ass es bei seinen Entschei[X.]ungen auf [X.]ie hier entschei[X.]ungserhebliche Rechtsfrage (letztlich) nicht angekommen war. 13 14 [X.][X.]) Das [X.] ([X.] NJW 1996, 2857 unter [X.]) un[X.] [X.]as [X.] ([X.], 329, 331 f.) stellen [X.] auch bei nicht [X.]urch technische Störungen o[X.]er Be[X.]ienungsfeh-- 9 -

ler verzögertem Aus[X.]ruck für [X.]ie Beurteilung [X.]er Rechtzeitigkeit [X.]es [X.] eines per Telefax übersan[X.]ten Schriftsatzes allein [X.]arauf ab, ob [X.]ie gesen[X.]eten Signale noch vor Ablauf [X.]es letzten Tages [X.]er Frist vom Telefaxgerät [X.]es Gerichts vollstän[X.]ig empfangen (gespeichert) wur[X.]en. Dass [X.]er Aus[X.]ruck [X.]es [X.] (teilweise) erst nach Fristablauf erfolgt, wir[X.] nicht als erheblich angesehen. Auch [X.]iese An-sicht hat in [X.]er Literatur ([X.] in [X.], ZPO 25. Aufl. § 167 [X.]. 9; [X.]/[X.] in [X.], ZPO 25. Aufl. § 519 [X.]. 18 [X.]; von [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/von [X.], VwGO 3. Aufl. § 57 [X.]. 16) Zustimmung gefun[X.]en.
ee) Der Senat gibt [X.]er letzteren Ansicht [X.]en Vorzug. 15 [X.]) Die bisherige, grun[X.]sätzlich auf [X.]en Zeitpunkt [X.]es Aus[X.]rucks abstellen[X.]e Rechtsprechung wir[X.] [X.]en technischen Gegebenheiten [X.]er Telekommunikation nicht mehr gerecht. Sie geht zurück auf zwei Verfah-ren, in [X.]enen sich [X.]en zur Wahrung von Fristen eines Fernschrei-bers be[X.]ient hatten ([X.]Z 101, 276 ff.; 105, 40 ff.). Mit [X.]iesem Kommu-nikationsmittel wur[X.]e es [X.]em [X.] Bürger ermöglicht, fiauf ei-nem schnellen un[X.] in [X.]er Regel sicheren Wege [X.]urch [X.]ie Übermittlung von Signalen fristgebun[X.]ene Eingaben an Behör[X.]en un[X.] Gerichte zu richten, [X.]ie zeitgleich mit ihrem Eingeben beim Empfänger eingehen un[X.] [X.]ort ebenso zeitgleich wie eingegeben ausge[X.]ruckt wer[X.]enfi ([X.]Z 105, 40, 42). 16 17 Von [X.] un[X.] Aus[X.]ruck stets zu ein un[X.] [X.]emselben Zeitpunkt kann bei Telefaxgeräten heutiger Art je[X.]och nicht (mehr) ausgegangen wer[X.]en. Sie sin[X.] regelmäßig mit verschie[X.]enen Empfangseinstellungen - 10 -

ausgestattet un[X.] lassen sich vom jeweiligen Benutzer unterschie[X.]lich programmieren. Man kann sie etwa so einstellen, [X.]ass [X.]er Aus[X.]ruck nicht währen[X.], son[X.]ern erst nach [X.]er (kompletten) Übertragung [X.]er [X.] erfolgt. Je nach Einstellung können [X.]ie Geräte [X.]ann unmittelbar nach Abschluss [X.]er Datenübertragung mit [X.]em Aus[X.]ruck beginnen o[X.]er aber - bei entsprechen[X.]em Speicherchip - zunächst mehrere hun[X.]ert [X.] empfangen, speichern un[X.] sie Stun[X.]en o[X.]er sogar erst Tage später [X.]. In [X.]er gerichtlichen Praxis wir[X.] von [X.]iesen Möglichkeiten auch Gebrauch gemacht. So wer[X.]en beispielsweise beim [X.] nächtlich eingehen[X.]e [X.] regelmäßig erst am nächsten Morgen ausge[X.]ruckt (vgl. [X.], Beschluss vom 17. Mai 2004 - [X.] - NJW 2004, 2525 unter [X.]). Das ist sinnvoll, weil [X.]a[X.]urch ein möglicher Papierstau, [X.]er mehrstün[X.]ige Unterbrechungen [X.]er Tele-faxverbin[X.]ung un[X.] hieraus resultieren[X.]e Wie[X.]ereinsetzungsverfahren zur Folge haben kann (vgl. [X.], Beschluss vom 23. November 2004 - [X.] - NJW-RR 435 ff.; Senatsurteil vom 2. Oktober 1991 - [X.] - NJW 1992, 244 f.), nicht stun[X.]enlang unbemerkt bleibt.
Es liegt auf [X.]er Han[X.], [X.]ass ein solcher gewollter Aufschub [X.]es Aus[X.]rucks [X.]er [X.] nicht zum Nachteil gereicht (vgl. [X.], Beschluss vom 17. Mai 2004 aaO). In Anbetracht [X.]er mittlerweile zur Verfügung stehen[X.]en vielfältigen Möglichkeiten, [X.]en Zeitpunkt [X.]es Aus[X.]rucks ein-gegangener [X.] auch bei Gericht [X.]en Be[X.]ürfnissen ent-sprechen[X.] zu variieren, erscheint es angezeigt, [X.]iesen Zeitpunkt bei [X.]er Beurteilung, ob ein per Telefax übermitteltes Dokument fristgerecht o[X.]er verspätet bei Gericht eingegangen ist, generell nicht mehr heranzuziehen un[X.] statt[X.]essen auf [X.]en Zeitpunkt [X.]es vollstän[X.]igen Empfangs (Speiche-rung) [X.]er gesen[X.]eten technischen Signale im Telefaxgerät [X.]es Gerichts 18 - 11 -

abzustellen. Dieser Zeitpunkt lässt sich in aller Regel zuverlässig bestimmen - wie hier mittels Einzelverbin[X.]ungsübersicht [X.]es in Anspruch genommenen Dienstleisters [X.], [X.]eren Zeitangaben mangels entgegenstehen[X.]er Feststellungen [X.]er [X.] im Sin-ne [X.]es Zeitgesetzes entsprechen (vgl. [X.], Beschluss vom 24. Juli 2003 aaO unter [X.] c un[X.] [X.]) - un[X.] unterschei[X.]et sich auch [X.]a[X.]urch von [X.]em-jenigen [X.]es Aus[X.]rucks, [X.]er mitunter - wie im vorliegen[X.]en Fall - nicht einmal erfasst wir[X.].
[X.]b) Dies steht im Einklang mit [X.]er fortschreiten[X.]en technischen Entwicklung, wie sie auch in [X.]er Zivilprozessor[X.]nung bereits berücksich-tigt wor[X.]en ist. Seit 1. August 2001 gibt § 130a ZPO [X.]er Bun[X.]esregie-rung un[X.] [X.]en Lan[X.]esregierungen [X.]ie Möglichkeit, elektronische [X.] im Verkehr mit [X.]en Gerichten zuzulassen. Nach § 130a Abs. 3 ZPO ist ein elektronisches Dokument eingereicht, sobal[X.] [X.]ie für [X.]en Empfang bestimmte Einrichtung [X.]es Gerichts es aufgezeichnet hat. Nach [X.]em Willen [X.]es Gesetzgebers soll hierfür [X.]erjenige Zeitpunkt maßge-ben[X.] sein, in [X.]em [X.]iese Einrichtung [X.]en [X.] gespeichert hat - un[X.] nicht [X.]er Zeitpunkt [X.]es Aus[X.]rucks (BT-Drucks. 14/4987, [X.]; [X.], aaO § 130a [X.]. 6; [X.] in Musielak, ZPO 4. Aufl. § 130a [X.]. 5). 19 Telefax un[X.] Computerfax fallen zwar nach überwiegen[X.] vertrete-ner Ansicht ([X.], NJW 2001, 3469 f.; [X.], aaO § 130a [X.]. 5; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], ZPO 63. Aufl. § 129 [X.]. 44 u. § 130a [X.]. 1; [X.], aaO [X.]. 2; a.[X.] in [X.] zur ZPO, 2. Aufl. § 130a [X.]. 2) nicht unter § 130a ZPO, weil [X.]ie Gerichte bei [X.]er Schaffung [X.]er Vorschrift im Jahre 2001 bereits 20 - 12 -

flächen[X.]ecken[X.] über [X.] verfügten un[X.] [X.]er [X.] nicht hinter bereits bestehen[X.]e Übermittlungsmöglichkeiten zu-rückgehen o[X.]er [X.]iese Einschränkungen unterwerfen wollte ([X.], aaO). Die Vorschrift erfasst [X.]aher nur solche elektronischen Dokumente wie z.B. E-Mails, [X.]eren Empfang un[X.] weitere Bearbeitung beson[X.]ere technische un[X.] organisatorische Vorbereitungen bei [X.]en Gerichten erfor-[X.]ert (BT-Drucks. 14/5561, [X.]). Auf [X.]er an[X.]eren Seite ist je[X.]och zu beachten, [X.]ass auch bei Telefax un[X.] [X.] auf elekt-ronischem Wege übermittelt wer[X.]en, es sich also auch hier (im weiteren Sinne) um elektronische Dokumente han[X.]elt (vgl. BT-Drucks. 14/4987, S. 19; BT-Drucks. 14/5561 aaO; GmS-OBG [X.]Z 144, 160 ff.; [X.], Ur-teil vom 10. Mai 2005 - [X.] - NJW 2005, 2086 ff.). Vor [X.]iesem Hintergrun[X.] vermag nicht zu überzeugen, [X.]ass es für [X.]ie Bestimmung [X.]es Eingangszeitpunkts bei [X.]er Übermittlung [X.]urch Telefax (weiterhin) grun[X.]sätzlich auf [X.]en Aus[X.]ruck im Telefaxgerät [X.]es Gerichts ankommen soll, währen[X.] man bei [X.]er Übermittlung [X.]urch E-Mail nicht auf [X.]en Aus-[X.]ruck am Computer ([X.]er Geschäftsstelle) [X.]es Gerichts abstellt, son[X.]ern stets bereits [X.]ie Speicherung im von Seiten [X.]es Gerichts [X.]afür vorgese-henen Gerät genügen lässt. [X.]c) Richtig ist zwar, [X.]ass erst [X.]ann, wenn ein Aus[X.]ruck vorliegt, [X.]as Gericht in [X.]er Lage ist, fivon [X.]em Inhalt [X.]es Schriftsatzes Kenntnis zu nehmenfi ([X.], Beschluss vom 4. Mai 1994 aaO unter [X.]). Auch vermag [X.]ie elektronische Speicherung [X.]er Nachricht im Telefaxgerät [X.]es Gerichts nicht an [X.]ie Stelle [X.]er Schriftform (vgl. § 130 Nr. 6 ZPO) zu [X.] (so zutreffen[X.] [X.] aaO). Bei[X.]es gibt aber keine Veranlassung, für [X.]ie Bestimmung [X.]es [X.] weiterhin an [X.]em Zeitpunkt 21 - 13 -

[X.]es vollstän[X.]igen Aus[X.]rucks [X.]urch [X.]as Telefaxgerät [X.]es Gerichts festzu-halten. (1) Im Störungsfall - [X.].h. bei einem Fehler in [X.]er Funktion o[X.]er [X.]er Be[X.]ienung [X.]es Telefaxgeräts [X.]es Gerichts un[X.] einer [X.]a[X.]urch be[X.]ingten Verzögerung [X.]es Aus[X.]rucks - haben [X.]iese Erwägungen ihre Maßgeblich-keit ohnehin fiaus Grün[X.]en [X.]er Rechtsstaatlichkeit un[X.] [X.]es [X.] ([X.], Beschluss vom 4. Mai 1994 aaO; [X.]Z 105, 40, 45) be-reits eingebüßt. 22 (2) Auch im Normalfall kann [X.]as Gericht bei [X.]er Übermittlung eines Schriftsatzes über einen von ihm eingerichteten Briefkasten nicht ohne weiteres von [X.]em Inhalt [X.]es Schriftsatzes Kenntnis nehmen. Der [X.] muss vielmehr zuerst aus [X.]em Briefkasten herausgeholt un[X.] in [X.]er Regel muss zunächst auch erst noch ein Briefumschlag entfernt wer[X.]en, ehe [X.]as Gericht vom Inhalt [X.]es Schriftsatzes Kenntnis nehmen un[X.] [X.]ie Einhaltung [X.]er Form (§ 130 Nr. 6 ZPO) überprüfen kann. Gleichwohl ist anerkannt, [X.]ass für [X.]ie Fristwahrung schon [X.]er rechtzeitige Einwurf [X.]es Schriftsatzes in [X.]en Briefkasten [X.]es Gerichts genügt ([X.]Z 80, 62, 63 f.; [X.], Beschluss vom 21. Juni 2004 - [X.] - NJW-RR 2005, 75 un-ter [X.]). Entnahme aus [X.]em Briefkasten un[X.] Entfernen [X.]es [X.] zählen bereits zur Weiterbearbeitung [X.]es Schriftsatzes [X.]urch [X.]as Gericht. Dem entspricht es, [X.]en Aus[X.]ruck [X.]urch ein Telefaxgerät [X.]es Gerichts ebenfalls le[X.]iglich als gerichtsinterne Weiterbearbeitung eines bereits im elektronischen Briefkasten - [X.]em Speicher - eingegangenen Dokuments zu begreifen (vgl. [X.]/[X.], aaO). 23 - 14 -

Die Senate [X.]es Bun[X.]esgerichtshofs haben auf Nachfrage mitge-teilt, [X.]ass sie an einer eventuell entgegenstehen[X.]en Rechtsprechung nicht festhalten. 24 ff) Die Klägerin hat mithin [X.]ie Berufungsbegrün[X.]ungsfrist gewahrt. Der angefochtene Beschluss muss [X.]eshalb aufgehoben wer[X.]en. Das gilt auch, soweit ihr Wie[X.]ereinsetzung in [X.]en vorigen Stan[X.] versagt wor[X.]en ist, weil [X.]ie Klägerin [X.]en Wie[X.]ereinsetzungsantrag le[X.]iglich hilfsweise für [X.]en Fall [X.]er Unzulässigkeit [X.]er Berufung gestellt hat; [X.]ieser Fall ist aber nicht eingetreten (vgl. [X.], Beschlüsse vom 21. Dezember 2005 - [X.] - 15 -

33/05 - zur Veröffentlichung in [X.]Z vorgesehen, unter [X.]; vom 24. Juli 2003 aaO unter IV; vom 22. Oktober 1997 - [X.] - NJW 1998, 1155 unter [X.]).
Terno [X.] [X.] [X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: [X.], Entschei[X.]ung vom 25.02.2004 - 2 O 397/03 - [X.], Entschei[X.]ung vom 25.02.2005 - 20 U 98/04 -

Meta

IV ZB 20/05

25.04.2006

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.04.2006, Az. IV ZB 20/05 (REWIS RS 2006, 3893)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 3893

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Referenzen
Wird zitiert von

VI B 117/19

Zitiert

20 U 98/04

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