Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.06.2019, Az. 2 StR 110/19

2. Strafsenat | REWIS RS 2019, 6077

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Gegenstand

Möglichkeit eines Rücktritts bei außertatbestandlicher Zielerreichung


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 24. Oktober 2018 im Schuldspruch zu [X.]) der Urteilsgründe sowie im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung ([X.])), gefährlicher Körperverletzung in zwei weiteren Fällen, Diebstahls in zwei Fällen sowie unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in zwei Fällen zu einer [X.] von fünf Jahren verurteilt. Dagegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Schuldspruchs zu [X.]) der Urteilsgründe sowie des Strafausspruchs. Im Übrigen ist es aus den Gründen der Zuschrift des [X.] unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2

Nach den Feststellungen des [X.]s zu [X.]) der Urteilsgründe saßen die beiden [X.] [X.]    und [X.]auf einer Bank im [X.]. Der Angeklagte und seine mindestens sechs Begleiter, die den Hofgarten als „ihr Revier“ betrachteten, umstellten die beiden [X.] und forderten sie auf, das Gelände zu verlassen. Es kam zu einer verbalen Auseinandersetzung, in deren Verlauf der Angeklagte ein mitgeführtes Messer mit einer Klingenlänge von 20 cm zog und von [X.]     die Aushändigung seines Handy’s verlangte. Dieser ergriff daraufhin - verfolgt von dem Angeklagten - die Flucht. Nach wenigen Metern hatte der Angeklagte den Geschädigten eingeholt und stach ihm von hinten mit großer Wucht das Messer in den unteren Rücken neben der Wirbelsäule, woraufhin dieser zusammensackte. Unmittelbar nach der Messerattacke entfernten sich der Angeklagte und seine Begleiter. Der 4,5 cm tiefe Stich hatte zwei [X.] durchtrennt und zu starken inneren Blutungen geführt. Ohne sofortige Notoperation wäre der Geschädigte verstorben.

II.

3

Der Schuldspruch zu [X.]) wegen versuchter (richtig: besonders) schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der [X.] hat dazu zutreffend ausgeführt:

„Das [X.] hat versäumt, die nach den Feststellungen bestehende Möglichkeit eines strafbefreienden Rücktritts vom unbeendeten Versuch durch freiwillige Aufgabe der weiteren Tatausführung gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 StGB in gebotener Weise zu prüfen. Es hat angenommen, der Angeklagte habe den Zeugen [X.]    im Sinne von § 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b StGB ‚durch die Tat‘ - d.h. durch die versuchte (besonders) schwere räuberische Erpressung - in die (konkrete) Gefahr des Todes gebracht, indem er ihm die Stichverletzung im Rücken zufügte (vgl. [X.] 16 UA). Dies impliziert, dass der Erpressungsversuch zur Überzeugung der [X.] im Zeitpunkt des [X.] aus Sicht des Angeklagten noch nicht beendet und insbesondere auch nicht wegen des Fluchtversuchs des Zeugen [X.]    fehlgeschlagen war. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass es, nachdem der Zeuge [X.]     infolge des [X.] zusammengesackt und liegengeblieben war, nach der Vorstellung des Angeklagten (sog. ‚Rücktrittshorizont‘) nicht mehr möglich gewesen wäre, die Tat noch zu vollenden und den Zeugen [X.]      durch weiteren Einsatz des Messers zur Herausgabe (oder zur Duldung der Wegnahme) seines Mobiltelefons zu nötigen. Feststellungen dazu, aus welchem Grunde der Angeklagte hiervon Abstand nahm, hat das [X.] nicht getroffen; aus den Urteilsgründen ergibt sich jedenfalls kein äußerer Anlass dafür. Nach dem festgestellten Tathergang ist es vielmehr denkbar, dass es dem Angeklagten in erster Linie gar nicht um das Mobiltelefon, sondern darum ging, den Zeugen [X.]    in irgendeiner Form abzustrafen, weil dieser sich geweigert hatte, den [X.] zu verlassen, und er dieses Ziel durch den Messerstich vollumfänglich erreicht hatte, so dass ihm die (weiterhin mögliche) Vollendung des [X.] nunmehr entbehrlich erschien. Fälle einer solchen außertatbestandlichen Zielerreichung sind indes nach der Rechtsprechung des [X.] weder wegen Fehlschlags noch wegen [X.] von der Möglichkeit eines Rücktritts ausgeschlossen (vgl. BGHSt 39, 221 ff.; [X.], StGB, 66. Aufl., § 24 Rn. 9 m.w.Nachw.).“

4

Die Aufhebung des Schuldspruchs im [X.]) bedingt auch die Aufhebung der verhängten [X.].

Franke     

        

Appl     

        

Eschelbach

        

Meyberg      

        

Schmidt      

        

Meta

2 StR 110/19

26.06.2019

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Bonn, 24. Oktober 2018, Az: 28 KLs 5/18

§ 24 Abs 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.06.2019, Az. 2 StR 110/19 (REWIS RS 2019, 6077)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 6077

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Referenzen
Wird zitiert von

2 StR 284/19

3 StR 120/22

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