Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 27.10.2020, Az. 2 BvR 558/19

2. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2020, 3059

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Parallelentscheidung


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen einen Beschluss des [X.] in einem Rechtsstreit, in dem eine Klage auf Erfüllung beziehungsweise Schadensersatz infolge der Umschuldung [X.] Staatsanleihen abgewiesen wurde.

2

Der Beschwerdeführer zu 1. erwarb am 29. März 2010 und 25. Oktober 2011 über die [X.] Staatsanleihen der [X.] ([X.], [X.], [X.] und [X.]) im Wert von insgesamt 302.000 Euro.

3

Die Beschwerdeführerin zu 2. erwarb am 21. April 2010, 14. Februar 2011 und 3. November 2011 über die [X.] Staatsanleihen der [X.] ([X.] und [X.]) im Wert von insgesamt 90.000 Euro.

4

Die Beschwerdeführerin zu 3. erwarb am 26. April 2010 und 6. Mai 2011 über die [X.] Staatsanleihen der [X.] ([X.]) im Wert von insgesamt 50.000 Euro.

5

Am 23. Februar 2012 trat das [X.] in [X.], mit dem zum Zwecke der Restrukturierung des [X.] eine Umschuldungsregelung (sogenannte Collective Action Clause - [X.]) eingeführt wurde. Diese sah die Möglichkeit vor, den Anleiheberechtigten einen Änderungsvorschlag betreffend die Anleihebedingungen und den Austausch von Anleihen zu unterbreiten (Art. 1 Nr. 1 Satz 2 und Satz 3 des [X.]). Nach der gesetzlichen Regelung konnten die Berechtigten über den Vorschlag abstimmen, wobei dieser bei Erreichen einer Zustimmung von zwei Dritteln von mindestens der Hälfte der Berechtigten als angenommen galt (Art. 1 Nr. 3 des [X.]). Das Stimmgewicht wurde aufgrund des Anteils des jeweiligen Abstimmungsberechtigten an den insgesamt ausgegebenen Staatsanleihen (i.[X.]v. Art. 1 Nr. 1 Buchstabe a des [X.]) und der Anzahl der Anleihetitel ermittelt, die ein Abstimmungsberechtigter hielt. Das Ergebnis der Gläubigerabstimmung war im [X.] zu veröffentlichen und vom Ministerrat zu bestätigen (Art. 1 Nr. 7 des [X.]). Mit dieser Bestätigung galt die Entscheidung als allgemeinverbindliche Regelung im Rang von Gesetzesrecht (Art. 1 Nr. 8 Satz 1 des [X.]). Im Falle eines Anleiheaustauschs galten die ausgetauschten Titel und Rechte als automatisch erloschen (Art. 1 Nr. 8 Satz 2 des [X.]). Es wurde festgeschrieben, dass der gesamte Inhalt der maßgeblichen Regelung des Art. 1 des [X.] von höchstem öffentlichen Interesse sei, sofort umgesetzt werden müsse und als Spezialregelung Vorrang vor jeglicher (einfachrechtlichen) Regelung habe (Art. 1 Abs. 10 des [X.]).

6

Am 24. Februar 2012 unterbreitete die [X.] den Anleiheberechtigten ein Umtauschangebot: Danach sollten die ausgegebenen Anleihen gegen neue Anleihen zu einem um 53,5 % niedrigeren Nennwert getauscht werden (sogenannter [X.]). Die Beschwerdeführer stimmten dem nicht zu.

7

In der Folge wurde das Umtauschangebot von der Mehrheit der Anleiheberechtigten angenommen. Durch einen Ministerratsbeschluss vom 9. März 2012 wurde diese Mehrheitsentscheidung allgemeinverbindlich. Daraufhin wurden auf den bei der [X.] geführten Konten die bisherigen Anleihen aus- und die neuen Anleihen eingebucht. Die depotführenden Banken vollzogen dies gegenüber den Beschwerdeführern durch entsprechende Umbuchungen in ihren Depots nach.

8

Die Beschwerdeführer erhoben mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 23. Dezember 2015 bei dem [X.] Klage gegen die [X.] mit dem Ziel der Rückzahlung aus den ursprünglich erworbenen Staatsanleihen gegen Gestattung der Rückbuchung der Anleihen, hilfsweise auf Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung.

9

Das [X.] wies die Klage mit Urteil vom 11. Oktober 2017 - 25 O 23822/15 - ab. Die Klage sei unzulässig, da die [X.] Gerichte nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts gegenüber der Beklagten als souveränem Staat nicht zur Entscheidung berufen seien. Im Übrigen fehle auch die internationale Zuständigkeit.

Die Berufung der Beschwerdeführer wies das [X.] mit Beschluss vom 22. Mai 2018 - 8 U 197/18 - zurück. Eine Vorlagepflicht gemäß Art. 100 Abs. 2 GG bestehe nicht. Der Senat verwies auf die Rechtsprechung des [X.] (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 17. März 2014 - 2 BvR 736/13 -) und des [X.] (vgl. [X.], 153).

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beschwerdeführer wies der [X.] mit dem angegriffenen Beschluss vom 5. Februar 2019 - [X.] - zurück, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung habe und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] nicht erfordere.

Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung ihres Rechts auf [X.] aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Art. 100 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 25 Satz 1 GG.

Der [X.] habe "über die hochstreitige Frage nach dem völkergewohnheitsrechtlichen Umfang des Bestehens der Immunität" im vorliegenden Fall bezüglich des beklagten [X.] Staates entschieden. [X.] sei insbesondere gewesen, ob ein völkergewohnheitsrechtlich bestehendes Recht eines Staates auf Immunität dann zu verneinen ist, wenn der Staat sich rechtsgeschäftlich auf [X.] des Privatrechts begeben hat, ob also der Grundsatz "once a trader always a trader" ein allgemeiner Grundsatz des Völkerrechts ist. Nach Ansicht der Beschwerdeführer hätte der [X.] deshalb gemäß Art. 100 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 25 Satz 1 GG die Pflicht gehabt, diese Frage dem [X.] im Rahmen des sogenannten [X.] vorzulegen.

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie hat keine grundsätzliche Bedeutung, weil die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen durch das [X.] bereits entschieden sind. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs.1 [X.]G genannten Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 [X.]G), denn die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet.

1. Der angegriffene Beschluss des [X.] verletzt die Beschwerdeführer nicht in ihrem Recht auf [X.] (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG). Zwar kann Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG durch eine unterbliebene Vorlage an das [X.] nach Art. 100 Abs. 2 GG verletzt werden (vgl. [X.]E 23, 288 <320>; 64, 1 <12 f.>; 109, 13 <22 f.>); einer solchen Vorlage bedurfte es jedoch nicht. Der [X.] konnte über die Nichtzulassungsbeschwerde der Beschwerdeführer entscheiden, ohne im Rahmen eines [X.] klären zu lassen, ob eine allgemeine Regel des Völkerrechts (Art. 25 GG) Bestandteil des Bundesrechts ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt.

a) Einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 2 GG bedarf es, wenn zweifelhaft ist, ob eine allgemeine Regel des Völkerrechts im Sinne des Art. 25 GG existiert, die Bestandteil des Bundesrechts ist, und zwar hinsichtlich ihres Inhalts, Umfangs, ihrer Tragweite, Allgemeinheit sowie ihres zwingenden Charakters (vgl. [X.]E 15, 25 <31 f.>; 16, 27 <32>; 23, 288 <318>; 64, 1 <13>; 92, 277 <316>; 94, 315 <328>; Stern, in: [X.] Kommentar, [X.], Art. 100, Rn. 220 ).

b) Daran fehlte es vorliegend, weil der [X.] nur eine anerkannte und in der Rechtsprechung des [X.] hinreichend geklärte Regel des Völkerrechts angewandt hat.

Es ist eine allgemein anerkannte Regel des Völkerrechts, dass ein Staat grundsätzlich keiner fremden Gerichtsbarkeit unterworfen ist (vgl. Internationaler Gerichtshof, Urteil vom 3. Februar 2012, [X.] , Judgment, [X.] 2012, p. 99 Rn. 58, 107). Allerdings folgen die [X.] heute mehrheitlich einem restriktiven Immunitätsverständnis (vgl. tabellarische Übersicht bei [X.], The State Immunity [X.] in International Law, 2005, [X.] ff.; Internationaler Gerichtshof, Urteil vom 3. Februar 2012, [X.] , Judgment, [X.] 2012, p. 99 Rn. 60 f.; anders [X.] oder [X.], die von einem unbegrenzten Immunitätsverständnis ausgehen, vgl. [X.], International Law, 8. Aufl. 2017, [X.] [X.]. 60), nach dem die staatliche Immunität nur für [X.] (acta iure imperii), nicht aber für privatwirtschaftliches Handeln (acta iure gestionis) gilt (vgl. [X.], in: [X.], [X.], 2012, [X.]", Rn. 25).

Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Senats, nach der [X.]immunität weitgehend uneingeschränkt für solche Akte besteht, die hoheitliches Handeln darstellen, nicht (mehr) jedoch für die sogenannten acta iure gestionis (vgl. [X.]E 16, 27 <33 ff.>; 117, 141 <153>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 17. März 2014 - 2 BvR 736/13 -, Rn. 19).

Der [X.] hat diese allgemeine Regel des Völkerrechts, deren Inkorporation in das Bundesrecht in der Rechtsprechung des [X.] wiederholt festgestellt worden ist, lediglich zur Anwendung gebracht. Er geht in gefestigter Rechtsprechung davon aus, dass die Emission von Staatsanleihen als Akt iure gestionis zum Kreis des nicht-hoheitlichen Handelns gehöre (vgl. [X.], 153 <160 Rn. 21>; [X.], Urteile vom 19. Dezember 2017 - [X.] und [X.] -, Rn. 23). Unter Berufung auf sein Urteil vom 8. März 2016 (vgl. [X.]Z 209, 191 <197 Rn. 17>) führt er jedoch aus, dass es in den entschiedenen Fällen darauf nicht ankomme, sondern auf die Rechtsnatur der hoheitlichen Maßnahme, die zur Aus- und Umbuchung der Staatsanleihen geführt hat. Diese Umschuldungsmaßnahmen seien durch den [X.] Gesetzgeber vorgenommen worden und daher als acta iure imperii zu qualifizieren. Dabei bezieht er sich auf die Rechtsprechung des [X.], das die Einführung einer ausländischen Quellensteuer und ihre Einziehung von einem bei dem ausländischen Staat beschäftigten Arbeitnehmer dem hoheitlichen Bereich zugerechnet hat (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 17. März 2014 - 2 BvR 736/13 -, Rn. 22). Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

2. Im Übrigen ist der Beschluss des [X.] auch in der Sache nicht zu beanstanden. Während die Emission von Staatsanleihen nach ganz überwiegender Ansicht zum Kreis nicht-hoheitlichen Handelns gerechnet wird (vgl. auch [X.]E 117, 141 <153>), gehört die Gesetzgebung zu dem allgemein anerkannten Bereich hoheitlicher Tätigkeit (vgl. [X.]E 16, 27 <63>; 46, 342 <394>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 17. März 2014 - 2 BvR 736/13 -, Rn. 21). Ein Akt iure imperii liegt auch vor, wenn ein Staat den seiner Hoheitsgewalt Unterworfenen zum Zwecke der Einnahmenerzielung einseitig und gegenleistungsfrei Steuern und sonstige Abgaben auferlegt (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 17. März 2014 - 2 BvR 736/13 -, Rn. 22).

a) Unter Zugrundelegung dieser Wertungen der für die Abgrenzung ausschlaggebenden [X.] Rechtsordnung (vgl. [X.]E 16, 27 <62>; 46, 342 <393 f.>; 64, 1 <42>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 17. März 2014 - 2 BvR 736/13 -, Rn. 21) steht auch im vorliegenden Rechtsstreit ein Akt iure imperii in Rede. Gegenstand des Rechtsstreits ist die Kürzung der Ansprüche der Beschwerdeführer aufgrund des durch [X.] Gesetz veranlassten Zwangsumtauschs und die damit verbundene unterbliebene vollständige Auszahlung des ursprünglich geschuldeten vollen Nennwerts der emittierten und sodann zwangsumgetauschten Staatsanleihen. Eine solche Kürzung des Nennwerts durch Gesetz steht einem privaten Marktteilnehmer als Handlungsoption nicht zur Verfügung und gehört jedenfalls für nach dem Recht des emittierenden Staates begebene Anleihen zum Kernbereich hoheitlichen Handelns (vgl. [X.], [X.], [X.] 285 <286>). Als solche hoheitliche Maßnahme eines ausländischen Staates unterliegt sie nicht der [X.] Gerichtsbarkeit (vgl. den Rechtsgedanken des § 20 Abs. 2 GVG und weiter Freitag, in: [X.]/[X.], Internationales Vertragsrecht, 8. Aufl. 2015, Rn. 6.657; [X.], [X.], [X.] 1621 <1621 f.>; [X.], [X.], [X.] 481 <483>).

b) Diese Beurteilung wird von Entscheidungen anderer Gerichte gestützt.

aa) So hat der [X.] in Bezug auf den [X.] Zwangsumtausch der Staatsanleihen bestätigt, dass keine Zweifel daran bestünden, dass die fragliche Maßnahme "gesetzlich vorgesehen" gewesen sei und im öffentlichen Interesse gelegen habe (vgl. [X.], [X.], Urteil vom 21. Juli 2016, Nr. 63066/14, 64297/14 und 66106/14, §§ 99, 105).

bb) Der [X.] hat in der einschlägigen Rechtssache [X.] festgestellt, dass es sich bei einer Klage wie der hier zugrundeliegenden um keine [X.] handele, für die der Anwendungsbereich der Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) eröffnet wäre. Diese Verordnung gelte nicht für die Haftung des Staates für Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte und insbesondere nicht für Streitigkeiten, die einer Wahrnehmung von Hoheitsrechten durch eine der Parteien des Rechtsstreits entspringen. Diese würde Befugnisse ausüben, die über die im Verhältnis zwischen Privatpersonen geltenden allgemeinen Regeln hinausgingen (vgl. [X.], Urteil vom 15. November 2018, [X.], [X.]/17, [X.]:[X.], Rn. 27 ff., 35, 42 f.).

Die - auch im Rahmen der Verfassungsbeschwerde in Rede stehende -Maßnahme der [X.] sei eine solche hoheitliche Maßnahme. Sie gehe insbesondere auf die im Rahmen eines zwischenstaatlichen Unterstützungsmechanismus bestehende Notwendigkeit zurück, die [X.] Staatsschulden umzustrukturieren und die Gefahr des Scheiterns des entsprechenden Umstrukturierungsplans auszuschließen, um einen Zahlungsausfall [X.] zu verhindern und die Finanzstabilität des [X.] sicherzustellen. Die rückwirkende Einführung einer [X.] habe es der [X.] somit ermöglicht, allen Anleiheinhabern eine wesentliche Änderung der finanziellen Bedingungen dieser Anleihen aufzuerlegen, und zwar auch jenen, die mit dieser Änderung nicht einverstanden gewesen seien (vgl. [X.], Urteil vom 15. November 2018, [X.], [X.]/17, [X.]:[X.], Rn. 39 f.).

cc) Zwar hat der [X.] Oberste Gerichtshof ([X.]) zunächst entschieden, dass der Klage eines Anlegers, der über eine [X.] Depotbank [X.] Staatsanleihen erworben und der [X.] geltend gemacht hatte, der Einwand der [X.]immunität nicht entgegengehalten werden könne (vgl. [X.], Beschlüsse vom 20. Mai 2014 - 4 Ob 227/13f -; vom 30. Juli 2015 - 8 Ob 67/15h -; vom 31. August 2015 - 6 Ob 122/15g - und vom 25. November 2015 - 8 Ob 125/14p -). Er hat diese Rechtsprechung Ende 2018 jedoch aufgegeben und die [X.] Gerichtsbarkeit im [X.] an das Urteil des Gerichtshofs der [X.] in der Rechtssache [X.] verneint (vgl. [X.], Beschluss vom 22. Januar 2019 - 10 Ob 103/18x -, Ziff. 1.1).

In diesem Sinne hat sich auch [X.] in einer abweichenden Meinung zu einer Entscheidung des [X.] (vgl. [X.] [1983] [X.] ) geäußert und bejaht, dass ein ausländischer Staat auch im Zusammenhang mit einem zunächst durch eine Handlung iure gestionis begründeten Rechtsverhältnis Immunität beanspruchen könne, wenn er sich später als Hoheitsträger geriere (zustimmend [X.], International Law, 8. Aufl. 2017, [X.] 535). Wenn ein Staat in der Lage sei, auf eine Maßnahme zu verweisen, die eindeutig ein Akt iure imperii sei, dann könne er sein Handeln der Sphäre iure gestionis entziehen. Ein solcher Akt iure imperii zeichne sich dadurch aus, dass er hoheitlicher Natur sei, im Gegensatz zu einem Akt, den auch ein privater Bürger vornehmen könnte (vgl. [X.] [1983] [X.] , [X.] 269).

Die [X.] hat eine Immunität sogar bei Erklärung eines [X.]s angenommen, der [X.] Staatsanleihen betraf, die in [X.] begeben und in [X.] auf dem Sekundärmarkt gehandelt wurden (vgl. Sez. [X.], [X.]. 27. Mai 2005, n. 6532). Bei den Rechtsakten, mit denen [X.] den [X.] erklärt und die Einstellung des Schuldendienstes angeordnet hatte, habe es sich um Äußerungen souveräner Staatsgewalt gehandelt, sodass die Immunität des Staates eingreife (vgl. Sez. [X.], [X.]. 27. Mai 2005, n. 6532, insbesondere Ziff. 4).

c) Diese Beurteilung wird nicht dadurch erschüttert, dass Stimmen in der Rechtsprechung anderer [X.] (vgl. [X.] Supreme Court, [X.], [X.], 504 U.[X.] 607) und dem Schrifttum (vgl. [X.], [X.]immunität und [X.], 1985, [X.] 106, 178; [X.], [X.]immunität im Erkenntnis- und im Vollstreckungsverfahren, 1998, [X.] 420 f.; Szodruch, [X.]insolvenz und private Gläubiger, 2008, [X.] 379 f.; [X.], [X.], 2013, [X.] 409 f.; [X.], Internationales Zivilprozessrecht, 8. Aufl. 2020, Rn. 584; [X.], Staatsbankrott und private Gläubiger, 2015, [X.] 191; [X.], Ausländische [X.] vor [X.] Zivilgerichten, 2017, [X.] 82 ff.; [X.], in: [X.], 33. Aufl. 2020, [X.] Rn. 30; [X.], [X.], [X.] 193 <198 f.>) dem Gesetzgeber des emittierenden Staates den Zugriff auf zivilrechtliche Forderungen verwehren wollen. Davon abgesehen, dass sie häufig auf der Grundlage unklarer Voraussetzungen argumentieren, stützen sie sich jedenfalls nicht auf eine allgemeine Überzeugung einer Mehrheit der [X.] und können daher keine allgemeine Regel des Völkerrechts begründen (vgl. [X.]E 95, 96 <129>; 96, 68 <86 f.>; 109, 13 <27 f.>; 109, 38 <53>).

d) Schließlich vermag auch die Berufung auf Art. 10 Ziffer 1 des [X.] über die Immunität der [X.] und ihres Vermögens von der Gerichtsbarkeit vom 2. Dezember 2004 (vgl. [X.] 44 <2005>, [X.] 801 <807>), der einem Staat die Immunität für privatwirtschaftliche Rechtsgeschäfte abspricht, kein anderes Ergebnis zu rechtfertigen. Zum einen ist das Übereinkommen bisher weder in [X.] getreten noch von [X.] oder [X.] gezeichnet worden. Zum anderen verhält sich die Regelung auch nicht zu dem Problem eines nachträglichen hoheitlichen Eingriffs in ein privatrechtlich begründetes Schuldverhältnis.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 558/19

27.10.2020

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 2. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend BGH, 5. Februar 2019, Az: XI ZR 376/18, Beschluss

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 27.10.2020, Az. 2 BvR 558/19 (REWIS RS 2020, 3059)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3059

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VI ZR 516/14 (Bundesgerichtshof)

Zulässigkeit einer Schadensersatzklage gegen die Republik Griechenland wegen einer Umschuldung von Staatsanleihen


Referenzen
Wird zitiert von

3 StR 564/19

Zitiert

XI ZR 247/16

2 BvR 736/13

Zitieren mit Quelle:
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