Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16.07.2015, Az. 1 C 30/14

1. Senat | REWIS RS 2015, 8097

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Leitsatz

Parallelentscheidung zu BVerwG, Urteil vom 16. Juli 2015 - 1 C 29.14

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Erteilung eines Aufnahmebescheides sowie die Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung.

2

Der am 11. Februar 1945 in der ehemaligen [X.] geborene Kläger stellte im November 1990 einen Aufnahmeantrag als Aussiedler. Auch seine Ehefrau und seine Kinder beantragten die Aufnahme. Der Kläger gab an, er sei [X.] Volkszugehörigkeit und seine Muttersprache sei [X.]. Im Oktober 1993 erteilte die Beklagte der Ehefrau des [X.] einen Aufnahmebescheid, in den der Kläger und die gemeinsamen Kinder als Ehegatte bzw. Abkömmlinge einbezogen waren. Der Kläger reiste mit seiner Familie im März 1994 in die [X.] [X.]land ein. Im Mai 1994 wurde eine Bescheinigung ausgestellt, die die Ehefrau des [X.] als Spätaussiedlerin auswies und den Kläger als Ehegatten einer Spätaussiedlerin führte.

3

Einen Antrag des [X.] vom November 2009 auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 [X.] lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20. Januar 2010 ab, weil der Kläger kein [X.] Volkszugehöriger sei. Der Kläger entstamme einer gemischtnationalen Ehe und sei damit nach dem Recht der [X.] nicht [X.] Nationalität. Er habe auch nicht nachgewiesen, dass er sich bis zum Verlassen der [X.] durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf vergleichbare Weise nur zum [X.] Volkstum bekannt habe. Er sei mit [X.] Nationalität in seinem [X.] und auch in den Geburtsurkunden seiner in den Jahren 1976 und 1981 geborenen Kinder eingetragen gewesen. Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 26. April 2012 ab; der Kläger habe keinen Anspruch auf die Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung, weil er sich nicht durchgängig zum [X.] Volkstum bekannt habe.

4

Auf den Antrag des [X.] hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung zugelassen, weil die Begründung des [X.] dessen Urteil nach Inkrafttreten des Zehnten [X.]-Änderungsgesetzes am 14. September 2013 nicht mehr trage. Nachdem mit der fristgerecht eingereichten Berufungsbegründung die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und zur weiteren Begründung auf das Vorbringen im Klageverfahren sowie auf die Begründung des Zulassungsantrages Bezug genommen worden war, wurde in der mündlichen Verhandlung am 26. Mai 2014 die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung eines Aufnahmebescheides und - in Änderung des Urteils des [X.] und unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide - deren Verpflichtung zur Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 [X.] beantragt.

5

Die Beklagte hat einer Klageerweiterung im Berufungsverfahren widersprochen und geltend gemacht, die Berufung sei bereits insgesamt unzulässig, weil sie nicht dem Darlegungserfordernis entspreche.

6

Mit Urteil vom 26. Mai 2014 hat das Oberverwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, dem Kläger einen Aufnahmebescheid zu erteilen. Die Klage sei insoweit zulässig und die vorgenommene Klageänderung im Berufungsverfahren nach § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 91 Abs. 1 VwGO sachdienlich. Die Klage sei auch begründet. Der Kläger habe einen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides im Härtewege gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 [X.] in der im Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Fassung des am 14. September 2013 in [X.] getretenen Zehnten [X.]-Änderungsgesetzes ([X.] [X.] 3554). Auch für die Bestimmung der für einen Aufnahmebescheid als Spätaussiedler weiterhin erforderlichen [X.] Volkszugehörigkeit nach § 6 Abs. 2 [X.] sei nach der Rechtsprechung des [X.] auf die Rechtslage im Entscheidungszeitpunkt und damit auf die Fassung des Zehnten [X.]-Änderungsgesetzes abzustellen. Hiernach sei der Kläger [X.] Volkszugehöriger. Er stamme von einem [X.] [X.] ab, habe ein Bekenntnis durch eine Nationalitätenerklärung abgegeben und im Zeitpunkt der Begründung seines Aufenthalts in [X.]land ein einfaches Gespräch auf [X.] führen können. Die für den nachträglichen Aufnahmebescheid erforderliche besondere Härte ergebe sich hier daraus, dass der Kläger [X.] Staatsangehöriger sei.

7

Der Kläger habe gegen die Beklagte weiterhin einen Anspruch auf Erteilung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 [X.]. Für dieses Begehren sei ebenfalls die Rechtslage im Zeitpunkt der vorliegenden Berufungsentscheidung maßgebend und nicht die Rechtslage zum Zeitpunkt der Übersiedlung im Jahre 1994. Anderes folge auch nicht aus der Rechtsprechung des [X.], nach der die Spätaussiedlereigenschaft bereits mit der Aufenthaltnahme in der [X.] entstehe und sich die maßgebliche Rechtslage nach diesem Zeitpunkt richte. Das [X.] habe diesen Gesichtspunkt immer nur dann betont, wenn sich die Rechtslage im [X.] zulasten des Antragstellers geändert hatte, dies jedoch dem Antragsteller wegen des grundsätzlichen Verbots einer echten Rückwirkung nicht entgegengehalten werden konnte, weil er den Spätaussiedlerstatus bereits erworben hatte. Die von der Beklagten gezogene Schlussfolgerung sei im Übrigen auch nicht mit der sonstigen vertriebenenrechtlichen Rechtsprechung des [X.], insbesondere zur Härtefallentscheidung nach § 27 [X.], in Einklang zu bringen, nach der auf die aktuelle Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen sei. Eine Anknüpfung an den Zeitpunkt der Aufnahme im [X.] würde zu dem widersprüchlichen Ergebnis führen, dass zwar ein Anspruch auf Ausstellung eines (vorläufigen) Aufnahmebescheides, aber kein Anspruch auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung bestünde.

8

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von §§ 4, 6 Abs. 2, § 100a [X.] sowie von Verwaltungsprozessrecht.

9

Der Kläger tritt der Revision entgegen. Er ist insbesondere der Auffassung, dass sowohl für die Erteilung eines Aufnahmebescheides als auch für die Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach den für die Verpflichtungsklage entwickelten allgemeinen Grundsätzen auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts abzustellen sei.

Der Vertreter des [X.] bei dem [X.] hält die Revision für begründet.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der [X.]eklagten ist begründet. Die Rechtsauffassung des [X.], dass dem Kläger der begehrte Aufnahmebescheid zu erteilen und ihm auch eine Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 [X.] auszustellen ist, steht mit [X.]undesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) nicht im Einklang. Das Oberverwaltungsgericht hat allerdings die [X.]erufung des [X.] zutreffend als zulässig bewertet (1.) Dem Kläger steht indes für das [X.]egehren auf Erteilung eines (nachträglichen) [X.] schon kein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite (2.). Für das [X.]egehren auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung hat das [X.]erufungsgericht unter Verletzung von [X.]undesrecht auch für die Frage, ob der Kläger [X.] Volkszugehörigkeit ist, auf die im [X.]punkt seiner Entscheidung geltende Sach- und Rechtslage des [X.] zur Änderung des [X.] vom 6. September 2013 ([X.] I S. 3554) und damit auf einen unzutreffenden rechtlichen Maßstab abgestellt. Insoweit fehlt es an hinreichenden tatrichterlichen Feststellungen, so dass das [X.]erufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO) (3.).

1. Die Revision hat nicht schon deswegen insgesamt Erfolg, weil das [X.]erufungsgericht die [X.]erufung hätte verwerfen müssen. Entgegen der Rechtsauffassung der [X.]eklagten ist das [X.]erufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die [X.]erufungsbegründung den gesetzlichen Darlegungsanforderungen genügt.

1.1 Gemäß § 124a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4, 5 VwGO muss die [X.]erufungsbegründung einen bestimmten Antrag sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung enthalten; andernfalls ist die [X.]erufung unzulässig. Zum Antrag gehören der [X.] und der Sachantrag. Er ist unter Heranziehung der Gründe auszulegen (§ 88 VwGO) ([X.]VerwG, Urteil vom 26. Juni 2002 - 1 [X.] - [X.]VerwGE 116, 326 <330>). Die [X.]erufungsgründe müssen - soweit sie nicht auf neue Tatsachen und Erkenntnisse gestützt sind - eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes erkennen lassen, sich insbesondere mit den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils auseinandersetzen ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 23. September 1999 - 9 [X.], 9 PKH 102.99 - [X.] 310 § 124a VwGO Nr. 12 S. 8). Eine [X.]ezugnahme auf das Zulassungsvorbringen im [X.] ist zulässig und kann - je nach den Umständen des Einzelfalles - für eine ordnungsgemäße [X.]erufungsbegründung ausreichen ([X.]VerwG, Urteil vom 30. Juni 1998 - 9 [X.] 6.98 - [X.]VerwGE 107, 117 <122>; [X.]eschluss vom 23. September 1999 - 9 [X.], 9 PKH 102.99 - [X.] 310 § 124a VwGO Nr. 12 S. 9; Urteil vom 8. März 2004 - 4 [X.] 6.03 - [X.] 310 § 124a VwGO Nr. 26 S. 31).

1.2 Nach diesen Grundsätzen hat das [X.]erufungsgericht in [X.] nicht zu beanstandender Weise entschieden, dass es sich bei der Verwendung des [X.]egriffs "Aufnahmebescheid" in dem ursprünglichen [X.]erufungsantrag um eine offenbare Unrichtigkeit handelt und der Sachantrag des [X.] nach dem Gesamtzusammenhang dahin auszulegen ist, dass (weiterhin) die Verpflichtung zur Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung begehrt wird. Dies ergibt sich bereits aus dem als Versagungsgegenklage formulierten Sachantrag selbst, da die entgegenstehenden [X.]escheide, unter deren Aufhebung die Erteilung eines "[X.]" begehrt wird, allein die Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung betreffen, sowie der Verbindung von Sach- und [X.], weil sich das angefochtene Urteil, unter dessen Abänderung die Verpflichtung zur Erteilung eines "[X.]" begehrt wird, ebenfalls allein auf die Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung bezieht. Aus den Schriftsätzen im [X.]erufungszulassungsverfahren, auf die der Kläger in statthafter Weise zur [X.]egründung der [X.]erufung [X.]ezug nimmt, ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Streitgegenstand gegenüber dem erstinstanzlichen Verfahren unter Aufgabe des bisherigen [X.]egehrens geändert werden sollte.

Dass der Kläger zu einem späteren [X.]punkt in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.]erufungsgericht dann auch ausdrücklich neben der Verpflichtung zur Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung die Verpflichtung zur Erteilung eines [X.] beantragt hat, bleibt bei der Auslegung außer [X.]etracht. Dieser Umstand ist erst nach Ablauf der [X.]erufungsbegründungsfrist eingetreten und kann nicht herangezogen werden, um den insoweit maßgeblichen Empfängerhorizont zu diesem [X.]punkt zu bestimmen. Die [X.]erufungsbegründung genügt auch im Übrigen durch den Verweis auf die [X.]egründung des Zulassungsantrags den Anforderungen von § 124a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO.

2. Die Revision ist in [X.]ezug auf die Verpflichtung zur Erteilung eines [X.] schon deswegen begründet, weil Personen, die - wie der Kläger - als Ehegatte oder Abkömmling in den Aufnahmebescheid eines [X.] einbezogen und danach in das [X.] übergesiedelt waren, grundsätzlich kein Rechtsschutzinteresse an der Erteilung eines nachträglichen [X.] als Spätaussiedler haben. Gründe, aus denen sich für den Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis für sein [X.]egehren auf Erteilung eines (nachträglichen) [X.] ergeben könnte, sind von diesem nicht geltend gemacht worden und auch sonst nicht ersichtlich.

2.1 Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis ist im Revisionsverfahren als Sachurteilsvoraussetzung der Vorinstanz von Amts wegen zu prüfen ([X.]VerwG, Urteile vom 28. Februar 1985 - 2 [X.] 14.84 - [X.]VerwGE 71, 73 <74 f.> und vom 5. Mai 2015 - 9 [X.] 12.14 - juris, stRspr). Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt dann, wenn die Klage für den Kläger eindeutig nutzlos ist, weil sie ihm offensichtlich keinerlei rechtlichen oder tatsächlichen Vorteil bringen könnte ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 14. Juni 2011 - 8 [X.] 74.10 - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziffer 3 VwGO Nr. 61 Rn. 11). So liegt es hier.

2.1.1 Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 [X.] (in der Fassung der [X.]ekanntmachung vom 10. August 2007 <[X.] I S. 1902>, zuletzt geändert durch Gesetz vom 6. September 2013 <[X.] I S. 3554>) wird der Aufnahmebescheid auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den [X.] erteilt, die nach [X.]egründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen. Nach § 27 Abs. 1 Satz 2 [X.] kann abweichend hiervon Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt werden, wenn dessen Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. In den Aufnahmebescheid eines [X.] können unter den in § 27 Abs. 2 [X.] näher bezeichneten Voraussetzungen auch dessen Ehegatte oder Abkömmling einbezogen werden. Die Einbeziehung erfolgt "zum Zwecke der gemeinsamen Aussiedlung" mit dem Spätaussiedler(bewerber) (von [X.], Vertriebenen- und Flüchtlingsrecht, Loseblatt, Stand: 108. Aktualisierung, März 2015, § 27 [X.] n.F. Rn. 34).

Der Kläger benötigt den Aufnahmebescheid nach § 27 Abs. 1 [X.] nicht, um im Sinne des § 4 Abs. 1 [X.] "im Wege des Aufnahmeverfahrens" eingereist zu sein. § 4 Abs. 1 [X.] unterscheidet für die Aufnahme nicht zwischen Personen, die selbst einen Aufnahmebescheid nach § 27 Abs. 1 Satz 1 [X.] erhalten haben, und solchen, die nach § 27 Abs. 1 Satz 2 [X.] einbezogen worden sind (so zur gleichlautenden Formulierung in § 7 Abs. 2 [X.]: [X.]VerwG, Urteil vom 12. Juli 2001 - 5 [X.] 10.01 - NVwZ-RR 2002, 387 Rn. 10; Urteil vom 12. Juli 2001 - 5 [X.] 30.00 - [X.]VerfGE 115, 10 Rn. 12). Eine [X.] nach einer Einbeziehung in den Aufnahmebescheid einer [X.]ezugsperson erfolgt dann im Sinne des § 4 Abs. 1 [X.] "im Wege des Aufnahmeverfahrens". Diese Voraussetzung der Spätaussiedlereigenschaft wird mithin nicht nur durch einen Aufnahmebescheid erfüllt, der für einen Aussiedlungswilligen in eigener Person nach vorläufiger Prüfung eine Spätaussiedlereigenschaft annimmt (s. nur [X.], Gerichtsbescheid vom 4. Oktober 1994 - 9 K 4133/94 - abgedruckt in: von [X.], Vertriebenen- und Flüchtlingsrecht, Loseblatt, Stand: 108. Aktualisierung, März 2015, [X.] und Urteil vom 8. März 1995 - 19 K 6056/92 -, abgedruckt in: von [X.], Vertriebenen- und Flüchtlingsrecht, Loseblatt, Stand: 108. Aktualisierung, März 2015, [X.]; missverständlich insoweit [X.]T-Drs. 15/420 S. 119). Für eine Einreise "im Wege des Aufnahmeverfahrens" ist hinreichend auch eine Einreise aufgrund der Einbeziehung in den Aufnahmebescheid eines (mutmaßlichen) [X.]. Dies gilt auch dann, wenn sich nach der Einreise bei der Prüfung des § 15 [X.] ergibt, dass im Rahmen des Aufnahmeverfahrens die Spätaussiedlereigenschaft der [X.]ezugsperson (§ 27 Abs. 1 [X.]) zu Unrecht angenommen worden ist.

2.1.2 Ein Aufnahmebescheid als Spätaussiedler ist auch nicht Voraussetzung dafür, nach der Einreise im Wege des Aufnahmeverfahrens als Ehegatte oder Abkömmling der [X.]ezugsperson eine [X.]escheinigung als Spätaussiedler nach § 15 Abs. 1 [X.] aus eigenem Recht anzustreben, bzw. deren Ausstellung selbst. Nach § 15 Abs. 1 [X.] ist vielmehr die Spätaussiedlereigenschaft - unabhängig von einem etwaigen Aufnahmebescheid - von der zuständigen [X.]ehörde eigenständig und eigenverantwortlich als materielle Tatbestandsvoraussetzung für die Erteilung der Spätaussiedlerbescheinigung zu prüfen. Wer Spätaussiedler ist, entscheidet sich allein kraft Gesetzes nach § 4 [X.]. § 15 Abs. 2 Satz 2 [X.] (eingefügt zum 1. Januar 2005 durch das [X.] vom 30. Juli 2004, [X.] I S. 1950) erlaubt die Ausstellung einer [X.]escheinigung an den in den Aufnahmebescheid des [X.] einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling zwar nur dann, wenn die Erteilung eines [X.] beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Die Vorschrift knüpft die Erteilung einer Spätaussiedlerbescheinigung hingegen nicht an die (positive) Verbescheidung eines Aufnahmeantrags. Die in dem Entwurf eines Gesetzes zur Klarstellung des [X.]tatus vom 19. Juni 2001 ([X.]T-Drs. 14/6310) vorgesehene Regelung, die bei als Ehegatten oder Abkömmling eines [X.] eingereisten Personen "Umstufungs-" bzw. "[X.]" weitergehend ausschließend wollte, ist so gerade nicht Gesetz geworden (s. [X.]VerwG, Urteil vom 5. Juli 2007 - 5 [X.] 30.06 - [X.] 412.3 § 15 [X.] Nr. 32).

2.1.3 Ein Rechtsschutzbedürfnis folgt auch nicht aus dem Urteil des [X.]undesverwaltungsgerichts vom 5. Juli 2007 (- 5 [X.] 30.06 - [X.] 412.3 § 15 [X.] Nr. 32), nach dem Personen, die als Ehegatten und Abkömmlinge von Spätaussiedlern eingereist sind und denen bereits eine [X.]escheinigung nach § 15 Abs. 2 [X.] erteilt worden ist, auf einen erst nach der Ausreise gestellten Antrag unter den Voraussetzungen des § 27 Abs. 2 [X.] ein nachträglicher eigener Aufnahmebescheid zu erteilen und dann nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 [X.] eine [X.]escheinigung als Spätaussiedler auszustellen sei. An diesem Urteil hält der nunmehr für das Vertriebenenrecht zuständige 1. [X.] insoweit nicht fest, als es die [X.]ejahung eines Rechtsschutzbedürfnisses für einen nachträglichen eigenen Aufnahmebescheid auch bei Personen betrifft, die im Wege des Aufnahmeverfahrens als Ehegatte oder Abkömmling einer [X.]ezugsperson in das [X.] übergesiedelt sind.

Für das Rechtsschutzbedürfnis verweist diese Entscheidung zwar zutreffend darauf, dass für ein [X.]egehren auf eine Spätaussiedlerbescheinigung aus eigenem Recht (§ 15 Abs. 1 [X.]) nicht das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis fehle, weil trotz der durch § 4 Abs. 3 Satz 2 [X.] bewirkten weitgehenden rechtlichen Gleichstellung von Ehegatten und Abkömmlingen mit Spätaussiedlern ein eigener [X.]tatus mit weiteren rechtlichen, insbesondere fremdrentenrechtlichen Vorteilen verbunden ist. Diese Erwägung wird aber ohne nähere [X.]egründung auch auf den nachträglichen Aufnahmebescheid aus eigenem Recht erstreckt. Auf diesen trifft sie aber - wie dargelegt - gerade nicht zu. Auch § 1 [X.]uchst. a des Fremdrentengesetzes (- [X.] -, zuletzt geändert durch Art. 16 Abs. 2 des Gesetzes 19. Oktober 2013, [X.] I S. 3836) etwa erfasst zwar "Vertriebene im Sinne des § 1 des [X.] sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des [X.], die als solche in der [X.]undesrepublik [X.] anerkannt sind"; der Nachweis dieser [X.]erechtigung wird indes durch die [X.]escheinigung nach § 15 Abs. 1 [X.], nicht durch einen (entsprechenden) Aufnahmebescheid geführt. Der Aufnahmebescheid erfüllt in Fällen der vorliegenden Art auch sonst gegenüber dem [X.]escheinigungsverfahren keine eigenständige Funktion.

2.1.4 Ein Rechtsschutzbedürfnis ergibt sich auch nicht mit [X.]lick darauf, dass nach der bisherigen Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts ([X.]VerwG, Urteil vom 22. April 2004 - 5 [X.] 27.02 - [X.] 412.3 § 27 [X.] Nr. 11) bei Entscheidungen über die nachträgliche Erteilung von Aufnahmebescheiden in Fällen besonderer Härte nach § 27 Abs. 2 [X.] auch die Anforderungen an die [X.] Volkszugehörigkeit gemäß § 6 Abs. 2 [X.] nach der im Entscheidungszeitpunkt geltenden Rechtslage zu beurteilen sind und der vom [X.]erufungsgericht hieraus gezogenen Schlussfolgerung, dass dann - zur Vermeidung eines Auseinanderfallens der für die [X.]eurteilung der Spätaussiedlereigenschaft maßgeblichen [X.]punkte - auch für die Ausstellung der Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 [X.] auf die Sach- und Rechtslage im jeweiligen Entscheidungszeitpunkt abzustellen sei.

Diese im Ansatz zutreffende Erwägung des [X.]erufungsgerichts, dass divergierende [X.]eurteilungszeitpunkte zu vermeiden sind, führt allerdings zu einer Modifikation dieser Rechtsprechung dahin, dass sich bei der Entscheidung über einen nachträglichen Aufnahmebescheid nach § 27 Abs. 1 [X.] die (vorläufige) [X.]eurteilung der Spätaussiedlereigenschaft als "sonstige Voraussetzung" nach derselben Sach- und Rechtslage richtet, die für die Entscheidung über die Ausstellung der Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 [X.] heranzuziehen ist. Diese Erwägung lag auch bereits dem Urteil vom 22. April 2004 (- 5 [X.] 27.02 - [X.] 412.3 § 27 [X.] Nr. 11) zugrunde, nach dem ungeachtet einer Einreise bereits im Jahre 1994 für die [X.]eurteilung der "sonstigen Voraussetzungen" im Sinne des § 27 Abs. 2 [X.] die im Entscheidungszeitpunkt geltende Fassung des § 6 Abs. 2 [X.] herangezogen werden sollte, die durch das Gesetz zur Klarstellung des [X.]tatus ([X.]tatusgesetz - [X.]) vom 30. August 2001 ([X.] I S. 2266) (nachfolgend auch: [X.] 2001) geschaffen worden und die für die Erteilung der Spätaussiedlerbescheinigung heranzuziehen war. Soweit diese Entscheidung weitergehend dahin zu verstehen war, dass auch die Anforderungen an die [X.] Volkszugehörigkeit gemäß § 6 Abs. 2 [X.] stets nach der im Entscheidungszeitpunkt geltenden Rechtslage zu beurteilen sind, wird daran nicht festgehalten. Dagegen sprechen durchgreifend systematische Gründe.

Das Aufnahmeverfahren hat mit seiner jedenfalls vorläufigen Prüfung der damaligen [X.] bzw. jetzt Spätaussiedlereigenschaft vorrangig Lenkungs- und Ordnungsfunktion ([X.]VerwG, Urteil vom 19. April 1994 - 9 [X.] 20.93 - [X.]VerwGE 95, 311 <317>). Dieser Zweck ist erfüllt, wenn es erfolgreich durchlaufen wurde, gleichgültig, ob dies bezogen auf die (vermeintliche) Eigenschaft als Spätaussiedler nach § 27 Abs. 1 Satz 1 [X.] oder bezogen auf die Eigenschaft als Ehegatte oder Abkömmling eines [X.] nach § 27 Abs. 1 Satz 2 [X.] erfolgt ist ([X.]VerwG, Urteil vom 12. Juli 2001 - 5 [X.] 30.00 - [X.]VerwGE 115, 10 Rn. 12). Das [X.]escheinigungsverfahren bewirkt demgegenüber die endgültige sowie für Staatsangehörigkeitsbehörden und alle [X.]ehörden und Stellen, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler zuständig sind, verbindliche Prüfung der Spätaussiedlereigenschaft (§ 15 Abs. 1 Satz 3 [X.]). [X.]ei einem nach der [X.] erfolgten Antrag auf einen Aufnahmebescheid, der in Härtefällen erteilt werden kann, wäre es aber nach dem jeweiligen Sinn und Zweck der Verfahren nicht zu rechtfertigen, die lediglich (vorläufige) [X.]eurteilung der Spätaussiedlereigenschaft nach anderen Grundsätzen zu beurteilen als die zu diesem [X.]punkt bereits mögliche (endgültige) Entscheidung über die Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 [X.] selbst. Dies gilt allzumal nach der zum 1. Januar 2005 geltenden Rechtslage, nach der die [X.]escheinigung zum Nachweis der Spätaussiedlereigenschaft auch ohne besonderen Antrag von dem [X.]undesverwaltungsamt auszustellen ist (§ 15 Abs. 1 Satz 1 [X.]), also die Entscheidung nach § 27 Abs. 1 [X.] gleichzeitig mit der Entscheidung die über die Ausstellung der [X.]escheinigung ergehen kann.

Diese Erwägungen bestätigen, dass der Kläger für die Ausstellung eines nachträglichen [X.] kein Rechtsschutzbedürfnis hat. Kann im [X.]punkt der Entscheidung über den (nachträglichen) [X.] abschließend beurteilt werden, ob es im [X.]escheinigungsverfahren zu einer Statusfeststellung kommen wird, ohne dass - wie hier - diese Entscheidung in irgendeiner Weise von der Erteilung des (nachträglichen) [X.] abhängt, ist kein Grund für die Entscheidung eines Aufnahmeantrages zu erkennen.

2.2 [X.]ei dieser Sachlage bedarf es hinsichtlich dieses Streitgegenstandes nicht der Prüfung der weiteren Einwendungen der [X.]eklagten gegen das [X.]erufungsurteil.

3. Die Revision ist auch begründet, soweit sie sich gegen die Verpflichtung zur Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 [X.] wendet. Einem Anspruch des [X.] steht zwar nicht schon § 15 Abs. 2 Satz 2 [X.] entgegen (3.1). Das [X.]erufungsgericht hat die Spätaussiedlereigenschaft des [X.] indes auf einer hier nicht anzuwendenden Fassung des § 6 Abs. 2 [X.] bejaht (3.2). Die tatsächlichen Feststellungen des [X.]erufungsgerichts erlauben keine abschließende [X.]eurteilung der Spätaussiedlereigenschaft des [X.] (3.3.).

3.1 Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 [X.], der mit Wirkung zum 1. Januar 2005 durch [X.] vom 30. Juli 2004 ([X.] I S. 1950) eingefügt worden ist, kann dem in den Aufnahmebescheid eines [X.] einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling eine [X.]escheinigung nach § 15 Abs. 1 [X.] nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines [X.] beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist.

Diese Regelung steht dem [X.]egehren des [X.] schon deswegen nicht entgegen, weil ihre Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt sind. Der von dem Kläger 1990/92 im [X.] gestellte Antrag auf Ausstellung eines [X.] als Spätaussiedler ist von der [X.]eklagten nicht beschieden worden. Eine Ablehnung, die bestandskräftig hätte werden können, ist nicht erfolgt. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid seiner Ehefrau bedeutete hier keine konkludente Ablehnung eines [X.] aus eigenem Recht.

Nicht zu vertiefen ist daher, ob bzw. in welchen Fallkonstellationen § 15 Abs. 2 Satz 2 [X.] (Fassung 2005) auf vor seinem Inkrafttreten erfolgte [X.]n anzuwenden ist.

3.2 Das [X.]erufungsgericht hat die Spätaussiedlereigenschaft des [X.] zu Unrecht nach der im [X.]punkt seiner Entscheidung geltenden Rechtslage des [X.] zur Änderung des [X.] vom 6. September 2013 ([X.] I S. 3554) (Zehntes [X.]-ÄndG) beurteilt. Es hätte vielmehr die Fassung zugrunde legen müssen, die das [X.]undesvertriebenengesetz durch das [X.]tatusgesetz vom 30. August 2001 ([X.] I S. 2266) erhalten hat ([X.] 2001).

3.2.1 Der Anspruch des [X.] auf Erteilung einer Spätaussiedlerbescheinigung richtet sich nach § 15 Abs. 1 [X.]. Danach stellt das [X.]undesverwaltungsamt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine [X.]escheinigung aus. Eine solche [X.]escheinigung steht nach § 15 Abs. 1 [X.] nur demjenigen zu, der in dem für die Ausstellung der [X.]escheinigung maßgeblichen [X.]punkt die Spätaussiedlereigenschaft besitzt, d.h. Spätaussiedler ist ([X.]VerwG, Urteil vom 12. März 2002 - 5 [X.] 45.01 - [X.]VerwGE 116, 119 Rn. 9). Für die [X.]eurteilung des [X.]egehrens des [X.] ist dabei im Ausgangspunkt die Rechtslage maßgeblich, die im [X.]punkt der Entscheidung des [X.]erufungsgerichts bestanden hat ([X.]VerwG, Urteil vom 13. September 2007 - 5 [X.] 38.06 - [X.]VerwGE 129, 265 <266>; stRspr), mithin das [X.]undesvertriebenengesetz in der Fassung, die es durch das Zehnte [X.]-ÄndG gefunden hat; während des Revisionsverfahrens sind keine weiteren Rechtsänderungen erfolgt.

3.2.2 Diese Rechtslage ist allerdings nur dann zugrunde zu legen, soweit nicht Gründe des materiellen Rechts eine andere [X.]etrachtung gebieten. Dies ist nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts der Fall, soweit bei der Anwendung des § 15 Abs. 1 [X.] zu beurteilen ist, ob eine Person Spätaussiedler im Sinne dieser Vorschrift ist. Ob eine Person nach §§ 4, 6 [X.] Spätaussiedler ist, richtet sich - auch im [X.]escheinigungsverfahren - grundsätzlich nach der Rechtslage bei Aufnahme in das [X.] ([X.]VerwG, Urteile vom 12. März 2002 - 5 [X.] 45.01 - [X.]VerwGE 116, 119 Rn. 9 und vom 28. Mai 2015 - 1 [X.] 24.14 - juris Rn. 20). Denn die nach § 15 Abs. 1 [X.] zu bescheinigende Spätaussiedlereigenschaft richtet sich materiellrechtlich nach § 4 Abs. 1 und 2 [X.]. Spätaussiedler ist hiernach "ein [X.] Volkszugehöriger, der die ([X.]e) nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von sechs Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat". § 4 Abs. 1 und 2 [X.] bestimmt also sowohl die Voraussetzungen für den Erwerb des [X.]tatus als auch den [X.]punkt, zu dem die Erwerbsvoraussetzungen vorliegen müssen, nämlich zu der [X.], zu der der Einreisende in [X.] seinen ständigen Aufenthalt nimmt. Diese Fixierung des [X.]punktes, nach dem sich entscheidet, ob eine Person Spätaussiedler geworden ist, auf den [X.]punkt der [X.] gründet im Spätaussiedlerbegriff selbst und damit im materiellen Recht. Entgegen der Rechtsauffassung des [X.]erufungsgerichts ([X.]) ist diese [X.]etrachtung gerade nicht auf Fälle beschränkt, in denen sich die Rechtslage im [X.]escheinigungsverfahren zulasten eines Antragstellers geändert hatte. Die vom [X.]erufungsgericht zur Stützung seiner Auffassung herangezogene Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts ([X.]VerwG, Urteil vom 13. September 2007 - 5 [X.] 38.06 - [X.]VerwGE 129, 265 <266>), derzufolge unabhängig von entsprechenden Anordnungen des Gesetzgebers auch bei einer Rechtsänderung die Spätaussiedlereigenschaft stets nach der im Entscheidungszeitpunkt des Gerichts geltenden Rechtslage zu beurteilen sei, rechtfertigt den vom [X.]erufungsgericht gezogenen Schluss gerade nicht. Diese Entscheidung betraf vielmehr die Frage, ob gemäß der Übergangsregelung des § 100a [X.] die seit dem 7. September 2001 geltende Fassung des § 6 Abs. 2 [X.] anzuwenden sei oder - gemäß der materiellrechtlichen Fixierung des [X.]punktes - die für den Kläger in jenem Verfahren günstigere Rechtslage zur [X.] der ständigen [X.], und hat aus Gründen des Vertrauensschutzes die vom Gesetzgeber getroffene Übergangsregelung verfassungskonform ausgelegt.

3.2.3 Die Übersiedlung des [X.] nach [X.] im Wege des Aufnahmeverfahrens erfolgte im März 1994. Danach wäre hier die Rechtslage nach dem [X.]undesvertriebenengesetz in der Fassung vom 2. Juni 1993 ([X.] I S. 829) maßgeblich. Allerdings sind nach der durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes vom 30. August 2001 ([X.] I S. 2266) mit Wirkung zum 7. September 2001 eingeführten Übergangsvorschrift des § 100a [X.] Anträge nach § 15 Abs. 1 [X.] nach dem Recht zu bescheiden, das "nach dem 7. September 2001 gilt". Eine Korrektur der gesetzgeberischen Entscheidung ist hier nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes geboten. Denn ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand der bei [X.] (hier: im März 1994) bestehenden Rechtslage und auf das Fortbestehen eines seinerzeit entstandenen [X.]tatus besteht jedenfalls nicht bei Personen, bei denen die Aufnahme nicht aufgrund der (vorläufig) bejahten [X.]n Volkszugehörigkeit erfolgte, sondern die nur als Abkömmling eines [X.] aufgenommen wurden (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 13. November 2003 - 5 [X.] 14.03 - [X.]VerwGE 119, 188 <190>).

Nach § 100a Abs. 1 [X.] ist die Spätaussiedlereigenschaft des [X.] mithin nach §§ 4, 6 [X.] 2001 zu beurteilen. Der [X.] hat bereits in seinem Urteil vom 28. Mai 2015 (1 [X.] 24.14) klargestellt, dass die Übergangsvorschrift des § 100a [X.] nicht dynamisch in dem Sinn auszulegen ist, dass die Spätaussiedlereigenschaft bei Anträgen nach § 15 Abs. 1 [X.], die vor Inkrafttreten der Gesetzesnovelle von 2001 gestellt worden sind, nach dem jeweils geltenden aktuellen Recht zu bestimmen sei, hier etwa nach den erleichterten Voraussetzungen in § 6 Abs. 2 [X.] des [X.] zur Änderung des [X.] vom 6. September 2013 ([X.] I S. 3554) (Zehntes [X.]-ÄndG). Hierzu hat er ausgeführt:

"Denn bei dieser Übergangsregelung handelt es sich - wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt ([X.]T-Drs.14/6310 S. 6 ff.) - lediglich um einen (statischen) Verweis auf die zum 7. September 2001 in [X.] getretene Neufassung des § 6 Abs. 2 [X.]. Durch sie wollte der Gesetzgeber wieder zu der Rechtslage zurückkehren, die bis zu den Urteilen des [X.]undesverwaltungsgerichts vom 19. Oktober 2000 (- 5 [X.] 44.99 - [X.]VerwGE 112, 112 u.a.) in der Verwaltungspraxis von [X.]und und Ländern und in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Anwendung kam. Hingegen ergeben sich für die Gesetzesnovelle von 2013 keine Anhaltspunkte, dass den durch sie bewirkten Erleichterungen für die [X.]estimmung der Spätaussiedlereigenschaft Rückwirkung in [X.] beigemessen werden sollte."

Hieran hält der [X.] auch in Ansehung des Vorbringens der [X.]eteiligten im vorliegenden Verfahren fest. Für diese Auslegung spricht neben der systematischen Stellung und dem auf die Korrektur einer bestimmten Rechtsprechung bezogenen Zweck die durch einen bestimmten Stichtag bezeichnete Rechtslage, die gerade nicht auch auf weitere Rechtsänderungen verweist. [X.]estätigt wird dies dadurch, dass § 100a Abs. 1 [X.] anlässlich späterer Änderungen des [X.] nicht aufgehoben worden ist. Dies bekräftigt im Übrigen den Grundsatz, dass sich die Spätaussiedlereigenschaft in den nicht von der Übergangsregelung erfassten Fällen nach der Rechtslage bei Aufnahme in das [X.] bestimmt.

3.2.4 Die durch das Zehnte [X.]-ÄndG geschaffene Rechtslage ist wegen des [X.]punktes ihrer [X.] auch sonst nicht zugunsten des [X.] anzuwenden. Dieses Gesetz ist am 14. September 2013 in [X.] getreten (Art. 2 Zehntes [X.]-ÄndG) und entfaltet keine Rückwirkung für Fälle, bei denen die Aufnahme in das [X.] bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits erfolgt war; eine § 100a Abs. 1 [X.] vergleichbare Übergangsregelung hat der Gesetzgeber gerade nicht geschaffen. Die Entstehungsgeschichte des Zehnten [X.]-ÄndG ergibt ebenfalls keinen Hinweis darauf, dass das Gesetz mit Rückwirkung erlassen werden sollte. Gegen eine solche Annahme spricht vielmehr der Zweck der Änderungen, die durch eine Kombination von engem Gesetzeswortlaut und restriktiver Auslegung durch die Rechtsprechung sich in der heutigen Praxis ergebenden unverhältnismäßig hohen Aufnahmehürden abzusenken und damit auch darauf zu reagieren, dass die früher bestehende Möglichkeit zur Abgabe von Nationalitätenerklärungen in Inlandspässen oder anderen amtlichen Dokumenten der jüngeren Generation in einigen Nachfolgestaaten der [X.] verwehrt ist. Insbesondere die jüngere Generation der Spätaussiedlerbewerber sollte die [X.]hance erhalten, durch den Nachweis ausreichender [X.] Sprachkenntnisse ihren Willen zur Zugehörigkeit zur [X.]n Volksgruppe zu bekunden ([X.]T-Drs. 17/13937 S. 5 f.). Der Gesetzgeber ist mithin davon ausgegangen, dass die Rechtsänderungen Erleichterungen für ein noch in den [X.] zu durchlaufendes Aufnahmeverfahren und damit für Spätaussiedlerbewerber bewirken sollten; eine Erstreckung auf die Fallgruppe der im [X.] bereits aufgenommenen Personen hat er ersichtlich nicht vorgesehen.

3.3 Nach den mithin für den Erwerb der Spätaussiedlereigenschaft maßgeblichen §§ 4, 6 [X.] 2001 kann mangels hinreichender berufungsgerichtlicher Feststellungen nicht beurteilt werden, ob der Kläger Spätaussiedler ist. Der Rechtsstreit ist daher zur weiteren Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

3.3.1 Nach § 4 Abs. 1 [X.] 2001 ist Spätaussiedler in der Regel ein [X.] Volkszugehöriger, der die Republiken der ehemaligen [X.] nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von sechs Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat, wenn er zuvor (1.) seit dem 8. Mai 1945 oder (2.) nach seiner Vertreibung oder der Vertreibung eines Elternteils seit dem 31. März 1952 oder (3.) seit seiner Geburt, wenn er vor dem 1. Januar 1993 geboren ist und von einer Person abstammt, die die Stichtagsvoraussetzung des 8. Mai 1945 nach Nummer 1 oder des 31. März 1952 nach Nummer 2 erfüllt, es sei denn, dass Eltern oder Voreltern ihren Wohnsitz erst nach dem 31. März 1952 in die [X.]e verlegt haben, seinen Wohnsitz in den [X.] hatte. [X.] ist nach § 6 Abs. 1 [X.] 2001, wer sich in seiner Heimat zum [X.]n Volkstum bekannt hat, sofern dieses [X.]ekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird. Wer - wie der Kläger - nach dem 31. Dezember 1923 geboren worden ist, ist nach § 6 Abs. 2 Satz 1 [X.] 2001 [X.] Volkszugehöriger, wenn er von einem [X.]n Staatsangehörigen oder [X.]n [X.] abstammt und sich bis zum Verlassen der [X.]e durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf vergleichbare Weise nur zum [X.]n Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur [X.]n Nationalität gehört hat. Das [X.]ekenntnis zum [X.]n Volkstum oder die rechtliche Zuordnung zur [X.]n Nationalität muss bestätigt werden durch die familiäre Vermittlung der [X.]n Sprache (Satz 2). Diese ist nur festgestellt, wenn jemand im [X.]punkt der Aussiedlung aufgrund dieser Vermittlung zumindest ein einfaches Gespräch auf [X.] führen kann (Satz 3). Ihre Feststellung entfällt, wenn die familiäre Vermittlung wegen der Verhältnisse in dem jeweiligen [X.] nicht möglich oder nicht zumutbar war (Satz 4). Ein [X.]ekenntnis zum [X.]n Volkstum wird unterstellt, wenn es unterblieben ist, weil es mit Gefahr für Leib und Leben oder schwerwiegenden beruflichen oder wirtschaftlichen Nachteilen verbunden war, jedoch aufgrund der Gesamtumstände der Wille unzweifelhaft ist, der [X.]n Volksgruppe und keiner anderen anzugehören (Satz 5).

3.3.2 Der Kläger stammt aus der ehemaligen [X.] und wurde im Oktober 1993 als Abkömmling in den Aufnahmebescheid seiner Ehefrau einbezogen. Damit hat er die [X.]e im März 1994 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und im [X.] Aufenthalt genommen (§ 4 Abs. 1 [X.] 2001). Das [X.]erufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - aber nicht abschließend geprüft, ob sich der Kläger bis zum Verlassen der [X.]e durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf vergleichbare Weise (nur) zum [X.]n Volkstum bekannt hat. Insoweit fehlen hinreichende Feststellungen des [X.]erufungsgerichts. § 6 Abs. 2 [X.] 2001 erfordert grundsätzlich ein durchgängiges (positives) [X.]ekenntnis ab dem Eintritt der [X.]ekenntnisfähigkeit nur zum [X.]n Volkstum ([X.]VerwG, Urteil vom 13. November 2003 - 5 [X.] 40.03 - [X.]VerwGE 119, 192 <194>). Das [X.]erufungsgericht, von dessen Rechtsstandpunkt ein [X.]ekenntnis durch eine Nationalitätenerklärung vor der [X.]egründung des Aufenthalts in [X.] ausreichend war, wird nunmehr zu prüfen haben, ob aus dem Umstand, dass der Kläger in seinem (ersten) [X.] und [X.] die Eintragung seiner [X.]n Nationalität bislang nicht nachzuweisen vermocht hat, vor dem Hintergrund des hilfsweise gestellten [X.]eweisantrages in der mündlichen [X.]erufungsverhandlung ausnahmsweise kein dem Kläger zurechenbares [X.] zum [X.] Volkstum liegt. und ob - dies unterstellt - der Kläger auf vergleichbare Weise nach außen hin, z.[X.]. in der Lebensführung oder in gesellschaftlichen, [X.] oder kulturellen Aktivitäten, seinen Willen unzweifelhaft hat zu Tage treten lassen, der [X.]n Volksgruppe und keiner anderen anzugehören (zu den Anforderungen s. [X.]VerwG, Urteil vom 13. November 2003 - 5 [X.] 41.03 - [X.] 412.3 § 6 [X.] Nr. 104).

4. [X.] folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und bleibt im Übrigen der Schlussentscheidung vorbehalten.

Meta

1 C 30/14

16.07.2015

Bundesverwaltungsgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 26. Mai 2014, Az: 11 A 1250/12, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16.07.2015, Az. 1 C 30/14 (REWIS RS 2015, 8097)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 8097

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