Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.06.2007, Az. XII ZB 232/06

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 3475

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[X.][X.]/06 vom 13. Juni 2007 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO §§ 139, 233 B Zur Hinweispflicht des Gerichts, wenn dieses das Vorbringen in einem Wiedereinset-zungsgesuch als unklar ansieht. [X.], Beschluss vom 13. Juni 2007 - [X.] 232/06 - [X.]

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 13. Juni 2007 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss des 2. Zivilsenats des [X.] vom 24. November 2006 aufgehoben. Dem Beklagten wird gegen die Versäumung der [X.]sfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. [X.]: 29.318 • Gründe: [X.] Der Beklagte hat gegen das ihm am 2. August 2006 zugestellte Urteil des [X.] rechtzeitig Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat auf Antrag des Prozessbevollmächtigten des Beklagten die Frist zur Begründung der Berufung bis zum 2. November 2006 verlängert. Die Berufungsbegründung ist am 3. November 2006 per Telefax beim Berufungsgericht eingegangen. Mit Schreiben vom 6. November 2006, das dem Prozessbevollmächtigten des [X.] am 9. November 2006 zugestellt worden ist, hat das Berufungsgericht den Prozessbevollmächtigten darauf hingewiesen, dass die [X.] - 3 [X.] erst am 3. November 2006 und damit verspätet beim [X.] eingegangen sei. Daraufhin hat der Beklagte mit am 17. November 2006 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungs-begründungsfrist beantragt. Zur Begründung des [X.] hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten ausgeführt und durch eidesstatt-liche Versicherungen glaubhaft gemacht, die Berufungsbegründung sei am spä-ten Nachmittag des 2. November 2006 unterzeichnet und der [X.] mit der Weisung übergeben worden, den Schriftsatz persönlich per Fax an das [X.] Frankfurt zu übermitteln, sich im [X.] an die Übertra-gung anhand des [X.] darüber zu vergewissern, ob die [X.] vollständig und an die richtige Telefaxnummer übermittelt worden sei, und erst im [X.] an die Überprüfung die Frist aus dem Kalender zu lö-schen. Entgegen der erteilten Weisung habe die [X.] jedoch auf-grund eines Versehens die Berufungsbegründung nicht dem [X.] Frankfurt übermittelt und auch keine Kontrolle des [X.]s an diesem Tag vorgenommen, so dass ihr die unterbliebene Übermittlung des Schriftsat-zes an diesem Tag nicht aufgefallen sei. Ihren Verpflichtungen sei die Büro-vorsteherin bisher mit größter Zuverlässigkeit nachgekommen; sie habe bislang nicht in einem einzigen Fall eine ihr erteilte Weisung nicht ausgeführt oder eine noch offene Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist bei der von ihr täglich vorzunehmenden Kontrolle des [X.]s übersehen. Das Berufungsgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vori-gen Stand mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen und zur [X.] ausgeführt, ein fehlendes Verschulden des Prozessbevollmächtigten des Beklagten an der Versäumung der Frist lasse sich nicht zweifelsfrei feststellen. Der Inhalt des [X.] und der eidesstattlichen Versiche-rungen lasse nicht den zweifelsfreien Schluss zu, dass in der Kanzlei des [X.] - 4 - zessbevollmächtigten des Beklagten eine Anweisung existiere, wonach der [X.] am Ende des [X.] dahin kontrolliert werde, ob sämtli-che Fristen des [X.] erledigt und ausgetragen worden seien. Eine solche Maßnahme diene aber gerade der Entdeckung und Vermeidung der im vorlie-genden Fall aufgetretenen Versäumnisse. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Rechtsbeschwerde. I[X.] [X.] ist gemäß § 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässig. Dieser Zulassungsgrund liegt u.a. dann vor, wenn die Entscheidung des Gerichts auf der Verletzung von Verfahrens-grundrechten, namentlich des Anspruchs auf rechtliches Gehör beruht ([X.] 151, 221, 226 f.; Senatsbeschluss vom 10. Mai 2006 - [X.] 42/05 - [X.]-Report 2006, 1119). Einen solchen Verstoß rügt die Rechtsbeschwerde mit [X.]. 3 Das Berufungsgericht hat gegen § 139 Abs. 1 ZPO verstoßen, indem es unterstellt hat, in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Beklagten exis-tiere keine Anweisung, wonach der [X.] am Ende des [X.] dahingehend kontrolliert werde, ob sämtliche Fristen des [X.] erledigt und ausgetragen seien. 4 Das Vorbringen des Prozessbevollmächtigten in seinem Wiedereinset-zungsgesuch legt die Deutung nahe, dass eine allgemeine Anweisung des Pro-zessbevollmächtigten existiert, wonach der [X.] allabendlich darauf zu überprüfen ist, ob alle Fristen erledigt und ausgetragen sind und die [X.] - 5 - vorsteherin diese Kontrolle des [X.]s am 2. November 2006 nicht mehr vorgenommen hat. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Deutung, wonach die Kontrolle des [X.]s im Ermessen der [X.] liege bzw. jeweils morgens stattfinde, ist demgegenüber eher fern liegend. Die Schilderung der Ereignisse am 2. November 2006 in chronologischer [X.] (Unterzeichnung der Berufungsbegründung am späten Nachmittag, Wei-sung an die [X.], unterlassene Absendung des Faxes aufgrund Verschuldens) sowie der Hinweis am Ende, dass die [X.] am 2. November 2006 auch den [X.] nicht mehr kontrolliert habe, deu-tet, worauf die Rechtsbeschwerde zu Recht hinweist, darauf hin, dass es sich um eine abendliche Kontrolle gehandelt hat, die die [X.] am 2. November 2006 versehentlich nicht mehr durchgeführt hat. Die Formulierung "bei der von ihr täglich vorzunehmenden Kontrolle des [X.]s" spricht dafür, dass die Kontrolle des [X.]s nicht im Ermessen der Büro-vorsteherin stand, sondern aufgrund einer feststehenden Anweisung von ihr allabendlich durchzuführen war. Ob die Schlussfolgerung des Berufungsurteils, es habe an einer wirksamen Anweisung einer abendlichen Ausgangskontrolle gefehlt, nach dem vom Berufungsführer vorgetragenen Sachverhalt ernsthaft vertreten werden kann, kann dahinstehen. Denn wenn das Berufungsgericht das Vorbringen selbst als unklar ansieht, wäre es jedenfalls nach § 139 Abs. 1 ZPO verpflichtet gewesen, den Beklagten auf seinen unklaren Vortrag hinzu-weisen, um ihm Gelegenheit zur Klarstellung seines rechtzeitigen Vortrages zu geben. - 6 - II[X.] 6 [X.] ist auch begründet. Dem Beklagten ist Wieder-einsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegrün-dungsfrist zu gewähren. Denn er hat die Frist weder aus eigenem noch aus ihm zurechenbarem Verschulden seines Prozessbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO) versäumt. Der Beklagte hat mit der Rechtsbeschwerde dargelegt, was er nach Er-teilung des gebotenen Hinweises gegenüber dem Berufungsgericht vorgetragen hätte. Danach hätte er zur Klarstellung seines bisherigen Vorbringens ausge-führt, dass die [X.] dahin angewiesen sei, die Erledigung der frist-gebundenen Sachen am Abend eines jeden [X.] anhand des [X.] zu überprüfen, die [X.] diese Kontrolle jedoch am 2. November 2006 vergessen habe. 7 Zwar müssen nach §§ 234 Abs. 1, 236 Abs. 2 ZPO alle Tatsachen, die für die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Bedeutung sein können, innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist vorgetragen werden. [X.] dürfen nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] (Se-natsbeschluss vom 10. Mai 2006 - [X.] 42/05 - [X.]-Report 2006, 1119 m.w.N.) erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklä-rung nach § 139 ZPO geboten gewesen wäre, noch nach Fristablauf erläutert und vervollständigt werden. Nach der Klarstellung, dass die [X.] am Abend eines jeden [X.] die Erledigung der fristgebundenen Sachen zu kontrollieren hat, hätte das Berufungsgericht die Wiedereinsetzung in den vori-gen Stand nicht ablehnen dürfen, da dem Beklagten dann keine Pflichtverlet-zung seines Prozessbevollmächtigten zuzurechnen ist. Der Prozessbevoll-mächtigte des Beklagten hat durch seine Kanzleiorganisation für eine ausrei-8 - 7 - chende Fristenkontrolle gesorgt. Das Fehlverhalten der [X.] kann dem Beklagten nicht angelastet werden. 9 Über die Kosten des [X.] - zu denen auch die Kosten des für den Beklagten erfolgreichen Beschwerdeverfahrens gehören - ist erst in der Endentscheidung über die Hauptsache zu erkennen (Senatsbe-schluss vom 10. Mai 2006 - [X.] 42/05 - [X.]-Report 2006, 1119). Hahne [X.] [X.] Vézina Dose
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 14.06.2006 - 2/2 O 279/05 - [X.], Entscheidung vom 24.11.2006 - 2 U 166/06 -

Meta

XII ZB 232/06

13.06.2007

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.06.2007, Az. XII ZB 232/06 (REWIS RS 2007, 3475)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 3475

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