Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.06.2021, Az. VIII ZB 56/20

8. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 4763

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Gegenstand

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Anforderungen an die Fristensicherung bei einem Antrag auf erstmalige Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist


Leitsatz

1. Zu den Anforderungen an das Fristenwesen des Rechtsanwalts für den Fall eines Fristverlängerungsantrags (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 4. September 2018 - VIII ZB 70/17, NJW-RR 2018, 1325 Rn. 15 mwN).

2. Die Fristensicherung verlangt von dem Rechtsanwalt bei einem Antrag auf erstmalige Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist - auf deren Bewilligung er bei Vorliegen erheblicher Gründe (§ 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO) im Allgemeinen vertrauen darf - nicht, dass er sich bereits innerhalb der noch laufenden Berufungsbegründungsfrist durch Nachfrage beim Berufungsgericht über den Eingang des Fristverlängerungsantrags und über eine Verlängerung dieser Frist erkundigt (Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 9. Mai 2017 - VIII ZB 69/16, NJW 2017, 2041 Rn. 19; vom 30. Mai 2017 - VI ZB 54/16, NJW-RR 2017, 1532 Rn. 13; vom 18. Januar 2018 - V ZB 166/17, juris Rn. 7; vom 2. Dezember 2020 - XII ZB 324/20, FamRZ 2021, 446 Rn. 9 f.; st. Rspr.).

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss des [X.] - Zivilkammer 19 - vom 14. Juli 2020 aufgehoben.

Dem Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil des [X.] vom 19. Dezember 2019 gewährt.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 3.500 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Rückzahlung einer Mietkaution in Anspruch. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten ausweislich seines Empfangsbekenntnisses am 2. Januar 2020 - nach seinen Angaben in der Berufungsschrift und im späteren Wiedereinsetzungsantrag bereits am 27. Dezember 2019 - zugestellte Urteil des Amtsgerichts hat dieser fristgerecht Berufung eingelegt. Mit Verfügung vom 15. März 2020, die dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 17. März 2020 zugestellt worden ist, hat das [X.] diesen darauf hingewiesen, dass eine Berufungsbegründung nicht vorliege.

2

Daraufhin hat der Beklagte mit - bei dem [X.] am selben Tag eingegangenem - [X.] vom 20. März 2020 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und zugleich die "Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat (bis zum 27. März 2020)" beantragt. Zur Begründung des [X.] hat er - unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung einer in der Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten tätigen Mitarbeiterin - im Wesentlichen ausgeführt:

3

Sein Prozessbevollmächtigter habe mit (dem Wiedereinsetzungsgesuch in Kopie der Urschrift beigefügtem) [X.] vom 21. Februar 2020 bei dem [X.] "aufgrund akuter Arbeitsüberlastung" die Verlängerung der bis zum 27. Februar 2020 reichenden Berufungsbegründungsfrist um einen Monat beantragt. Dieser [X.] sei noch am 21. Februar 2020 durch die Kanzleimitarbeiterin auf den Postweg gegeben worden, indem sie ihn in Urschrift, beglaubigter Abschrift und (einfacher) Abschrift in ein Kuvert gesteckt, dieses verschlossen, ausreichend frankiert und am Freitag, den 21. Februar 2020, um 17.30 Uhr in den nahegelegenen [X.] an der Ecke I.           [X.]        Straße in den "[X.] für [X.]" eingeworfen habe.

4

Mit [X.] vom 25. März 2020, der bei dem [X.] am darauf folgenden Tag eingegangen ist, hat der Beklagte die Berufung begründet.

5

Durch Beschluss vom 9. Juni 2020 hat das [X.] den Beklagten darauf hingewiesen, dass sein Wiedereinsetzungsantrag keine Aussicht auf Erfolg haben und die Berufung deshalb als unzulässig zu verwerfen sein dürfte, da nicht ersichtlich sei, dass sein Prozessbevollmächtigter unverschuldet daran gehindert gewesen sei, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten. Ausgehend von der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung sei der [X.] vom 21. Februar 2020 nicht bei Gericht angekommen. Die Berufungsbegründungsfrist sei deshalb nicht verlängert worden, sondern abgelaufen. Zwar sei dem Prozessbevollmächtigten der Verlust eines ordnungsgemäß bei der Post aufgegebenen Briefs grundsätzlich nicht anzulasten. Allerdings habe der Prozessbevollmächtigte durch eine ordnungsgemäße Büroorganisation dafür Sorge zu tragen, dass nach einem Fristverlängerungsantrag eine Frist nicht versäumt werde; er habe insbesondere sicherzustellen, dass "vor Ablauf der zu verlängernden Frist der wirkliche Fristablauf festgestellt wird", damit er gegebenenfalls einen erneuten Fristverlängerungsantrag stellen könne ([X.], [X.], 401; NJW-RR 2015, 700). Dass dies vorliegend geschehen wäre, sei weder dargelegt noch glaubhaft gemacht.

6

Das [X.] hat mit Beschluss vom 14. Juli 2020 den Wiedereinsetzungsantrag des Beklagten zurückgewiesen und dessen Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts als unzulässig verworfen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:

7

Der Beklagte habe die Berufung nicht innerhalb der Zweimonatsfrist des § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO begründet. Sein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei zwar zulässig, aber unbegründet, da er nicht glaubhaft gemacht habe, ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist gehindert gewesen zu sein.

8

Dies gelte auch unter Zugrundelegung seines Vortrags und der von ihm vorgelegten Versicherung an Eides statt. Zwar sei einem Rechtsanwalt grundsätzlich der Verlust eines zur Post aufgegebenen Briefs nicht anzulasten. Er dürfe darauf vertrauen, dass ein solcher Brief innerhalb der üblichen Postlaufzeiten beim Empfänger ankomme. Auch habe der Prozessbevollmächtigte des Beklagten erwarten dürfen, dass die Berufungsbegründungsfrist aufgrund seines Verlängerungsantrags vom 21. Februar 2020 verlängert werden würde. Ein Rechtsanwalt dürfe grundsätzlich darauf vertrauen, dass einem ersten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bei Vorliegen eines erheblichen Grundes, wie hier Arbeitsüberlastung, entsprochen werde.

9

Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten habe aber weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, durch seine Büroorganisation sichergestellt zu haben, dass nach [X.] Fristen nicht versäumt würden. Die Fristen für die Berufung und Berufungsbegründung seien bei Zustellung des Urteils einzutragen. Werde eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist beantragt, dürfe eine neue (verlängerte) Frist nicht derart eingetragen werden, als sei die Frist mit Stellung des [X.] bereits verlängert worden. Bis die Fristverlängerung bewilligt worden sei, handele es sich um eine hypothetische Frist. Der Eintrag der verlängerten Frist sei erst zulässig, wenn die Frist tatsächlich verlängert worden sei. Deshalb sei durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, "dass vor Ablauf der Frist, deren Verlängerung beantragt worden ist, das wirkliche Ende der Frist festgestellt wird, etwa durch Rückfrage beim Gericht ([X.], [X.], 401; NJW-RR 2015, 700; beide zur Berufungsbegründungsfrist)".

Dass der Prozessbevollmächtigte des Beklagten seine Büroorganisation entsprechend ausgestaltet hätte, habe er weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Im Gegenteil habe er mit seiner "Beschwerde" gegen den Hinweisbeschluss der Kammer deutlich gemacht, dass er eine verlässliche Feststellung des wirklichen [X.] nicht für notwendig halte, weil die Berufungsbegründungsfrist "in Beton gegossen" und die Fristverlängerung um einen Monat "gesetzlich sanktioniert sei" und ein wirklicher Fristablauf deshalb nicht weiter zu prüfen gewesen sei.

Dieser - dem Beklagten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnende - [X.] sei für die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ursächlich gewesen. Wäre die ursprüngliche Berufungsbegründungsfrist noch als offen eingetragen und bei ihr ein Fristverlängerungsantrag vermerkt gewesen, hätte die Akte dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten spätestens am Tag des Fristablaufs vorgelegt werden müssen. Er hätte dann erkannt, dass sein Fristverlängerungsantrag noch nicht beschieden worden sei, und hätte durch Nachfrage beim Gericht erfahren, dass dieser Antrag dort nicht eingegangen sei. Er hätte dann Gelegenheit gehabt, einen weiteren Fristverlängerungsantrag zu stellen oder eine Berufungsbegründung einzureichen.

II.

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist (§ 233 ZPO) sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, das über die Begründetheit der Berufung zu entscheiden haben wird.

1. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte und auch den Form- und Fristerfordernissen genügende Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Die angefochtene Entscheidung verletzt - wie die Rechtsbeschwerde zu Recht geltend macht - in entscheidungserheblicher Weise das Verfahrensgrundrecht des Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Danach darf einer [X.] die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten versagt werden, die den [X.]en den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (st. Rspr.; vgl. [X.], [X.], 122 Rn. 9 ff.; [X.], Beschlüsse vom 12. Juli 2016 - [X.]/15, [X.], 632 Rn. 1; vom 9. Mai 2017 - [X.], [X.], 2041 Rn. 9; vom 4. September 2018 - [X.]/17, NJW-RR 2018, 1325 Rn. 9; vom 22. September 2020 - [X.], juris Rn. 6; vom 30. März 2021 - [X.] 37/19, juris Rn. 19; vom 11. Mai 2021 - [X.] 9/20, juris Rn. 28; jeweils mwN).

2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Der Beklagte hat zwar die Berufungsbegründungsfrist nach § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO versäumt. Ihm ist jedoch auf seinen rechtzeitig und ordnungsgemäß gestellten Antrag (§ 234 Abs. 1 Satz 2, § 236 Abs. 2 ZPO) hin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil er ohne ein eigenes oder ein ihm anrechenbares Verschulden seines Prozessbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO) daran gehindert war, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten (§ 233 ZPO). Bei seiner abweichenden Beurteilung hat das Berufungsgericht zwar noch im Ausgangspunkt rechtsfehlerfrei erkannt, dass zum einen die höchstrichterliche Rechtsprechung für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei einem behaupteten Verlust eines fristgebundenen [X.]es auf dem Postweg keine allzu strengen Maßstäbe anlegt und zum anderen der Berufungsführer im Wiedereinsetzungsverfahren im [X.] darf, dass einem ersten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist entsprochen wird, wenn dieser- wie hier - auf erhebliche Gründe im Sinne des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO gestützt wird. Jedoch hat das Berufungsgericht die Anforderungen an die anwaltliche Sorgfaltspflicht des Prozessbevollmächtigten hinsichtlich der [X.] in der Anwaltskanzlei im - hier gegebenen - Fall der Beantragung einer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist überspannt und dem Beklagten daher rechtsfehlerhaft eine Wiedereinsetzung gegen die Versäumung dieser Frist versagt.

a) Noch rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass der am 26. März 2020 eingegangene [X.] (Berufungsbegründung) die (zweimonatige) Frist zur Begründung der Berufung (§ 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO) nicht gewahrt hat. Denn diese Frist endete spätestens mit Ablauf des 2. März 2020 und ist von der hierfür gemäß § 520 Abs. 2 Satz 2, 3 ZPO zuständigen Vorsitzenden der Berufungskammer, in deren pflichtgemäßes Ermessen diese Entscheidung gestellt ist (vgl. [X.]sbeschluss vom 16. Januar 2018 - [X.] 61/17, NJW 2018, 1022 Rn. 25 mwN), mangels fristgerechten Eingangs eines [X.] des Beklagten nicht verlängert worden.

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist die vom Berufungsgericht vorgenommene Verwerfung der Berufung als unzulässig nicht bereits deshalb rechtsfehlerhaft, weil das Berufungsgericht nicht beachtet hätte, dass es hierzu einer vorherigen Ablehnung des Antrags des Beklagten auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bedurft hätte, so dass die Sache schon aus diesem Grund an das Berufungsgericht zurückzuverweisen wäre, um eine Entscheidung über das Fristverlängerungsgesuch nachzuholen.

aa) Es trifft zwar zu, dass nach der Rechtsprechung des [X.] eine Berufung nur dann wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen werden darf, wenn der Antrag des Berufungsführers auf Verlängerung dieser Frist zuvor abgelehnt wurde. Fehlt es hieran, ist grundsätzlich die noch ausstehende Entscheidung über das Fristverlängerungsgesuch nachzuholen und die Sache hierzu an das Berufungsgericht zurückzuverweisen; erst im Falle der Ablehnung einer antragsgemäßen Fristverlängerung stellte sich dann die Frage einer Wiedereinsetzung des Berufungsführers in den vorigen Stand (vgl. [X.], Beschlüsse vom 26. Januar 2017 - [X.], NJW-RR 2017, 564 Rn. 6 ff.; vom 17. März 2009 - [X.] 66/08, juris Rn. 9; vom 15. März 2005 - [X.], NJW-RR 2005, 792 unter [X.]; vom 29. April 2004 - [X.], [X.], 1189 unter [II] 1 b; vom 5. April 2001 - [X.] 37/00, NJW-RR 2001, 931 unter II; vom 3. Februar 1988 - [X.], NJW-RR 1988, 581 unter II).

bb) Die Rechtsbeschwerde lässt jedoch - wie die Rechtsbeschwerdeerwiderung zutreffend geltend macht - bei ihrer Rüge außer Betracht, dass die Anwendung der vorstehend genannten Grundsätze den rechtzeitigen Eingang des [X.] bei dem Berufungsgericht voraussetzt. Daran fehlt es hier.

(1) Nach der Rechtsprechung des [X.] kann die Entscheidung über einen Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist zwar grundsätzlich auch noch nach dem Ablauf dieser Frist ergehen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Fristverlängerungsantrag bei dem Berufungsgericht vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist eingegangen ist. Geht der Antrag hingegen erst nach Fristablauf ein, kann die abgelaufene Berufungsbegründungsfrist nicht mehr wirksam verlängert werden (st. Rspr.; vgl. bereits [X.], Beschluss des [X.] vom 18. März 1982 - [X.], [X.]Z 83, 217, 220 f.; ebenso [X.], Beschlüsse vom 10. Juni 2003 - [X.] 126/02, NJW 2003, 3418 unter [X.]; vom 13. Dezember 2005 - [X.], [X.], 568 Rn. 7; vom 14. Juni 2006 - [X.], NJW-RR 2006, 1565 Rn. 7; vom 18. Juli 2013 - [X.], juris Rn. 6; vom 29. März 2017- [X.] 576/16, NJW-RR 2017, 577 Rn. 7 f.). Der Wirksamkeit einer solchen Fristverlängerung stünde die infolge des Fristablaufs eingetretene Rechtskraft entgegen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 17. Dezember 1991 - [X.], [X.]Z 116, 377, 378 f.; vom 24. Januar 1996 - [X.] 184/95, NJW-RR 1996, 513 unter [X.]; vom 19. Juli 2016 - [X.], NJW-RR 2016, 1529 Rn. 17; jeweils mwN).

(2) Hiernach kommt im vorliegenden Fall eine Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur Nachholung der Entscheidung über das Fristverlängerungsgesuch des Beklagten nicht in Betracht. Denn nach den Feststellungen des [X.] in dem angefochtenen Beschluss, an die der [X.] hier gemäß § 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 Abs. 1 ZPO gebunden ist (vgl. [X.]sbeschluss vom 30. März 2021 - [X.] 37/19, juris Rn. 22), ist der Antrag des Beklagten vom 21. Februar 2020 auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nicht vor Ablauf dieser Frist eingegangen. Die Rechtsbeschwerde macht nicht geltend, dieser Antrag sei entgegen den Feststellungen des [X.] bereits innerhalb der Berufungsbegründungsfrist eingegangen. Sie beruft sich vielmehr - entsprechend dem [X.] des Beklagten - darauf, der Fristverlängerungsantrag sei rechtzeitig in einen näher bezeichneten [X.] eingeworfen worden, bei dem Berufungsgericht aber offenbar nicht angekommen.

b) Das Berufungsgericht hat jedoch - wie die Rechtsbeschwerde zutreffend rügt - dem Beklagten rechtsfehlerhaft die von ihm beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die versäumte Berufungsbegründungsfrist versagt.

aa) Nach § 233 Satz 1 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn eine [X.] ohne ihr Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten ist der [X.] zuzurechnen (§ 85 Abs. 2 ZPO). Die [X.] muss die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen glaubhaft machen (§ 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

bb) Hiervon ausgehend hat das Berufungsgericht noch rechtsfehlerfrei erkannt, dass der Berufungsführer zwar grundsätzlich damit rechnen muss, dass der Vorsitzende des [X.] in Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens eine beantragte Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist versagt, der Berufungsführer nach der Rechtsprechung des [X.] jedoch im [X.] darf, dass einem ersten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist - wie er nach dem [X.] des Beklagten mit [X.] seines Prozessbevollmächtigten vom 21. Februar 2020 gestellt worden ist - entsprochen wird, wenn dieser auf erhebliche Gründe im Sinne des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO gestützt wird. Zu den erheblichen Gründen im Sinne dieser Vorschrift zählt insbesondere die Arbeitsüberlastung des Prozessbevollmächtigten (st. Rspr.; vgl. hierzu im Einzelnen [X.]sbeschluss vom 9. Mai 2017 - [X.] 69/17, [X.], 2041 Rn. 11 ff.; ebenso [X.], Beschlüsse vom 26. Januar 2017 - [X.], NJW-RR 2017, 564 Rn. 10; vom 20. Februar 2018 - [X.] 47/17, NJW-RR 2018, 569 Rn. 7 ff.; jeweils mwN). An die Darlegung eines erheblichen Grundes für die Notwendigkeit der Fristverlängerung dürfen bei einem ersten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist keine hohen Anforderungen gestellt werden. Daher reicht der bloße Hinweis auf eine Arbeitsüberlastung des Prozessbevollmächtigten zur Feststellung eines erheblichen Grundes im Sinne des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO aus, ohne dass es einer weiteren Substantiierung bedarf ([X.], Beschlüsse vom 9. Mai 2017 - [X.] 69/17, aaO Rn. 12 f.; vom 20. Februar 2018 - [X.] 47/17, aaO Rn. 8 f.; jeweils mwN).

Nach diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die in dem genannten [X.] vom 21. Februar 2020 als Grund für die erstrebte erstmalige Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist angeführte "akute Arbeitsüberlastung des diesen Fall allein bearbeitenden [Prozessbevollmächtigten]" den vorstehend dargestellten Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung genügt und der Beklagte sich deshalb im Wiedereinsetzungsverfahren insoweit auf sein Vertrauen in die Fristverlängerung berufen kann.

cc) Ebenfalls noch ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht erkannt, dass dem Prozessbevollmächtigten einer [X.] der Verlust eines zur Post aufgegebenen Briefs - wie hier des [X.]es vom 21. Februar 2020 mit dem Fristverlängerungsantrag des Beklagten - grundsätzlich nicht anzulasten ist, sondern er darauf vertrauen darf, dass ein zur Post aufgegebener Brief- innerhalb der üblichen Postlaufzeiten - beim Empfänger ankommt.

(1) Dabei hat das Berufungsgericht - unausgesprochen - im Ausgangspunkt rechtsfehlerfrei angenommen, dass eine Aufgabe des vorgenannten [X.]es zur Post am 21. Februar 2020 (Freitag) - wie im Wiedereinsetzungsgesuch vorgebracht - ausreichend war, um den Eingang bei [X.] der erst (frühestens) am 27. Februar 2020 (Donnerstag) ablaufenden Berufungsbegründungsfrist zu gewährleisten.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung darf eine [X.] grundsätzlich darauf vertrauen, dass die Postlaufzeiten eingehalten werden und im [X.] werktags aufgegebene Postsendungen am folgenden Werktag ausgeliefert werden (vgl. nur [X.], Beschlüsse vom 17. Januar 2012 - [X.] 42/11, [X.], 157 Rn. 7; vom 16. August 2016 - [X.] 19/16, NJW 2016, 3312 Rn. 5; vom 23. Januar 2019 - [X.] 43/18, NJW-RR 2019, 500 Rn. 10; vom 21. März 2019 - [X.]/18, NJW-RR 2019, 827 Rn. 20; jeweils mwN). Im Verantwortungsbereich des [X.] liegt es allein, das Schriftstück so rechtzeitig und ordnungsgemäß zur Post aufzugeben, dass es nach den normalen Postlaufzeiten den Empfänger fristgerecht erreichen kann (vgl. nur [X.], Beschlüsse vom 3. Februar 2011 - [X.]/09, NJW-RR 2011, 702 Rn. 7 f.; vom 17. Januar 2012 - [X.] 42/11, aaO; vom 18. Februar 2016- [X.], [X.], 2139 Rn. 7 f.). Geht eine solche Sendung auf dem Postweg verloren oder wird sie verspätet ausgeliefert, darf dies der [X.] grundsätzlich nicht als Verschulden angerechnet werden (vgl. [X.], Beschluss vom 19. Juni 2013 - [X.], juris Rn. 7).

(2) Wird - wie hier - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Behauptung begehrt, ein fristgebundener [X.] sei auf dem Postweg verloren gegangen, kann eine [X.] dies regelmäßig nicht anders glaubhaft machen als durch Glaubhaftmachung der rechtzeitigen Aufgabe des Schriftstücks zur Post, die als letztes Stück des Übermittlungsgeschehens noch ihrer Wahrnehmung zugänglich ist. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist daher Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn der Antragsteller aufgrund einer aus sich heraus verständlichen, geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe bis zur rechtzeitigen Aufgabe des in Verlust geratenen [X.]es zur Post glaubhaft macht, dass der Verlust mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht im Verantwortungsbereich seines Verfahrensbevollmächtigten eingetreten ist. Ein Nachweis dafür, dass das Schriftstück tatsächlich in den Postlauf gelangt ist, ist dagegen ebenso wie eine Glaubhaftmachung, wo und auf welche Weise es zum Verlust des Schriftstücks gekommen ist, nicht erforderlich (vgl. [X.], Beschlüsse vom 13. Januar 2021 - [X.] 329/20, [X.], 619 Rn. 8; vom 22. September 2020 - [X.], juris Rn. 8; vom 28. April 2020- [X.] 12/19, NJW-RR 2020, 818 Rn. 15, 18; vom 21. März 2019 - [X.]/18, NJW-RR 2019, 827 Rn. 21; vom 11. Juli 2017 - [X.] 20/17, juris Rn. 11; vom 10. September 2015 - [X.]/14, NJW 2015, 3517 Rn. 14; jeweils mwN). Auch bedarf es nicht der Darlegung und Glaubhaftmachung der organisatorischen Maßnahmen zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Postausgangs- und Fristenkontrolle in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten, wenn auf andere Weise glaubhaft gemacht wird, dass der [X.] tatsächlich rechtzeitig zur Post aufgegeben wurde (vgl. [X.], Beschlüsse vom 22. September 2020 - [X.], aaO Rn. 10; vom 10. September 2015 - [X.]/14, aaO Rn. 17; jeweils mwN).

(3) Das [X.] des Beklagten genügt diesen Anforderungen. Der Beklagte hat zur Begründung seines [X.] vorgetragen und durch die eidesstattliche Versicherung einer Kanzleimitarbeiterin seines Prozessbevollmächtigten glaubhaft gemacht, dass diese den von ihm unterschriebenen (an das [X.] [X.], [X.] 12-17, adressierten) [X.] vom 21. Februar 2020 mit dem auf Arbeitsüberlastung gestützten Antrag auf erstmalige Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist noch am selben Tag (21. Februar 2020) in Urschrift, beglaubigter Abschrift und (einfacher) Abschrift in ein Kuvert gesteckt, dieses verschlossen, mit einer 80-Cent-Briefmarke versehen und diesen Brief anschließend um 17.30 Uhr in den nahegelegenen [X.] an der Ecke I.            [X.]        Straße in den "[X.] für [X.]" eingeworfen habe.

Damit hat der Beklagte nach § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO glaubhaft gemacht, dass der genannte [X.] rechtzeitig zur Post aufgegeben wurde und der Verlust dieses [X.] mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht im Verantwortungsbereich seines Prozessbevollmächtigten eingetreten ist (vgl. hierzu [X.], Beschlüsse vom 28. April 2020 - [X.] 12/19, NJW-RR 2020, 818 Rn. 19 ff.; vom 13. Januar 2021 - [X.] 329/20, [X.], 619 Rn. 11 f.). Diese Würdigung des [X.]s und der Mittel der Glaubhaftmachung, die das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - nicht vorgenommen, sondern das [X.] insoweit lediglich als zutreffend unterstellt hat, kann der [X.] selbst vornehmen, da es diesbezüglich weiterer Tatsachenfeststellungen nicht bedarf und Zweifel an dem Wahrheitsgehalt der eidesstattlichen Versicherung nicht bestehen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 21. März 2019 - [X.]/18, NJW-RR 2019, 827 Rn. 19; vom 10. September 2015 - [X.]/14, NJW 2015, 3517 Rn. 16; jeweils mwN; vgl. auch [X.]sbeschluss vom 28. April 2020- [X.] 12/19, NJW-RR 2020, 818 Rn. 16 ff., 28). Anhaltspunkte für solche etwaigen Zweifel zeigt auch die Rechtsbeschwerdeerwiderung nicht auf.

dd) Das Berufungsgericht hat jedoch rechtsfehlerhaft angenommen, der beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist stehe entgegen, dass der Beklagte - trotz Hinweises - weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht habe, dass sein Prozessbevollmächtigter im Rahmen der Büroorganisation sichergestellt habe, dass nach [X.] Fristen nicht versäumt würden. Hierbei hat das Berufungsgericht die Anforderungen an die anwaltliche Sorgfaltspflicht des Prozessbevollmächtigten überspannt, indem es unter Verkennung der ständigen Rechtsprechung des [X.] - offenbar aufgrund eines Fehlverständnisses einer in einer älteren Entscheidung des [X.] enthaltenen Formulierung ([X.], Beschluss vom 24. November 2009 - [X.] 69/08, [X.], 789 Rn. 8) - angenommen hat, im Rahmen der anwaltlichen Fristenkontrolle müsse für den - hier gegebenen - Fall eines Antrags auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist durch geeignete Maßnahmen sichergestellt sein, dass bereits vor dem Ablauf der ursprünglichen Berufungsbegründungsfrist ("vor Ablauf der Frist, deren Verlängerung beantragt worden ist") das wirkliche Ende der Frist, "etwa durch Rückfrage beim Gericht", festgestellt werde.

Dabei hat das Berufungsgericht verkannt, dass die Fristensicherung von dem Rechtsanwalt bei einem Antrag auf erstmalige Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist - auf deren Bewilligung er bei Vorliegen erheblicher Gründe, wie hier, im [X.] darf - nicht verlangt, dass er sich bereits innerhalb der noch laufenden Berufungsbegründungsfrist durch Nachfrage beim Berufungsgericht über den Eingang des [X.] und über eine Verlängerung dieser Frist erkundigt.

(1) Ein Rechtsanwalt hat nach ständiger Rechtsprechung des [X.] durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener [X.] rechtzeitig gefertigt und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Hierzu hat er grundsätzlich sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsfristen auszuschließen (st. Rspr.; vgl. im Einzelnen [X.]sbeschluss vom 4. September 2018 - [X.]/17, NJW-RR 2018, 1325 Rn. 13 f. mwN). In der [X.] einer Anwaltskanzlei muss deshalb insbesondere gewährleistet sein, dass außer der eigentlichen Rechtsmittelbegründungsfrist auch eine Vorfrist notiert wird, mit der sichergestellt werden soll, dass dem sachbearbeitenden Rechtsanwalt für die Fertigung der Rechtsmittelschrift oder Rechtsmittelbegründung hinreichend Zeit verbleibt (st. Rspr.; vgl. [X.]sbeschluss vom 4. September 2018 - [X.]/17, aaO Rn. 14 mwN).

Für den Fall eines [X.] - wie hier - bestehen zusätzliche Anforderungen an das Fristenwesen. In diesen Fällen muss als zusätzliche Fristensicherung auch das hypothetische Ende der beantragten Fristverlängerung bei oder alsbald nach Einreichung des Verlängerungsantrags im Fristenbuch eingetragen, als vorläufig gekennzeichnet und rechtzeitig, spätestens nach Eingang der gerichtlichen Mitteilung überprüft werden, damit das wirkliche Ende der Frist festgestellt werden kann (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Beschlüsse vom 14. Juli 1999 - [X.] 62/99, NJW-RR 1999, 1663 unter II 1; vom 13. Juli 2010 - [X.] 1/10, NJW 2011, 151 Rn. 6; vom 22. März 2011 - [X.], NJW 2011, 1598 Rn. 12; vom 28. Mai 2013 - [X.] 6/13, NJW 2013, 2821 Rn. 9; vom 22. September 2015 - [X.], juris Rn. 14; jeweils mwN; vom 4. September 2018 - [X.]/17, aaO Rn. 15). Zugleich mit der Eintragung des beantragten (voraussichtlichen) [X.] ist hierfür auch eine Vorfrist einzutragen ([X.], Beschlüsse vom 14. Juli 1999 - [X.] 62/99, aaO unter [X.]; vom 22. März 2011 - [X.], aaO Rn. 14, 16; vom 4. September 2018 - [X.]/17, aaO). Auf diese Weise kann die Fristwahrung in der Regel selbst dann gewährleistet werden, wenn die Eintragung der ursprünglichen Frist versehentlich gelöscht worden und die Eintragung der verlängerten Frist versehentlich unterblieben ist ([X.], Beschluss vom 22. März 2011 - [X.], aaO; vom 4. September 2018 - [X.]/17, aaO).

(2) Nach diesen Maßstäben gereicht es dem Beklagten - entgegen der Auffassung des [X.] - nicht zum Verschulden, dass sein Prozessbevollmächtigter sich nicht innerhalb der noch laufenden Berufungsbegründungsfrist durch Nachfrage beim Berufungsgericht über eine Verlängerung dieser Frist erkundigt hat und das Fristenwesen seiner Kanzlei dementsprechende Vorkehrungen auch nicht vorsah.

(a) Soweit einer von dem Berufungsgericht für seine gegenteilige Rechtsauffassung herangezogenen früheren Entscheidung des [X.]. Zivilsenats des [X.] ([X.], Beschluss vom 24. November 2011 - [X.] 69/08, [X.], 789 Rn. 8) aufgrund der dort gewählten Formulierung, wonach in jedem Fall durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen sei, dass "vor dem Ablauf der Frist, deren Verlängerung beantragt worden ist, das wirkliche Ende der Frist - gegebenenfalls durch Rückfrage bei Gericht - festgestellt wird", eine - in der Rechtsprechung des [X.] allerdings auch damals nicht vorgesehene (vgl. nur [X.], Beschluss vom 13. Dezember 2005 - [X.], [X.], 568 Rn. 6 f.) - Erkundigungspflicht noch vor Ablauf der ursprünglichen gesetzlichen Berufungsbegründungsfrist entnommen werden könnte, hat dieser [X.] selbst an dieser Auffassung nicht festgehalten, sondern vorsorglich eine entsprechende Klarstellung vorgenommen ([X.], Beschluss vom 30. Mai 2017 - [X.] 54/16, NJW-RR 2017, 1532 Rn. 13).

(b) Es entspricht - was das Berufungsgericht übersehen hat - seit langem ständiger Rechtsprechung des [X.], dass ein Prozessbevollmächtigter, wenn er - wie hier - mit der erstmaligen Verlängerung der Begründungsfrist mit großer Wahrscheinlichkeit rechnen durfte, nicht gehalten ist, sich vor Ablauf der ursprünglichen Frist zu vergewissern, ob dem Fristverlängerungsgesuch stattgegeben wurde (st. Rspr.; vgl. [X.], NJW 2001, 812, 813 f.; [X.], Beschlüsse vom 11. November 1998 - [X.] 24/98, [X.], 1559 unter [II] 2 b, c [zu § 519 Abs. 2 Satz 3 ZPO aF]; vom 16. Oktober 2007- [X.] 65/06, NJW-RR 2008, 367 Rn. 9; vom 16. März 2010 - [X.] 46/09, NJW 2010, 1610 Rn. 10; vom 26. Januar 2017 - [X.], NJW-RR 2017, 564 Rn. 11 f.; vom 9. Mai 2017 - [X.], [X.], 2041 Rn. 19; vom 30. Mai 2017 - [X.] 54/16, NJW-RR 2017, 1532 Rn. 13; vom 18. Januar 2018 - [X.] 166/17, juris Rn. 7; vom 20. Februar 2018 - [X.] 47/17, NJW-RR 2018, 569 Rn. 10; vom 2. Dezember 2020 - [X.] 324/20, [X.], 446 Rn. 9; jeweils mwN).

(3) Die seitens des [X.] vorgenommene Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellt sich auch nicht etwa deshalb als richtig dar (§ 577 Abs. 3 ZPO), weil die Fristenkontrolle in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Beklagten - unter Zugrundelegung des [X.]s - auch bei zutreffender Anwendung der nach der vorstehend (unter [X.] [X.] (1)) genannten höchstrichterlichen Rechtsprechung geltenden Maßstäbe den Anforderungen an das anwaltliche Fristenwesen bei Anträgen auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nicht genügte. Denn diese Sorgfaltspflichtverletzung des Prozessbevollmächtigten des Beklagten ist im vorliegenden Fall für die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nichtursächlich geworden, da die Berufungsbegründung am 26. März 2020 und damit vor Ablauf der von dem Beklagten mit seinem Fristverlängerungsantrag begehrten erstmaligen Verlängerungsfrist von einem Monat (§ 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO) bei dem Berufungsgericht eingegangen ist.

ee) Mit der vorgenannten Einreichung der Berufungsbegründung hat der Beklagte zugleich gemäß § 236 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 ZPO die versäumte Prozesshandlung innerhalb der mit Zustellung des gerichtlichen Hinweises am 17. März 2020 in Gang gesetzten einmonatigen [X.]frist (§ 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO) nachgeholt (vgl. hierzu [X.], Beschluss vom 2. Dezember 2020 - [X.] 324/20, [X.], 446 Rn. 15 f. mwN). Das Berufungsgericht hätte deshalb auch von daher gesehen dem Beklagten die von ihm mit [X.] vom 20. März 2020 beantragte Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist nicht versagen und demzufolge auch die Berufung des Beklagten nicht wegen Versäumung der Begründungsfrist als unzulässig verwerfen dürfen.

3. Nach alledem kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben; sie ist aufzuheben (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Der [X.] entscheidet hinsichtlich des [X.] in der Sache selbst, weil sie insoweit zur Endentscheidung reif ist (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO). Ein dem Beklagten nach § 233 Satz 1, § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes [X.] liegt aufgrund der von ihm dargelegten und glaubhaft gemachten Umstände (§ 236 Abs. 2 ZPO) nicht vor. Da auch die übrigen Voraussetzungen für die beantragte Wiedereinsetzung erfüllt sind, ist dem Wiedereinsetzungsgesuch stattzugeben. Die Verwerfung der Berufung als unzulässig ist damit gegenstandslos und aufzuheben (vgl. [X.], Beschlüsse vom 21. Februar 1990 - [X.] 5/90, juris Rn. 13; vom 19. Juni 2013 - [X.], juris Rn. 15; jeweils mwN; vom 11. Januar 2018 - [X.]/17, [X.]Z 217, 199 Rn. 19; vom 8. August 2019- [X.] 35/17, NJW 2020, 157 Rn. 21). Die Sache ist zur Durchführung des Berufungsverfahrens an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Dr. Milger     

      

Dr. Fetzer     

      

Dr. Bünger

      

Kosziol     

      

Wiegand     

      

Meta

VIII ZB 56/20

22.06.2021

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Berlin, 14. Juli 2020, Az: 19 S 5/20

§ 85 Abs 2 ZPO, § 233 ZPO, § 234 ZPO, § 520 Abs 2 S 3 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.06.2021, Az. VIII ZB 56/20 (REWIS RS 2021, 4763)

Papier­fundstellen: MDR 2021, 1082-1083 MDR 2021, 1248-1250 REWIS RS 2021, 4763

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