Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.08.2007, Az. XII ZB 82/07

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 2443

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[X.][X.]/07
vom 15. August 2007 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO §§ 85 Abs. 2, 233 B, Fc, 520 Abs. 2 a) Wird die Frist zur Begründung der Berufung um einen bestimmten Zeitraum verlängert und fällt der letzte Tag der ursprünglichen Frist auf einen Samstag, Sonntag oder allgemeinen Feiertag, so beginnt der verlängerte Teil der Frist erst mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktages ([X.] an [X.] vom 14. Dezember 2005 - [X.] 198/04 - NJW 2006, 700). b) Hat das Berufungsgericht die Begründungsfrist hingegen bis zu einem [X.] bezeichneten Tag verlängert, kommt es auf den Beginn der verlängerten Frist nicht an. Wenn das Berufungsgericht die beantragte Fristverlängerung nur teilweise bewilligt hat, kommt eine darauf gestützte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Begründungsfrist nur aus-nahmsweise bei einem Verstoß gegen die Anforderungen an ein faires Ver-fahren in Betracht (Abgrenzung zu [X.] Beschluss vom 23. Oktober 2003 - [X.]/03 - NJW-RR 2004, 785). [X.], Beschluss vom 15. August 2007 - [X.]/07 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 15. August 2007 durch [X.], Prof. Dr. [X.] und [X.], die Richterin [X.] und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des [X.] vom 4. April 2007 wird auf Kosten des [X.] verworfen. [X.]: 650 •. Gründe: [X.] Das Amtsgericht hat die Klage auf Rückzahlung der geleisteten Anzah-lung auf einen Mietzins abgewiesen. Das Urteil wurde dem Kläger am 3. August 2006 zugestellt. Dagegen legte der Kläger rechtzeitig Berufung ein. Mit einem am gleichen Tag eingegangenen Schriftsatz vom 2. Oktober 2006 beantragte der Kläger, "die am 04.10.2006 ablaufende Berufungsbegründungsfrist um ei-nen Monat bis zum 06. November 2006 zu verlängern". Das [X.] ver-längerte die Begründungsfrist mit Verfügung vom 5. Oktober 2006, die dem Kläger mit Telefax vom 6. Oktober 2006 übermittelt wurde, bis zum [X.] 2006 und führte ergänzend aus: 1 - 3 - "Eine weitere Fristverlängerung konnte nicht gewährt werden, da die Frist des § 520 II ZPO am [X.] endet (Zustellung des Urteils am [X.])." 2 Die Berufungsbegründung ging am 6. November 2006 (Montag) per Te-lefax beim Berufungsgericht ein. Nachdem der Kläger auf die verspätet einge-gangene Berufungsbegründung hingewiesen worden war, beantragte er mit am gleichen Tag eingegangenem Schriftsatz vom 20. November 2006 Wiederein-setzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegrün-dungsfrist. Das [X.] hat den Antrag des [X.] auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des [X.]. 3 I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist nach § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO in Verbindung mit §§ 238 Abs. 2 Satz 1, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zu-lässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Entge-gen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist eine Entscheidung des Bundes-gerichtshofs weder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts geboten. 4 1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil die Entscheidung des Berufungsgerichts der 5 - 4 - Rechtsprechung des [X.] zum Beginn einer vom Berufungsge-richt verlängerten Frist nicht widerspricht. 6 a) Zwar hätte das Berufungsgericht die Begründungsfrist nach § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO bis zum 4. November 2006 bzw., weil dies ein Samstag war, bis zum 6. November 2006 (Montag) verlängern dürfen, sodass die [X.] dann rechtzeitig eingegangen wäre. Denn weil das erstinstanzliche Urteil dem Kläger am 3. August 2006 zu-gestellt worden war, wäre die Berufungsbegründungsfrist nach § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO am 3. Oktober 2006 abgelaufen, wenn dieser Tag kein gesetzlicher Feiertag gewesen wäre. So aber lief sie nach § 222 Abs. 2 ZPO erst mit Ablauf des nächsten Werktages am 4. Oktober 2006 ab. Wenn das Berufungsgericht die Begründungsfrist - wie grundsätzlich nach § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO mög-lich - um einen Monat verlängert hätte, hätte der verlängerte Teil der Frist nach ständiger Rechtsprechung des [X.] erst mit Ablauf des dem Feiertag folgenden nächsten Werktages, hier also mit Ablauf des 4. Oktober 2006 begonnen ([X.] Beschluss vom 14. Dezember 2005 - [X.] 198/04 - NJW 2006, 700) und wäre deswegen erst am Montag, dem 6. November 2006 abgelaufen. 7 b) Darauf kommt es hier aber nicht an, weil das Berufungsgericht die [X.], sondern bis zum Ablauf eines konkret bezeichneten Tages, nämlich des 3. November 2006 (Freitag), verlängert hat. Dann kommt es auf die Rechtsprechung zum Beginn der [X.] Frist nicht an, weil das Ende der Frist konkret feststeht. Die Entschei-dung des Berufungsgerichts widerspricht deswegen dieser Rechtsprechung nicht. Weil die Berufungsbegründung nicht innerhalb dieser konkret bestimmten Frist bis zum Ablauf des 3. November 2006, sondern erst am 6. November 8 - 5 - 2006 eingegangen ist, war die Begründungsfrist des § 520 Abs. 2 ZPO nicht gewahrt. 9 2. Auch soweit das Berufungsgericht dem Kläger die beantragte Wieder-einsetzung in den vorigen Stand versagt hat, vermag die Rechtsbeschwerde keine Zulassungsgründe im Sinne des § 574 Abs. 2 ZPO aufzuzeigen. Die [X.] Entscheidung überspannt insbesondere nicht die Sorgfaltsanforde-rungen an die Verpflichtung eines Prozessbevollmächtigten zur Kontrolle lau-fender Rechtsmittelbegründungsfristen. a) Zwar weist die Rechtsbeschwerde zu Recht darauf hin, dass ein Rechtsanwalt nach ständiger Rechtsprechung des [X.] grund-sätzlich darauf vertrauen darf, dass seinem ersten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat stattgegeben wird, wenn die Vor-aussetzungen des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO hinreichend vorgetragen sind ([X.] NJW 1989, 1147; Senatsbeschluss vom 11. Februar 1998 - [X.] ZB 184/97 - NJW-RR 1998, 787, 788; [X.] Beschlüsse vom 23. Oktober 2003 - [X.]/03 - NJW-RR 2004, 785, vom 7. Juni 1999 - [X.] - NJW 1999, 3051, 3052, vom 11. November 1998 - [X.] - NJW 1999, 430 und vom 17. Dezember 1997 - [X.] - NJW-RR 1998, 1140). 10 Dieser Vertrauensschutz gilt aber nur so lange, bis das Gericht über den Verlängerungsantrag entschieden hat. Hat das Berufungsgericht - wie hier - bereits über den Verlängerungsantrag entschieden und ihm nur teilweise statt-gegeben, kann die [X.] nicht mehr auf eine antragsgemäße Verlängerung vertrauen. Das gilt jedenfalls dann, wenn die gerichtliche Entscheidung über den Verlängerungsantrag eindeutig ist, aus ihr zweifelsfrei deutlich wird, dass dem weitergehenden Antrag nur teilweise stattgegeben wurde, und noch [X.] für die Berufungsbegründung verbleibt. Die Grundrechte des [X.] - 6 - rufungsklägers auf effektiven Rechtsschutz und ein faires Verfahren können allenfalls dann verletzt sein, wenn die gerichtliche Entscheidung über den [X.] so unbestimmt ist, dass sie geeignet ist, den Berufungsführer in die Irre zu leiten, und die Verlängerung der Frist dadurch ihren Sinn verliert (vgl. insoweit [X.] Beschluss vom 23. Oktober 2003 - [X.]/03 - NJW-RR 2004, 785). Solches war hier allerdings nicht der Fall, weil der Vorsitzende den Klä-ger ausdrücklich auf den [X.] und zusätzlich darauf hingewie-sen hatte, dass dem weitergehenden Antrag nicht stattgegeben werde. Die [X.] vom 5. Oktober 2006 ist dem Prozessbevollmächtigten des [X.] auch so rechtzeitig zugegangen, dass er sich auf den darin mitgeteilten Fristablauf am 3. November 2006 hinreichend einstellen konnte. 12 b) Danach ist die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist auf ein dem Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbares Verschulden seines Pro-zessbevollmächtigten zurückzuführen. 13 aa) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] muss ein Rechtsanwalt durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass [X.] möglichst vermieden werden. Die Einhaltung der Beru-fungsbegründungsfrist ist deswegen - im Gegensatz zur Berufungsfrist - nicht nur durch die Eintragung der Hauptfrist, sondern zusätzlich durch eine ausrei-chende Vorfrist sicherzustellen (Senatsbeschluss vom 6. Dezember 2006 - [X.] ZB 99/06 - NJW 2007, 1455, 1456 m.w.[X.]). 14 Zwar muss der Rechtsanwalt die auf eine Vorfrist vorgelegte Sache nicht stets sofort bearbeiten, weil er grundsätzlich frei darin ist, ob er die Begrün-dungsfrist vollständig ausnutzen möchte ([X.] Beschlüsse vom 5. Oktober 1999 - [X.] - NJW 2000, 365, 366 und vom 9. März 1999 - [X.] - 15 - 7 - NJW 1999, 2048, 2049). Der Rechtsanwalt kann die Handakte deswegen auch zur Wiedervorlage am [X.] zurückgeben, wenn er sich nach sorgfältiger Prüfung davon überzeugt hat, dass die Rechtsmittelbegründung noch rechtzeitig innerhalb der Frist bei Gericht eingereicht werden kann ([X.] Beschluss vom 27. Mai 1997 - [X.] - NJW 1997, 2825, 2826). Die mit der Vorfristanordnung bezweckte Sicherung, dem Anwalt den für die [X.] erforderlichen Zeitraum zu gewährleisten, verlangt dann keine sofortige Bearbeitung der Sache, sondern gestattet es, sich die Sache für den letzten Tag der sorgfältig geprüften Begründungsfrist erneut vorlegen zu lassen. [X.]) Allerdings erfordert der Zweck der Vorfrist dann eine erneute Prüfung der Begründungsfrist (vgl. insoweit Senatsbeschluss vom 11. Februar 2004 - [X.] ZB 263/03 - FamRZ 2004, 696), weil nur so sichergestellt werden kann, dass die Berufungsbegründung rechtzeitig erstellt und dem Gericht übermittelt wird. Das gilt hier schon deswegen, weil der Prozessbevollmächtigte des [X.] eine Verlängerung der Begründungsfrist beantragt hatte und deswegen zunächst lediglich eine vorläufige Frist eingetragen werden konnte, die sich aus dem Verlängerungsantrag ergab. In solchen Fällen ist der endgültige Fristablauf nach Gewährung der Verlängerung stets erneut zu überprüfen und neu in den [X.] einzutragen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Handakte nicht zu einer hypothetischen, sondern zu einer wirklichen Frist vor-gelegt und diese eingehalten wird. Das gilt unabhängig davon, ob die Fristver-längerung erst am Tag des Ablaufs der regulären Begründungsfrist oder schon einige Zeit zuvor beantragt wird. In jedem Fall ist durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass vor dem beantragten Fristablauf das wirkliche Ende der Frist festgestellt und eingetragen wird (Senatsbeschluss vom 14. Juli 1999 - [X.] ZB 62/99 - NJW-RR 1999, 1663). Diese Pflicht zur Überprüfung der [X.] - sächlich gewährten Verlängerung der Begründungsfrist hat der Prozessbevoll-mächtigte des [X.] schuldhaft nicht erfüllt, was dem Kläger zuzurechnen ist. 17 c) Dieses Verschulden des Prozessbevollmächtigten des [X.] ist für die Versäumung der Frist ursächlich geworden, so dass es auf ein gerichtliches Mitverschulden bei der Bewilligung der Fristverlängerung nicht entscheidend ankommt ([X.] Beschluss vom 6. Mai 1999 - [X.] - [X.], 515). [X.] [X.] Ahlt Vézina Dose
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 01.08.2006 - 29 C 465/05 - [X.], Entscheidung vom 04.04.2007 - 3 [X.]/06 -

Meta

XII ZB 82/07

15.08.2007

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.08.2007, Az. XII ZB 82/07 (REWIS RS 2007, 2443)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 2443

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