Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.07.2020, Az. 5 StR 233/20

5. Strafsenat | REWIS RS 2020, 1885

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Gegenstand

Versuchter Totschlag: Freiwilligkeit des Rücktritts bei Einflussnahme Dritter


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 21. Februar 2020

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der gefährlichen Körperverletzung schuldig ist,

b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten führt zu der aus der [X.] ersichtlichen Schuldspruchänderung. Im Übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

Die tateinheitliche Verurteilung wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

3

1. Nach den Urteilsfeststellungen fügte der Angeklagte dem Zeugen S.    in der Werkstatthalle des Zeugen [X.]    mit einem Hammer eine potentiell lebensbedrohliche Kopfverletzung zu. Unmittelbar anschließend ging er auf den Hof des Geländes, wo ihn sein Begleiter zum Gehen aufforderte. Dennoch versuchte er, [X.]      mit dem Hammer am Kopf und an den Knien zu verletzen. Aufgrund nachdrücklicher Aufforderung seines Begleiters ließ er von weiteren Schlägen ab und entfernte sich vom Hof. Der unverletzte [X.]     rief die Polizei und Rettungskräfte, die kurz darauf eintrafen.

4

Das [X.] hat einen Rücktritt vom Versuch der gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil des Zeugen [X.]    abgelehnt, da der Angeklagte die weitere Tatausführung nicht freiwillig, sondern aufgrund des Drängens seines Begleiters und des Polizeinotrufs des Geschädigten aufgegeben habe.

5

2. Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

6

Die Annahme, der Angeklagte habe auch wegen des Polizeinotrufs von der weiteren Tatausführung abgesehen, findet schon keine Grundlage in den Feststellungen, ausweislich derer der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr vor Ort war. Als Grund für sein Umdenken kam mithin nur das verbale Einwirken seines Begleiters in Betracht. Es ist jedoch bereits zweifelhaft, ob sich dies auf die Aufgabe der Tatverwirklichung ausgewirkt hat, da der Angeklagte dessen Aufforderung zum Verlassen des [X.] gerade nicht gefolgt war. Ungeachtet dessen begegnet die Ablehnung eines strafbefreienden Rücktritts deshalb durchgreifenden rechtlichen Bedenken, da das [X.] außer Betracht gelassen hat, dass das Einwirken eines [X.] im Sinne des § 24 Abs. 1 StGB nicht von vornherein entgegensteht (vgl. [X.], Beschluss vom 7. März 2018 - 1 StR 83/18, NStZ-RR 2018, 169, 170 mwN).

7

Der Senat schließt aus, dass insofern weitergehende Feststellungen getroffen werden können. Er hat den Schuldspruch daher in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO geändert.

8

3. Der Strafausspruch beruht auf dem Rechtsfehler (§ 337 Abs. 1 StPO). Denn das [X.] hat ausdrücklich strafschärfend verwertet, dass der Angeklagte versucht hat, mit dem Hammer auf den Zeugen [X.]    einzuwirken. Es kann daher dahinstehen, ob die - angesichts der örtlichen Veränderung zwischen den jeweils gegen höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener Personen gerichteten Angriffe - rechtlich bedenkliche Annahme von Tateinheit den Angeklagten hier ausnahmsweise beschwert (vgl. [X.], Beschluss vom 22. Oktober 2015 - 4 [X.], [X.], 207, 208).

Cirener     

        

Gericke     

        

Köhler

        

Resch     

        

von Häfen     

        

Meta

5 StR 233/20

07.07.2020

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Chemnitz, 21. Februar 2020, Az: 550 Js 29704/18 - 1 KLs

§ 22 StGB, § 23 StGB, § 24 Abs 1 StGB, § 212 StGB, § 223 Abs 2 StGB, § 223a StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.07.2020, Az. 5 StR 233/20 (REWIS RS 2020, 1885)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 1885

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1 StR 83/18

4 StR 262/15

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