Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.12.2010, Az. 30 W (pat) 505/10

30. Senat | REWIS RS 2010, 572

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "mY treasury (Wort-Bild-Marke, IR-Marke)" – kein Freihaltungsbedürfnis - Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die [X.] 947 268

hat der 30. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 9. Dezember 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], des Richters [X.] und der Richterin Hartlieb

beschlossen:

Auf die Beschwerde der [X.]ninhaberin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 IR des [X.] vom 28. Oktober 2009 aufgehoben.

Gründe

I.

1

Um Schutz in der [X.] sucht die international registrierte Marke

Abbildung

2

nach; das Warenverzeichnis lautet:

3

"

4

5

Die Markenstelle für Klasse 9 IR des [X.] hat der Marke den nachgesuchten Schutz wegen fehlender Unterscheidungskraft verweigert. Die [X.] sei zu übersetzen mit „mein Vermögen“, „meine Einkünfte“ sowie mit „meine Schatzkammer“ im übertragenen Sinn für Vermögen, das auf Konten, in Fonds, in Aktien usw. angelegt sei. Auch die Bedeutung „Finanzmanagement“ sei nachweisbar. In Bezug auf die beanspruchten Waren gebe die Wortfolge den Hinweis, dass diese Produkte speziell für finanzielle Transaktionen, den Handel mit Wertpapieren, Finanzmarktinformationen etc. geeignet seien bzw. inhaltlich dazu in Bezug stünden und von Banken für das Geschäfts- oder Privatvermögen ihrer Kunden, evt. auch von Privatkunden oder Firmen selbst eingesetzt werden könnten. Das vorangestellte „[X.]“ schaffe eine individuelle Note für den potentiellen Kunden. Im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen bezeichne „[X.] [X.]“ den Gegenstand, für den die Dienstleistungen gedacht seien, nämlich Geldmittel, Kapital und Vermögen. Die grafische Gestaltung bestehe auch in ihrer Kombination aus einfachsten Gestaltungsmitteln, die werbeüblich seien und keine Unterscheidungskraft begründen könnten. Hinsichtlich der angegebenen Voreintragungen bestehe keine Bindungswirkung.

6

Die [X.]ninhaberin hat Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen ausgeführt, es reiche bereits ein geringes Maß an Unterscheidungskraft, um die Schutzfähigkeit zu bejahen. Es sei auf den inländischen Durchschnittsverbraucher abzustellen, der [X.] Werbesprüche nicht verstehe. Das Wort „[X.]“ sei mehrdeutig und interpretationsbedürftig, die möglichen Bedeutungen ließen keinen unmittelbaren Bezug zum Thema Privatvermögen erkennen. Es bestehe allenfalls ein vager Bezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Die Verwendung des Wortes „my“ zur Kennzeichnung eines speziell auf Kundenwünsche ausgerichteten Angebots sei bei Geschäftskunden nicht so üblich. Jedenfalls sei die gewählte Buchstabenanordnung - großes „[X.]“ hinter kleinem „m“ - nicht werbeüblich und lasse das Wort „my“ nicht mehr erkennen, so dass die grafische Gestaltung schutzbegründend sei. Ein Freihaltebedürfnis lasse sich ebenfalls nicht feststellen.

7

Die [X.]ninhaberin beantragt sinngemäß,

8

den angefochtenen Beschluss der Markenstelle aufzuheben.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der [X.]ninhaberin hat auch in der Sache Erfolg.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Der [X.] kann nach § 107, § 113, § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] i. [X.] Art. 5, [X.]. 6

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion einer Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. [X.] [X.], 228 - Rn. 33 - [X.] (Vorsprung durch Technik); [X.], 220 - Rn. 27 - BioID; [X.], 935 - Rn. 8 - [X.]; [X.], 138 - Rn. 23 - [X.]; [X.], 850, 854 - Rn. 18 - [X.]; [X.] 2004, 39 - City Service). Die Unterscheidungskraft einer Marke ist dabei zum einen in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen, die sich aus den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchern dieser Waren oder Durchschnittsempfängern dieser Dienstleistungen zusammensetzen (vgl. [X.] GRUR 2008, 608 - EUROH[X.]PO; [X.] 2004, 99 - Postkantoor; [X.], 411 - [X.]).

Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] sind Wortmarken nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] wegen fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen, wenn ihnen entweder ein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden kann ([X.] GRUR 2005, 417, 418 - [X.]; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch) oder wenn es sich um beschreibende Angaben handelt, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.], 1100 - Rn. 23 - [X.]!; [X.], 411 - Rn. 9 - [X.]; [X.], 850 - Rn. 19 - [X.]; [X.], 465, 468 - Bonus). Weiter fehlt solchen Angaben die erforderliche Unterscheidungskraft, bei denen es sich um ein geläufiges und alltägliches Wort der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. [X.] GRUR 2004, 1027 - Rn. 38 - DAS [X.] DER BEQUEMLICHKEIT; [X.] GRUR 2001, 735 - Test it; a. a. O. - City Service).

2. Die Wortbestandteile „my“ und „[X.]“ erfüllen entgegen der Auffassung der Markeninhaberin nach den obengenannten Grundsätzen selbst diese geringen Anforderungen nicht, da es sich in werbemäßig anpreisender Form auf eine rein sachbezogene Angabe ohne erkennbaren herkunftshinweisenden Gehalt beschränkt (vgl. [X.] - GRUR 2001, 1151 - marktfrisch).

Das aus der [X.]n Sprache stammende Wort „[X.]" für „Schatzkammer, Sammlung von Schätzen, Schatzamt, Fiskus“ (vgl. [X.], Großwörterbuch [X.], 3. Aufl. 2005 (CD-ROM); [X.] Großwörterbuch [X.], 1. Aufl. 2001, S. 899; [X.] Lexikon der [X.] unter dict.leo.org) ist - wie aus dem der Markeninhaberin übersandten Ergebnis einer Internetrecherche ersichtlich - ein Begriff aus der Betriebswirtschaftslehre, der sich aus dem [X.] Unternehmensrecht kommend, auch in [X.] als Fachbegriff eingebürgert hat (vgl. hierzu unter dem Begriff „Finanzen“ in [X.]). Im Bankenwesen ist [X.] - wahrgenommen vom [X.]-management - im Rahmen der Gesamtbanksteuerung ein sehr wichtiges Element, das u. a. die Liquiditäts- und Finanzplanung umfasst. [X.] bezeichnet auf ein Unternehmen bezogen auch die Bereiche oder Abteilungen, die mit dem Disponieren und Anlegen der vorhandenen oder zufließenden Mittel befasst sind. Zugleich sind diese Abteilungen mit der Sicherung finanzieller Risiken betraut und haben mit dem Finanz- und dem Finanzrisikomanagement zu tun (vgl. hierzu unter den Begriffen „[X.]“, „Handel (Finanzmanagement) in [X.]). In großen Unternehmen übernimmt dieser Bereich die Aufgabe einer hausinternen Bank (vgl. hierzu „Die [X.] ist also so etwas wie eine hausinterne Bank“ in „autogramm - Ideen, die bewegen“ vom 7. Oktober 2004 unter [X.]). [X.] liefert zudem Informationen zum Finanzstatus des Unternehmens. Man spricht auch von Unternehmens[X.] (vgl. hierzu „Der [X.] ist der führende nationale Fachverband für Unternehmens[X.]“ unter „www. [X.]. [X.]). Im Rahmen des sog. [X.]-managements werden von Fachberatern u. a. spezielle [X.]-Strategien entwickelt und individuelle [X.] Management-Systeme eingerichtet (vgl. hierzu unter den Begriffen „[X.] Management“ und „[X.] Strategien“ in [X.]).

Das [X.] Pronomen „my“ (mein) wird als werbeüblicher Zusatz verwendet, um - wie die Markenstelle festgestellt hat - lediglich eine persönliche Ansprache und das Gefühl der individuellen Behandlung zu bewirken.

Entgegen der Ansicht der Markeninhaberin handelt es sich bei [X.] um eine Welthandelssprache und die internationale Bankensprache, so dass insoweit auch [X.]n Fachbegriffen im Inland Verwendung finden.

Sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen betreffen den Bereich des Finanzmanagements und der Finanzdienstleistungen im weiteren Sinne. Es ist daher zumindest ein enger beschreibender Bezug der Wortbestandteile der [X.] festzustellen, da Waren und Dienstleistungen im Rahmen des [X.]-managements Verwendung finden, hierfür bestimmt sein bzw. sich inhaltlich-thematisch damit beschäftigen können.

Auch in der Zusammenstellung der Wortbestandteile „my“ und „[X.]“ entsteht kein neuer, sich nicht in der Kombination als solcher erschöpfender Sinn (vgl. [X.] GRUR Int. 2005, 1012, 1015 - Nr. 47 - BioID). Die genannten Wortbestandteile werden daher auch in ihrer Kombination nicht als Marke verstanden werden.

3. Jedoch lassen sich fehlende Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] wie auch ein Freihaltebedürfnis i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] für die Marke in ihrer Gesamtheit aufgrund der besonderen bildlichen Ausgestaltung nicht feststellen. Bei der [X.] steht - auch aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise - in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht mehr allein der Eindruck einer sachbezogenen Information im Vordergrund (vgl. dazu [X.]/Hacker, [X.] 9. Aufl., § 8 Rn. 126, 127). Die [X.] unterscheidet sich durch ihre grafische Ausgestaltung deutlich von einer reinen Sachangabe.

Denn die konkrete Gestaltung der [X.] verhindert, dass sie lediglich als die Angabe „my [X.]“ verstanden wird. Vielmehr fallen die auf dem schwarzen Quadrat mittig angeordneten Einzelbuchstaben „m“ und „[X.]“ durch ihre Größe deutlich auf. Demgegenüber nimmt der Wortbestandteil „[X.]“ - in Kleinschreibweise im unteren Teil des Quadrats angesiedelt - größenmäßig lediglich eine nachrangige Stellung ein. Dabei erscheinen die beiden Buchstaben „m“ und „[X.]“ durch ihre besondere grafische Ausgestaltung nicht als ein geschlossenes Wort „my“ und demzufolge auch nicht als zusammengehörig mit dem untergeordnet wirkenden weiteren Wortbestandteil „[X.]“. Der rechts neben dem in dunklerer Schattierung gehaltenen und dadurch weniger auffälligen Kleinbuchstaben „m“ gestaltete Großbuchstabe „[X.]“ steht durch seine weiße Farbe in deutlichem Kontrast zum schwarzen Hintergrund und tritt durch seine Größe auffallend hervor. Da es - im Gegensatz zur werbeüblichen Binnengroßschreibung bei einem aus mehreren Buchstaben bestehenden Wort - hier besonders ungewöhnlich ist, in einem lediglich aus zwei Buchstaben bestehenden Wort den zweiten Buchstaben groß zu schreiben, wirkt die Buchstabenfolge vorliegend nicht wie ein Wort, sondern lediglich wie zwei einzelne Buchstaben. Durch diese konkrete Gestaltung ist ein Zusammenziehen der beiden Einzelbuchstaben zu einem Wort „my“ daher nicht nahegelegt. Der Verkehr wird die [X.] daher nicht mit der Angabe „my [X.]“ gleichsetzen. Insgesamt ist die schutzsuchende [X.] durch die besondere Gestaltung und die dadurch auffallend eigentümliche Bildwirkung in ihrem Gesamteindruck noch so stark verfremdet, dass ihr nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden kann (vgl. [X.] GRUR 2001, 1153 - anti [X.]; GRUR 1991, 136, 137 - [X.]; [X.]/Hacker a. a. O. § 8 Rn. 126 ff. m. w. N.).

Auch steht das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] der Eintragung nicht entgegen, denn die schutzsuchende [X.] besteht nicht ausschließlich aus beschreibenden Angaben, da jedenfalls die besondere grafische Gestaltung von einer reinen Sachangabe wegführt (vgl. [X.]/Hacker a. a. O. § 8 Rn. 338, 339).

Zu beachten ist allerdings, dass sich der Schutzbereich der Marke nach der konkreten besonderen Ausgestaltung bestimmt und auch beschränkt (vgl. [X.]/Hacker a. a. O. § 8 Rdn. 337 m. w. N.; [X.] GRUR 1991, 136, 137 - [X.]).

Die Beschwerde konnte nach alledem keinen Erfolg haben.

Meta

30 W (pat) 505/10

09.12.2010

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.12.2010, Az. 30 W (pat) 505/10 (REWIS RS 2010, 572)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 572

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30 W (pat) 508/12

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