Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.06.2010, Az. NotZ 3/10

Senat für Notarsachen | REWIS RS 2010, 6149

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Gegenstand

Notarrecht: Pflicht eines Amtsnachfolgers zur Verwahrung der Akten seines Vorgängers


Leitsatz

Zur Verpflichtung des Amtsnachfolgers eines Notars, dessen Akten zu verwahren .

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Senats für Notarsachen des [X.] vom 4. März 2010 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und die dem Antragsgegner im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gegenstandswert: 5.000 €

Gründe

I.

1

Der Antragsteller ist Notar im Bezirk des Antragsgegners. Mit Verfügung des Präsidenten des [X.] vom 31. Januar 2000 wurde ihm entsprechend seinem Antrag vom 12. Januar 2000 die Verwahrung der Urkunden, Akten und Bücher seiner Amtsvorgänger, Notare [X.] und Prof. Dr. K., sowie des an Stelle des Notars Prof. Dr. K. tätig gewesenen Notariatsverwalters gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 [X.] i.V.m. § 47 Abs. 1 [X.] NW (a.F.) übertragen. Außerdem wurde dem Antragsteller aufgegeben, die Vollzähligkeit der übernommenen Notariatsunterlagen für die Zeit seit dem 16. Februar 1970 nachzuprüfen und das Ergebnis der Nachprüfung alsbald auf dem Dienstwege mitzuteilen. Diese Verfügung ist bestandskräftig. Im Jahre 1997 hatte der Amtsvorgänger des Antragstellers Notar [X.] dem [X.] die Akten seines Amtsvorgängers Prof. Dr. K. aus den Jahren 1931 bis 1960 zur Verwahrung übergeben. Die Akten bis 1949 wurden zwischenzeitlich an das [X.] abgegeben. Am 12. September 2000 übergab der Antragsteller die Akten der Jahrgänge 1961 bis 1970 dem [X.] zur Verwahrung. In gleicher Weise übergab er am 11. März 2003 die Akten der Jahrgänge 1971 bis 1973 und im April 2005 die Akten der Jahrgänge 1974 bis 1975. Mit Schreiben vom 2. Juli 2008 forderte der Antragsgegner den Antragsteller auf, entsprechend der Verfügung des Präsidenten des [X.] vom 31. Januar 2000 die Akten der Jahrgänge 1950 bis 1975 in die eigene Verwahrung zurückzunehmen. Dagegen stellte der Antragsteller beim [X.] Antrag auf gerichtliche Entscheidung (Az. [X.] (Not) 26/08). Gegen die Zurückweisung des Antrags im Beschluss vom 4. März 2010 legte er sofortige Beschwerde zum [X.] ein ([X.] 2/10).

2

Mit Schreiben an den Präsidenten des [X.] vom 23. September 2008 änderte und ergänzte der Antragsteller seinen Antrag vom 12. Januar 2000 und beantragte, die Verfügung des Präsidenten des [X.] vom 31. Januar 2000 in der Weise zu ändern, dass die (näher bezeichneten) Notariatsurkunden seines Amtsvorgängers Prof. Dr. K. gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 [X.] dem [X.] in Verwahrung gegeben werden können. Diesen Antrag sowie verschiedene Hilfsanträge wies der Antragsgegner mit Verfügung vom 24. März 2009 zurück.

3

Dagegen hat der Antragsteller beim [X.] Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Er hat beantragt, dem Antragsgegner aufzugeben, unter Aufhebung des Bescheids vom 24. März 2009 "in Abänderung und Ergänzung des am 12. Januar 2000 gestellten Antrags und der Verfügung vom 31. Januar 2000 sämtliche [X.] des Notars Prof. Dr. K. dem [X.] in Verwahrung zu geben, hilfsweise hiervon die älteren [X.] anfänglich bis einschließlich Jahrgang 1978, weiter hilfsweise hiervon die [X.] anfänglich bis einschließlich 15. Februar 1970, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu bescheiden".

4

Das [X.] hat den Antrag des Antragstellers mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Zur Begründung hat es unter Bezugnahme auf die Verfügung des Antragsgegners vom 24. März 2009 und die Stellungnahme des Präsidenten der [X.] vom 21. August 2009 ausgeführt:

5

Die Landesjustizverwaltung habe im Jahr 2000 die Verwahrung der Akten dem Antragsteller gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 [X.] übertragen. Zu einer hiervon abweichenden Entscheidung könnte der Antragsgegner nur dann verpflichtet sein, wenn das Gesetz ihm heute nicht mehr erlaubte, die Aktenverwahrung in der geschehenen Weise einem Notar zu übertragen. Das sei indes nicht der Fall. Prüfungsmaßstab sei ausschließlich die Frage, ob der Antragsgegner nunmehr in Anbetracht des bestandskräftigen Bescheids des Präsidenten des [X.] aus dem Jahre 2000 gegen seinen Willen und gegen den Wortlaut des § 51 Abs. 1 Satz 2 [X.] und des § 44 Abs. 1 NRW [X.] (2004) verpflichtet werden könne, den Anträgen des Antragstellers zu entsprechen.

6

Gegen den Beschluss des [X.] wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde.

II.

7

Die gemäß § 111 Abs. 4 Satz 1 [X.] a.F. i.V.m. § 42 Abs. 4 [X.] zulässige Beschwerde ist unbegründet. Gemäß § 118 Abs. 3 [X.] n.F. werden die vor dem 1. September 2009 anhängigen gerichtlichen Verfahren in verwaltungsrechtlichen Notarsachen nach den bis zu diesem Tag geltenden Bestimmungen einschließlich der kostenrechtlichen Regelungen fortgeführt. Mithin richtet sich das vorliegende Verfahren nach den Regelungen in § 111 [X.] a.F., da der Antrag auf gerichtliche Entscheidung am 3. April 2009 gestellt worden ist. Das [X.] hat mit Recht den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen.

8

Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist der angegriffene Beschluss nicht in rechtsfehlerhafter Weise unvollständig, weil darin nicht berücksichtigt ist, dass der Antragsteller erstmals am 23. September 2008 den Antrag auf Anordnung der Verwahrung der Urkunden des Notars Prof. Dr. K. durch das Amtsgericht nach § 44 Abs. 2 NRW [X.] (2004) gestellt hat und mithin darüber mit der Verfügung vom 31. Januar 2000 nicht entschieden worden ist. Das [X.] hat diesen Gesichtspunkt nicht vernachlässigt. Von der in § 44 Abs. 2 NRW [X.] (2004) eröffneten Möglichkeit, nur die neueren Akten einem anderen Notar in Verwahrung zu geben, während die älteren Urkunden in die Verwahrung des Amtsgerichts übergehen, hat der Antragsgegner in der Verfügung vom 24. März 2009 ausdrücklich keinen Gebrauch gemacht und mithin die bestandskräftige Anordnung der vollständigen Aktenverwahrung durch den Antragsteller in der Verfügung vom 31. Januar 2000 auch nicht abgeändert. Hierauf und auf die Stellungnahme der [X.] vom 21. August 2009, die ebenfalls auf § 44 Abs. 2 NRW [X.] (2004) eingeht, hat das [X.] ausdrücklich Bezug genommen.

9

Ein Ermessensfehler ist nicht gegeben. Der Antragsgegner hat in Übereinstimmung mit der [X.] die rechtlich nicht zu beanstandende Auffassung vertreten, dass die Regelung in § 44 Abs. 1 NRW [X.] (2004), wonach die Akten in der Regel dem "Amtsnachfolger" in Verwahrung zu geben sind, als Allgemeinverfügung die Ermessensausübung der Justizverwaltung in zulässiger Weise binde und schon deshalb eine Entscheidung nach § 44 Abs. 2 NRW [X.] (2004) nicht in Betracht komme. Selbst bei Zurückstellung der Bindungswirkung des § 44 Abs. 1 NRW [X.] (2004) und Ausübung freien Ermessens hat der Antragsgegner dem Begehren in rechtlich zulässiger Weise nicht entsprochen, weil die ungeteilte Verwahrung der Urkunden beim Antragsteller den Interessen der Rechtssuchenden diene und mit Blick auf die berechtigten Interessen des Antragstellers auch nicht unverhältnismäßig sei. Die Belange einer geordneten vorsorgenden Rechtspflege (vgl. §§ 1, 4, 10 Abs. 1 Satz 3 [X.]) werden durch die Inverwahrungnahme der Urkunden, Akten und Bücher eines Notars durch dessen Amtsnachfolger gewahrt. Durch die kontinuierliche Verwahrung "im übernommenen Amt" wird Störungen in der notariellen Betreuung der Rechtsuchenden entgegen gewirkt, die sonst mit der Nachfolge des stets für einen bestimmten Amtssitz bestellten Notars verbunden sein könnten (vgl. Seite 2 des Bescheids des Antragsgegners vom 24. März 2009).

Dafür dass - wie dies der Antragsteller geltend macht - das [X.] irrigerweise davon ausgegangen sei, der Antrag vom 23. September 2008 beziehe sich auf die Urkunden des unmittelbaren Amtsvorgängers des Antragstellers, wohingegen er die Akten des Vorvorgängers Prof. Dr. K. betreffe, fehlt jedweder Anhalt. Zudem ist nicht ersichtlich, dass sich gegebenenfalls dieser Umstand auf die Verfügung im Sinne des Antragstellers auswirken könnte. Ein Ermessensfehler des Antragsgegners ist erst recht nicht deshalb gegeben, weil in zahlreichen Bundesländern, in denen hauptberufliche Notare und Notarinnen amtieren, vergleichbare Regelungen wie in § 44 Abs. 2 NRW [X.] (2004) getroffen worden sind. Der Antragsgegner hat mit Recht darauf hingewiesen, dass gerade im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz ein Abweichen von der ständigen Verwaltungspraxis nicht vertretbar sei, zumal deren Zielsetzung der gesetzlichen Ermächtigung entspreche und auch nicht aus anderen Gründen zu rechtswidrigen Ergebnissen führe. Bestehen Richtlinien und sonstige ermessenssteuernde Verwaltungsvorschriften - wie hier die [X.] - wird dadurch die nach Art. 3 Abs. 1 GG gebotene Gleichmäßigkeit des Verwaltungshandelns gewährleistet. Durch sie wird aber auch eine Selbstbindung der Verwaltung begründet, mit der Maßgabe, dass die Behörde bei der Behandlung künftiger Fälle nicht mehr beliebig von ihren Richtlinien abweichen darf (vgl. [X.], 327, 332; [X.]Z 37, 179, 185; [X.], NJW 1994, 1870, 1871; D[X.] 1994, 318, 321; vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.] [X.], 6. Aufl., § 111 Rn. 83). Die vom Antragsteller geforderte Unterscheidung der Übertragung der Verwahrung von älteren und neueren Urkunden drängt sich auch nicht unter Kostentragungsgesichtspunkten auf. Zutreffend weist der Antragsgegner darauf hin, dass mit den Gebühreneinnahmen der Notare die Kosten für die Aufbewahrung der Urkunden mit abgegolten werden. Hingegen verfügt die Justizverwaltung in diesem Bereich über kein entsprechendes Gebührenaufkommen. Schließlich wird den Interessen des Antragstellers auf Entlastung von der Verwahrung der älteren Urkunden Rechnung getragen, dass - ungeachtet der vom Antragsteller vorgetragenen derzeitigen Schwierigkeiten - ältere Urkunden nach 50 Jahren an das zuständige Staatsarchiv abgegeben werden können (§ 51 Abs. 5 Satz 1 [X.] i.V.m. der [X.] [X.] vom 23. März 2001 i.d.F. vom 8. März 2005 zu § 5 [X.], abgedruckt bei [X.]/[X.], Dienstordnung für Notarinnen und Notare, 10. Aufl. 2007, § 5 [X.]).

Galke                              Diederichsen                                Herrmann

                  Doyé                                            Eule

Meta

NotZ 3/10

07.06.2010

Bundesgerichtshof Senat für Notarsachen

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend OLG Köln, 4. März 2010, Az: 2 X (Not) 10/09, Beschluss

§ 51 Abs 1 S 2 BNotO, § 44 Abs 1 NotVwV NW 2004

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.06.2010, Az. NotZ 3/10 (REWIS RS 2010, 6149)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6149

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