Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.09.2016, Az. 2 StR 43/16

2. Strafsenat | REWIS RS 2016, 5268

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Gegenstand

Versuchter Wohnungseinbruchsdiebstahl: Unmittelbares Ansetzen bei Eindringen in den Garten sowie "Zuschaffenmachen" vor der Terrassentür


Tenor

1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [[X.]] vom 27. August 2015

a) im [[X.]] sowie in den [[X.]], soweit es die Angeklagten [[X.]] und [X.] betrifft,

b) im Fall II.4, soweit es den Angeklagten [X.] betrifft,

mit den jeweiligen Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe

1

Das [[[X.]]] hat den Angeklagten [[[X.]]] wegen [[[X.]]] in vier Fällen, davon in einem Fall wegen Versuchs, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und den Angeklagten [[X.]] wegen [[[X.]]] in drei Fällen, davon in einem Fall wegen Versuchs unter Einbeziehung weiterer Einzelstrafen aus einer anderen Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Im Übrigen hat es die Angeklagten freigesprochen. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten haben mit der Sachrüge in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind die Rechtsmittel offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

1. Die Verurteilung wegen versuchten [[[X.]]] im Fall II.3 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Nach den getroffenen Feststellungen ist nicht dargetan, dass die Angeklagten im Sinne von § 22 StGB bereits unmittelbar zur Verwirklichung des [[[X.]]] nach § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB angesetzt haben.

3

a) Bei [[[X.]]] wie auch bei Tatbeständen mit Regelbeispielen ist grundsätzlich auf das Ansetzen zur Verwirklichung des [[[X.]]] abzustellen (vgl. Fischer, StGB, 63. Aufl., § 22, Rn. 36 mN). Daraus folgt, dass sich bei § 244 StGB wie bei § 243 StGB gleichermaßen die einheitlich zu beantwortende Frage stellt, ob mit den festgestellten Tathandlungen zur Wegnahme im Sinne von § 22 StGB angesetzt ist (vgl. im Zusammenhang mit § 244a StGB [[[X.]]], 207).

4

Das unmittelbare Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung besteht in  einem Verhalten des [[[X.]]], das nach seiner Vorstellung in ungestörtem Fortgang ohne Zwischenakte zur - vollständigen - Tatbestandserfüllung führt oder im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang in sie einmündet. Diese Voraussetzung kann schon gegeben sein, bevor der Täter eine der Beschreibung des gesetzlichen Tatbestandes entsprechende Handlung vornimmt; regelmäßig genügt es allerdings, wenn der Täter ein Merkmal des gesetzlichen Tatbestandes verwirklicht. Es muss aber immer das, was er zur Verwirklichung seines Vorhabens unternimmt, zu dem in Betracht kommenden Straftatbestand in Beziehung gesetzt werden (st. Rspr.; vgl. [[[X.]]], 207).

5

b) Nach diesen Maßstäben haben die Angeklagten noch nicht - wie es für einen Versuch des § 242 StGB notwendig ist - zum Gewahrsamsbruch angesetzt. Das Eindringen in den Garten über das Gartentor reicht nicht aus. Zum einen sollte nach der Vorstellung der Angeklagten nicht im Garten, sondern in dem durch weitere Sicherungen geschützten Haus auf dem Grundstück nach [[[X.]]] gesucht werden (vgl. [[[X.]]] 1976, 155). Zum anderen ergibt sich aus den Feststellungen nicht, ob das Gartentor nach seiner Funktion als wesentlicher Schutz des Hauses anzusehen ist oder etwa durch einfaches Öffnen oder Übersteigen überwunden werden konnte. So ist nicht dargelegt, dass schon in dem Eindringen auf das Grundstück ein Ansetzen zum Gewahrsamsbruch liegt.

6

Aber auch das weitere Vorgehen der Angeklagten belegt noch keinen [[[X.]]]. Ein „Zuschaffenmachen“ vor der Terrassentür gibt - da es insoweit auch an der Mitteilung des [[[X.]]]s der Angeklagten fehlt - keinen konkreten Hinweis dafür, ob schon zur Wegnahme, einem unmittelbar bevorstehenden Einwirken auf fremden Gewahrsam, angesetzt ist. Dies gilt auch für das „Anleuchten des Rollos“; auch hier ermöglichen es die Feststellungen des [[[X.]]]s nicht nachzuvollziehen, ob schon zum Gewahrsamsbruch unmittelbar angesetzt ist oder ob nach dem [[[X.]]] der Angeklagten weitere Zwischenschritte erforderlich sind, bis es schließlich zu einem Einwirken auf den Gewahrsam des [[[X.]]], der durch Geräusche im Zusammenhang mit dem Gartentor auf das Eindringen in seinen Garten aufmerksam geworden ist, kommen kann.

7

Die Sache bedarf deshalb insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.

8

2. Auch die Verurteilung im Fall II.4 der Urteilsgründe hält, soweit der Angeklagte [[X.]] betroffen ist, rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Annahme des [[[X.]]]s, er habe sich an dem Diebstahl des nach dem Einbruch am 25. Mai 2014 entwendeten Kraftfahrzeugs beteiligt, wird von den Feststellungen nicht getragen. Dass der Angeklagte [[X.]] drei Tage nach  der Tat „wahrscheinlich“ Beifahrer gewesen ist, als das Fahrzeug bei einer Geschwindigkeitskontrolle auffällig geworden und in diesem Zusammenhang ein Lichtbild angefertigt worden ist, ist kein tragfähiges Indiz für eine Beteiligung an der Tage zuvor erfolgten Wegnahme des Fahrzeugs. Dies gilt selbst dann, wenn man davon ausgeht, dass der Angeklagte [[[X.]]] Täter (und Fahrer des  PKW) gewesen ist und beide zusammen in der Vergangenheit [X.] begangen hätten. Eine nur „wahrscheinliche“ Mitfahrt in einem Kraftfahrzeug vermag - auch angesichts vormaliger Beteiligung an anderen Einbruchsdiebstählen - keine ausreichende Grundlage für die Mitwirkung an dessen Wegnahme zu vermitteln.

9

3. Der Wegfall der Verurteilungen in den [X.] entzieht den [X.] die Grundlage.

Fischer    

     

    Appl    

     

Krehl

     

Rin[[[X.]]] Dr. Ott ist an der
Unterschrift gehindert.

     

     

    

     

Fischer

     

Bartel    

    

Meta

2 StR 43/16

20.09.2016

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Frankfurt, 27. August 2015, Az: 5/31 KLs 4/15

§ 22 StGB, § 23 StGB, § 242 StGB, § 243 StGB, § 244 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.09.2016, Az. 2 StR 43/16 (REWIS RS 2016, 5268)

Papier­fundstellen: NJW 2017, 1189 REWIS RS 2016, 5268

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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