Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2008, Az. IX ZB 41/08

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 459

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[X.][X.]/08 vom 4. Dezember 2008 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 130 Ein elektronisches Do[X.] (E-Mail) wahrt nicht die für bestimmende Schriftsätze vorgeschriebene Schriftform. [X.], [X.]uss vom 4. Dezember 2008 - [X.]/08 - [X.]

LG Verden - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Ganter, [X.] und Prof. Dr. [X.], die Richterin [X.] und [X.] Pape am 4. Dezember 2008 beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uss des 3. Zivilsenats des [X.] vom 30. Januar 2008 wird auf Kos-ten des [X.] als unzulässig verworfen. Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 7.466,80 • festgesetzt. Gründe: Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des [X.] (§ 574 Abs. 2 ZPO). 1 1. Die Berufungsbegründung ist nach Ablauf der Frist der bis zum [X.] verlängerten Berufungsbegründungsfrist des § 520 Abs. 2 ZPO beim Berufungsgericht eingegangen. 2 - 3 - a) Die per Telefax übermittelte unterschriebene Berufungsbegründung ist erst am 17. Januar 2008 um 00.02 Uhr beim Berufungsgericht eingegangen. Für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax über-sandten Schriftsatzes kommt es darauf an, ob die gesendeten Signale noch vor Ablauf des letzten Tages der Frist vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig empfangen (gespeichert) worden sind ([X.] 167, 214, 219 ff Rn. 16 ff). Das war hier nicht der Fall. Das Berufungsgericht hat ausgeschlossen, dass die un-terschriebene letzte Seite der Berufungsbegründung vor Mitternacht in den Speicher des Empfangsgeräts des [X.] gelangt ist. Gegen diese Feststellung wendet sich die Rechtsbeschwerde nicht. 3 b) Die am 16. Januar 2008 um 23.55 Uhr beim Berufungsgericht einge-gangene E-Mail stellte keinen "Schriftsatz" dar, der in § 520 Abs. 3 Satz 1 ZPO für die Berufungsbegründung zwingend vorgeschrieben ist. 4 aa) Gemäß § 520 Abs. 3 Satz 1 ZPO ist die Berufungsbegründung in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die [X.] über die vorbereitenden Schriftsätze (§§ 129 ff ZPO) sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden (§ 520 Abs. 5 ZPO). Das gilt insbesondere für die §§ 130, 130a ZPO. 5 bb) Eine E-Mail fällt nicht unter § 130 ZPO, sondern unter § 130a ZPO. Die E-Mail ist ein elektronisches Do[X.], das aus der in einer elektronischen Datei enthaltenen Datenfolge besteht (vgl. [X.], [X.]. v. 15. Juli 2008 - [X.], [X.], 2649, 2650 Rn. 10). Dass ein elektronisches Do[X.] die in § 130 ZPO vorausgesetzte Schriftform für vorbereitende und bestimmende Schriftsätze nicht wahrt, folgt bereits aus der Systematik des Gesetzes. Die Vorschrift des § 130a ZPO wäre nicht erforderlich, wenn das elektronische [X.] - 4 - [X.] bereits von § 130 ZPO erfasst würde. Die elektronische Form ist durch das Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr vom 13. Juli 2001 ([X.] I S. 1542) ausdrücklich "als Option zur Schriftform" eingeführt worden (so die amtliche Begründung BT-Drucks. 14/4987, [X.]). § 130a Abs. 1 Satz 1 ZPO "versteht das elektronische Do[X.] als modifizierte Schriftform" und sollte den [X.]en erst die Möglichkeit eröffnen, Schriftsätze und Erklärungen "als elektronisches Do[X.] bei Gericht einzureichen" (BT-Drucks. 14/4987, aaO). Das elektronische Do[X.] ist eingereicht, sobald die für den Empfang bestimmte Einrichtung des Gerichts es aufgezeichnet hat (§ 130a Abs. 3 ZPO). Es wahrt jedoch nur dann die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform, wenn es für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist (§ 130a Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Landesregierungen bestimmen für ihren Bereich durch Rechtsverordnung den Zeitpunkt, von dem an elektronische Do[X.]e bei den Gerichten einge-reicht werden können, sowie die für die Bearbeitung der Do[X.]e geeignete Form (§ 130a Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die [X.] Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr in der Justiz (ERVVOJust) vom 8. Juli 2006 ([X.]. GVBl. 2006, 247) betrifft nicht das Berufungsgericht. Als elektronisches [X.] war die E-Mail folglich nicht geeignet, die für eine Berufungsbegründung vorgeschriebene Schriftform zu wahren. 7 cc) Der Kläger hat sich stattdessen auf Entscheidungen des [X.] (NJW 2002, 3534) und des [X.] (Urt. v. 10. Mai 2005 - [X.], NJW 2005, 2086) dazu berufen, unter welchen Voraussetzungen die eigenhändige Unterschrift unter einem bestimmenden Schriftsatz fehlen darf. Die genannten Entscheidungen haben jedoch jeweils 8 - 5 - Fälle zum Gegenstand, in denen ein Rechtsmittel oder eine Rechtsmittelbe-gründung durch einen Telefaxdienst übermittelt worden war. [X.] werden von der Zivilprozessordnung als schriftliche Do[X.]e eingeordnet. Das folgt einerseits aus der Vorschrift des § 130 Nr. 6 ZPO, der für [X.] die [X.] der Unterschrift in der Kopie vorschreibt, andererseits aus § 174 Abs. 2 bis 4 ZPO, wo zwischen der Zustellung eines Schriftstücks durch [X.] ei-nerseits, eines elektronischen Do[X.]s andererseits unterschieden wird. Fernkopie und E-Mail unterscheiden sich im Wesentlichen dadurch, dass die Fernkopie allein der Übermittlung eines vorhandenen Do[X.]s dient, welches beim Empfänger erneut in schriftlicher Form vorliegen soll. Die elek-tronische Speicherung tritt für sich genommen nicht an die Stelle der Schriftform, sondern ist nur ein Durchgangsstadium; das Gericht kann erst dann von einem gefaxten Schriftsatz Kenntnis nehmen, wenn er ausgedruckt vorliegt ([X.] 167, 214, 222 Rn. 21; [X.], [X.]. v. 15. Juli 2008 - [X.], [X.], 2649, 2650 Rn. 11). Dass eine einzuhaltende Frist bereits durch den vollständigen Empfang der gesendeten Signale vom Telefax des Gerichts gewahrt ist, hängt wesentlich damit zusammen, dass der Empfänger keinen Einfluss darauf hat, wann der Ausdruck erfolgt ([X.] 167, 214, 219 ff Rn. 15 ff; [X.], [X.]. v. 15. Juli 2008, aaO). Die E-Mail besteht demgegenüber allein aus der in einer elektronischen Datei enthaltenen Datenfolge (vgl. [X.], [X.]. v. 15. Juli 2008, aaO Rn. 10). Sie kann ausgedruckt, aber auch am Bildschirm gelesen, gespeichert, [X.] oder gelöscht werden, dient folglich nicht nur der Übermittlung eines bereits vorhandenen schriftlichen Do[X.]s und ist nicht notwendig dazu bestimmt, in ein solches "zurückverwandelt" zu werden. Wegen der "Flüchtigkeit" und spu-renlos möglichen Manipulierbarkeit eines elektronischen Do[X.]s hat der Gesetzgeber die qualifizierte elektronische Signatur des Absenders [X.] - 6 - schrieben (§ 130a Abs. 1 Satz 2 ZPO), um so dem Do[X.] eine dem Papier-do[X.] vergleichbare dauerhafte Fassung zu verleihen ("[X.]", vgl. BT-Drucks. 14/4987, [X.]). Eine E-Mail, welche diesen [X.] nicht genügt, ist nicht geeignet, die gesetzliche Frist für einen [X.] Schriftsatz zu wahren. [X.]) Der [X.]uss des [X.] vom 15. Juli 2008 (aaO) ent-hält nur scheinbar eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass elektronische Do-[X.]e die Schriftform nicht wahren. In dem Fall, welcher der Entscheidung zugrunde lag, war als Anhang zu einer elektronischen Nachricht eine Bil[X.]atei übermittelt worden, welche die vollständige Berufungsbegründung einschließ-lich der eigenhändigen Unterschrift des beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalts enthielt; die Bil[X.]atei war noch vor Fristablauf ausgedruckt [X.]. Der Ausdruck - nicht die Bil[X.]atei - stellte ein schriftliches Do[X.] dar, das nur elektronisch übermittelt worden war. Das Unterschriftserfordernis des § 130 Nr. 6 ZPO war gewahrt, weil das ausgedruckte Do[X.] mit der in Ko-pie wiedergegebenen Unterschrift des Prozessbevollmächtigten abschloss (vgl. [X.], [X.]. v. 15. Juli 2008, aaO Rn. 8, 13). Im vorliegenden Fall geht es [X.] nicht um die elektronische Übermittlung des Abbildes eines eigenhändig unterschriebenen Schriftsatzes, sondern schlicht um ein elektronisches [X.]. Eine schriftliche Berufungsbegründung lag bei Ablauf der Berufungsbe-gründungsfrist damit nicht vor. 10 2. Den Antrag des [X.] auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend zurückgewiesen. Nach § 233 ZPO kommt eine Wiedereinsetzung nur dann in Betracht, wenn die [X.] kein Verschulden an der Versäumung der Frist trifft. Dass der vom Kläger gewählte Faxanschluss der [X.] des Berufungsgerichts besetzt war, 11 - 7 - gereicht jenem nicht zum Verschulden. Der Kläger hätte jedoch - statt eine E-Mail zu versenden - den Faxanschluss der allgemeinen Poststelle (Wachtmeis-terei) des Berufungsgerichts anwählen können, dessen Nummer ihm bekannt war und über den er die Berufungsbegründung schließlich - allerdings zu spät - auch übermittelt hat. [X.] [X.]

[X.] Pape

Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 24.10.2007 - 7 O 54/07 - [X.], Entscheidung vom 30.01.2008 - 3 U 264/07 -

Meta

IX ZB 41/08

04.12.2008

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2008, Az. IX ZB 41/08 (REWIS RS 2008, 459)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 459

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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2 AZB 6/13

VI B 117/19

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