Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 11.04.2019, Az. 3 AZN 720/18

3. Senat | REWIS RS 2019, 8203

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung - Divergenz - Verletzung rechtlichen Gehörs


Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 11. April 2018 - 10 Sa 567/17 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auf 834,84 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Die auf grundsätzliche [X.]edeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage, Divergenz und entscheidungserhebliche Verletzungen des Anspruchs auf rechtliches Gehör gestützte Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.

2

I. [X.] hat keinen Erfolg, soweit sie auf grundsätzliche [X.]edeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage gestützt wird.

3

1. Nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG kann eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt werden, dass eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche [X.]edeutung hat. Dies ist der Fall, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von einer klärungsfähigen und klärungsbedürftigen Rechtsfrage abhängt und die Klärung entweder von allgemeiner [X.]edeutung für die Rechtsordnung ist oder wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen zumindest eines größeren Teils der Allgemeinheit berührt ([X.] 14. April 2005 - 1 [X.] 840/04 - zu 2 c aa der Gründe, [X.]E 114, 200). Eine Rechtsfrage ist eine Frage, die die Wirksamkeit, den Geltungsbereich, die Anwendbarkeit oder den Inhalt einer Norm zum Gegenstand hat ([X.] 24. Januar 2017 - 3 [X.] 822/16 - Rn. 10, 13). Die aufgeworfene Rechtsfrage muss sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen können und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berühren (vgl. [X.] 4. November 2008 - 1 [X.]vR 2587/06 - Rn. 19; [X.] 14. Dezember 2010 - 6 [X.] 986/10 - Rn. 15; 5. Oktober 2010 - 5 [X.] 666/10 - Rn. 5).

4

Der [X.]eschwerdeführer hat die nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG von ihm darzulegende entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher [X.]edeutung konkret zu benennen und ihre Klärungsfähigkeit, Klärungsbedürftigkeit, Entscheidungserheblichkeit und allgemeine [X.]edeutung für die Rechtsordnung und ihre Auswirkungen auf die Interessen jedenfalls eines größeren Teils der Allgemeinheit aufzuzeigen (vgl. [X.] 5. Oktober 2010 - 5 [X.] 666/10 - Rn. 3 mwN). Unzulässig ist eine Fragestellung, deren [X.]eantwortung von den Umständen des Einzelfalls abhängt (vgl. [X.] 5. November 2008 - 5 [X.] 842/08 - Rn. 10; 23. Januar 2007 - 9 [X.] 792/06 - Rn. 6, [X.]E 121, 52). Dabei ist auszuführen, welche abstrakte Interpretation das [X.] bei [X.]ehandlung der Rechtsfrage vorgenommen hat (vgl. [X.] 5. November 2008 - 5 [X.] 842/08 - Rn. 7).

5

Eine grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtsfrage ist ausgeschlossen, wenn sie lediglich einen Einzelfall betrifft (vgl. [X.] 28. Juni 2011 - 3 [X.] 146/11  - Rn. 11, [X.]E 138, 180). Vielmehr muss sich die aufgeworfene Rechtsfrage in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen können und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berühren. Das kann der Fall sein, wenn die Rechtsfrage über ein einzelnes Unternehmen hinaus [X.]edeutung hat und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts betroffen ist. Dass eine Vielzahl von Arbeitnehmern eines Unternehmens unter den Geltungsbereich eines [X.] fällt, kann eine allgemeine [X.]edeutung allenfalls dann begründen, wenn die zu klärende Rechtsfrage über den Einzelfall hinaus in weiteren Fällen streitig und maßgeblich für eine Vielzahl bereits anhängiger oder konkret zu erwartender gleichgelagerter Prozesse ist (vgl. [X.] 28. Juni 2011 - 3 [X.] 146/11  - Rn. 11, aaO; 5. Oktober 2010 - 5 [X.] 666/10 - Rn. 3 ff.). Auch hat eine Rechtsfrage nicht allein deshalb grundsätzliche [X.]edeutung iSv. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG, weil von ihr mehr als 20 Arbeitsverhältnisse bei einem Arbeitgeber betroffen sein können (vgl. [X.] 28. Juni 2011 - 3 [X.] 146/11  - Rn. 12, aaO).

6

2. Danach erfüllt die von der [X.]eschwerde auf S. 74 der [X.]eschwerdebegründung aufgeworfene Frage:

        

„Ist zur [X.]erechnung der [X.]etriebsrente nach den [X.]estimmungen des [X.]s auch nach der Absenkung des Versorgungsniveaus der [X.]eamtenversorgung von den ruhegehaltsfähigen Dienstbezügen 4/3 der sonstigen Versorgungsbezüge abzuziehen und daraus der sich aus der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit ergebende Prozentsatz als betriebliche Versorgung zu errechnen?“,

diese Voraussetzungen nicht. Sie hat keine Rechtsnorm zum Gegenstand. Vielmehr bezieht sich die Frage auf das bei dem [X.]eklagten geltende [X.], das als Gesamtzusage Allgemeine Geschäftsbedingungen beinhaltet und damit keine Rechtsnormen. Die Auslegung dieser Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist daher keine Rechtsfrage iSd. § 72 Abs. 2 Nr. 1 iVm. § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG (vgl. dazu [X.] 24. Januar 2017 - 3 [X.] 822/16 - Rn. 13).

7

II. [X.] hat ebenfalls keinen Erfolg, soweit sie auf Divergenz gestützt wird.

8

1. Wird mit einer Nichtzulassungsbeschwerde eine Divergenz iSv. § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG geltend gemacht, muss die [X.]eschwerdebegründung nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ArbGG die Entscheidung bezeichnen, von der die anzufechtende Entscheidung abweicht. Eine Abweichung iSv. § 72 Abs. 2 Nr. 2, § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ArbGG setzt voraus, dass das Urteil des [X.]s zu einer Rechtsfrage einen abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, der von einem abstrakten Rechtssatz abweicht, den eines der in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG abschließend genannten Gerichte zu der gleichen Rechtsfrage aufgestellt hat. Ein Rechtssatz ist aufgestellt, wenn das Gericht seiner Subsumtion einen Obersatz voranstellt, der über den Einzelfall hinaus für vergleichbare Sachverhalte Geltung beansprucht. Der abstrakte Rechtssatz muss vom [X.] nicht ausdrücklich formuliert sein, sondern kann sich als „verdeckter Rechtssatz“ auch aus fallbezogenen Ausführungen ergeben. [X.] der [X.]eschwerdeführer das geltend machen, muss er, sofern dies nicht offensichtlich ist, konkret begründen, warum den fallbezogenen Ausführungen zwingend ein bestimmter abstrakter Rechtssatz zugrunde liegt. Eine lediglich fehlerhafte oder den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht genügende Rechtsanwendung durch das [X.] vermag eine Divergenz nicht zu begründen. Die anzufechtende Entscheidung muss außerdem auf der Divergenz beruhen. Das ist dann der Fall, wenn das [X.] bei Anwendung des Rechtssatzes aus der herangezogenen Entscheidung möglicherweise eine andere dem [X.]eschwerdeführer günstigere Entscheidung getroffen hätte ([X.] 15. August 2012 - 7 [X.] 956/12 - Rn. 2 mwN).

9

2. Gemessen daran liegt keine entscheidungserhebliche Divergenz vor.

a) Das gilt zunächst insoweit, als die [X.]eschwerde auf S. 104 ff. der [X.]eschwerdebegründung geltend macht, das anzufechtende Urteil habe den Rechtssatz aufgestellt:

        

„Das [X.] ist eine Gesamtzusage und ist daher als ‚typisierte [X.]enserklärung‘ nach den Regeln auszulegen, die für die Auslegung von Verträgen gelten. Nach §§ 133, 157 [X.]G[X.] sind Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach [X.] und Glauben unter [X.]erücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten.“,

und divergiere damit zu dem der angezogenen Entscheidung des [X.] ([X.] 13. Januar 2015 - 3 [X.] 897/12 - [X.]E 150, 262) entnommenen Rechtssatz:

        

„Gesamtzusagen sind allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. § 305 [X.]G[X.] und daher nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragsparteien unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zu Grunde zu legen sind.“

Soweit darin eine Divergenz liegen sollte, ist diese jedenfalls nicht entscheidungserheblich. Das [X.] hat unter II 1 b der Gründe (S. 17 des anzufechtenden Urteils) in Übereinstimmung mit der dort zitierten Entscheidung des Senats ([X.] 22. Dezember 2009 - 3 [X.] 136/08 - Rn. 23) angenommen, die Auslegung habe nach „objektiven, vom Einzelfall unabhängigen Kriterien“ zu erfolgen und etwas anderes nur bei einem übereinstimmenden Parteiwillen angenommen (unter II 1 c der Gründe, S. 17 f. des anzufechtenden Urteils). Das entspricht der Rechtslage auch bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen und der vom [X.] zitierten Entscheidung des Senats ([X.] 18. Mai 2010 - 3 [X.] 373/08 - Rn. 51, [X.]E 134, 269). Es ist nicht erkennbar, dass das [X.] von diesen Auslegungsgrundsätzen abgewichen wäre, soweit es in diesem Zusammenhang (unter II 2 c der Gründe, S. 19 f. des anzufechtenden Urteils) auf die [X.] des [X.] abgestellt hat.

b) Die Divergenzbeschwerde hat keinen Erfolg, soweit sie auf S. 109 ff. der [X.]eschwerdebegründung ausführt, das [X.] habe in der anzufechtenden Entscheidung den Rechtssatz aufgestellt:

        

„Änderungen dynamischer [X.]erechnungsfaktoren sind auch nach Eintritt des [X.] zu berücksichtigen und führen auch nach Eintritt des [X.] zu einer Neuberechnung der Höhe der [X.]etriebsrente.“,

weiche von der Entscheidung des Senats ([X.] 13. Dezember 2011 - 3 [X.] 731/09 -) ab, worin der Senat den Rechtssatz aufgestellt habe:

        

„Ob eine [X.]etriebsrente neu zu berechnen ist, wenn sich dynamische [X.]erechnungsfaktoren nach Eintritt des [X.] ändern, hängt von der Auslegung der zu Grunde liegenden Versorgungszusage ab.“

Es kann dahinstehen, ob das [X.] den von der [X.]eschwerde selbst deduzierten Rechtssatz in der angezogenen Entscheidung überhaupt aufgestellt hat, jedenfalls weichen die Rechtssätze nicht voneinander ab. Während das [X.] in der anzufechtenden Entscheidung für das beim [X.]eklagten geltende [X.] - nach dessen Auslegung - davon ausgeht, es bestehe eine rechtliche Verpflichtung zur Neuberechnung der Versorgungsleistung bei einer späteren Änderung dynamischer [X.]erechnungsfaktoren, setzt der Rechtssatz des [X.] in der angezogenen Entscheidung vorgelagert an. Der von der [X.]eschwerde deduzierte Rechtssatz aus der angezogenen Entscheidung befasst sich vielmehr mit der vorangehenden Frage der Auslegung der Versorgungsordnung. Im Wege der Auslegung ist zunächst zu ermitteln, ob eine Neuberechnung zu erfolgen hat. Im Übrigen ist die angezogene Entscheidung zu einer völlig anderen Versorgungsordnung ergangen, die auch gar keine Gesamtversorgungszusage enthalten hat.

c) [X.] bleibt auch ohne Erfolg, soweit sie auf S. 118 der [X.]eschwerdebegründung geltend macht, das [X.] habe in der anzufechtenden Entscheidung den Rechtssatz aufgestellt:

        

„Änderungen dynamischer [X.]erechnungsfaktoren sind auch nach Eintritt des [X.] zu berücksichtigen und führen auch nach Eintritt des [X.] zu einer Neuberechnung der Höhe der [X.]etriebsrente.“,

und weiche damit von einer Entscheidung des [X.] ([X.] 26. August 2003 - 3 [X.] 434/02 -) und dem darin enthaltenen, insbesondere auch im „[X.] wiedergegebenen Rechtssatz:

        

„Eine Anrechnung der Erhöhung sonstiger Versorgungsleistungen auf die [X.]etriebsrente ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Versorgungsregelung eine solche Möglichkeit ausdrücklich vorsieht.“,

ab. Es liegt keine Divergenz im Rechtssinne vor. Während sich das [X.] in der anzufechtenden Entscheidung mit dem beim [X.]eklagten geltenden [X.] befasst hat, hat sich das [X.] in der angezogenen Entscheidung mit Leistungsrichtlinien einer Unterstützungskasse befasst, die für den Fall der Veränderung anderer betrieblicher und gesetzlicher Alterseinkünfte teilweise ausdrückliche Regelungen hinsichtlich einer erforderlichen Neuberechnung und teilweise ausdrücklich keine Neuberechnung vorsahen. Die von der [X.]eschwerde formulierten Rechtssätze sind damit zu zwei gänzlich unterschiedlichen Versorgungsregelungen ergangen. Im Übrigen ist der von der Recherchedatenbank „juris“ gebildete [X.], den der [X.]eklagte als Rechtssatz des Senats heranzieht, weder ein amtlicher Leitsatz noch ein sonst vom Senat formulierter Rechtssatz aus der Entscheidung.

d) [X.] macht auf S. 121 ff. der [X.]eschwerdebegründung weiter geltend, das [X.] habe in der anzufechtenden Entscheidung den Rechtssatz aufgestellt:

        

„Änderungen der anrechenbaren Versorgungsbezüge sind auch nach Eintritt des [X.] zu berücksichtigen und führen auch nach Eintritt des [X.] zu einer Neuberechnung der Höhe der [X.]etriebsrente.“,

wohingegen der Senat im Urteil vom 13. Dezember 2011 (- 3 [X.] 731/09 -) den abweichenden Rechtssatz aufgestellt habe:

        

„Ob eine [X.]etriebsrente neu zu berechnen ist, wenn sich ein anrechenbarer anderweitiger Versorgungsbezug nach Eintritt des [X.] ändert, hängt von der Auslegung der zu Grunde liegenden Versorgungszusage ab.“,

sind dies keine divergierenden Rechtssätze. Das [X.] geht in der anzufechtenden Entscheidung - nach Auslegung des beim [X.]eklagten geltende [X.]s - davon aus, es bestehe danach eine Rechtspflicht zur Neuberechnung der Versorgungsleistung bei einer späteren Änderung anrechenbarer Versorgungsbezüge. Dagegen befasst sich der Rechtssatz aus der angezogenen Entscheidung mit der vorangehenden Frage der Auslegung der Versorgungsordnung. Im Übrigen ist die angezogene Entscheidung zu einer gänzlich anderen Versorgungsordnung ergangen, die zudem keine Gesamtversorgungszusage enthalten hat.

e) Soweit die [X.]eschwerde schließlich auf S. 123 ff. der [X.]eschwerdebegründung geltend macht, das [X.] habe in der anzufechtenden Entscheidung den Rechtssatz aufgestellt:

        

„Änderungen der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge und Änderungen von anrechenbaren Versorgungsbezügen sind auch nach Eintritt des [X.] zu berücksichtigen und führen auch nach Eintritt des [X.] zu einer Neuberechnung der Höhe der [X.]etriebsrente.“,

und dieser divergiere zu dem dem Urteil des [X.] vom 26. August 2003 (- 3 [X.] 434/02 -) zu entnehmenden, insbesondere auch im „[X.] wiedergegebenen Rechtssatz:

        

„Eine Anrechnung der Erhöhung sonstiger Versorgungsleistungen auf die [X.]etriebsrente ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Versorgungsregelung eine solche Möglichkeit ausdrücklich vorsieht.“,

zeigt sie keine Divergenz im vorgenannten Sinne auf. Das [X.] hat sich in der anzufechtenden Entscheidung mit dem beim [X.]eklagten geltenden [X.] befasst. Demgegenüber waren Gegenstand der angezogenen Entscheidung Leistungsrichtlinien einer Unterstützungskasse, die für den Fall der Veränderung anderer betrieblicher und gesetzlicher Alterseinkünfte teilweise eine ausdrückliche Regelung hinsichtlich einer erforderlichen Neuberechnung und teilweise ausdrücklich keine Neuberechnung vorsahen. Die von der [X.]eschwerde formulierten Rechtssätze sind folglich zu zwei unterschiedlichen Versorgungsregelungen ergangen. Im Übrigen ist der von der Recherchedatenbank „juris“ gebildete [X.], den der [X.]eklagte als Rechtssatz des Senats heranzieht, weder ein amtlicher Leitsatz noch ein sonst vom Senat formulierter Rechtssatz aus der angezogenen Entscheidung.

III. [X.] hat auch keinen Erfolg, soweit sie auf eine entscheidungserhebliche Verletzung des rechtlichen Gehörs gestützt wird.

1. Wird mit einer Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht, muss nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ArbGG die [X.]eschwerdebegründung die Darlegung der Verletzung dieses Anspruchs und deren Entscheidungserheblichkeit enthalten. Für die [X.] gelten die Anforderungen, die an eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]uchst. b ZPO gestellt werden (vgl. [X.] 10. Mai 2005 - 9 [X.] 195/05 - zu II 2 der Gründe, [X.]E 114, 295). Deshalb sind die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes so substantiiert vorzutragen, dass allein anhand der [X.]eschwerdebegründung und des [X.]erufungsurteils das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zulassung der Revision geprüft werden kann (vgl. [X.] 20. Januar 2005 - 2 [X.] 941/04 - [X.]E 113, 195).

Wird gerügt, es sei Vortrag übergangen worden, muss daher im Einzelnen dargestellt werden, wo der übergangene Vortrag zu finden ist. Der [X.]eschwerdeführer muss unter Angabe des Schriftsatzes nach Datum und bei entsprechendem Umfang nach Seitenzahl konkret vortragen, welcher Vortrag übergangen worden sein soll (vgl. [X.] 6. Januar 2004 - 9 [X.] 680/02 - zu II 3 d aa der Gründe, [X.]E 109, 145 für die Verfahrensrüge). Ob das übergangene Vorbringen entscheidungserheblich ist, richtet sich grundsätzlich nach den vom [X.] getroffenen tatsächlichen Feststellungen und seinen rechtlichen Ausführungen. Es genügt, wenn der Schluss gerechtfertigt ist, dass das [X.]erufungsgericht bei richtigem Verfahren möglicherweise anders entschieden hätte.

Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das entscheidende Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (st. Rspr. seit [X.] 14. Juni 1960 - 2 [X.] - [X.]E 11, 218). Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die vom Fachgericht zu treffende Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben ([X.] 20. April 1982 - 1 [X.]vR 1242/81 - zu [X.] der Gründe, [X.]E 60, 247). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der [X.]eteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Die Gerichte brauchen nicht jedes Vorbringen in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu behandeln (vgl. etwa [X.] 8. Oktober 2003 - 2 [X.]vR 949/02 - zu II 1 a der Gründe; [X.]GH 27. März 2003 - V ZR 291/02 - zu II 3 b [X.] (3) beta der Gründe, [X.]GHZ 154, 288). Deshalb müssen, um eine Verletzung des rechtlichen Gehörs feststellen zu können, im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Prozessbeteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Gericht auf [X.] des Vortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler [X.]edeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht eingeht ([X.] 31. März 1998 - 1 [X.]vR 2008/97 -; [X.] 26. Januar 2006 - 9 [X.] 11/05 - Rn. 40).

2. Danach hat das [X.] den Anspruch des [X.]eklagten auf rechtliches Gehör nicht entscheidungserheblich verletzt.

a) Ohne Erfolg wirft die [X.]eschwerde dem [X.] unter D I 1. (S. 22 bis 35) der [X.]egründung vor, es habe den Vortrag des [X.]eklagten aus der [X.]erufungsbegründung [teilweise versehentlich als [X.]erufungserwiderung bezeichnet] zur Systematik des [X.]s und der darin enthaltenen Zusage einer (abstrakten) Gesamtversorgung verkannt. Das [X.] hat im Tatbestand der anzufechtenden Entscheidung den Vortrag des [X.]eklagten auf S. 11 ff. entsprechend den gesetzlichen Vorgaben des § 313 Abs. 2 ZPO knapp dargestellt und auf S. 15 die [X.]erufungsbegründung des [X.]eklagten einschließlich der Anlagen in [X.]ezug genommen. [X.]ei seiner Auslegung (S. 18 ff. der anzufechtenden Entscheidung) hat es sich dann der Argumentation und dem Verständnis des [X.] angeschlossen und damit der Auslegung des [X.]eklagten widersprochen. Es hat sich auf mehreren Seiten mit der Auslegung der Versorgungszusage befasst. Die Häufigkeit der Verwendung einzelner [X.]egriffe, wie etwa des Wortes „Gesamtversorgung“, ist kein Anhaltspunkt dafür, dass das [X.]erufungsgericht die Struktur einer Gesamtversorgung verkannt hat. Dass das [X.] der Argumentation des [X.]eklagten nicht gefolgt ist, bedeutet nicht, es habe diese nicht zur Kenntnis genommen und erwogen.

b) [X.] hat ebenfalls keinen Erfolg, soweit sie darauf gestützt wird, das [X.] habe bei der [X.]estimmung der zugesagten (konkreten) Gesamtversorgung des [X.] (S. 35 bis 40 der [X.]egründung), sowie im Hinblick auf die Argumente des [X.]eklagten, wonach die Gesamtversorgung niemals höher sein dürfe als eine entsprechende [X.]eamtenversorgung (S. 40 bis 45 der [X.]egründung), die [X.]erechnung des [X.] zu einem Übersteigen der [X.]eamtenversorgung führe (S. 45 bis 50 der [X.]egründung) und die Gesamtversorgung des [X.] nach seiner [X.]erechnung immer zu hoch sei (S. 50 bis 55 der [X.]egründung), wesentlichen Vortrag des [X.]eklagten hierzu aus der [X.]erufungsbegründung nicht berücksichtigt und dadurch eine Gehörsverletzung begangen. Das [X.] hat ausgehend von seinem durch Auslegung der Versorgungszusage ermittelten Verständnis angenommen, dass die [X.]erechnung der betrieblichen Versorgungsbezüge anhand der Regelungen in den §§ 5 ff. des [X.]s zu erfolgen habe und es im [X.] keine aus der [X.]eamtenversorgung abgeleitete Höchstgrenze gebe. Das [X.] ist auch insoweit der vom [X.]eklagten für richtig gehaltenen Auslegung des [X.]s nicht gefolgt. Dies stellt aber keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör dar. Letztlich rügt der [X.]eklagte eine fehlerhafte Auslegung und damit fehlerhafte Rechtsanwendung des [X.]s. Eine solche - sollte sie denn überhaupt vorliegen - rechtfertigt jedoch nicht die Zulassung der Revision.

c) Ebenfalls ohne Erfolg macht die [X.]eschwerde geltend, das [X.] habe den Vortrag des [X.] [gemeint: [X.]eklagten] aus seiner [X.]erufungsbegründung übergangen, der [X.] sei gerade deshalb gewählt worden, weil der Höchstruhegeldsatz bei Einführung des [X.]s [X.], mithin ¾, betragen habe; es sei ein reziproker Wert gewählt worden (S. 55 bis 59 der [X.]egründung). Auch insoweit hat das [X.] den Vortrag des [X.]eklagten im Tatbestand wiedergegeben und in [X.]ezug genommen, ihm jedoch im Rahmen der Auslegung des [X.]s keine ausschlaggebende [X.]edeutung beigemessen. Der [X.]eklagte setzt auch insoweit sein Verständnis des [X.]s an die Stelle des Auslegungsergebnisses des [X.]s. Dies stellt aber keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör dar. Der [X.]eklagte zeigt zudem nicht auf, weshalb bloße Motive für die Auslegung des [X.]s entscheidend sein sollen.

d) [X.] ist auch unbegründet, soweit sie geltend macht, das [X.] habe das Vorbringen des [X.]eklagten zur nachträglich eingetretenen [X.] des [X.]s durch die Absenkung des [X.]es von [X.] auf 71,[X.] im [X.]eamtenversorgungsrecht (S. 59 bis 64 der [X.]egründung) in der [X.]erufungsbegründung nicht berücksichtigt. Diesen Vortrag hat das [X.] im Tatbestand der anzufechtenden Entscheidung wiedergegeben und ist in den Entscheidungsgründen ersichtlich nicht von einer [X.] des [X.]s ausgegangen, dass der [X.] nicht mehr [X.], sondern nur noch 71,[X.] beträgt. Im Übrigen hat es sich mit den Folgen dieser Änderung befasst und festgestellt, dass sich diese auswirken (S. 21 der anzufechtenden Entscheidung).

e) Weiter rügt der [X.]eklagte ohne Erfolg, das [X.] habe seinen Vortrag auf S. 72 der [X.]erufungsbegründung übergangen, wonach Geschäftsgrundlage des [X.]s gewesen sei, dass der Höchstruhegeldsatz bei [X.] liege und sich diese Geschäftsgrundlage geändert habe, weshalb das [X.] anzupassen sei (S. 64 bis 67 der [X.]egründung). Damit greift der [X.]eklagte - was für einen Erfolg seiner [X.]eschwerde erforderlich wäre - nicht alle tragenden Erwägungen des [X.]s zu diesem Punkt an. Seine [X.]egründung befasst sich nicht mit dem Argument (S. 21 der anzufechtenden Entscheidung), ein Festhalten am [X.] sei dem [X.]eklagten zumutbar.

f) Soweit der [X.]eklagte weiter geltend macht, dass [X.] sei bei seiner Entscheidung von einem unzutreffenden Dokument hinsichtlich des Inhalts des [X.]s ausgegangen (S. 67 bis 69 der [X.]egründung), liegt darin keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Der [X.]eklagte macht nicht geltend, das [X.] sei von einem fehlerhaften Text des [X.]s ausgegangen, sondern rügt lediglich, dass in § 5 Abs. 1 und der Anlage des [X.]s das Wort „mindestens“ durch Fettdruck hervorgehoben sei und das [X.] deshalb rechtsfehlerhaft zur Annahme einer „Mindestgarantie“ gelangt sei. Zugunsten des [X.]eklagten unterstellt, das [X.] habe insoweit seinen Sachvortrag auf S. 20 der [X.]erufungsbegründung nicht berücksichtigt, wonach das [X.] im Original diesen Fettdruck nicht enthalte, ist dies nach der [X.]egründungslinie des [X.]s jedenfalls nicht entscheidungserheblich, denn das [X.] ist zum Ergebnis einer „Mindestgarantie“ ausweislich seiner [X.]egründung auf S. 19 des anzufechtenden Urteils vom Wortlaut ausgegangen und hat den Fettdruck lediglich zur Abrundung herangezogen sowie sich anschließend mit der Systematik des [X.]s befasst.

g) Schließlich bleibt die [X.] auch erfolglos, soweit sie das Übergehen von [X.]eweisantritten des [X.]eklagten rügt (S. 69 bis 74 der [X.]egründung). Es kann dahinstehen, ob die als übergangen gerügten [X.]eweisantritte überhaupt auf den [X.]eweis einer Tatsache gerichtet waren. Sie sind jedenfalls nach der [X.]egründungslinie des [X.]s nicht entscheidungserheblich. Denn das [X.] hat durch eine Auslegung des [X.]s anhand objektiver Kriterien (Wortlaut und Systematik) den objektiven [X.] ermittelt. Es hat daher die bloße Motivation des [X.]eklagten für unerheblich gehalten.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 GKG.

        

  Zwanziger   

        

  Spinner    

        

  Wemheuer  

        

        

        

 Xaver Aschenbrenner

        

  Wischnath   

                 

Meta

3 AZN 720/18

11.04.2019

Bundesarbeitsgericht 3. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AZN

vorgehend ArbG München, 18. Juli 2017, Az: 32 Ca 12661/16, Urteil

§ 72a Abs 3 S 2 Nr 1 ArbGG, § 72a Abs 3 S 2 Nr 2 ArbGG, § 72 Abs 2 Nr 1 ArbGG, § 72 Abs 2 Nr 2 ArbGG, § 72 Abs 2 Nr 3 ArbGG, § 72a Abs 3 S 2 Nr 3 ArbGG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 11.04.2019, Az. 3 AZN 720/18 (REWIS RS 2019, 8203)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 8203

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 AZN 1389/11 (Bundesarbeitsgericht)

Nichtzulassungsbeschwerde - Grundsatz - Wegfall der Klärungsbedürftigkeit


8 AZN 171/19 (Bundesarbeitsgericht)

Nichtzulassungsbeschwerde - Betriebs(teil)übergang - Flugbetrieb


8 AZN 624/19 (Bundesarbeitsgericht)

Beschränkte Revisionszulassung - Kündigungsschutzklage - Nachteilsausgleichsanspruch


3 AZN 822/16 (Bundesarbeitsgericht)

Auslegung von Versicherungsbedingungen - Rechtsfrage


7 AZN 956/12 (Bundesarbeitsgericht)

(Nichtzulassungsbeschwerde wegen behaupteter Divergenz - Beginn der Klagefrist bei einem Streit über den Bedingungseintritt nach …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.