Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.11.2018, Az. VIII R 37/15

8. Senat | REWIS RS 2018, 1501

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Gegenstand

Anerkennung von Verlusten aus Knock-out-Zertifikaten


Leitsatz

Kommt es bei Knock-out-Zertifikaten zum Eintritt des Knock-out-Ereignisses, können die Anschaffungskosten dieser Zertifikate nach der ab 1. Januar 2009 geltenden Rechtslage im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen als Verlust berücksichtigt werden, ohne dass es auf die Einordnung als Termingeschäft ankommt .

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 6. Oktober 2015  9 K 4203/13 E wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Beteiligten streiten über die steuerliche Anerkennung von Verlusten aus Knock-out-Zertifikaten.

2

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erwarb im Streitjahr (2011) verschiedene Knock-out-Zertifikate, bei denen noch während des [X.] die [X.] erreicht wurde. Die entsprechenden Zertifikate wurden daraufhin ohne [X.] bzw. Restwert ausgebucht. Im Rahmen der Einkommensteuererklärung für das [X.] machte der Kläger hierfür Verluste in Höhe von insgesamt 130.058,89 € geltend, die der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) nicht anerkannte.

3

Nach einem insoweit erfolglosen Einspruchsverfahren und hiergegen gerichteter Klage änderte das [X.] ([X.]) den Einkommensteuerbescheid 2011 und berücksichtigte die geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von 130.058,89 € als zusätzliche Verluste bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Nach Auffassung des [X.] kommt es im Ergebnis nicht darauf an, ob die Knock-out-Zertifikate als Termingeschäfte i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG) zu qualifizieren sind. Sofern man --trotz der vom [X.] ([X.]) vertretenen Orientierung am Zivilrecht-- die Voraussetzungen eines Termingeschäfts bejahe, seien die Verluste unter Anwendung der zum Verfall von Optionen entwickelten Grundsätze abzugsfähig. Sofern man keine Termingeschäfte annehme, handele es sich um sonstige Kapitalforderungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, so dass die Verluste nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG zu berücksichtigen seien. Denn der Eintritt des [X.] sei mit einer "Einlösung" i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG gleichzusetzen. Die Gründe sind in Entscheidungen der [X.]e (E[X.]) 2015, 2173 veröffentlicht.

4

Mit seiner Revision macht das [X.] geltend, die Verluste des [X.] aus dem Verfall der Knock-out-Zertifikate seien unabhängig von der Qualifizierung als Termingeschäfte steuerlich nicht zu berücksichtigen. [X.] ein Termingeschäft vor, sei es durch Erreichen des vereinbarten Schwellenwerts weder zu einem [X.] noch zu einer Veräußerung gekommen. Nach dem [X.]-Beschluss vom 24. April 2012 IX B 154/10 ([X.]E 236, 557, [X.], 454) erfülle der automatische Verfall des Zertifikats nicht die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG. Die Urteile des [X.] zur alten Rechtslage gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG a.F. seien auf die Rechtslage ab Einführung der Abgeltungsteuer nicht anwendbar. [X.] kein Termingeschäft vor, führe dies ebenfalls nicht zur steuerlichen Anerkennung der Verluste. Denn der Forderungsausfall werde auch nach Einführung der Abgeltungsteuer nicht von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 i.V.m. Satz 2 EStG erfasst. Die [X.]-Rechtsprechung zur Behandlung des insolvenzbedingten Ausfalls einer privaten Darlehensforderung (Urteil vom 24. Oktober 2017 VIII R 13/15, [X.]E 259, 535) sei nicht auf den Eintritt eines [X.] auszudehnen.

5

Die [X.] beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger beantragt, die Revision des [X.] als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

7

[X.]ie Revision des [X.] ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

8

[X.]as [X.] hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass der Verlust des [X.] aus dem Erwerb der Knock-out-Zertifikate in Höhe von 130.058,89 € im Streitjahr bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen ist.

9

Zwar erlauben die eingeschränkten Feststellungen des [X.] zu den Konditionen der streitigen Knock-out-Zertifikate keine Entscheidung, ob es sich um Termingeschäfte i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG handelt (vgl. auch [X.] in [X.], 557, [X.], 454, und [X.]-Urteil vom 10. November 2015 IX R 20/14, [X.], 381, [X.], 159, in denen für [X.] auf den Goldpreis bzw. [X.] die Einordnung als Termingeschäft ausdrücklich offen gelassen worden ist). Gleichwohl ist das [X.] auf Grundlage seiner alternativen Betrachtung zu Recht davon ausgegangen, dass die vorhandenen Feststellungen ausreichen, um die vom Kläger geltend gemachten Verluste berücksichtigen zu können. [X.]enn liegt ein Termingeschäft vor, ist der Verlust gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG i.V.m. § 20 Abs. 4 Satz 5 EStG zu berücksichtigen (s. nachfolgend unter 1.). Sollten die Voraussetzungen eines Termingeschäfts dagegen nicht erfüllt sein, folgt die steuerliche Anerkennung des Verlusts aus § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 Satz 1 EStG. [X.]er Eintritt des [X.] stellt in diesem Fall eine (automatische) "Einlösung" i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG dar (s. nachfolgend unter 2.).

1. Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG gehört zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch der Gewinn bei Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen [X.] oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt. Unter der Annahme eines Termingeschäfts liegen diese Voraussetzungen im Streitfall vor. Insbesondere wird auch der automatische Verfall des Termingeschäfts bei Erreichen der [X.] erfasst.

a) Entsprechend seinem Wortlaut gilt § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG nur für solche Termingeschäfte, die auf die Erzielung eines [X.]s und nicht auf die tatsächliche ("physische") Lieferung des Basiswertes am Ende der Laufzeit gerichtet sind (Senatsurteil vom 24. Oktober 2017 VIII R 35/15, [X.], 540, [X.], 189; [X.]-Urteil vom 6. Juli 2016 I R 25/14, [X.], 326, [X.], 124, zu § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG 1999, jeweils m.w.[X.]). [X.]abei kommt es auf eine wirtschaftliche Betrachtung an, d.h. ein Termingeschäft mit [X.] kann auch dann vorliegen, wenn vor Fälligkeit eines auf tatsächliche Lieferung ausgerichteten Eröffnungsgeschäfts (z.B. Lieferung bestimmter [X.]evisen zu einem vereinbarten Preis am [X.]) ein Gegengeschäft (z.B. Rücktausch dieser [X.]evisen zum Tageskurs am [X.]) vereinbart wird ([X.]-Urteile in [X.], 326, [X.], 124; vom 21. Februar 2018 I R 60/16, [X.], 852). Allerdings müssen beide Geschäfte derart miteinander verknüpft sein, dass der auf die Realisierung einer [X.]ifferenz aus Eröffnungs- und Gegengeschäft gerichtete Wille der [X.] erkennbar ist (Senatsurteil in [X.], 540, [X.], 189).

Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) bestehen im Streitfall keine Anhaltspunkte, dass die Knock-out-Zertifikate auf die tatsächliche Lieferung der Basiswerte gerichtet waren. Vielmehr ergibt sich aus den Erläuterungen des [X.] zur Funktionsweise der streitigen Knock-out-Zertifikate, dass sie (nur) auf die Zahlung eines [X.]s zielten.

b) [X.]arüber hinaus erfasst § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG auch den automatischen Verfall des Termingeschäfts bei Erreichen der [X.], der ohne Zahlung eines [X.] zur Ausbuchung führte. [X.]ie gegenteilige Auffassung des [X.] zu § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG a.[X.] ([X.]-Urteil in [X.], 381, [X.], 159; [X.] in [X.], 557, [X.], 454) ist überholt.

aa) [X.]ie Regelung in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG a.[X.] stellte für die Besteuerung von Termingeschäften noch auf den Erwerb und die Beendigung des Rechts auf [X.] und damit auf einen sog. gestreckten Steuertatbestand ab.

Hiervon sollte nach einer Fortentwicklung der [X.]-Rechtsprechung im [X.] auch die Nichtausübung einer (wertlosen) Option erfasst sein, da von dem Steuerpflichtigen kein wirtschaftlich sinnloses Verhalten in Gestalt der zu einer negativen [X.]ifferenz führenden Ausübung der Option verlangt werden könne ([X.]-Urteil vom 26. September 2012 IX R 50/09, [X.]E 239, 95, [X.], 231). [X.]ies setzte aber voraus, dass dem Steuerpflichtigen ein Entscheidungsspielraum blieb. [X.]eshalb lehnte der [X.] bei [X.], deren Verfall bereits ex ante an einen bestimmten Kurswert gekoppelt war, weiterhin eine Beendigung des Rechts i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG a.[X.] durch das Erreichen der [X.] ab ([X.]-Urteil in [X.], 381, [X.], 159; a.A. [X.]/ [X.], Handbuch Besteuerung privater Kapitalanlagen, [X.]A Rz 203).

bb) [X.]ie durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 (UntStRefG 2008) vom 14. August 2007 ([X.], 1912) eingeführte Regelung zur Besteuerung von Termingeschäften in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG bezieht sich dagegen nicht mehr auf die "Beendigung des Rechts", sondern stellt nur noch auf den Abschluss eines Termingeschäfts und dessen wirtschaftliches Ergebnis ab ("... Gewinn bei Termingeschäften ..."). [X.]amit wollte der Gesetzgeber sämtliche Vor- und Nachteile "bei Termingeschäften" erfassen, d.h. jedweden Ausgang des Termingeschäfts ([X.]-Urteil vom 12. Januar 2016 IX R 48/14, [X.]E 252, 423, [X.], 456).

Zu [X.] hat der [X.] in [X.]E 252, 423, [X.], 456 bereits klargestellt, dass § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG auch den Verfall von Optionen erfasst und --in Abweichung zur alten Rechtslage (vgl. hierzu [X.]-Urteile vom 19. [X.]ezember 2007 IX R 11/06, [X.]E 219, 574, [X.], 519; vom 9. Oktober 2008 IX R 69/07, [X.]/NV 2009, 152)-- nicht mehr zwischen Eröffnungs- und Basisgeschäft zu trennen ist, sondern die Anschaffung der Option und der Ausgang des [X.] im Rahmen einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise grundsätzlich eine Einheit darstellen (vgl. auch Senatsurteil vom 20. Oktober 2016 VIII R 55/13, [X.]E 256, 56, [X.], 264).

[X.]iese Rechtsprechung ist auch auf Knock-out-Zertifikate übertragbar. [X.]a jedweder Ausgang eines Termingeschäfts erfasst werden soll, kann es nicht mehr entscheidungserheblich darauf ankommen, ob dem Steuerpflichtigen ein Entscheidungsspielraum bleibt oder ob das Recht aufgrund des Eintritts der [X.] automatisch verfällt. Im Übrigen entspricht diese Auslegung dem verfassungsrechtlichen Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und dem Gebot der Folgerichtigkeit in Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). [X.]ie Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ist auch dann um die Anschaffungskosten für die Zertifikate gemindert, wenn sie aufgrund des Eintritts der [X.] automatisch verfallen und ausgebucht werden (vgl. zum Verfall von Optionen [X.]-Urteil in [X.]E 252, 423, [X.], 456).

c) Gemäß § 20 Abs. 4 Satz 5 EStG ist der Gewinn i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG der [X.] oder der durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmte Geldbetrag oder Vorteil abzüglich der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Termingeschäft stehen. [X.]ieser Gewinn kann auch negativ sein (Senatsurteil in [X.]E 256, 56, [X.], 264).

[X.]araus ergibt sich im Streitfall der vom Kläger geltend gemachte Verlust in Höhe von 130.058,89 €. [X.]enn die Anschaffungskosten für die nach Eintritt der [X.] verfallenen und ausgebuchten Zertifikate stehen in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Termingeschäft (vgl. auch [X.]-Urteil in [X.]E 252, 423, [X.], 456 zu Anschaffungskosten für Optionen).

2. Sofern die Knock-out-Zertifikate nicht die Voraussetzungen für die Annahme von Termingeschäften erfüllen, bliebe der Verlust in Höhe von 130.058,89 € trotzdem steuerlich zu berücksichtigen. [X.]ies folgt aus § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 Satz 1 EStG.

a) Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG ist der Gewinn aus der Veräußerung einer in § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG geregelten sonstigen Kapitalforderung steuerpflichtig. Hierzu gehören [X.] jeder Art, wenn die Rückzahlung des [X.] oder ein Entgelt für die Überlassung des [X.] zur Nutzung zugesagt oder geleistet worden ist, auch wenn die Höhe der Rückzahlung oder des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt. Als Veräußerung gilt gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG auch die Einlösung, Rückzahlung, Abtretung oder verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft.

b) Seit dem 1. Januar 2009 erfasst § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG auch Erträge aus reinen Spekulationsanlagen (Vollrisikozertifikate), da nunmehr sowohl die Höhe des Entgelts als auch die Höhe der Rückzahlung von einem ungewissen Ereignis abhängen darf (BT[X.]rucks 16/4841, S. 54; [X.]/[X.], EStG, 37. Aufl., § 20 Rz 102; [X.]/[X.] in Korn, § 20 EStG Rz 283 f.; zweifelnd von [X.] in [X.], EStG, 18. Aufl., § 20 Rz 112). § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG dient somit letztlich als eine Art Auffangtatbestand [X.] in [X.]/ [X.], § 20 EStG Rz 605; [X.]/[X.], a.a.[X.], § 20 Rz 100; a.[X.] in [X.]/[X.]/[X.] --[X.]--, § 20 EStG Rz 472, und [X.], in: [X.]/Söhn/[X.], EStG, § 20 Rz [X.]/3 22 und [X.]/3 42, die von einem Vorrang gegenüber § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG ausgehen) und erfasst auch die streitigen Knock-out-Zertifikate.

c) [X.]er automatische Verfall solcher Knock-out-Zertifikate zum Zeitpunkt des Erreichens der [X.] stellt eine "Einlösung" i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG dar.

[X.]er Begriff der Einlösung bezieht sich grundsätzlich auf die Erfüllung einer Kapitalforderung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG durch Zahlung des geschuldeten Geldbetrags unter gleichzeitiger Rückgabe der über die Kapitalforderung ausgestellten Urkunde (von [X.] in [X.], a.a.[X.], § 20 Rz 141; [X.]/Lindenberg in Lademann, EStG, § 20 Rz 707c; [X.]/[X.], a.a.[X.], [X.]A Rz 220).

Wie der Senat bereits im Zusammenhang mit der Behandlung des insolvenzbedingten Ausfalls einer privaten [X.]arlehensforderung als Rückzahlung zu Null i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG ausgeführt hat (Urteil in [X.], 535), sollte mit Einführung der Abgeltungsteuer durch das UntStRefG 2008 aber eine vollständige steuerrechtliche Erfassung aller Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen erreicht werden. [X.]afür wurde die traditionelle quellentheoretische Trennung von Vermögens- und Ertragsebene aufgegeben. Zusätzlich dient auch die Gleichstellung der Veräußerung mit verschiedenen [X.] in § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG diesem Ziel (BT[X.]rucks 16/4841, S. 56), so dass die Ersatztatbestände weit auszulegen sind.

Vor diesem Hintergrund erfasst § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG sowohl die vertragsmäßige Einlösung zum Zeitpunkt der Endfälligkeit bzw. zum Zeitpunkt vereinbarter Einlösungstermine als auch jede andere vorzeitige oder verspätete Einlösung ([X.]/Lindenberg in Lademann, a.a.[X.], § 20 Rz 707c; [X.]/[X.], a.a.[X.], [X.]A Rz 220). [X.]arüber hinaus wird der Verfall und die Ausbuchung eines [X.] bei Erreichen der [X.] als (automatische) Einlösung zu Null erfasst ([X.]/[X.], Betriebs-Berater 2011, 2718, 2723). [X.]er Wortlaut der Norm steht einer solchen Auslegung nicht entgegen. [X.]a es seit Einführung der Abgeltungsteuer bei Kapitalanlagen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG keine steuerlich irrelevante Vermögensebene mehr gibt, besteht kein sachlich gerechtfertigter Grund, den Verfall eines [X.] nicht unter § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG zu fassen (vgl. auch von [X.] in [X.], a.a.[X.], § 20 Rz 144). Vielmehr entspricht die Einbeziehung eines solchen Verfalls als automatische Einlösung zu Null --ebenso wie die unter 1. begründete Einbeziehung in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG-- dem verfassungsrechtlichen Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und dem Gebot der Folgerichtigkeit in Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. auch [X.]/[X.], § 20 EStG Rz 531 "Erlöschen von Rechtspositionen"; a.A. [X.], in: [X.]/Söhn/[X.], a.a.[X.], § 20 Rz [X.]/9 18 ff., allerdings aufgeweicht durch Rz [X.]/9 21 a.E.).

d) [X.]er nach § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG zu ermittelnde Gewinn ist der Unterschied zwischen den Einnahmen aus der Veräußerung nach Abzug der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft stehen, und den Anschaffungskosten. [X.]ies führt im Streitfall zu dem vom Kläger geltend gemachten Verlust in Höhe von 130.058,89 €. [X.]enn der Kläger hatte in dieser Höhe Anschaffungskosten für den Erwerb der im Streitjahr verfallenen Knock-out-Zertifikate.

3. [X.]er geltend gemachte Verlust kann auch gemäß § 20 Abs. 6 EStG mit den positiven Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden (vgl. Senatsurteil in [X.]E 256, 56, [X.], 264). [X.]as Abzugsverbot gemäß § 20 Abs. 9 EStG steht dem schon deshalb nicht entgegen, weil § 20 Abs. 4 Satz 5 EStG hierzu eine Sondervorschrift enthält ([X.]-Urteil in [X.]E 252, 423, [X.], 456; [X.]mann, [X.]er Betrieb 2013, 718, 720; [X.], [X.]eutsche Steuerjuristische Gesellschaft Band 34, 251, 275 ff.; vgl. auch Senatsurteil in [X.]E 256, 56, [X.], 264).

4. [X.]ie Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VIII R 37/15

20.11.2018

Bundesfinanzhof 8. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 6. Oktober 2015, Az: 9 K 4203/13 E, Urteil

§ 20 Abs 2 S 1 Nr 3 Buchst a EStG 2009, § 20 Abs 2 S 1 Nr 7 EStG 2009, § 20 Abs 2 S 2 EStG 2009, § 20 Abs 4 S 1 EStG 2009, § 20 Abs 4 S 5 EStG 2009, § 20 Abs 6 EStG 2009, § 20 Abs 9 EStG 2009, EStG VZ 2011

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.11.2018, Az. VIII R 37/15 (REWIS RS 2018, 1501)

Papier­fundstellen: WM2019,779 REWIS RS 2018, 1501

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