Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.11.2012, Az. 4 AZR 85/11

4. Senat | REWIS RS 2012, 1177

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Gegenstand

Ausgliederung im Wege der Spaltung - Festlegung der Vertragspartei eines Haustarifvertrages - AGB-Kontrolle einer Tarifwechselklausel


Leitsatz

Bei einer Ausgliederung eines Betriebs im Wege der Spaltung nach § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG (juris: UmwG 1995) ist aufgrund der damit verbundenen partiellen Gesamtrechtsnachfolge im Spaltungs- und Übernahmevertrag gemäß § 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG (juris: UmwG 1995) festzulegen, welcher der beiden Rechtsträger in die Rechtsstellung als Vertragspartei eines Haustarifvertrages eintritt. Fehlt es an einer solchen Regelung, verbleibt der übertragende Rechtsträger in dieser Rechtsstellung.

Tenor

1. Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 21. Dezember 2010 - 6 [X.]/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über [X.] und in diesem Zusammenhang über die Ablösung vormaliger tariflicher Regelungen infolge eines Betriebsübergangs.

2

Der Kläger, [X.]itglied der [X.], ist bei der [X.] und deren [X.] seit dem 31. August 1989 beschäftigt. Aus dem Geschäftsbereich, in dem er als Fernmeldetechniker zunächst bei der [X.] tätig gewesen war, entstand kraft Gesetzes die [X.] (nachfolgend [X.]), auf die sein Arbeitsverhältnis zum 1. Januar 1995 übergeleitet wurde. Im Jahre 1999 wechselte der Kläger in den Bereich [X.] der [X.], der mit Wirkung zum 1. Januar 2004 auf die [X.] im Wege des Betriebsübergangs übertragen wurde.

3

Nach deren Umwandlung in die [X.] ([X.]) schloss der Kläger mit dieser einen Arbeitsvertrag, nach dem er als [X.] Agent in [X.] tätig ist. Weiterhin heißt es in dem Arbeitsvertrag ua.:

        

§ 3 Anwendbarkeit von Tarifverträgen

        

Auf das Arbeitsverhältnis finden die für den Betrieb oder Betriebsteil, in dem der Arbeitnehmer beschäftigt ist, betrieblich/fachlich jeweils einschlägigen Tarifverträge1 in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung, soweit sich nicht aus den nachfolgenden Regelungen etwas anderes ergibt.

        

...     

        

§ 5 Entgelt

        

Der Entgeltanspruch des Arbeitnehmers richtet sich nach den jeweils geltenden tarifvertraglichen Bestimmungen.

        

_______________________________________

        

1Zurzeit sind dies die mit [X.] abgeschlossenen Tarifverträge.“

4

Aufgrund der bei der [X.] bestehenden tariflichen Regelungen erhielt der Kläger zuletzt ein Bruttomonatsentgelt iHv. 2.592,56 Euro.

5

Der Betrieb, in dem der Kläger bei der [X.] tätig war, ging im Wege eines weiteren Betriebsübergangs am 1. [X.]ai 2007 auf die nicht tarifgebundene a s [X.] GmbH (as[X.] GmbH), ein Konzernunternehmen der [X.], über.

6

Zum 1. Januar 2008 wurde die as[X.] GmbH im Wege der Umwandlung mit der jetzigen [X.], der a d s [X.] GmbH, verschmolzen. Deren direkte Rechtsvorgängerin war die [X.] Diese hatte mit der [X.], Banken und Versicherungen ([X.]) und der [X.] ([X.]) Haustarifverträge geschlossen, darunter am 2. Juli 1998 einen Tarifvertrag „für alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen einschließlich der Auszubildenden des Betriebes [X.] der [X.]“ (TV Betrieb [X.]). Am 15. Dezember 1999 vereinbarten dieselben Tarifvertragsparteien einen „[X.] für die Arbeitnehmer/innen der [X.], Betrieb [X.]arketing [X.]ervice [X.]üd-West“ ([X.]). Die [X.] gliederte im [X.]ai 2001 den Betrieb in [X.] auf die [X.] ([X.]) aus. Bei der [X.] handelte es sich um einen sog. vorgehaltenen Firmenmantel. [X.] firmierte die [X.] in die jetzige Beklagte um.

7

[X.]it [X.]chreiben vom 14. Januar 2008 unterrichtete die Beklagte den Kläger darüber, dass:

        

„…    

        

mit der Verschmelzung der Betriebe der a s [X.] GmbH mit der a d s [X.] GmbH in K ... für [X.]ie ab dem 01.01.2008 ausschließlich die Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und Regelungen der a d s [X.] GmbH in K [gelten].

        

Dazu gehört u.a. auch der Tarifvertrag vom 02.07.1998, der [X.] vom 15.12.1999 und die Betriebsvereinbarung zur tariflichen [X.]onderleistung vom 01.09.2003 der a d s [X.] GmbH in [X.] Entsprechend der dort bestehenden Regelungen werden [X.]ie neu eingruppiert.

        

…“    

8

Der Kläger erhielt bis zum 31. Dezember 2008 das in dem [X.]chreiben vom 14. Januar 2008 mitgeteilte Entgelt einschließlich einer Besitzstandszulage iHv. 2.592,56 Euro. Ab dem Juli 2008 verrechnete die Beklagte eine Entgelterhöhung nach den von ihr angewendeten Haustarifverträgen von 44,00 Euro brutto monatlich mit der Besitzstandszulage. In der [X.] vom 1. Januar 2009 bis zum 30. April 2009 wurde dem Kläger ein monatliches Entgelt von 1.956,50 Euro brutto und ab dem 1. [X.]ai 2009 von 1.985,50 Euro brutto gezahlt. [X.]it der Abrechnung für November 2009 leistete die Beklagte eine Erfolgsbeteiligung iHv. 1.040,00 Euro brutto und im Dezember 2009 eine Aufstockungszahlung iHv. 110,00 Euro brutto, um ein festgelegtes [X.]indestjahresgehalt von 25.000,00 Euro zu erreichen.

9

Nach erfolgloser Geltendmachung hat der Kläger mit seiner Klage für das [X.] eine siebenmonatige Differenz von jeweils 44,00 Euro brutto, für die [X.]onate Januar 2009 bis April 2009 eine Entgeltdifferenz von jeweils 636,06 Euro brutto und für die [X.] von [X.]ai 2009 bis Februar 2010 eine iHv. 607,06 Euro brutto monatlich verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe sein Entgelt ohne Grundlage gekürzt. Die Klausel in § 3 des Arbeitsvertrages könne nicht als sog. Tarifwechselklausel ausgelegt werden. Es seien vielmehr die für die [X.] geltenden betrieblichen Tarifverträge maßgebend. Die Bezugnahmeklausel halte auch einer [X.] nicht stand. Daher verbleibe es bei der ehemaligen „Tarifbindung vor dem Tarifwechsel“.

Der Kläger hat zuletzt in der [X.]ache beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 308,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem [X.] seit 1. Januar 2009 zu zahlen (Gehaltsdifferenz 2008),

        

2.-15.

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.614,84 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem [X.] nach bestimmter zeitlicher [X.]taffelung zu zahlen (Gehaltsdifferenz Januar 2009 - Februar 2010).

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger habe aufgrund der anzuwendenden Haustarifverträge lediglich einen Entgeltanspruch iHv. 1.985,50 Euro. Auf das Arbeitsverhältnis seien die 1998 und 1999 geschlossenen Haustarifverträge aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit anzuwenden. Die bei der [X.] geltenden Tarifregelungen seien nach § 613a Abs. 1 [X.]atz 3 BGB abgelöst worden. Die Anwendbarkeit der Haustarifverträge ergebe sich auch aus der Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeregelung.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] ist erfolglos geblieben. [X.]it der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.] ist begründet. Das [X.] konnte die Klage nicht mit der von ihm gegebenen Begründung abweisen. Die Feststellungen des [X.]s tragen nicht dessen Ergebnis, dass die Beklagte Vertragspartei des [X.] und des [X.] ist und diese [X.] für das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis gelten sollen. Ob die Klage begründet ist, kann der [X.]enat mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen nicht abschließend entscheiden. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der [X.]ache an das [X.] zur neuen Verhandlung und Entscheidung (§ 563 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO).

I. Es steht derzeit noch nicht fest, dass die vormals bei der [X.] geltenden und nach § 613a Abs. 1 [X.]atz 2 BGB in das Arbeitsverhältnis des [X.] transformierten Tarifbestimmungen durch die des [X.] und des [X.] nach § 613a Abs. 1 [X.]atz 3 BGB abgelöst worden sind. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, bei dem [X.] und dem [X.] handele es sich um die nach § 5 des Arbeitsvertrages maßgebenden, für die Beklagte „geltenden“ Tarifverträge oder die betrieblich oder fachlich einschlägigen i[X.]d. § 3 des Arbeitsvertrages, die allein von den [X.] erfasst werden.

1. Eine [X.] der Beklagten an den [X.] und den [X.] als Voraussetzung einer Ablösung der früher bei der [X.] geltenden und nach § 613a Abs. 1 [X.]atz 2 BGB transformierten Tarifregelungen nach § 613a Abs. 1 [X.]atz 3 BGB kann auf Grundlage der bisherigen Feststellungen des [X.]s nicht angenommen werden.

a) Die Rechtsnormen der bei der [X.] geltenden Haustarifverträge, in denen ua. das Entgelt des [X.] geregelt war, sind zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs am 1. [X.]ai 2007 Inhalt des Arbeitsverhältnisses des [X.] mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten i[X.]d. § 613a Abs. 1 [X.]atz 2 BGB geworden, da beide normativ tarifgebunden waren, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG. Die tariflich geregelten Rechte und Pflichten sind infolge des Betriebsübergangs gemäß § 613a Abs. 1 [X.]atz 2 BGB Inhalt des mit der nicht tarifgebundenen [X.] bestehenden Arbeitsverhältnisses geworden (vgl. nur [X.] 22. April 2009 - 4 [X.]/08 - Rn. 20 ff., [X.]E 130, 237).

b) Eine mögliche Ablösung dieser den Inhalt des Arbeitsverhältnisses bestimmenden Rechtsnormen der bei der [X.] geltenden Tarifbestimmungen nach § 324 [X.], § 613a Abs. 1 [X.]atz 3 BGB kann nur bei einer unmittelbaren und zwingenden Geltung des [X.] und des [X.] für die Parteien stattfinden. Eine solche kongruente [X.] (zu diesem Erfordernis s. nur [X.] 7. Juli 2010 - 4 [X.] - Rn. 36 [X.], [X.]E 135, 80) hat das [X.] bisher nicht festgestellt.

aa) Der Kläger ist aufgrund seiner [X.]itgliedschaft in der [X.] an die 1998 und 1999 von der [X.] und der [X.] mit der [X.] für den [X.] geschlossenen Haustarifverträge gebunden (vgl. [X.] 11. [X.]ai 2005 - 4 [X.]/04 - zu [X.] der Gründe, [X.]E 114, 332; 24. Juni 1998 - 4 [X.] - zu 2 a der Gründe, [X.]E 89, 193 ), wenn das Arbeitsverhältnis vom Anwendungsbereich dieser Tarifverträge erfasst wird.

[X.]) Die für die Beklagten geltenden Tarifverträge würden (unter Beachtung ihres Geltungsbereichs) nach der Verschmelzung der [X.] auf die Beklagte grundsätzlich auch für die Arbeitnehmer der nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 [X.]atz 1 [X.] erloschenen [X.] gelten ([X.] 4. Juli 2007 - 4 [X.] - Rn. 38 ff., [X.]E 123, 213).

cc) Offen ist aber, ob die Beklagte überhaupt an diese Tarifverträge gebunden ist.

(1) Die beiden Tarifverträge wurden auf Arbeitgeberseite ursprünglich von der [X.] für deren Betrieb in [X.] abgeschlossen.

(2) Allein aufgrund der vom [X.] festgestellten [X.]paltung der [X.] im Wege der Ausgliederung auf einen bestehenden Rechtsträger i[X.]d. § 123 Abs. 3 Nr. 1 [X.] ist die Beklagte jedenfalls nicht Partei des [X.] und des [X.] geworden.

(aa) Das [X.] hat angenommen, die [X.] sei als aufnehmender Rechtsträger in die Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers - der [X.] - einrückt. Dies folge aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 [X.], auf den § 125 [X.] im Fall der [X.]paltung durch Ausgliederung verweise.

([X.]) Das ist rechtsfehlerhaft. Das [X.] hat verkannt, dass die Verweisung in § 125 [X.]atz 1 [X.] ua. auf § 20 Abs. 1 Nr. 1 [X.] nur eingreift, soweit sich aus dem [X.] des [X.] nichts anderes ergibt. Das ist bei einer zu beurteilenden Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 Nr. 1 [X.] aber schon deshalb der Fall, weil der übertragende Rechtsträger, die [X.], anders als in § 20 Abs. 1 Nr. 2 [X.]atz 1 [X.] vorgesehen, nicht erloschen ist. Deshalb kann auch nicht von einer Gesamtrechtsnachfolge, die § 20 Abs. 1 Nr. 1 [X.] regelt, ausgegangen werden.

(cc) Kommt es zu einer Ausgliederung im Wege der [X.]paltung nach § 123 Abs. 3 Nr. 1 [X.], ist vielmehr im [X.] nach § 126 Abs. 1 Nr. 9 [X.] festzulegen, welcher der beiden Rechtsträger in die Rechtsstellung als Vertragspartei eines Haustarifvertrages eintritt (Boecken Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht Rn. 207 f.; Thüsing/[X.]/Heise Tarifrecht 11. Kap. Rn. 78; Bonanni/[X.]ehrens ZIP 2012, 1217, 1219 f.; [X.]/Hohenstatt/[X.]/[X.] Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen 4. Aufl. [X.] f.; [X.]/[X.] 3. Aufl. § 2 Rn. 381; [X.]/[X.] 7. Aufl. § 3 Rn. 197; [X.]ieg/[X.] aus arbeitsrechtlicher [X.]icht 2. Aufl. Rn. 276; anders [X.] 2011, 163, 165, der § 613a Abs. 1 BGB bei [X.] gegenüber den Bestimmungen des [X.] für vorrangig erachtet; ebenso [X.]/Preis 12. Aufl. § 613a BGB Rn. 186). Es erfolgt lediglich eine partielle Gesamtrechtsnachfolge, wie es auch § 131 Abs. 1 Nr. 1 [X.] festlegt (ausdrücklich für den Fall eines [X.] in Lutter [X.] 4. Aufl. § 131 Rn. 43). Fehlt es an einer Regelung, verbleibt der übertragende Rechtsträger in seiner [X.]tellung als Vertragspartei. Eine „Duplizierung“ der Vertragsparteien, durch die auch der übernehmende Rechtsträger in die Position einer - zusätzlichen - Partei eines Haustarifvertrages gelangt und nunmehr mehrere Tarifverträge bestehen (so [X.]/[X.]/[X.] Arbeitsrecht bei Unternehmensumwandlung und Betriebsübergang 4. Aufl. § 5 Rn. 104; [X.]/[X.] TVG 3. Aufl. § 3 Rn. 186, der aber eine abweichende Regelung im [X.] für möglich hält; Wellenhofer-Klein [X.] 1999, 239, 262), entspricht nicht der gesetzgeberischen Konzeption einer [X.]paltung. Bei dieser ist die - partielle - Gesamtrechtsnachfolge und die damit verbundene Zuordnung von Rechten und Pflichten im [X.] zu regeln. Dieser gesetzlichen Regelung kann entnommen werden, dass es nicht zu einer „Vervielfachung“ von Rechtspositionen kommen soll, weil dies den Grundsätzen einer partiellen Gesamtrechtsnachfolge widerspricht (s. nur [X.]/[X.] § 2 Rn. 381). Das unterscheidet die [X.]ituation von derjenigen einer Verschmelzung, bei der der verschmolzene Rechtsträger erlischt.

([X.]) Ob eine Regelung durch Zuordnung in einem [X.] anlässlich der Ausgliederung im Jahre 2001 getroffen worden ist, hat das [X.] nicht festgestellt. Von einer kongruenten [X.] der Parteien an den [X.] und den [X.] kann deshalb nicht ohne Weiteres ausgegangen werden.

(3) Eine Rechtsnachfolge der [X.] kann auch nicht allein aus dem Umstand gefolgert werden, die 1998 und 1999 geschlossenen Tarifverträge beanspruchten allein für den Betrieb in [X.] als dem ausgegliederten Teil des Vermögens der [X.] Geltung. [X.]elbst wenn dies zutreffen sollte, bedarf es aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit einer verbindlichen - und zudem ohne Weiteres möglichen - Festlegung i[X.]d. § 126 Abs. 1 Nr. 9 [X.]. Nur so lässt sich verbindlich bestimmen, wer zukünftig auf Arbeitgeberseite Vertragspartner eines Haustarifvertrages ist und für welche tarifgebundenen Arbeitnehmer der Tarifvertrag noch unmittelbare und zwingende Geltung hat (zu dieser Funktion [X.] 18. November 2009 - 4 [X.] - Rn. 16, [X.]E 132, 268).

II. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der Berufungsentscheidung und zur Zurückverweisung. Eine [X.]tattgabe der Klage ist nicht aus anderen Gründen möglich. Im Falle einer kongruenten [X.] der Parteien kommt es zu einer Ablösung der vormaligen, bei der [X.] geltenden tariflichen Regelungen, die allein den Anspruch des [X.] begründen können. Zugleich wären dann der [X.] und der [X.] aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeregelung auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden. Der Arbeitsvertrag des [X.] enthält eine wirksame sog. [X.].

1. Der Kläger hat im Arbeitsvertrag mit der [X.] eine sog. [X.] vereinbart (zu den [X.]aßstäben der Auslegung [X.] 6. Juli 2011 - 4 [X.] - Rn. 21 [X.], [X.]E 138, 269 ), die zur Anwendbarkeit der geltenden Haustarifverträge der Beklagten führt.

a) Die im Vertrag mit der [X.] enthaltene Bezugnahmeklausel in § 3 und ihre Konkretisierung in § 5 erfassen kein bestimmtes Bezugnahmeobjekt. [X.]ie verweisen weder auf einen konkreten Tarifvertrag oder auf Tarifverträge eines bestimmten Arbeitgebers, noch benennen sie eine (bestimmte) Branche, Fläche oder Region (vgl. auch [X.] 16. [X.]ai 2012 - 4 [X.] - Rn. 45, [X.], 923). Nach § 5 des Arbeitsvertrages sind hinsichtlich des Entgelts die für den Arbeitgeber „jeweils geltenden tariflichen Bestimmungen“ anzuwenden, also diejenigen, an die der Arbeitgeber gebunden ist (vgl. ähnlich zu einer sog. [X.] [X.] 16. Oktober 2002 - 4 [X.] - [X.]E 103, 141). Fehlt es an einer solchen [X.], greift hinsichtlich des Entgelts die Regelung in § 3 des Arbeitsvertrages ein, wonach die „betrieblich/fachlich jeweils einschlägigen Tarifverträge“ maßgebend sein sollen. Das sind diejenigen, die von ihrem fachlichen oder betrieblichen Geltungsbereich (zur Terminologie etwa [X.]/[X.] § 3 Rn. 230 ff.), den die Tarifvertragsparteien im Rahmen ihrer Tarifzuständigkeit autonom festlegen, den Betrieb oder das Unternehmen, in dem der Kläger jeweils tätig ist, erfassen.

b) Entgegen der Auffassung des [X.] finden aufgrund der Bezugnahmeklausel nicht ausschließlich die Tarifverträge der [X.] Anwendung. Weder aus dem Wortlaut noch aus den Begleitumständen des Vertragsschlusses ergeben sich für diese Auffassung Anhaltspunkte. Ein bestimmter Arbeitgeber ist nicht genannt. Er kann auch nicht in die [X.] „hineingelesen“ werden, indem der Name des vertragschließenden ehemaligen Arbeitgebers als Klauselbestandteil „mitgedacht“ wird ([X.] 20. Juni 2012 - 4 [X.] - Rn. 24).

2. Die [X.] sind auch wirksam in den Vertrag einbezogen worden.

a) Die [X.] in § 3 und § 5 des Arbeitsvertrages sind weder von ihrer äußeren Form noch aufgrund ihrer inhaltlichen Gestaltung überraschend i[X.]v. § 305c Abs. 1 BGB (zu den [X.]aßstäben s. nur [X.] 19. August 2010 - 8 [X.] - Rn. 54, [X.] § 307 Nr. 49) und damit Vertragsbestandteil geworden. Ein Arbeitnehmer muss damit rechnen, dass ein Arbeitgeber auf die für ihn geltenden oder die betrieblich und fachlich einschlägigen Tarifverträge verweist (vgl. [X.] 10. Dezember 2008 - 4 [X.] - Rn. 42, [X.]E 129, 1 zur Bezugnahme von [X.]). Das gilt auch, wenn nur auf einzelne Regelungsbereiche wie in § 5 des Arbeitsvertrages hinsichtlich der Entgeltbestimmungen verwiesen wird ([X.] 23. [X.]ärz 2011 - 10 [X.] 831/09 - Rn. 26, [X.] § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 88) oder wenn eine sog. [X.] im Falle eines Branchenwechsels zur Anwendbarkeit der dort geschlossenen Tarifverträge führt. Zwar darf die Auslegung einer vertraglichen Verweisung nicht so weit ausgedehnt werden, dass für die Parteien des Rechtsgeschäfts zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses deren Tragweite nicht mehr vorhersehbar ist ([X.] 23. April 1986 - 2 BvR 487/80 - zu [X.] 1 b der Gründe, [X.]E 73, 261). Das ist vorliegend schon deshalb nicht der Fall, weil die [X.] schon von ihrem Wortlaut her auch Fälle eines „Branchenwechsels“ eindeutig erfassen.

b) Die streitgegenständliche Klausel ist auch nicht intransparent, § 307 Abs. 3 [X.]atz 2 iVm. Abs. 1 [X.]atz 2 BGB.

aa) Eine dynamische Verweisung auf Vorschriften eines anderen Regelungswerkes führt für sich genommen noch nicht zur Intransparenz. [X.], auch dynamische, sind im Arbeitsrecht weit verbreitet. [X.]ie entsprechen einer üblichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien eines auf die Zukunft gerichteten Arbeitsverhältnisses. Dass bei Vertragsabschluss noch nicht absehbar ist, welchen zukünftigen Inhalt die in Bezug genommenen Tarifregelungen haben werden, ist unerheblich. Die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung geltenden, in Bezug genommenen Regelungen sind bestimmbar. Das ist zur Wahrung des [X.] ausreichend (ausf. [X.] 10. Dezember 2008 - 4 [X.] - Rn. 49 ff., [X.]E 129, 1; weiterhin 23. [X.]ärz 2011 - 10 [X.] 831/09 - Rn. 30 ff. [X.], [X.] § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 88; 24. [X.]eptember 2008 - 6 [X.] 76/07 - Rn. 31 f., [X.]E 128, 73; 15. April 2008 - 9 [X.] 159/07 - Rn. 78, [X.] § 1 Altersteilzeit Nr. 38 = EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 21; 14. [X.]ärz 2007 - 5 [X.] 630/06 - Rn. 26 ff., [X.]E 122, 12).

[X.]) Ein anderes Ergebnis folgt nicht aus dem Umstand, dass die auf den [X.] verweisende Klausel wegen des dortigen Verweises auf die Entgelte des herstellenden Buchhandels letztlich diese Tarifverträge zur Anwendung bringt. Auch mehrstufige Verweisungen sind im Arbeitsrecht üblich. Ein Tarifvertrag, der einzelvertraglich dynamisch in Bezug genommen worden ist, kann seinerseits auf weitere, nicht statische Rechtsquellen verweisen ([X.] 18. November 2009 - 4 [X.] 493/08 - Rn. 26, [X.] § 611 Kirchendienst Nr. 54 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 13).

c) Einer weitergehenden Inhaltskontrolle unterliegen die streitgegenständlichen Klauseln nicht, § 307 Abs. 3 [X.]atz 1 BGB.

aa) Nach dieser Vorschrift unterfallen Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen der uneingeschränkten Inhaltskontrolle nur dann, wenn durch sie von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden.

(1) Dazu gehören nicht solche Klauseln, die wie § 5 des Arbeitsvertrages (nur) den Umfang der von den Parteien geschuldeten Vertragsleistung festlegen. Im Arbeitsverhältnis sind das vor allem die Arbeitsleistung und das Arbeitsentgelt ([X.] 23. [X.]ärz 2011 - 10 [X.] 831/09 - Rn. 30 [X.], [X.] § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 88; 27. August 2008 - 5 [X.] 820/07 - Rn. 22, [X.]E 127, 319; 14. [X.]ärz 2007 - 5 [X.] 630/06 - Rn. 24, [X.]E 122, 12). Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, über die Kontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen nach den §§ 305 ff. BGB den „gerechten Preis“ zu ermitteln ([X.] 31. August 2005 - 5 [X.] 545/04 - zu II 3 a der Gründe, [X.]E 115, 372).

(2) Die Bezugnahmeklausel in § 3 des Arbeitsvertrages unterliegt gleichfalls nicht einer uneingeschränkten Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 [X.]atz 1 BGB. [X.]ie enthält keine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen. Die Revision verkennt, dass Klauseln wie die vorliegende über das Transparenzgebot hinaus mangels einem eigenen kontrollfähigen Inhalt keiner weitergehenden Inhaltskontrolle unterliegen. Ihr Regelungsgehalt beschränkt sich auf die Verweisung als solche. Der Inhalt des Arbeitsverhältnisses wird nahezu ausschließlich durch die Regelungen des Bezugnahmeobjekts bestimmt, ggf. unter Einbeziehung der in § 5 benannten Tarifregelungen, die bei [X.] des Arbeitgebers mit denjenigen Tarifverträgen nach § 3 des Vertrages in einem Zusammenhang stehen. Eine Abweichung von Rechtsvorschriften kann sich daher lediglich aus den in Bezug genommenen Regelungen, nicht jedoch aus der [X.] selbst ergeben (vgl. ausf. [X.] 10. Dezember 2008 - 4 [X.] - Rn. 43 ff. [X.], [X.]E 129, 1).

(3) [X.]oweit die Revision anführt, die Klausel verweise auf einen fachfremden Tarifvertrag und sei deshalb unangemessen, ist dies unzutreffend. Der Kläger übersieht, dass nicht die Bezugnahmeregelung, sondern erst der Haustarifvertrag, auf den ggf. - aber dann als einschlägigen Tarifvertrag, weil die Beklagte an ihn gebunden ist - verwiesen wird, auf die Entgeltbestimmungen für den herstellenden Buchhandel verweist.

[X.]) Da die Klauseln nicht intransparent sind (oben [X.]), kann dahinstehen, ob in einem solchen Fall eine unangemessene Benachteiligung i[X.]d. § 307 Abs. 1 [X.]atz 2 [X.] geprüft werden müsste (vgl. dazu [X.] 24. [X.]eptember 2008 - 6 [X.] 76/07 - Rn. 33 [X.], [X.]E 128, 73).

cc) Die [X.] sind nach den vorstehenden Ausführungen schließlich nicht anhand des [X.] nach § 308 Nr. 4 BGB zu überprüfen. Die dynamische Verweisung auf ein anderes tarifliches Regelungswerk enthält keinen Änderungsvorbehalt i[X.]d. § 308 Nr. 4 BGB. Weder der [X.] war noch der Beklagten ist damit ein Recht vorbehalten, diesen Vereinbarungsinhalt einseitig abzuändern (vgl. [X.] 26. Januar 2005 - 4 [X.] 509/03 - zu I[X.] aa der Gründe; 10. Dezember 2008 - 4 [X.] - Rn. 47 [X.], [X.]E 129, 1). Eine Änderung des Inhalts des Arbeitsvertrages kann sich ohne Zustimmung des [X.] nur durch eine Änderung der in Bezug genommenen Tarifregelungen ergeben, für die wiederum eine Einigung mit der zuständigen [X.] erforderlich ist.

3. [X.]it diesem vertraglichen Inhalt ist das Arbeitsverhältnis des [X.] nach § 613a Abs. 1 [X.]atz 1 BGB auf die [X.] und später auf die Beklagte übergegangen. An dem Inhalt der vertraglichen Vereinbarung hat sich durch den Betriebsübergang nichts geändert (st. Rspr., ua. [X.] 17. November 2010 - 4 [X.] 391/09 - Rn. 19 [X.], [X.]E 136, 184). Der Erwerber steht hinsichtlich der Vertragsklauseln so, als hätte er sie selbst abgeschlossen. Aufgrund der geltenden vertraglichen [X.] finden nach § 5 die „jeweils geltenden“ Tarifverträge und weiterhin nach § 3 die „betrieblich/fachlich“ jeweils einschlägigen Tarifverträge Anwendung.

III. Bei der neuen Verhandlung und Entscheidung wird das [X.] darüber hinaus zu beachten haben, ob die beiden Haustarifverträge selbst bei einer [X.] der Beklagten überhaupt für den Kläger unmittelbar und zwingend gelten können. Dies ist deshalb erforderlich, weil sich der Geltungsbereich des [X.] wie auch des [X.] auf eine bestimmte bestehende betriebliche Organisationseinheit - den damaligen Betrieb der [X.] in [X.] - bezogen hat. Ob die Haustarifverträge auch für denjenigen Betrieb, in dem der Kläger jetzt beschäftigt ist, Geltung beanspruchen können, wird das [X.] deshalb zu prüfen haben.

Unabhängig von der beiderseitigen [X.] der Parteien an den [X.] und den [X.] wird das [X.] hinsichtlich des Antrages zu 1) weiter zu prüfen haben, inwieweit die Beklagte berechtigt war, eine sich aus dem 1998 geschlossenen Tarifvertrag ergebende Entgelterhöhung iHv. 44,00 Euro auf das von ihr zu leistende Entgelt anzurechnen und die für den Dezember 2009 geleistete Einmalzahlung iHv. 110,00 Euro brutto berücksichtigen konnte.

        

    Eylert    

        

    Winter    

        

    Treber    

        

        

        

    Lippok    

        

    Pust    

                 

Meta

4 AZR 85/11

21.11.2012

Bundesarbeitsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Stuttgart, 27. April 2010, Az: 15 Ca 10680/09, Urteil

§ 123 Abs 3 Nr 1 UmwG 1995, § 126 Abs 1 Nr 9 UmwG 1995, § 324 UmwG 1995, § 305c Abs 1 BGB, § 307 Abs 1 S 2 BGB, § 307 Abs 3 S 1 BGB, § 307 Abs 3 S 2 BGB, § 308 Nr 4 BGB, § 613a Abs 1 S 2 BGB, § 613a Abs 1 S 3 BGB, § 611 Abs 1 BGB, § 3 Abs 1 TVG, § 4 Abs 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.11.2012, Az. 4 AZR 85/11 (REWIS RS 2012, 1177)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1177

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Referenzen
Wird zitiert von

3 Ca 2402/22

5 AZR 242/12

B 12 R 18/19 R

9 Sa 536/20

11 Sa 1411/15

7 Sa 1053/13

1 Sa 1006/13

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