Bundessozialgericht, Beschluss vom 12.02.2024, Az. B 11 AL 40/23 B

11. Senat | REWIS RS 2024, 2139

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache - Klärungsbedürftigkeit - Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung - Arbeitslosenversicherung - sonstiger Versicherungspflichtiger - Bezug von Entgeltersatzleistungen - Unmittelbarkeitsbegriff - psychische Erkrankung


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 31. August 2023 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 [X.] SGG) und des [X.] (§ 160 Abs 2 [X.] SGG) nicht in der gebotenen Weise dargelegt bzw bezeichnet worden sind. Der [X.] konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung [X.] nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG entscheiden.

2

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Um der Darlegungspflicht zu genügen, muss eine konkrete Rechtsfrage formuliert, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) [X.]keit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihr angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) dargelegt werden (vgl nur [X.] vom [X.] [X.] 142/02 B - [X.] 3-1500 § 160a [X.]4 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

3

Der Kläger formuliert zwar folgende Rechtsfrage: "Führt die Einschränkung der Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit eines Versicherten wegen einer psychischen Erkrankung dazu, dass der in § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III definierte Begriff der 'Unmittelbarkeit' deshalb auch für einen Zeitraum in Höhe von 43 Kalendertagen Anwendung finden kann?"

4

Unabhängig von der Frage, ob es sich hierbei um eine abstrakte oder eine lediglich auf den konkret zur Entscheidung stehenden Sachverhalt formulierte Frage handelt, fehlt es vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des [X.] (Urteile vom 23.2.2017 - [X.] [X.] 3/16 R und [X.] [X.] 4/16 R), auf die das [X.] seine Entscheidung gestützt hat, an einer ordnungsgemäßen Darlegung einer weiterhin bestehenden Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage. Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als bereits höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das [X.] diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl [X.] vom [X.] - [X.] 3-1500 § 160 [X.]). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des [X.] zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass zu dem angesprochenen [X.] noch keine Entscheidung vorliege oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet sei. Dabei kommt es nicht darauf an, dass eine konkrete Fallgestaltung ggf noch nicht in der höchstrichterlichen Rechtsprechung behandelt worden ist, sondern dass sich die gestellte Rechtsfrage nicht aufgrund der vom [X.] entwickelten Maßstäbe beantworten lässt. Dass die bisherige Rechtsprechung eine Antwort ermöglicht, bringt der Kläger selbst vor, wenn er in der Beschwerdebegründung aus den oben benannten Entscheidungen des [X.] zitiert und den Sachverhalt des konkreten Falles hierunter subsumiert. Damit rügt der Kläger im Ergebnis nur, das [X.] habe den ihm vorliegenden Sachverhalt nach Maßgabe der vom [X.] in den genannten Urteilen entwickelten Grundsätze unrichtig bewertet. Darauf kann die Zulassung der Revision aber nicht gestützt werden. Denn Gegenstand des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens ist nicht, ob das Berufungsgericht in der Sache richtig entschieden hat (stRspr; vgl nur [X.] vom 26.6.1975 - 12 BJ 12/75 - [X.] 1500 § 160a [X.]).

5

Darüber hinaus wird in der Beschwerdebegründung auch die [X.]keit der aufgeworfenen Rechtsfrage nicht hinreichend dargebracht. [X.] ist eine Rechtsfrage nur dann, wenn sie für den zu entscheidenden Fall rechtserheblich ist ([X.] vom 25.10.1978 - 8/3 BK 28/77 - [X.] 1500 § 160a [X.]1). Über die aufgeworfene Rechtsfrage müsste das Revisionsgericht also - in Ergänzung zur abstrakten Klärungsbedürftigkeit - konkret-individuell sachlich entscheiden müssen ([X.] vom 25.6.1980 - 1 BA 23/80 - [X.] 1500 § 160 [X.]9 und [X.] vom 25.10.1978 - 8/3 BK 28/77 - [X.] 1500 § 160a [X.]1). Dies erfordert es, dass der Beschwerdeführer den nach seiner Auffassung vom Revisionsgericht einzuschlagenden Weg der Nachprüfung des angefochtenen Urteils und damit insbesondere den Schritt darlegt, der die Entscheidung der als grundsätzlich bezeichneten Rechtsfrage notwendig macht ([X.] vom 25.10.1978 - 8/3 BK 28/77 - [X.] 1500 § 160a [X.]1). Nach dem vom Kläger wiedergegebenen Sachverhalt, von dem das [X.] bei seiner Entscheidung ausgegangen ist und der auch nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen wird, ist das [X.] jedoch nicht von einer der Geschäfts- und Handlungsunfähigkeit vergleichbaren Situation beim Kläger wegen des Bestehens einer psychischen Erkrankung ausgegangen. Ausführungen dazu, weshalb die formulierte Rechtsfrage - dennoch - durch das Revisionsgericht klärungsfähig sein wird, fehlen. Die bloße Behauptung, dass der Kläger wegen einer schwerwiegenden Erkrankung auf [X.] Fachgebiet im Zeitraum vom [X.] bis zum [X.] nicht in der Lage gewesen sei, seine Angelegenheiten eigenständig und verantwortungsvoll regeln zu können, genügt dafür nicht.

6

Auf die Rüge der Verletzung des § 103 SGG und damit auf einen behaupteten Verfahrensmangel kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nur dann erfolgreich gestützt werden, wenn sich die geltend gemachte Verletzung auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 [X.] SGG). Einen Beweisantrag gestellt zu haben, behauptet der Kläger nicht. Der Vortrag, dem [X.] hätte sich eine Beweiserhebung aus medizinischen Gründen aufdrängen müssen, genügt den Darlegungsanforderungen nicht.

7

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.

        

[X.]

Richterin am [X.] ist wegen … an der Signatur gehindert
[X.]

Siefert

Meta

B 11 AL 40/23 B

12.02.2024

Bundessozialgericht 11. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Mainz, 30. Mai 2022, Az: S 15 AL 137/20, Urteil

§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 26 Abs 2 SGB 3

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 12.02.2024, Az. B 11 AL 40/23 B (REWIS RS 2024, 2139)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 2139

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