Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28.05.2015, Az. 1 C 24/14

1. Senat | REWIS RS 2015, 10494

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Rücknahme der Entscheidung über die Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung


Leitsatz

1. Die Rücknahme der Entscheidung über die Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG richtet sich ausschließlich nach § 48 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 VwVfG. § 48 Abs. 2 VwVfG findet erst bei etwa nachfolgenden Entscheidungen über die Rücknahme von Leistungsbescheiden Anwendung, die auf der Grundlage der Statusentscheidung erlassen wurden (Änderung der Rechtsprechung gegenüber BVerwG, Urteile vom 20. März 1990 - 9 C 12.89 - BVerwGE 85, 79 <84> und vom 24. Mai 2012 - 5 C 17.11 - BVerwGE 143, 161 Rn. 22).

2. Die Rücknahme der Entscheidung über die Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG berührt nicht den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit gemäß § 7 StAG (juris: RuStAG) durch einen bereits zuvor erteilten und nicht aufgehobenen Bescheid über die Erteilung einer Angehörigenbescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme und Rückforderung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 [X.].

2

Der 1954 in der damaligen [X.] geborene Kläger entstammt einer gemischtnationalen Ehe (Vater [X.]; Mutter [X.]e). Sowohl in seinem [X.] [X.] aus dem Jahre 1979 als auch in der Geburtsurkunde seines [X.] ist die Nationalität des [X.] mit "russisch" angegeben. Im Mai 1997 stellte der Kläger Aufnahmeanträge für sich, seine ([X.]) Ehefrau und seinen [X.] Im Oktober 1998 wurde er als Abkömmling einer Spätaussiedlerin in den Aufnahmebescheid seiner Mutter einbezogen. Im Dezember 1999 siedelte die Familie nach [X.] um.

3

Im Februar 2000 beantragte der Kläger die Ausstellung einer Bescheinigung für Ehegatten und Abkömmlinge eines Spätaussiedlers nach § 15 Abs. 2 [X.], dem das Landratsamt [X.] als Rechtsvorgänger des Beklagten mit Bescheid vom 5. Mai 2000 entsprach. Ebenfalls unter dem 5. Mai 2000 stellte das Landratsamt dem Kläger eine Angehörigenbescheinigung nach § 15 Abs. 2 [X.] aus. Der Kläger legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein, den das Landratsamt [X.] als Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung für Spätaussiedler nach § 15 Abs. 1 [X.] umdeutete und mit Bescheid vom 14. Januar 2004 ablehnte, weil der Kläger kein [X.] Volkszugehöriger sei. Hiergegen legte der Kläger keinen Rechtsbehelf ein.

4

Am 12. Oktober 2004 griffen Mitarbeiter des Landratsamts den Vorgang ohne erkennbaren Anlass wieder auf und stellten für den Kläger unter demselben Datum eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 [X.] aus. Nach dieser ist der Kläger Spätaussiedler nach § 4 [X.], seine Ehefrau Ehegatte eines Spätaussiedlers und sein [X.] Abkömmling eines Spätaussiedlers. Am 15. Oktober 2004 erging gegenüber dem Kläger ein durch die Leiterin des [X.], Frau H., unterzeichneter Bescheid des Landratsamtes, in dem unter dem Betreff "Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung für Spätaussiedler nach § 15 Abs. 1 [X.]" ausgeführt wurde, dass dem Antrag des [X.] vom Februar 2000 auf "Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 [X.]" entsprochen werde. Außerdem wurde im Bescheid auf eine am "14. Oktober 2004" ausgestellte Bescheinigung Bezug genommen, deren Identifikations- und Seriennummer der Bescheinigung vom 12. Oktober 2004 über den Nachweis der Spätaussiedlereigenschaft nach § 15 Abs. 1 [X.] entsprach.

5

Nach Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten führte das Landratsamt [X.] im [X.] 2005 eine Überprüfung durch und nahm nach Anhörung des [X.] mit einem wiederum durch die Leiterin des Sozialamts, Frau H., unterzeichneten Bescheid vom 24. März 2006 den Bescheid vom 15. Oktober 2004 sowie die am 12. Oktober 2004 ausgestellte Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 [X.] zurück (Ziffer 1), forderte den Kläger unter Fristsetzung zur Rückgabe des Bescheides und der Bescheinigung auf (Ziffer 2) und drohte ihm für den Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Verpflichtung die Wegnahme des Bescheides und der Bescheinigung an (Ziffer 4). Zur Begründung führte es aus, der Kläger sei kein Spätaussiedler. Es fehle an einem durchgängigen Bekenntnis nur zum [X.] Volkstum. Zudem sei er zum Zeitpunkt seiner Ausreise nicht in der Lage gewesen, die [X.] ausreichend zu verstehen und zu sprechen. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies das [X.] mit Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2007 mit der Maßgabe zurück, dass nur die Bescheinigung spätestens zwei Wochen nach Bestandskraft der Rücknahmeentscheidung zurückzugeben ist. Der für die Erstellung des Bescheides vom Oktober 2004 zuständige Sachbearbeiter wurde nach Angaben des [X.] zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

6

Das Verwaltungsgericht hat die gegen den Rücknahmebescheid gerichtete Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bescheides vom 15. Oktober 2004 und der Bescheinigung vom 12. Oktober 2004 lägen vor. Beide seien von Anfang an rechtswidrig gewesen, weil der Kläger kein Spätaussiedler sei. Im Zeitpunkt der Ausreise sei nicht von einem durchgehenden Bekenntnis des [X.] zum [X.] Volkstum auszugehen. Ob in der freiwilligen Eintragung der [X.]n Nationalität in amtlichen Dokumenten bereits ein Gegenbekenntnis zur [X.] Volkszugehörigkeit liege, könne dahinstehen. Jedenfalls fehle es an einer familiären Vermittlung der [X.] Sprache, weil der Kläger nur als Kind bis zum Alter von zwei Jahren mit seiner Mutter und seiner Großmutter [X.] gesprochen habe. Das Rücknahmeermessen richte sich allein nach § 48 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 VwVfG, da die Bescheinigung als solche keine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewähre. Es reiche nicht aus, dass die Bescheinigung Grundlage für Leistungen der Eingliederungshilfe im Sinne von § 9 Abs. 3 [X.] gewesen sei. Schließlich werde dem Kläger mit der Rücknahme der Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 [X.] nicht die [X.] Staatsangehörigkeit entzogen, da er diese bereits im Mai 2000 mit der Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 [X.] erworben habe. Diese ältere Bescheinigung habe sich mit Erteilung der Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 [X.] im Oktober 2004 weder erledigt noch sei ihre Wirksamkeit anderweitig beseitigt worden.

7

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 48 VwVfG. Die angefochtene Rücknahmeentscheidung sei ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig, weil ihm hierdurch die [X.] Staatsangehörigkeit entzogen werde. Das Berufungsgericht habe nicht in den Blick genommen, dass sich die Bescheinigungen nach § 15 Abs. 1 und 2 [X.] gegenseitig sowohl tatbestandlich als auch von den Rechtsfolgen her ausschlössen. So könne eine Person entweder nur Spätaussiedler oder nur Abkömmling eines Spätaussiedlers sein, denn § 7 Abs. 2 [X.] definiere Abkömmlinge ausdrücklich als Personen, welche nicht die Voraussetzungen der Spätaussiedlereigenschaft des § 4 Abs. 1 oder 2 [X.] erfüllten.

8

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Berufungsurteil. Der Vertreter des [X.] beim [X.] schließt sich der Auffassung des Berufungsgerichts an, dass die Rücknahmeentscheidung die Stellung des [X.] als [X.] Staatsangehöriger nicht berühre. Die Ansprüche als Spätaussiedler und als Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers könnten in echter Anspruchskonkurrenz nebeneinander bestehen. Daher berühre der Verlust der Rechtsstellung nach § 15 Abs. 1 [X.] nicht die zuvor bereits erworbenen Rechte aufgrund der Erteilung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 [X.].

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des [X.] ist unbegründet. Das Urteil des Berufungsgerichts steht im Einklang mit revisiblem Recht. Der Rücknahmebescheid vom 24. März 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Mai 2007, dessen Ziffer 1 dahingehend auszulegen ist, dass der der ausgestellten Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 [X.] zugrunde liegende Bescheid vom 15. Oktober 2004 als Verwaltungsakt aufgehoben wird, ist formell (1.) und materiell (2. und 3.) rechtmäßig.

Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Rücknahmeentscheidung ist grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (hier: Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2007). Das folgt schon daraus, dass hier eine behördliche Ermessensentscheidung zu treffen war, die eine Anpassung an eine neue Rechtslage nur begrenzt ermöglicht (vgl. [X.], Urteil vom 20. Mai 1980 - 1 [X.] 82.76 - [X.]E 60, 133 <136>). Mithin finden das Verwaltungsverfahrensgesetz für den [X.] - [X.] - in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. September 2003 (SächsGVBl. [X.]) und das Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge - [X.] ([X.]) - in der Fassung des Zuwanderungsgesetzes vom 30. Juli 2004 - [X.] 2004 - ([X.] [X.] 1950) Anwendung. Die seit der letzten Behördenentscheidung ergangenen Änderungen des [X.], insbesondere die durch das Achte Gesetz zur Änderung des [X.] vom 6. Juli 2009 - [X.]ÄndG 8 - ([X.] [X.] 1694) mit Wirkung zum 11. Juli 2009 in [X.] getretene spezielle Rücknahmevorschrift des § 15 Abs. 4 [X.] n.F., die mit Blick auf die staatsangehörigkeitsrechtlichen Folgen nur Rücknahmen mit Wirkung für die Vergangenheit erfasst, sind ohne entsprechende Übergangsregelungen nicht auf eine - wie hier - vor ihrem Inkrafttreten ausgesprochene Rücknahme anwendbar (vgl. [X.], Urteil vom 24. Mai 2012 - 5 [X.] 17.11 - [X.]E 143, 161 Rn. 12).

Nach der allgemeinen Rücknahmevorschrift des § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG i.V.m. § 1 Satz 1 [X.], auf die mangels einer speziellen Rücknahmeregelung zurückzugreifen ist, kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden ([X.], Urteil vom 24. Mai 2012 - 5 [X.] 17.11 - [X.]E 143, 161 Rn. 13).

1. Mit dem Oberverwaltungsgericht ist von der formellen Rechtmäßigkeit der Rücknahmeentscheidung auszugehen. Der Rechtsvorgänger des [X.]n war insbesondere für diese Entscheidung zuständig (a). Unerheblich ist, dass Rücknahmebescheid und zurückgenommener Bescheid von der gleichen Person unterzeichnet worden sind (b).

a) Die Zuständigkeit des Landratsamts ergibt sich aus der speziellen Zuständigkeitsregelung des § 15 Abs. 3 [X.]. Danach entscheidet über die Rücknahme und den Widerruf sowie über die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung die Ausstellungsbehörde. Abweichend von den allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen [X.]undsätzen zur Bestimmung der Zuständigkeit für eine Rücknahmeentscheidung nach § 48 VwVfG war das Landratsamt damit schon deshalb für die Rücknahmeentscheidung zuständig, weil es die zurückzunehmende Spätaussiedlerbescheinigung ausgestellt hatte.

Die gegenteilige Auffassung des [X.], "Ausstellungsbehörde" im Sinne des § 15 Abs. 3 [X.] sei - analog zu den zu § 48 VwVfG entwickelten allgemeinen Zuständigkeitsregeln - die im Zeitpunkt der Rücknahme für die Ausstellung zuständige Behörde und damit hier das seit dem 1. Januar 2005 zuständige [X.], widerspricht dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers. Den Gesetzesmaterialien ist zu entnehmen, dass nach § 15 Abs. 3 [X.] für den Widerruf und die Rücknahme einer Bescheinigung - ungeachtet der zwischenzeitlichen Zuständigkeitsübertragung auf das [X.] - die Behörde zuständig sein soll, die die Bescheinigung ausgestellt hat ([X.]. 12/3212 S. 26 und 16/12593 S. 9).

b) Das Oberverwaltungsgericht hat auch mit Recht einen behördlichen Verfahrensfehler verneint, den der Kläger aus der Tatsache abzuleiten versucht, dass die frühere Leiterin des Sozialamts des Landratsamts nicht nur den Rücknahmebescheid, sondern auch den zurückgenommenen Bescheid unterzeichnet hat. Dies begründet weder einen gesetzlichen Ausschlussgrund nach § 20 VwVfG noch eine Fehlerhaftigkeit wegen Besorgnis der Befangenheit nach § 21 VwVfG. Das Berufungsgericht durfte die Frage, ob die frühere Leiterin des Sozialamts befangen war, offenlassen, denn es fehlt jedenfalls an dem erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen ihrer Mitwirkung und der in der Gestalt des Widerspruchsbescheides zur Prüfung gestellten Rücknahmeentscheidung (vgl. [X.], Urteile vom 30. Mai 1984 - 4 [X.] 58.81 - [X.]E 69, 256 <269 f.> und vom 5. Dezember 1986 - 4 [X.] 13.85 - [X.]E 75, 214 <228> jeweils zu § 20 VwVfG), weil die Widerspruchsbehörde den Rücknahmebescheid vollständig überprüft und durch eine selbstständige Sachentscheidung bestätigt hat.

2. Die Rücknahme der Entscheidung über die Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung ist auch materiell nicht zu beanstanden. Der zurückgenommene Bescheid war bei wertender Gesamtbetrachtung hinreichend bestimmt auf die Erteilung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 [X.] gerichtet (a). Er war aber rechtswidrig. Der Kläger war bei Erlass des Bescheides kein Spätaussiedler. Es fehlte bei Verlassen der [X.] jedenfalls an einem (durchgängigen) Bekenntnis zum [X.] Volkstum (b). Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG ist gewahrt (c). Auch die Ermessensentscheidung begegnet keinen Bedenken (d).

a) Der zurückgenommene Bescheid war hinreichend bestimmt. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass mit dem aufgehobenen Bescheid vom 15. Oktober 2004 die Rechtsstellung des [X.] durch Erteilung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 [X.] neben der ihm im Mai 2000 ausgestellten Angehörigenbescheinigung nach § 15 Abs. 2 [X.] hochgestuft werden sollte. Diese Annahme ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere war der aufgehobene Bescheid bei wertender Gesamtbetrachtung und unter Einbeziehung der auf seiner [X.]undlage dem Kläger ausgestellten Bescheinigung noch hinreichend bestimmt auf die Erteilung einer Spätaussiedlerbescheinigung gerichtet. Im Bescheid vom 15. Oktober 2004 ist im Betreff ausdrücklich von einem Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 [X.] die Rede. Soweit in den [X.]ünden einem Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 [X.] entsprochen wird, handelt es sich offensichtlich um ein Schreibversehen bei der Absatzbezeichnung. Denn dem Kläger war bereits im Mai 2000 eine Angehörigenbescheinigung nach § 15 Abs. 2 [X.] ausgestellt worden, während er auf der [X.]undlage des Bescheides vom 15. Oktober 2004 eine Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 [X.] erhielt.

b) Der zurückgenommene Bescheid war aber rechtswidrig. Die Beurteilung der Rechtswidrigkeit des statusrechtlichen Bescheides vom 15. Oktober 2004 richtet sich gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG grundsätzlich nach der zum Zeitpunkt seines Erlasses maßgeblichen Rechtslage (vgl. [X.], Urteil vom 9. Mai 2012 - 6 [X.] 3.11 - [X.]E 143, 87 Rn. 43 mit Verweis auf den Beschluss vom 7. Juli 2004 - 6 [X.] 24.03 - [X.]E 121, 226 <229> m.w.N.).

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 [X.] in der im Oktober 2004 bei Erlass des aufgehobenen Bescheides geltenden Fassung des Spätaussiedlerstatusgesetzes vom 30. August 2001 ([X.] [X.] 2266) - [X.] 2001 - erhielten Spätaussiedler zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft auf Antrag eine Bescheinigung (Spätaussiedlerbescheinigung). Eine solche Bescheinigung steht nach § 15 Abs. 1 [X.] nur demjenigen zu, der in dem für die Ausstellung der Bescheinigung maßgeblichen Zeitpunkt die Spätaussiedlereigenschaft besitzt, d.h. Spätaussiedler ist ([X.], Urteil vom 12. März 2002 - 5 [X.] 45.01 - [X.]E 116, 119 Rn. 9).

Wer Spätaussiedler ist, richtet sich grundsätzlich nach der Rechtslage bei Aufnahme in das [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 12. März 2002 - 5 [X.] 45.01 - [X.]E 116, 119 <121>). Die Übersiedlung des [X.] nach [X.] im Wege des Aufnahmeverfahrens erfolgte im Dezember 1999. Danach wäre für die Bestimmung der Spätaussiedlereigenschaft die Rechtslage nach dem [X.] in der Fassung vom 2. Juni 1993 ([X.] [X.] 829) maßgeblich. Allerdings sind nach der durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes vom 30. August 2001 ([X.] [X.] 2266) mit Wirkung zum 7. September 2001 eingeführten Übergangsvorschrift des § 100a [X.] Anträge nach § 15 Abs. 1 [X.] nach dem Recht zu bescheiden, das "nach dem 7. September 2001 gilt". Der Bescheid nach § 15 Abs. 1 [X.] wurde dem Kläger im Oktober 2004 erteilt. Das Berufungsgericht hat den Bescheid daher zutreffend an der im Oktober 2004 geltenden Rechtslage gemessen. Eine Korrektur der gesetzgeberischen Entscheidung ist hier nicht aus [X.]ünden des Vertrauensschutzes geboten. Denn ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand der bei [X.] (hier: im Dezember 1999) bestehenden Rechtslage und auf das Fortbestehen eines seinerzeit entstandenen Spätaussiedlerstatus besteht jedenfalls nicht bei Personen, bei denen die Aufnahme nicht aufgrund der (vorläufig) bejahten [X.] Volkszugehörigkeit erfolgte, sondern die nur als Abkömmling eines Spätaussiedlers aufgenommen wurden (vgl. [X.], Urteil vom 13. November 2003 - 5 [X.] 14.03 - [X.]E 119, 188 <190>).

Die Übergangsvorschrift des § 100a [X.] ist hingegen nicht dynamisch in dem Sinn auszulegen, dass die Spätaussiedlereigenschaft bei Anträgen nach § 15 Abs. 1 [X.], die vor Inkrafttreten der Gesetzesnovelle von 2001 gestellt worden sind, nach dem jeweils geltenden aktuellen Recht zu bestimmen sei, hier etwa nach den erleichterten Voraussetzungen in § 6 Abs. 2 [X.] des [X.] zur Änderung des [X.] vom 6. September 2013 ([X.] [X.] 3554). Denn bei dieser Übergangsregelung handelt es sich - wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt ([X.].14/6310 S. 6 ff.) - lediglich um einen (statischen) Verweis auf die zum 7. September 2001 in [X.] getretene Neufassung des § 6 Abs. 2 [X.]. Durch sie wollte der Gesetzgeber wieder zu der Rechtslage zurückkehren, die bis zu den Urteilen des [X.] vom 19. Oktober 2000 (- 5 [X.] 44.99 - [X.]E 112, 112 u.a.) in der Verwaltungspraxis von [X.] und Ländern und in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Anwendung kam. Hingegen ergeben sich für die Gesetzesnovelle von 2013 keine Anhaltspunkte, dass den durch sie bewirkten Erleichterungen für die Bestimmung der Spätaussiedlereigenschaft Rückwirkung in [X.] beigemessen werden sollte.

Maßgeblich für den Erwerb der Spätaussiedlereigenschaft ist folglich § 4 Abs. 1 [X.] in der zum Entscheidungszeitpunkt im Oktober 2004 geltenden Fassung vom 30. August 2001 ([X.] [X.] 2266) - [X.] 2001 -. Danach ist Spätaussiedler in der Regel ein [X.] Volkszugehöriger, der die Republiken der ehemaligen [X.] nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von sechs Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat, wenn er zuvor (1.) seit dem 8. Mai 1945 oder (2.) nach seiner Vertreibung oder der Vertreibung eines Elternteils seit dem 31. März 1952 oder (3.) seit seiner Geburt, wenn er vor dem 1. Januar 1993 geboren ist und von einer Person abstammt, die die Stichtagsvoraussetzung des 8. Mai 1945 nach Nummer 1 oder des 31. März 1952 nach Nummer 2 erfüllt, es sei denn, dass Eltern oder Voreltern ihren Wohnsitz erst nach dem 31. März 1952 in die [X.] verlegt haben, seinen Wohnsitz in den [X.]n hatte.

[X.]er Volkszugehöriger ist nach § 6 Abs. 1 [X.] 2001, wer sich in seiner Heimat zum [X.] Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird. Wer - wie der Kläger - nach dem 31. Dezember 1923 geboren worden ist, ist nach § 6 Abs. 2 Satz 1 [X.] 2001 [X.] Volkszugehöriger, wenn er von einem [X.] Staatsangehörigen oder [X.] [X.] abstammt und sich bis zum Verlassen der [X.] durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf vergleichbare Weise nur zum [X.] Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur [X.] Nationalität gehört hat. Das Bekenntnis zum [X.] Volkstum oder die rechtliche Zuordnung zur [X.] Nationalität muss bestätigt wer-den durch die familiäre Vermittlung der [X.] Sprache (Satz 2). Diese ist nur festgestellt, wenn jemand im Zeitpunkt der Aussiedlung aufgrund dieser Vermittlung zumindest ein einfaches Gespräch auf [X.] führen kann (Satz 3). Ihre Feststellung entfällt, wenn die familiäre Vermittlung wegen der Verhältnisse in dem jeweiligen [X.] nicht möglich oder nicht zumutbar war (Satz 4). Ein Bekenntnis zum [X.] Volkstum wird unterstellt, wenn es unterblieben ist, weil es mit Gefahr für Leib und Leben oder schwerwiegenden beruflichen oder wirtschaftlichen Nachteilen verbunden war, jedoch aufgrund der Gesamtumstände der Wille unzweifelhaft ist, der [X.] Volksgruppe und keiner anderen anzugehören (Satz 5).

Der Kläger stammt aus der ehemaligen [X.] und wurde im Oktober 1998 als Abkömmling in den Aufnahmebescheid seiner Mutter einbezogen. Damit hat er die [X.] im Dezember 1999 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und im [X.] Aufenthalt genommen (§ 4 Abs. 1 [X.] 2001). Das Berufungsgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger jedoch die weitere Voraussetzung der Spätaussiedlereigenschaft - die [X.] Volkszugehörigkeit im Sinne von § 6 [X.] 2001 - nicht erfüllt.

Die Voraussetzungen für die [X.] Volkszugehörigkeit ergeben sich für den nach dem 31. Dezember 1923 geborenen Kläger aus § 6 Abs. 2 [X.] 2001. Der Kläger stammt zwar mütterlicherseits von einer [X.] [X.] ab. Wegen der [X.] Volkszugehörigkeit seines Vaters wurde er nach dem Recht seines Herkunftsstaates aber nicht ohne sein Zutun der [X.] Nationalität zugerechnet, wie dies z.B. nach der [X.] Passverordnung von 1974 bei Abkömmlingen der Fall war, bei denen beide Elternteile dem [X.] Volkstum zugehörten (vgl. [X.], Urteil vom 29. August 1995 - 9 [X.] - [X.]E 99, 133 <140>). Folglich hätte er sich bis zum Verlassen der [X.] durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf vergleichbare Weise (nur) zum [X.] Volkstum bekennen müssen. Hieran fehlt es nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ([X.] Rn. 32). Vielmehr ist seine Nationalität in seinem [X.] [X.] vom 23. Oktober 1979 mit "russisch" angegeben ([X.] Rn. 2). Diese Nationalität ist auch in der Geburtsurkunde seines [X.] eingetragen. Wie das Oberverwaltungsgericht weiter festgestellt hat, erfolgten diese Eintragungen "freiwillig" ([X.] Rn. 33), beruhten also auf einer entsprechenden Erklärung des [X.]. Er selbst hat dies nach den gerichtlichen Feststellungen dahin erläutert, "bei Beantragung des [X.] sei die Nationalität für ihn kein Thema gewesen, weil die [X.] eine große internationale Familie gewesen sei" ([X.] Rn. 6). Bei dieser Sachlage konnte das Gericht offenlassen, ob in dem Verhalten des [X.] bereits ein "[X.]" zu einem fremden Volkstum liegt, wie es der Rechtsvorgänger des [X.]n und das Verwaltungsgericht angenommen haben. Denn es fehlt schon an einem (positiven) Bekenntnis nur zum [X.] Volkstum, wie es § 6 Abs. 2 [X.] 2001 verlangt. Damit kommt es nicht darauf an, ob es im Fall des [X.] - wie das Oberverwaltungsgericht festgestellt hat ([X.] Rn. 33) - auch an einer familiären Vermittlung der [X.] Sprache fehlt.

c) Der Rechtsvorgänger des [X.]n hat die einjährige Rücknahmefrist des § 48 Abs. 4 VwVfG bei Erlass seines Bescheides vom 24. März 2006 beachtet, die erst nach Abschluss des Anhörungsverfahrens im Dezember 2005 zu laufen begann (vgl. [X.], Beschluss vom 19. Dezember 1984 - [X.].[X.]. 1. und 2.84 - [X.]E 70, 356 <362 f.>; s.a. Urteil vom 24. Mai 2012 - 5 [X.] 17.11 - [X.]E 143, 161 <165 f.>).

d) Das Berufungsgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass auch die Ausübung des Rücknahmeermessens nicht zu beanstanden ist. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 und 3 VwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Für einen Verwaltungsakt, der - wie hier - ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf eine Rücknahme nach § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 erfolgen.

aa) Das Berufungsgericht hat die Rücknahme des rechtswidrigen Bescheides über die Spätaussiedlereigenschaft des [X.] mit Recht nur am Maßstab des § 48 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 VwVfG gemessen. Soweit das [X.]esverwaltungsgericht in früheren Entscheidungen einen teilweisen Rückgriff auf § 48 Abs. 2 VwVfG für geboten hielt, hält der inzwischen für das Vertriebenenrecht zuständige 1. [X.] an dieser Rechtsprechung nicht fest.

§ 48 Abs. 2 VwVfG stellt eine Sonderregelung für Verwaltungsakte dar, die eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilweise Sachleistung gewähren oder hierfür Voraussetzung sind. § 48 Abs. 3 VwVfG gestaltet den Vertrauensschutz bei der Rücknahme aller rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakte aus, deren Aufrechterhaltung weniger fiskalische Interessen berührt, sondern die stärker staatsbezogen sind und deren Aufrechterhaltung daher schwerer erträglich ist als in den Fällen des § 48 Abs. 2 VwVfG ([X.]. 7/910 S. 71). Hierzu zählen insbesondere Verwaltungsakte, die eine nichtmonetäre Rechtsstellung gestalten oder feststellen.

Schon in der bisherigen Rechtsprechung des [X.] wurde der Bescheid über die Erteilung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 [X.] - wie schon die Erteilung eines [X.] - als statusfeststellender Verwaltungsakt angesehen, dessen Rücknahme sich grundsätzlich nach der Regelung des § 48 Abs. 3 VwVfG richtet (vgl. [X.], Urteil vom 20. März 1990 - 9 [X.] 12.89 - [X.]E 85, 79 <84> zum früheren Vertriebenenausweis; ähnlich Urteil vom 24. Mai 2012 - 5 [X.] 17.11 - [X.]E 143, 161 Rn. 22 zur Spätaussiedlerbescheinigung). Das wurde damit begründet, dass die - rechtswidrige - Feststellung, dass jemand die Spätaussiedlereigenschaft (früher: [X.]) besitzt, für sich allein keine fiskalischen Interessen berührt, sondern - etwa im Hinblick auf die Staatsangehörigkeit des Betroffenen - allein hoheitliche staatliche Belange. Soweit lediglich der - rechtswidrig festgestellte - Status in Rede stand, schied auch nach der bisherigen Rechtsprechung eine Vertrauensschutzprüfung nach § 48 Abs. 2 VwVfG im [X.] aus (vgl. [X.], Urteile vom 20. März 1990 - 9 [X.] 12.89 - [X.]E 85, 79 <84> und vom 24. Mai 2012 - 5 [X.] 17.11 - [X.]E 143, 161 <166 ff.>). Allerdings sah das [X.]esverwaltungsgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung die Notwendigkeit, Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes in Bezug auf die einem Vertriebenen zu gewährenden finanziellen Vergünstigungen schon in die Entscheidung über die Rücknahme der Statusfeststellung einzubeziehen und den Rücknahmebescheid deshalb zusätzlich nach § 48 Abs. 2 VwVfG zu beurteilen, wenn und soweit im Einzelfall feststand, dass der Begünstige aufgrund seines Status als Spätaussiedler (früher: Vertriebener) konkrete Geld- oder Sachleistungen erhalten oder sein Vertrauen im Hinblick auf den Erhalt solcher Leistungen sonst in schutzwürdiger Weise betätigt hat (vgl. [X.] Urteil vom 24. Mai 2012 - 5 [X.] 17.11 - [X.]E 143, 161 Rn. 22 m.w.N.). Das wurde damit begründet, dass der Statusbescheid [X.]undlage für die Gewährung bestimmter Geld- oder Sachleistungen ist, wie z.B. finanzielle Hilfen nach § 9 [X.], Leistungen bei Krankheit nach § 11 [X.], Leistungen der Unfall- und Rentenversicherung nach § 13 [X.] und der Förderung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nach § 14 [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 24. Mai 2012 - 5 [X.] 17.11 - [X.]E 143, 161 Rn. 22) und die statusrechtliche Entscheidung für alle Behörden und Stellen verbindlich ist, die für die Gewährung von Rechten und Vergünstigungen nach dem [X.] oder einem anderen Gesetz zuständig sind (vgl. [X.], Urteil vom 20. März 1990 - 9 [X.] 12.89 - [X.]E 85, 79 <85>). Diese Rechtsprechung hatte zur Folge, dass ein Rücknahmebescheid jedenfalls an § 48 Abs. 3 VwVfG und ggf. hinsichtlich seiner Auswirkungen auf bereits erhaltene Geld- oder Sachleistungen oder im Vertrauen auf deren Erhalt getätigte Vermögenspositionen an § 48 Abs. 2 VwVfG gemessen wurde, was zu unterschiedlichen Ergebnissen führen konnte mit der Folge, dass der der Spätaussiedlerbescheinigung zugrunde liegende Bescheid teilweise nicht zurückgenommen werden durfte (so etwa [X.], Urteil vom 20. März 1990 - 9 [X.] 12.89 - [X.]E 85, 79; ähnlich schon Urteil vom 28. Oktober 1983 - 8 [X.] 91.82 - [X.]E 68, 159 <164 f.>).

An dieser Rechtsprechung hält der 1. [X.] nicht mehr fest. Vielmehr ist die Rücknahme einer Statusfeststellung nach § 15 Abs. 1 [X.] ausschließlich nach § 48 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 VwVfG zu beurteilen. Das dient der einheitlichen Beurteilung statusrechtlicher Bescheide, die auch in anderen Rechtsgebieten ergehen, beispielsweise im Flüchtlingsrecht nach §§ 2, 3 und 5 AsylVfG oder im Staatsangehörigkeitsrecht die Einbürgerung nach §§ 8 und 10 [X.]. In diesen Rechtsgebieten wird über die Rücknahme des statusrechtlichen Bescheides ungeachtet des rechtlichen Schicksals etwaiger daran anknüpfender [X.] entschieden, die auf der [X.]undlage der [X.] ergehen und für die die Statusentscheidung verbindlich ist. Auch im Vertriebenenrecht sind derartige [X.] - wie in den anderen genannten Rechtsgebieten - nicht Bestandteil der Statusentscheidung und deshalb sind sie nicht von Gesetzes wegen Gegenstand der die rechtswidrige Statusentscheidung aufhebenden Rücknahmeentscheidung. Ist ein Statusbescheid rechtswidrig, sind Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes bei der Entscheidung über die Rücknahme des [X.] - im Anwendungsbereich des § 48 VwVfG - ausschließlich bei der Ermessensausübung nach § 48 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 VwVfG zu berücksichtigen.

§ 48 Abs. 2 VwVfG kommt hingegen erst bei nachfolgenden Entscheidungen über die Rücknahme von auf der [X.]undlage der Statusentscheidung ergangenen [X.]n zur Anwendung. Insoweit unterscheiden sich [X.] hinsichtlich der Verknüpfung mit darauf aufbauenden Folgebescheiden etwa von steuerrechtlichen Messbescheiden, deren einziger Zweck der Erlass eines nachfolgenden Steuererhebungsbescheides ist. Es dient dem Ziel einer schnellen Entscheidung über die Wiederherstellung der Integrität der Rechtsordnung, wenn das Verfahren zur Aufhebung einer rechtswidrigen Statusentscheidung nicht schon mit Feststellungen zum rechtlichen Schicksal darauf beruhender [X.] belastet wird. Das zeigt auch das vorliegende Verfahren, in dem bei Anwendung des § 48 Abs. 2 VwVfG in Bezug auf die vom Kläger nach seinem Vorbringen im Dezember 2004 erhaltenen Eingliederungshilfe nach § 9 Abs. 3 [X.] in Höhe von circa 2 000 € schon im Verfahren über die Rücknahme der Statusbescheinigung geprüft werden müsste, ob der Kläger die Rechtswidrigkeit des [X.] kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG), obwohl derzeit völlig offen ist, ob die Verwaltung beabsichtigt, diesen Bescheid ebenfalls zurückzunehmen.

Das der Behörde in § 48 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 VwVfG eröffnete Ermessen stellt insbesondere sicher, dass dem Vertrauensschutz im Hinblick auf die nichtvermögensrechtlichen Folgen einer Rücknahme - etwa wegen eines Verlusts der Staatsangehörigkeit - Rechnung getragen wird. Dieser Auslegung von § 48 VwVfG steht der Beschluss des [X.]esverfassungsgerichts vom 16. Dezember 1981 (- 1 BvR 898/79 u.a. - [X.] 59, 128) nicht entgegen. Danach darf die Prüfung von Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes beim Entzug eines [X.] (heute: einer Spätaussiedlerbescheinigung) nicht gänzlich unberücksichtigt und [X.] der Rückforderung gewährter Leistungen vorbehalten bleiben ([X.], Beschluss vom 16. Dezember 1981 - 1 BvR 898/79 u.a. - [X.] 59, 128 <152 ff.>). Denn ungeachtet der Tatsache, dass die verfassungsgerichtliche Entscheidung zur mittlerweile aufgehobenen zwingenden Vorschrift des § 18 [X.] a.F. ergangen ist, wonach Vertriebenenausweise einzuziehen oder für ungültig zu erklären waren, wenn die Voraussetzungen für ihre Ausstellung nicht vorgelegen hatten, sind Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes auch nach der Rechtsprechung des [X.]ats bei der Rücknahme des [X.] nach § 48 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 VwVfG zu berücksichtigen. Dabei stehen allerdings die nichtvermögensrechtlichen Folgen der Rücknahme im Vordergrund, ohne dass der schwerpunktmäßig in [X.] zu prüfende vermögensrechtliche Vertrauensschutz jedoch gänzlich außer Betracht bleibt. Vermögensrechtlicher Vertrauensschutz ist bei der Rücknahmeentscheidung auf der Primärebene insbesondere dann zu berücksichtigen, wenn das entsprechende Fachrecht auf der [X.] keine Vertrauensschutzprüfung vorsieht. Freilich kann bei der Beurteilung, welches Gewicht dem vermögensrechtlichen Vertrauensschutz bei dieser Prüfung beizumessen ist, auch die gesetzgeberische Wertung im Bereich des Fachrechts Berücksichtigung finden. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass ein Vermögensnachteil bei schützenswertem Vertrauen auch nach § 48 Abs. 3 VwVfG auszugleichen ist.

bb) [X.] ist auch nicht - wie der Kläger meint - wegen Verstoßes gegen Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG ermessensfehlerhaft (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 24. Mai 2012 - 5 [X.] 18.11 - [X.]E 143, 171 Rn. 26), da sie nicht zum Verlust der [X.] Staatsangehörigkeit des [X.] führt.

Der Kläger hat die [X.] Staatsangehörigkeit gemäß § 7 Satz 1 Staatsangehörigkeitsgesetz in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Änderung des [X.] vom 15. Juli 1999 ([X.] [X.] 1618) - [X.] a.F. - bereits mit der ihm auf der [X.]undlage des Bescheides vom 5. Mai 2000 ausgestellten Angehörigenbescheinigung gemäß § 15 Abs. 2 [X.] erworben. Die neue Fassung, welche die Vorschrift durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der [X.] vom 19. August 2007 - [X.] - ([X.] [X.] 1970) mit Wirkung zum 28. August 2007 erhalten hat, ist hier nicht anwendbar. Nach § 7 Satz 1 [X.] a.F. erwarb ein [X.]er im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG, der nicht die [X.] Staatsangehörigkeit besitzt, mit der Ausstellung der Bescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 oder 2 [X.] die [X.] Staatsangehörigkeit.

Bei Ausstellung der Angehörigenbescheinigung im Mai 2000 erfüllte der Kläger auch die weiteren Voraussetzungen des § 7 Satz 1 [X.] a.F., insbesondere war er mit seiner Aufnahme [X.]er im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG geworden. Nach dieser Vorschrift ist [X.]er im Sinne des [X.]undgesetzes vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die [X.] Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener [X.] Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiet des [X.]en Reichs nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat. Unter welchen Voraussetzungen eine Person "als Vertriebener [X.] Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling" diesen Status erwirbt, ist seit Inkrafttreten der durch das [X.] vom 21. Dezember 1992 - [X.] - ([X.] [X.] 2094) geänderten Fassung des [X.] am 1. Januar 1993 grundsätzlich nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu beurteilen. Personen, die - wie der Kläger - als Abkömmling einer Spätaussiedlerin in [X.] Aufnahme gefunden haben, sind mit der Übersiedlung [X.]e im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG geworden. Die einschlägigen Bestimmungen des [X.] stellen insoweit die in Art. 116 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber vorbehaltene gesetzliche Regelung für den Erwerb des [X.]en-Status dar ([X.], Urteile vom 20. April 2004 - 1 [X.] 3.03 - [X.]E 120, 292 <295>, vom 19. Juni 2001 - 1 [X.] 26.00 - [X.]E 114, 332 <334> und vom 24. Mai 2012 - 5 [X.] 18.11 - [X.]E 143, 171 Rn. 29).

Als [X.]er im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG hat der Kläger nach § 7 Abs. 1 [X.] a.F. die [X.] Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes mit der Ausstellung der Angehörigenbescheinigung im Mai 2000 erworben. Hieran hat die spätere Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 [X.] nichts geändert. Insbesondere war die [X.] Staatsangehörigkeit des [X.] nie eine gesetzliche Folge dieser Bescheinigung. Vielmehr beruht der Staatsangehörigkeitserwerb des [X.] auf dem Bescheid vom Mai 2000 und der auf seiner [X.]undlage ausgestellten Angehörigenbescheinigung. Diese Entscheidung wurde nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mit der späteren Erteilung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 [X.] - weder ausdrücklich noch konkludent - aufgehoben ([X.] Rn. 49). Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem der Entscheidung des 5. [X.]ats vom 24. Mai 2012 (- 5 [X.] 18.11 - [X.]E 143, 171) zugrunde liegenden Sachverhalt, da im dortigen Verfahren der Erwerb der Staatsangehörigkeit auf dem zurückgenommenen Bescheid beruhte und mit der auf den Ausstellungstag zurückreichenden Rücknahme eine wesentliche Voraussetzung für den Erwerb der [X.] Staatsangehörigkeit (rückwirkend) beseitigt wurde, was ex post zum Verlust der [X.] Staatsangehörigkeit führte. Selbst wenn - entgegen der Rechtsauffassung des [X.]n - unterstellt würde, dass sich die Entscheidung über die Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 [X.] mit der Entscheidung über eine solche nach § 15 Abs. 1 [X.] "auf andere Weise" erledigte (§ 43 Abs. 2 VwVfG), wofür allerdings nichts spricht, würde dies nichts daran ändern, dass der Erwerb der Staatsangehörigkeit weiterhin auf der Angehörigenbescheinigung vom Mai 2000 beruht, deren Unwirksamkeit ex nunc keinen Verlustgrund darstellen würde (vgl. § 17 [X.]).

cc) Die Ermessensentscheidung weist auch im Übrigen keine Ermessensfehler im Sinne des § 114 Satz 1 VwGO zu Lasten des [X.] auf. Die Ausgangs- und die Widerspruchsbehörde haben bei der Abwägung der für und gegen eine Rücknahme sprechenden öffentlichen und privaten Belange alle nach Lage der Dinge maßgeblichen Umstände berücksichtigt und fehlerfrei abgewogen. Das Berufungsgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass der [X.] das Interesse des [X.] an der Aufrechterhaltung des statusrechtlichen Bescheides nach § 15 Abs. 1 [X.] in ausreichendem Maße berücksichtigt hat ([X.] Rn. 50).

3. Die im Widerspruchsverfahren abgeänderte Aufforderung zur Rückgabe der Spätaussiedlerbescheinigung innerhalb von zwei Wochen nach Bestandskraft der Rücknahmeentscheidung findet ihre Rechtsgrundlage in § 52 VwVfG i.V.m. § 1 Satz 1 [X.]. Danach kann die Behörde, wenn ein Verwaltungsakt unanfechtbar zurückgenommen ist, die aufgrund dieses Verwaltungsakts erteilten Urkunden oder Sachen, die zum Nachweis der Rechte aus dem Verwaltungsakt oder zu deren Ausübung bestimmt sind, zurückfordern. Dies kann unter der aufschiebenden Bedingung des Eintritts der Unanfechtbarkeit auch schon zusammen mit der Rücknahme verfügt werden. Auch die Zwangsmittelandrohung bezieht sich nach der Abänderung der Rückgabeverpflichtung durch die [X.] nur noch auf die Rückgabe der Spätaussiedlerbescheinigung. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 20 i.V.m. § 27 SächsVerwVollstrG und ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

4. [X.] beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Meta

1 C 24/14

28.05.2015

Bundesverwaltungsgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Sächsisches Oberverwaltungsgericht, 8. Juli 2014, Az: 4 A 238/14, Urteil

§ 2 AsylVfG, § 3 AsylVfG, § 5 AsylVfG, § 100a BVFG, § 15 Abs 1 BVFG, § 15 Abs 2 BVFG, § 18 BVFG, § 4 Abs 1 BVFG, § 6 BVFG, Art 16 Abs 1 S 1 GG, Art 116 Abs 1 GG, § 10 RuStAG, § 17 RuStAG, § 7 Abs 1 RuStAG, § 8 RuStAG, § 20 VwVfG, § 21 VwVfG, § 48 VwVfG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28.05.2015, Az. 1 C 24/14 (REWIS RS 2015, 10494)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 10494

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 C 25/14 (Bundesverwaltungsgericht)

Rücknahme der Entscheidung über die Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung und Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit


5 C 18/11 (Bundesverwaltungsgericht)

Rücknahme der Spätaussiedlerbescheinigung; Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit; Entziehung der deutschen Staatsangehörigkeit


1 C 21/16 (Bundesverwaltungsgericht)

Ausschluss des Erwerbs einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 2 Satz 2 BVFG, wenn die …


5 C 17/11 (Bundesverwaltungsgericht)

Rücknahme einer Spätaussiedlerbescheinigung; deutsche Staatsangehörigkeit


1 C 30/14 (Bundesverwaltungsgericht)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.