Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.05.2009, Az. IV ZR 57/08

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 3473

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[X.] BESCHLUSS IV ZR 57/08vom 18. Mai 2009 in dem Rechtsstreit - 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin-nen Dr. Kessal-Wulf und [X.] am 18. Mai 2009 beschlossen: Auf die Beschwerde des [X.] wird die Revision gegen das Urteil des 25. Zivilsenats des [X.] vom 19. Februar 2008 zugelassen. Das vorgenannte Urteil wird nach § 544 Abs. 7 ZPO im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des [X.] erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Streitwert: 29.164,18 •

Gründe: [X.] Der Kläger verlangt von dem Beklagten wegen der Folgen einer bei einem Sportunfall erlittenen Sprunggelenks- und Fibulatrümmerfrak-tur eine [X.] aus einem Unfallversicherungsvertrag, dem die [X.] zugrunde liegen. 1 - 3 -

2 Der Beklagte akzeptierte auf der Grundlage eines von ihm in [X.] gegebenen orthopädischen Gutachtens eine teilweise Funktionsun-fähigkeit des linken Beins des [X.] mit 7/20 [X.] nach der Glie-dertaxe des § 7 I (2) a [X.], wonach bei Verlust oder Funktionsunfä-higkeit eines Beines über der Mitte des Oberschenkels ein Invaliditäts-grad von 70% gilt. Die sich danach aus der vereinbarten Invaliditäts-summe von 94.078 • ergebende Leistung kürzte der Beklagte um 60% wegen Mitwirkung einer von dem Gutachter festgestellten Arthrose. Den so ermittelten Betrag von 9.219,64 • zahlte der Beklagte an den Kläger. Dieser bemisst unter Berufung auf ein von ihm eingeholtes unfallchirur-gisches Gutachten die Funktionsbeeinträchtigung seines linken Beines mit 1/2 [X.] und errechnet unter Berücksichtigung der vertraglich vereinbarten Progression eine [X.] von 51.742,90 •. Den nach Abzug der von dem Beklagten erbrachten [X.] verbleibenden Betrag von 42.523,26 • hat der Kläger mit der Klage geltend gemacht. Das [X.] hat nach Einholung eines medizinischen Sachver-ständigengutachtens und nach Anhörung des Sachverständigen den Grad der Invalidität mit 3/7 [X.] bemessen. Es hat den Mitwirkungs-anteil einer bestehenden Arthrose mit 40% veranschlagt und dem Kläger eine restliche [X.] von 7.714,40 • zuerkannt. 3 Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] der Klage in Höhe von weiteren 5.644,68 • stattgegeben. Es hat ebenfalls einen Invaliditätsgrad von 3/7 [X.] angenommen und - anders als das [X.] - die dem Vertrag zugrunde liegende progressive Invalidi-tätsstaffel angewandt; von der so errechneten [X.] 4 - 4 -

hat das [X.] 40% wegen einer mitwirkenden Arthrose in Abzug gebracht.
Das [X.] hat die Revision nicht zugelassen. Hierge-gen wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde. 5 I[X.] Die Beschwerde hat Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die angefochtene Entscheidung verletzt den Anspruch des [X.] auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG). Die Beschwerde rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht die Ausführungen des von dem Kläger beauftragten [X.] nicht berücksichtigt hat. 6 a) Legt eine [X.] ein medizinisches Gutachten vor, das im Ge-gensatz zu den Erkenntnissen des gerichtlich bestellten Sachverständi-gen steht, so ist vom Tatrichter besondere Sorgfalt gefordert. Er darf in diesem Fall - wie auch im Fall sich widersprechender Gutachten zweier gerichtlich bestellter Sachverständiger - den Streit der Sachverständigen nicht dadurch entscheiden, dass er ohne einleuchtende und logisch nachvollziehbare Begründung einem von ihnen den Vorzug gibt (Senats-urteile vom 24. September 2008 - [X.]/06 - [X.], 1676 [X.]. 11; vom 22. September 2004 - [X.]/03 - [X.], 676 unter [X.]; vom 13. Oktober 1993 - [X.] - [X.], 162 unter 2 a; [X.], Urteile vom 23. März 2004 - [X.] - VersR 2004, 790 unter [X.] a; vom 28. April 1998 - [X.] - [X.], 853 unter [X.], jeweils m.w.[X.]). Einwände, die sich aus einem Privatgutachten gegen das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen ergeben, muss das 7 - 5 -

Gericht ernst nehmen. Es muss ihnen nachgehen und den Sachverhalt weiter aufklären. Dazu kann es den Sachverständigen zu einer schriftli-chen Ergänzung seines Gutachtens veranlassen. Insbesondere bietet sich die mündliche Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen gemäß § 411 Abs. 3 ZPO an. Ein Antrag der beweispflichtigen [X.] ist dazu nicht erforderlich (Senatsurteile vom 15. Juli 1998 - [X.]/97 - NJW-RR 1998, 1527 unter 2 a; vom 13. Oktober 1993 aaO, [X.], Urteil vom 10. Dezember 1991 - [X.] - [X.], 722 unter [X.], [X.] m.w.[X.]). [X.] hat das Gericht den Sachverständi-gen unter Gegenüberstellung mit dem Privatgutachter anzuhören, um dann entscheiden zu können, wieweit es den Ausführungen des Sach-verständigen folgen will ([X.], Urteil vom 14. April 1981 - [X.] - VersR 1981, 576 unter [X.]). Wenn der gerichtlich bestellte Sachver-ständige weder durch schriftliche Ergänzung seines Gutachtens noch im Rahmen seiner Anhörung die sich aus dem Privatgutachten ergebenden Einwendungen auszuräumen vermag, muss der Tatrichter im Rahmen seiner Verpflichtung zur Sachaufklärung gemäß § 412 ZPO ein weiteres Gutachten einholen ([X.], Urteile vom 23. März 2004 aaO; vom 10. [X.] aaO; jeweils m.w.[X.]).
b) Diese Vorgaben hat das Berufungsgericht ebenso wie zuvor das [X.] nicht beachtet. Es hat nur darauf verwiesen, dass alle vom Kläger in seiner Berufungsbegründung aufgeführten Unterlagen dem [X.] Sachverständigen vorgelegen hätten und in seine Begutach-tung eingeflossen seien. Der gerichtlich bestellte Sachverständige hat zwar das vom Kläger eingeholte Gutachten erwähnt und die Ergebnisse dieser Begutachtung wiedergegeben. Damit auseinandergesetzt hat sich der Sachverständige indes nicht; er wurde dazu auch nicht in den [X.] aufgefordert. Somit hat sich das Berufungsgericht letztlich 8 - 6 -

ohne eigene Begründung dem gerichtlich bestellten Gutachter ange-schlossen, indem es dessen Ausführungen für überzeugend erklärt hat. Eigene Sachkunde, die den Gutachterstreit beilegen könnte, hat es dabei nicht erkennen lassen. Stattdessen hat es unkritisch die Wertungen des gerichtlich bestellten Gutachters und die darauf beruhenden Feststellun-gen des [X.]s übernommen. Im Hinblick auf die Widersprüche zwischen dem Gutachten des [X.] und dem des gerichtlich bestellten Sachverständigen hätte das Berufungsgericht letzteren dazu anhören müssen, gegebenenfalls unter Gegenüberstellung mit dem [X.] des [X.]. Erforderlichenfalls hätte es ein weiteres [X.] einholen müssen, was der Kläger ausdrücklich beantragt hatte. Da das Berufungsgericht diese sich aufdrängenden [X.] nicht ausgeschöpft hat, ist das Recht des [X.] auf rechtliches Gehör verletzt worden.
c) Die Gehörsverletzung ist entscheidungserheblich. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht nach erneuter Anhörung des gerichtlich bestellten Sachverständigen oder nach Einholung eines weite-ren Gutachtens zu einem höheren Invaliditätsgrad gelangt wäre. Im [X.] Umfang ist das Berufungsurteil nach § 544 Abs. 7 ZPO auf-zuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um ihm Gelegenheit zu geben, sich nach sachverständiger Beratung mit den aus dem Privatgutachten ergebenden Argumenten des [X.] ausei-nanderzusetzen und auch das von der Beklagten eingeholte Gutachten zu berücksichtigen. Da die Beeinträchtigung des [X.] nach den ge-troffenen Feststellungen im Wesentlichen in seinem linken oberen Sprunggelenk lokalisiert ist, wird das Berufungsgericht auch zu klären haben, ob der Invaliditätsgrad gemäß der Gliedertaxe des § 7 I (2) a [X.] nach dem bislang zugrunde gelegten [X.] oder nach dem 9 - 7 -

Wert eines Fußes im Fußgelenk zu bemessen ist; im Zweifelsfall ist von der für den Kläger günstigeren Auslegung auszugehen (vgl. [X.] vom 24. Mai 2006 - [X.] - [X.], 1117 [X.]. 11 ff.; vom 9. Juli 2003 - [X.]/02 - VersR 2003, 1163 unter [X.] und 2 c; vom 17. Januar 2001 - [X.], 360 unter 2).
Terno [X.] [X.] Dr. Kessal-Wulf [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 15.11.2006 - 23 O 9768/04 - [X.], Entscheidung vom 19.02.2008 - 25 U 5743/06 -

Meta

IV ZR 57/08

18.05.2009

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.05.2009, Az. IV ZR 57/08 (REWIS RS 2009, 3473)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 3473

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