Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14.12.2017, Az. 2 C 25/16

2. Senat | REWIS RS 2017, 555

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Gegenstand

Besonderer Einzelfall bei der Anerkennung von Erfahrungszeiten


Leitsatz

1. Der in § 28 Abs. 1 Satz 4 BBesG Bln (juris: BesG BE) enthaltene unbestimmte Rechtsbegriff des "besonderen Einzelfalls" ist durch wertende Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der personalwirtschaftlichen Organisationsgewalt des Dienstherrn zu bestimmen. Ein besonderer Einzelfall liegt danach nur bei atypischen Zusatzqualifikationen vor, an denen auf Seiten des Dienstherrn ein besonderes dienstliches Verwendungsinteresse besteht.

2. Der Begriff der Einstellung von Beamten im personalvertretungsrechtlichen Sinn ist nach Maßgabe der dienstrechtlichen Bestimmungen auszulegen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt eine Neuentscheidung über die erstmalige Festsetzung der Stufe des Grundgehalts als [X.] aufgrund weiterer Erfahrungszeiten.

2

Der 1978 geborene Kläger bestand 2006 die Erste Juristische Staatsprüfung und schloss 2008 die Zweite Juristische Staatsprüfung erfolgreich ab. Zusätzlich nahm er in den Jahren 2000 bis 2008 an insgesamt 13 [X.] mit einer Gesamtdauer von 21 Wochen teil und erreichte den Dienstgrad eines Oberleutnants der Reserve.

3

Von 2009 bis 2012 absolvierte er als [X.]anwärter ein Studium, das er als Diplom-Verwaltungswirt (FH) abschloss. Vom 1. Juni 2012 bis zum 31. Juli 2013 stand er als [X.] (Besoldungsgruppe [X.]) im Dienst des [X.] in der Laufbahn des gehobenen Kriminaldienstes. Mit Wirkung vom 1. August 2013 wurde er in den Dienst des [X.] versetzt.

4

Der Beklagte legte das Grundgehalt des [X.] auf die Erfahrungsstufe 1 vorläufig fest und kündigte zugleich an, dass der Aufstieg in Stufe 2 voraussichtlich mit Wirkung vom 1. Juni 2014 erfolgen werde. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und beantragte, die Ersteinstufung seines Grundgehalts mit der Erfahrungsstufe 4 rückwirkend zum 1. Juni 2012 vorzunehmen. Mit weiterem Bescheid setzte der Beklagte das Grundgehalt auf der Stufe 1 endgültig fest. Dabei erkannte er nur die letzte Wehrübung des [X.] von zwei Monaten als Erfahrungszeit an. Der aufrecht erhaltene Widerspruch wurde zurückgewiesen.

5

Auf die dagegen gerichtete Klage hat das [X.] den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, über die erstmalige Festsetzung einer Stufe des Grundgehalts unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Es liege in der Person des [X.] bereits tatbestandlich kein besonderer Einzelfall vor, der die Festsetzung einer höheren Grundgehaltsstufe ermögliche. Ein besonderer Einzelfall im Sinne des Gesetzes müsse sich von der Masse der Fälle wesentlich abheben. Dafür genüge nicht jede Abweichung der Qualifikation des Beamten von der üblichen Qualifikation eines Bewerbers für diese Laufbahn. Vielmehr deute der Gesetzeswortlaut, der die Deckung des Personalbedarfs des Dienstherrn als Beispiel hervorhebe, darauf hin, dass diese Qualifikation des Bewerbers für den Dienstherrn von ganz besonderem Interesse sein müsse.

6

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision rügt der Kläger einen Verfahrensmangel - das angefochtene Urteil sei hinsichtlich der begehrten Anerkennung der [X.] als weitere Erfahrungszeiten nicht mit Gründen versehen - und einen Verstoß gegen [X.]. Das Berufungsgericht habe sowohl die gesetzliche Systematik und die Entstehungsgeschichte sowie den Sinn und Zweck der Regelung über die Anerkennung von Vordienstzeiten verkannt. Darüber hinaus habe das Berufungsgericht verkannt, dass der Personalrat nicht ordnungsgemäß am Verfahren beteiligt worden sei.

7

Der Kläger beantragt,

das Urteil des [X.] vom 16. Juni 2016 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 21. April 2015 mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Beklagte verpflichtet wird, über die erstmalige Festsetzung einer Stufe des Grundgehalts des [X.] zum 1. Juni 2012 unter Anerkennung der bisher abgelehnten Studien-, Referendariats- und Wehrübungszeiten und unter Beachtung der Rechtsauffassung des [X.] erneut zu entscheiden.

8

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des [X.] ist unbegründet. Das Urteil des [X.] verletzt weder [X.]- (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) noch [X.] (§ 191 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG). Der Kläger kann nicht verlangen, dass der Beklagte erneut über die erstmalige Festsetzung einer Stufe seines Grundgehalts zum 1. Juni 2012 unter Anerkennung der bisher nicht berücksichtigten Studien-, Referendariats- und Wehrübungszeiten entscheidet.

Als Grundlage für einen Anspruch des [X.] auf Festsetzung einer höheren Stufe seines Grundgehalts kommt allein § 28 Abs. 1 des am 1. Juli 2011 in [X.] getretenen [X.]besoldungsgesetzes in der Überleitungsfassung für [X.] vom 21. Juni 2011 (GVBl. S. 266 <280>, [X.] Bln) in der Fassung des [X.] für das Land [X.] vom 29. Juni 2011 (GVBl. [X.]) in Betracht. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1, 2 und 4 [X.] Bln sind hier aber nicht erfüllt (1.) Auch liegt kein Verstoß gegen ein Beteiligungsrecht der Personalvertretung vor (2.). Ebenso wenig leidet das angefochtene Urteil des [X.] an dem geltend gemachten Verfahrensmangel (3.)

1. Gegenstand der Neubescheidungsklage ist nicht die bloße Anerkennung von Erfahrungszeiten, sondern die Festsetzung einer höheren Stufe, die sich aus der Anerkennung von Erfahrungszeiten nach § 28 Abs. 1 [X.] Bln ergibt. Der Gesetzgeber hat durch § 27 Abs. 2 Satz 2 [X.] Bln ausdrücklich vorgegeben, dass die Stufe durch schriftlichen Verwaltungsakt mit Wirkung vom [X.] festgesetzt wird, in dem die Ernennung wirksam wird.

Das Grundgehalt wird, soweit die Besoldungsordnungen nichts anderes vorsehen, gemäß § 27 Abs. 1 [X.] Bln nach Stufen (Erfahrungsstufen) bemessen. Der Aufstieg in eine nächsthöhere Stufe erfolgt nach Erfahrungszeiten. Mit der ersten Ernennung mit Anspruch auf Dienstbezüge wird ein Grundgehalt der Stufe 1 festgesetzt, soweit nicht nach § 28 Abs. 1 [X.] [X.] anerkannt werden (§ 27 Abs. 2 Satz 1 [X.] Bln).

§ 28 Abs. 1 Satz 1 [X.] Bln bestimmt, dass bei der ersten Stufenfestsetzung zugunsten des Beamten u.a. folgende Zeiten im Sinne des § 27 Abs. 2 [X.] Bln anerkannt werden: Zeiten einer gleichwertigen hauptberuflichen Tätigkeit, die nicht Voraussetzung für die Zulassung zur Laufbahn sind, im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn oder im Dienst von öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften und ihren Verbänden sowie Zeiten, die nach dem [X.] wegen wehrdienst- oder zivildienstbedingter Verzögerung des Beginns eines Dienstverhältnisses auszugleichen sind. Weitere hauptberufliche Zeiten, die nicht Voraussetzung für den Erwerb der Laufbahnbefähigung sind, können ganz oder teilweise anerkannt werden, soweit diese für die dienstliche Verwendung des Beamten förderlich sind (§ 28 Abs. 1 Satz 2 [X.] Bln). Darüber hinaus können nach § 28 Abs. 1 Satz 4 [X.] Bln in besonderen Einzelfällen, insbesondere zur Deckung des Personalbedarfs, Zeiten zum Erwerb zusätzlicher Qualifikationen, die nicht im Rahmen der hauptberuflichen Zeiten erworben wurden, als Erfahrungszeiten im Sinne von § 27 Abs. 2 [X.] Bln anerkannt werden. Die Entscheidung nach den Sätzen 2 und 4 des § 28 Abs. 1 [X.] Bln (zusätzliche Qualifikation) trifft die zuständige oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle. Diese Zeiten werden auf volle Monate aufgerundet; eine mehrfache Anerkennung für denselben Zeitraum erfolgt nicht.

a) Zwingend bei der Festsetzung der Grundgehaltsstufe zu berücksichtigende Zeiten nach § 28 Abs. 1 Satz 1 [X.] Bln des [X.] stehen nicht in Streit. Bei Studien-, Referendariats- und Wehrübungszeiten handelt es sich nicht um Zeiten einer gleichwertigen hauptberuflichen Tätigkeit im Sinne des Gesetzes. Ausbildungszeiten sind keine Zeiten beruflicher Tätigkeiten im Sinne der Norm. Berufserfahrung kann nur im Beruf und nicht in der Berufsausbildung oder anlässlich von [X.] erworben werden (vgl. auch [X.], in: [X.]/Summer, Besoldungsrecht des [X.] und der Länder, Stand April 2017, § 28 [X.] Rn. 16).

b) Als förderliche Vortätigkeitszeiten im Sinne der Ausnahmevorschrift des § 28 Abs. 1 Satz 2 [X.] Bln angesehen werden insbesondere Berufszeiten, die für die Wahrnehmung der künftigen [X.] von konkretem Interesse sind ([X.]. 16/4078, [X.] f.), ohne dass sie Voraussetzung für den Erwerb der Laufbahnbefähigung sind. Sie können vom Dienstherrn ganz oder teilweise anerkannt werden. Die "Förderlichkeit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der vollen gerichtlichen Kontrolle. Das [X.]verwaltungsgericht hat eine Tätigkeit im Sinne von § 10 Satz 1 Nr. 2 [X.] 2001 als "förderlich" beurteilt, wenn sie für die Dienstausübung des Beamten nützlich ist, also wenn diese entweder erst aufgrund der früher gewonnenen Fähigkeiten und Erfahrungen ermöglicht oder wenn sie jedenfalls erleichtert und verbessert wird (BVerwG, Urteil vom 14. März 2002 - 2 C 4.01 - [X.] 239.1 § 10 [X.] Nr. 14 S. 5; dem folgend: [X.], in: [X.] (Hrsg.), [X.], 2011, § 28 Rn. 15; [X.], in: [X.]/Summer, Besoldungsrecht des [X.] und der Länder, Stand April 2017, § 28 [X.] Rn. 50; ähnlich [X.]/Millack u.a., Besoldungsrecht des [X.] und der Länder, Stand Februar 2017, [X.] § 28 Rn. 49 a.E.). Daran gemessen sind das Studium der Rechtswissenschaft, das Rechtsreferendariat und die Wehrübungszeiten im Vorlauf zu einer Tätigkeit im gehobenen Polizeivollzugsdienst zwar förderlich, weil nützlich. Indes fehlt es diesen [X.] am Merkmal der Hauptberuflichkeit, sodass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 2 [X.] Bln nicht vorliegen.

c) Damit kommt die Festsetzung einer höheren Grundgehaltsstufe nur aufgrund der besonderen Ausnahmebestimmung des § 28 Abs. 1 Satz 4 [X.] Bln in Betracht. Danach dürfen in besonderen Einzelfällen, insbesondere zur Deckung des Personalbedarfs, Zeiten zum Erwerb zusätzlicher Qualifikationen, die nicht im Rahmen hauptberuflicher Zeiten erworben wurden, ausnahmsweise als Erfahrungszeiten nach § 27 Abs. 2 [X.] Bln anerkannt werden. Zeiten des Studiums der Rechtswissenschaft, des [X.] und von [X.] lassen sich aber nicht unter dem Begriff des "besonderen Einzelfalls" im Sinne der Norm subsumieren.

Aus der Entstehungsgeschichte des § 28 Abs. 1 Satz 4 [X.] Bln ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs "besonderer Einzelfall". Die [X.] ([X.]. 16/4078, [X.]) beschränken sich darauf, den Wortlaut der Vorschrift wiederzugeben. Nichts anderes gilt für die Materialen zum älteren Dienstrechtsneuordnungsgesetz des [X.] in der Fassung des [X.]besoldungsgesetzes 2009. Im Gesetzentwurf der [X.]regierung ([X.]. 16/7076 vom 12. November 2007, [X.]) heißt es zu der damaligen Parallelregelung in § 28 Abs. 1 Satz 5 [X.] 2009 (heute beinahe [X.] § 28 Abs. 2 Satz 3 [X.]) nur: "Satz 5 soll es ermöglichen, in besonderen Einzelfällen, insbesondere zur Deckung des Personalbedarfs, zusätzlich erworbene Qualifikationen im Einvernehmen mit dem [X.]ministerium des Innern als Erfahrungszeit zu berücksichtigen. Dies gilt allerdings nur, soweit die Qualifikation nicht im Rahmen von hauptberuflichen Zeiten erworben wurde, da sich in diesen Fällen die Anerkennung bereits nach Satz 2 bestimmt."

Der Wortlaut "besonderer Einzelfall" gemäß § 28 Abs. 1 Satz 4 [X.] Bln legt es indes nahe, dass sich ein solcher Fall von der Masse der Fälle erheblich und wesentlich abheben muss. Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen. Der Begriff "Einzelfall" erfordert, dass nur selten vorkommende Fälle erfasst werden. Dafür genügt nicht jede Abweichung der Qualifikation des eine Anerkennung von weiteren Erfahrungszeiten anstrebenden Beamten von der üblichen Qualifikation eines Bewerbers für diese Laufbahn. Der dem Merkmal "Einzelfall" vorangestellte Begriff "besondere" und die Entscheidungskompetenz gemäß § 28 Abs. 1 Satz 5 [X.] Bln der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle verstärken den qualifizierten Ausnahmecharakter des § 28 Abs. 1 Satz 4 [X.] Bln.

Außerdem und vor allem erfordert der Wortlaut des § 28 Abs. 1 Satz 4 [X.] Bln, der zusätzlich die Deckung des Personalbedarfs des Dienstherrn als Regelbeispiel hervorhebt, dass diese Qualifikation des Bewerbers für den Dienstherrn von besonderem Interesse sein muss. Aus dem in der Bestimmung vorangestellten Wort "insbesondere" folgt zwar, dass das Regelbeispiel "Deckung des Personalbedarfs" nicht abschließend ist (ebenso: [X.]/Wiedow, [X.], Stand August 2017, [X.] § 28 Rn. 140; [X.], in: [X.]/Summer, Besoldungsrecht des [X.] und der Länder, Stand April 2017, [X.] § 28 Rn. 53; [X.]/[X.], [X.], 2014, § 28 Rn. 16). Ein anderer Anwendungsfall muss aber ein vergleichbares Gewicht wie der ausdrücklich gesetzlich geregelte und mit dem Wort "insbesondere" als maßstabsbildend hervorgehobene Fall "Deckung des Personalbedarfs" haben.

Bei der Anwendung von § 28 Abs. 1 Satz 4 [X.] Bln geht es nach Sinn und Zweck der Norm im [X.] stets um das Interesse des Dienstherrn an einer bestmöglichen, den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG genügenden Personalbedarfsdeckung mit dem Ziel, die hoheitlichen Aufgaben effektiv zu erfüllen. Dieses personalwirtschaftliche Interesse des Dienstherrn an der der Einstellung nachfolgenden Honorierung einer zusätzlichen Qualifikation kann ebenso bei der Personalgewinnung (Personalgewinnungsinteresse) bestehen wie bei der Personalerhaltung ([X.]). Die aktuelle Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum [X.]besoldungsgesetz ([X.]VwV) vom 14. Juni 2017 ([X.]. [X.]) benennt zur bundesgesetzlichen Parallelnorm in § 28 Abs. 2 Satz 3 [X.] (Nr. 28.2.3.1.) als zusätzliche Qualifikationen z.B. eine besonders nachgefragte Sprache zusätzlich zum Bachelorabschluss oder einen Abschluss als staatlich geprüfte Technikerin neben der laufbahnrechtlich geforderten Berufsausbildung. Der [X.] sieht als solche Zusatzqualifikationen etwa besondere Sprach- oder [X.] an. Ob und wie der Dienstherr solche Zusatzqualifikationen in seinem pflichtgemäß auszuübenden Rechtsfolgeermessen ("kann") bewertet, liegt in seiner Organisationsbefugnis.

§ 28 Abs. 1 Satz 4 [X.] Bln gebietet danach eine wertende Gesamtbetrachtung. Als besondere Einzelfälle kommen in einer solchen Gesamtbetrachtung bereits tatbestandlich nur atypische Zusatzqualifikationen in Betracht, für die auf Seiten des Dienstherrn ein besonderes dienstliches Verwendungsinteresse besteht. Verfügt ein Beamter hingegen über eine andere Qualifikation, die sich etwa in dem Zugang zu einer höheren Laufbahn oder durch im Rahmen von [X.] erlangten Dienstgraden der Reserve widerspiegelt, ist der Dienstherr nach dem Sinn und Zweck des § 28 Abs. 1 Satz 4 [X.] Bln nicht gehalten, diese höhere Qualifikation durch die Anrechnung weiterer Erfahrungszeiten im Wege der Anerkennung eines besonderen Einzelfalls zu berücksichtigen. Der Dienstherr verfügt über die personalwirtschaftliche Organisationsgewalt. Allein begrenzt durch das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) bestimmt er, welche Zusatzqualifikation im besonderen Einzelfall zur Anerkennung weiterer Erfahrungszeiten führt. Dass ihm mit dem Ziel der Festsetzung einer höheren Stufe des Grundgehalts Zusatzqualifikationen gleich welcher Art durch den eingestellten Beamten "aufgedrängt" werden, ist ausgeschlossen. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte vorliegend dem allgemeinen Gleichheitssatz zuwider die Koppelungsvorschrift (vgl. zum Begriff: BVerwG, Urteil vom 19. August 1988 - 8 [X.] - BVerwGE 80, 90 <95>) des § 28 Abs. 1 Satz 4 [X.] Bln willkürlich angewandt haben könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

2. Es liegt auch kein Verstoß gegen ein Beteiligungsrecht des Personalrats vor.

Der Begriff der Einstellung von Beamten im personalvertretungsrechtlichen Sinne - hier nach § 88 Nr. 1 [X.] Bln ([X.]. 1994, [X.]) - ist nach Maßgabe der dienstrechtlichen Bestimmungen auszulegen. Ebenso wie das [X.]personalvertretungsgesetz übernehmen die [X.] grundsätzlich die Begriffe, die die einzelnen in der Vorschrift geregelten Mitbestimmungstatbestände bezeichnen, aus dem Beamtenrecht, soweit sie die [X.] in Personalangelegenheiten der Beamten festlegen, und aus dem Tarifrecht, soweit die entsprechenden Befugnisse in Personalangelegenheiten der Tarifbeschäftigten bestimmt werden. Verwendet der Gesetzgeber des [X.] Begriffe aus dem Dienstrecht, ist mithin grundsätzlich davon auszugehen, dass er sich auf den dienstrechtlichen Begriffsinhalt bezieht. [X.] ist unter Einstellung allein eine Ernennung unter Begründung eines Beamtenverhältnisses zu verstehen, während besoldungsrechtliche Fragen wie früher die Festsetzung des Besoldungsdienstalters und jetzt die Erstfestsetzung von Erfahrungsstufen nicht Gegenstand der Ernennung im beamtenrechtlichen Sinne und ebenso wenig im Sinne des gleichgelagerten personalvertretungsrechtlichen Einstellungsbegriffs sind (BVerwG, Beschluss vom 24. November 2015 - 5 P 13.14 - BVerwGE 153, 254, Rn. 22 f.).

3. Das Berufungsurteil leidet auch nicht an einem Verfahrensmangel.

Die Rüge, das Berufungsurteil sei, soweit es die begehrte Anerkennung der [X.] als weitere Erfahrungszeiten anbelangt, nicht mit Gründen versehen (§ 138 Nr. 6 VwGO), geht fehl. Ein Urteil ist nur dann nicht mit Gründen versehen, wenn die Darlegungen des Gerichts gänzlich unverständlich, verworren oder widersprüchlich sind und damit nicht erkennen lassen, welche Erwägungen für die Entscheidung maßgebend gewesen sind (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 1992 - 9 C 5.91 - [X.]. 1993, 47 und Beschlüsse vom 2. November 1972 - 5 CB 6.72 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 7 S. 5, vom 20. Oktober 2006 - 2 B 64.06 - juris Rn. 6 und vom 15. Juli 2010 - 8 [X.] - juris Rn. 13). Hieran gemessen ist das Berufungsurteil hinreichend begründet im Sinne von § 138 Nr. 6 VwGO. Das Berufungsgericht hat die Wehrübungszeiten und die dort erreichte Qualifikation (Oberleutnant der Reserve) insbesondere bei der Verneinung der Hauptberuflichkeit im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 1 [X.] Bln und sodann bei der Ablehnung eines besonderen Einzelfalls nach § 28 Abs. 1 Satz 4 [X.] Bln ausdrücklich in den Blick genommen.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Meta

2 C 25/16

14.12.2017

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 16. Juni 2016, Az: OVG 4 B 13.15, Urteil

§ 28 Abs 2 S 3 BBesG, § 27 Abs 2 BesG BE, § 27 Abs 1 BesG BE, § 28 Abs 1 S 5 BesG BE, § 28 Abs 1 S 2 BesG BE, § 28 Abs 1 S 4 BesG BE, § 28 Abs 1 S 1 BesG BE, Art 3 Abs 1 GG, Art 33 Abs 2 GG, § 88 Nr 1 PersVG BE, § 138 Nr 6 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14.12.2017, Az. 2 C 25/16 (REWIS RS 2017, 555)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 555

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