Bundessozialgericht, Urteil vom 12.12.2012, Az. B 6 KA 35/12 R

6. Senat | REWIS RS 2012, 457

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Gegenstand

Vertragsärztliche Versorgung - Hemmung der Ausschlussfrist für sachlich-rechnerische Richtigstellung durch gerichtliche Auseinandersetzung über Vorschriften eines Honorarverteilungsmaßstabes


Leitsatz

Eine gerichtliche Auseinandersetzung über Vorschriften eines Honorarverteilungsmaßstabs ist nur dann geeignet, eine Hemmung der Ausschlussfrist für eine sachlich-rechnerische Richtigstellung zu bewirken, wenn die betroffenen Ärzte hinreichend deutlich darüber informiert werden, aus welchen Gründen und in welchem ungefähren Umfang wegen der bestehenden Schwebelage eine nachträgliche Korrektur der Honorarbescheide vorbehalten bleibt.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 14. März 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Der zur vertragszahnärztlichen Versorgung im Bezirk der beklagten [X.] ([X.]) zugelassene Kläger wendet sich gegen einen [X.] und Rückforderungsbescheid bzgl des Quartals I/2000.

2

Die Beklagte behielt mit dem [X.] für das Quartal I/2000 vom [X.] für dieses Quartal Honorar in Höhe von 1395,83 Euro (2730 DM) ein. Begründet wurde dieser Honorareinbehalt nicht. Unter der Überschrift "Vorbehalt und Rechtsbehelfsbelehrung zum [X.]" enthielt der Bescheid eine Reihe von Vorbehalten, unter anderem den Vorbehalt der Rückforderungen aufgrund Honorarverteilungsmaßstabs([X.] Kürzungen für die Jahre 1996 bis 1999, nachträglicher Berichtigungen zB aufgrund von rückwirkenden Änderungen des [X.] "und ähnlichem" sowie der Anwendung der [X.]. In einem Rundschreiben vom 18.10.2000 wies die Beklagte unter anderem darauf hin, dass es zu [X.] für das Quartal I/2000 kommen werde, für das noch die vorherige [X.] gegolten habe. Aufgrund noch nicht abgeschlossener Verträge mit der [X.] ([X.]) und den Betriebskrankenkassen ([X.]) würden diese Rückforderungen frühestens im Frühjahr 2001 bekannt sein. Zum Vertragsschluss kam es sodann im Juli 2001. In einem weiteren Rundschreiben vom [X.] wies die Beklagte auf gerichtliche Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit Honorarrückforderungen für die Jahre 1997 bis 1999 hin. Auch für das Quartal I/2000, für das noch der alte [X.] gelte, müsse vor einer abschließenden Abrechnung das Vorliegen der Gründe der Entscheidungen des [X.] vom 5.12.2001 sowie des [X.] abgewartet werden. Mit Bescheid vom 18.12.2001 erteilte die Beklagte eine Honorarendabrechnung für die [X.] bis IV/2000. Für das Quartal I/2000 teilte sie mit, sie könne aufgrund der derzeitigen rechtlichen Unsicherheit durch die Entscheidung des [X.] und besonders des [X.] vom 5.12.2001 zu ihrer Honorarrückforderung für die Jahre 1997 bis 1999 die geplante Abrechnung für das Quartal I/2000 zur [X.] nicht vornehmen, weil auch dieses Quartal auf dem "alten" [X.] beruhe. Vor einer definitiven Entscheidung über dieses Quartal würden die Entscheidungsgründe der Gerichte abgewartet.

3

Mit Bescheid vom 21.3.2007, dem Kläger bekannt gegeben am [X.], nahm die Beklagte eine Honorarberichtigung für das Quartal I/2000 vor und bezifferte den vom Kläger zurückzuzahlenden Betrag auf 2372,26 Euro. Abzüglich des geleisteten [X.] komme es in der [X.]/2006 zu einer Lastschrift von noch 976,43 Euro. Mit Urteilen vom 14.12.2005 habe das BSG die [X.] und Rückforderungsbescheide der [X.] bzgl der Jahre 1997 bis 1999 für rechtmäßig erklärt. Nachdem die Rechtslage geklärt sei, müsse auch die noch ausstehende [X.]-Anwendung für das Quartal I/2000 erfolgen. Aufgrund des in den [X.]en von Quartal zu Quartal vorgetragenen 10%igen [X.]-[X.] aus I/2000, der Rundschreiben vom 18.10.2000 sowie vom [X.] und der Honorarendabrechnung vom 18.12.2001 habe der Kläger erkennen können, dass es für das Quartal I/2000 noch zu einer abschließenden Berichtigung des für dieses Quartal vorläufig ausgezahlten Honorars kommen werde.

4

Den Widerspruch des [X.] wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.12.2007 zurück. Erst mit den Urteilen des [X.] habe sie Gewissheit über die Rechtmäßigkeit des auch noch im Quartal I/2000 geltenden [X.] von 1996 gehabt. Ein umfangreicher EDV-technischer Vorlauf habe dazu geführt, dass die Abrechnung für das Quartal I/2000 erst zusammen mit der Abrechnung für das Quartal IV/2006 habe erfolgen können. Die vierjährige "Verjährungsfrist" sei entsprechend § 203 [X.] gehemmt gewesen aufgrund der Aussetzung der Widerspruchsverfahren gegen die die Vorjahre betreffenden Berichtigungsbescheide vom 18.10.2000 bis zur abschließenden Entscheidung des BSG am 14.12.2005. Die Beklagte habe auch in jedem [X.] der [X.] bis III/2006 den vorsorglichen 10%igen Einbehalt in Höhe von 2730 Euro aus dem Quartal I/2000 gebucht und damit auf noch ausstehende Honorarberichtigungen für dieses Quartal hingewiesen. Im Übrigen hätten auch die Voraussetzungen des § 45 Abs 2 [X.] vorgelegen. Der Kläger habe gewusst, dass der [X.] von 1996 im Quartal I/2000 noch gegolten habe. Spätestens nach der Anwendung dieses [X.] für die Jahre 1997 bis 1999 mit dem Berichtigungsbescheid vom 18.10.2000, gegen den er auch Widerspruch eingelegt habe, habe er davon ausgehen müssen, dass sein Honoraranspruch für dieses Quartal noch nicht verbindlich festgestellt worden war. Die Rundschreiben und die Honorarendabrechnung für die [X.] bis IV/2000 hätten entsprechende Hinweise enthalten.

5

Das [X.] hat mit Urteil vom [X.] den angefochtenen Richtigstellungs- und Rückforderungsbescheid aufgehoben. Die Beklagte habe die vierjährige Ausschlussfrist mit dem Bescheid vom 21.3.2007 nicht gewahrt. Der Ablauf der Frist sei auch nicht gehemmt worden. Insbesondere lägen die Voraussetzungen des § 203 Satz 1 [X.] nicht vor. Die Beklagte habe vielmehr einseitig auf die Entscheidung des [X.] gewartet. Eine Hemmung der Verjährung resultiere auch nicht aus der in jedem [X.] fortgesetzten Buchung des [X.] für das Quartal I/2000. Ebenso wenig hätten die von der [X.] in Bezug genommenen Mitteilungen eine Hemmung bewirkt.

6

Das [X.]-Brandenburg hat mit Urteil vom 14.3.2012 die Berufung der [X.] hiergegen zurückgewiesen. Der Lauf der Ausschlussfrist habe mit der Bekanntgabe des [X.]es vom [X.] begonnen und im Juli 2004 geendet. Die Frist sei nicht deshalb gehemmt gewesen, weil fortlaufend Ungewissheit über die Höhe der im Quartal I/2000 zu verteilenden Gesamtvergütung bestanden habe. In dem Rundschreiben vom 18.10.2000 habe die Beklagte lediglich angeführt, dass es noch am Vertragsschluss mit [X.] und [X.] fehle, bevor [X.] für das Quartal I/2000 vorgenommen werden könnten. Die noch ausstehenden Verträge seien sämtlich im Juli 2001 abgeschlossen gewesen. Auf der Grundlage des für das Quartal I/2000 geltenden [X.] und der ausgehandelten Gesamtverträge hätte die Beklagte lange vor Ablauf der Ausschlussfrist einen endgültigen Bescheid erlassen können. Ein daran anschließendes Widerspruchsverfahren hätte sie im Hinblick auf die zum [X.] für die Jahre 1997 bis 1999 anhängigen Verfahren ruhend stellen können. Es sei auch nicht rechtlich zwingend gewesen, dass die Beklagte eine abschließende Betrachtung des Quartals I/2000 zurückgestellt habe, bis der Rechtsstreit über die [X.] und Rückforderungsbescheide für die Jahre 1997 bis 1999 rechtskräftig entschieden worden sei. Der bei der [X.] bestehende Vorbehalt für das Quartal I/2000 sei gegenüber dem Kläger nicht in rechtlich relevanter Weise manifestiert worden. Die im [X.] vom [X.] enthaltenen allgemeinen Vorbehalte seien zu weit gefasst. Keine der von der [X.] vorgelegten Veröffentlichungen aus der Folgezeit habe eine ausreichende und nachvollziehbare Verknüpfung gezogen zwischen den für die Jahre 1997 bis 1999 geführten rechtlichen Auseinandersetzungen und dem [X.] für das Quartal I/2000. Das Rundschreiben vom 18.10.2000 habe nur auf die noch nicht abgeschlossenen Verträge mit der [X.] und den [X.] Bezug genommen, das Sonderrundschreiben vom [X.] lediglich auf einen Eilbeschluss des 7. Senats des [X.] vom 5.12.2001 zu den Jahren 1997 bis 1999, dessen schriftliche Begründung abgewartet werden sollte. Auch die von der [X.] bemühten Vorschriften des [X.] über die Hemmung der Ausschlussfrist würden nicht greifen. Eine Rücknahme nach § 45 [X.] scheitere bereits an der Jahresfrist des § 45 Abs 4 Satz 2 [X.].

7

Hiergegen richtet sich die Revision der [X.]. Sie ist der Auffassung, die Ausschlussfrist sei in entsprechender Anwendung von § 45 Abs 2 SGB I während der Dauer der Rechtsstreitigkeiten anlässlich der [X.] und Rückforderungsbescheide bzgl der Jahre 1997 bis 1999 bis zur Zustellung der Entscheidungsgründe des Senats im April 2006 gehemmt gewesen. Bis zum Urteil des [X.] habe Unsicherheit über das zu verteilende Gesamtvergütungsvolumen und die Anwendbarkeit der zugrundeliegenden [X.]-Regelungen bestanden. Hätte das BSG die streitigen Bestimmungen des [X.] 1996, der auch noch im Quartal I/2000 gegolten habe, beanstandet, hätte dies zu einer Neuberechnung des Honorars und einer Veränderung des zu verteilenden Gesamtvolumens geführt. Der [X.] vom [X.] habe einen Hinweis auf die noch nicht abgeschlossene Honorarfestsetzung enthalten. Neben dem "Einbehalt aus I/2000" habe der Bescheid einen Vorbehalt hinsichtlich der Anwendung der [X.] enthalten. Auch im Rundschreiben vom 18.10.2000 sei darauf hingewiesen worden, dass es noch zu [X.] für das Quartal I/2000 kommen könne. Im Sonderrundschreiben vom [X.] sei ausdrücklich ausgeführt worden, dass die Beklagte vor einer Entscheidung über das Quartal I/2000 noch die Urteilsgründe des Gerichts abwarten wolle. Alle folgenden [X.]e bis zum Quartal III/2006 hätten den 10%igen Einbehalt als "Merkposten" ausgewiesen. Gegen den Einbehalt im Bescheid vom [X.] habe der Kläger sich auch nicht gewehrt, sodass der Bescheid insoweit bestandskräftig sei.

8

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des [X.]-Brandenburg vom 14.3.2012 und des [X.] vom [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Er hält die angefochtenen Urteile für zutreffend.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. [X.] und [X.] haben zu Recht angenommen, dass die für Honorarberichtigungen geltende vierjährige Ausschlussfrist im Zeitpunkt des Erlasses des [X.] bereits verstrichen war.

1. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung und Rückforderung ist hier § 106a Abs 2 Satz 1 [X.]B V iVm § 72 Abs 1 Satz 2 [X.]B V. Danach obliegt es den [X.], die vom Zahnarzt eingereichten Honorarforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf richtigzustellen. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.]s vermittelten zuvor die bundesmantelvertraglichen Vorschriften eine umfassende Befugnis zu sachlich-rechnerischen Richtigstellungen auch für bereits erlassene [X.] (vgl [X.], 1 = [X.]-2500 § 85 [X.], Rd[X.] 11 ff mwN). Auch bei der Korrektur von Fehlern im Rahmen der Honorarverteilung handelt es sich um eine sachlich-rechnerische Richtigstellung (vgl [X.], 62 = [X.]-2500 § 85 [X.]). Die Fehlerhaftigkeit des [X.]s vom [X.] ergab sich daraus, dass dem Kläger bei Zugrundelegung der tatsächlich gezahlten [X.] und unter Anwendung des in diesem Quartal geltenden [X.] ein niedrigeres als das ausgewiesene Honorar zustand. Dabei umfasste die Richtigstellung den gesamten Rückforderungsbetrag in Höhe von 2372,26 Euro. Der im [X.] vom [X.] ausgewiesene "Einbehalt aus I/2000" hatte erkennbar vorläufigen Charakter und stellte keine endgültige Festsetzung in dem Sinne dar, dass der Kläger höchstens 1395,83 Euro zurückzahlen müsste. Insofern ist keine Bestandskraft des Bescheides eingetreten.

2. Die Vorinstanzen haben aber zu Recht entschieden, dass mit dem Bescheid vom 21.3.2007 die Fristen, die für den Erlass eines die Fehlerhaftigkeit des ursprünglichen [X.]s korrigierenden Richtigstellungs- und Rückforderungsbescheides gelten, nicht gewahrt wurden. Für sachlich-rechnerische Richtigstellungen gilt - ebenso wie für den Erlass von Prüfbescheiden in [X.] - eine vierjährige Ausschlussfrist, innerhalb der der [X.] dem Betroffenen bekannt gegeben werden muss (vgl B[X.] [X.]-5535 [X.] 119 [X.] 1 S 2 f; [X.], 90, 103 = [X.]-2500 § 82 [X.] 3 S 16; [X.], 84 = [X.]-2500 § 106 [X.] 15, Rd[X.] 12; [X.], 1 = [X.]-2500 § 85 [X.], Rd[X.] 14; [X.], 222 = [X.]-5520 § 32 [X.] 4, Rd[X.] 60; zuletzt Urteile vom 15.8.2012 - [X.] [X.]/11 R - [X.]-2500 § 106 [X.] 36 und - [X.] [X.] 27/11 R - [X.]-2500 § 106 [X.] 37). Den maßgebenden Zeitpunkt für den Beginn der [X.] markiert in Fällen sachlich-rechnerischer Prüfung ebenso wie bei degressionsbedingter Honorarminderung und bei der Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise der Erlass des [X.]s (s zusammenfassend B[X.] [X.]-2500 § 106 [X.] 28 Rd[X.] 31 mwN; vgl auch [X.], 169 = [X.]-2500 § 85 [X.] 35, Rd[X.] 17; anders für den Verordnungsregress: B[X.] [X.]-2500 § 106 [X.] 29 Rd[X.] 29 ff). Danach begann hier die Frist mit der Bekanntgabe des [X.]s vom [X.] und endete, wie von den Vorinstanzen zutreffend ausgeführt, im Juli 2004.

3. Der Lauf der Frist war auch nicht gehemmt. Der [X.] hat in ständiger Rechtsprechung anerkannt, dass die Ausschlussfristen für sachlich-rechnerische Richtigstellungen und Maßnahmen im Zuge von [X.] gehemmt werden können. Eine solche Wirkung hat der [X.] etwa Prüfanträgen der [X.] beigemessen, sofern auch der betroffene Arzt von dem Prüfantrag Kenntnis erlangt (B[X.] [X.]-2500 § 106 [X.] 28 Rd[X.] 40 ff; zusammenfassend B[X.] [X.]-2500 § 106 [X.] 29 Rd[X.] 33 - 35 iVm 39 f). Dies gilt allerdings nach der Änderung des § 106 Abs 5 [X.]B V durch das [X.] vom 22.12.1999 ([X.] 2626), mit der zum 1.1.2000 das antragsgebundene Prüfverfahren durch ein grundsätzlich von Amts wegen einzuleitendes und durchzuführendes Prüfverfahren ersetzt worden ist, nur noch, soweit ein Prüfantrag kraft Gesetzes Voraussetzung für die Durchführung eines Prüfverfahrens oder auf gesetzlicher Grundlage in der Prüfvereinbarung (neu) vereinbart worden oder von der Sache her unverzichtbar ist (B[X.] [X.]-2500 § 106 [X.] 36 Rd[X.] 25). Zur Richtigstellung fehlerhafter Degressionsbescheide hat der [X.] ausgeführt, die [X.] könne den Ablauf der Frist dadurch beeinflussen, dass sie den Bescheid mit hinreichend bestimmten Vorbehalten und Vorläufigkeitshinweisen versehe. Daneben bestehe die Möglichkeit, [X.] mit einem Hinweis zu verbinden, dass die [X.] den Bescheid aus Gründen der Vorsorge erlasse und die ihm zugrundeliegende Rechtsauffassung zunächst im Streit mit den [X.] gerichtlich geklärt werden solle ([X.], 169 = [X.]-2500 § 85 [X.] 35, Rd[X.] 28). In einem Verfahren zur nachträglichen Korrektur der vertrags(zahn)ärztlichen Vergütung für ein bestimmtes Quartal hat der [X.] entschieden, dass die vierjährige Ausschlussfrist für den Erlass eines Bescheides zur Korrektur von [X.]n gehemmt ist, solange ein Schiedsverfahren bzw Klageverfahren gegen die Entscheidung des [X.] über die Höhe der Gesamtvergütung anhängig ist (Beschluss vom [X.] - [X.] [X.] 46/04 B - Juris Rd[X.] 12). Er hat in diesem Zusammenhang auf den Rechtsgedanken des § 203 Satz 1 BGB Bezug genommen, wonach eine Verjährungsfrist gehemmt ist, solange Schuldner und Gläubiger über den Anspruch verhandeln. Anders als für die Handlungen des Arztes und der antragstellenden [X.] im Regressverfahren (vgl B[X.] [X.]-2500 § 106 [X.] 28 Rd[X.] 39) kann diese Vorschrift in Bezug auf die besonderen zwischen den [X.] und der [X.] einerseits sowie zwischen der [X.] und den [X.] andererseits bestehenden Rechtsbeziehungen herangezogen werden. Eine vergleichbare Konstellation hat der [X.] für den Fall bejaht, dass eine Prüfung nach Durchschnittswerten nicht durchgeführt werden kann, weil nicht klar war, ob eine - gesetzlich ausdrücklich als vorrangig bezeichnete - Richtgrößenprüfung durchzuführen war (Urteil vom 15.8.2012 - [X.] [X.] 27/11 R - [X.]-2500 § 106 [X.] 37). Eine solche oder vergleichbare Fallgestaltung war hier nicht gegeben.

a) Die allgemeinen Formulierungen in [X.]n, dass nachträgliche Berichtigungen zB aufgrund sachlich-rechnerischer Richtigstellungen sowie aufgrund nachträglicher Änderungen des [X.] und Ähnlichem vorbehalten seien, hat der [X.] bereits in seiner Entscheidung vom 14.12.2005 als nicht ausreichend bestimmt angesehen, um den vorläufigen Charakter eines [X.]s zu verdeutlichen ([X.], 1 = [X.]-2500 § 85 [X.], Rd[X.] 20). Auch der [X.] der Beklagten für das Quartal I/2000 enthält keinen hinreichend konkreten Vorbehalt wegen einer [X.] infolge noch nicht abgeschlossener Gesamtvergütungsvereinbarungen. Es kann offenbleiben, ob der eher lapidare Hinweis, die Verteilung der [X.] erfolge vorbehaltlich der Anwendung der [X.]-Anlage, hinreichend bestimmt für einen rechtlich relevanten Vorbehalt ist. Hieraus konnte jedenfalls lediglich gefolgert werden, dass der [X.] unter dem Vorbehalt begrenzter [X.] stand. Die [X.]-Anlage bestimmte nämlich insoweit, dass nach der Schlussabrechnung für die Leistungszeiträume mit begrenzten [X.] Honorarüberzahlungen zurückzuerstatten waren. Die [X.], der dieser Vorbehalt Rechnung tragen wollte, bestand aber nur bis Juli 2001. Nach Vertragsschluss mit allen [X.] stand die Höhe der begrenzten [X.] fest, sodass einer Schlussabrechnung unter diesem Gesichtspunkt nichts mehr entgegenstand. Soweit die [X.] auf falschen Annahmen der Höhe der [X.] beruhte, hätte sie ab diesem Zeitpunkt korrigiert werden können. Selbst wenn man eine Hemmung der Ausschlussfrist bis Juli 2001 annehmen würde, wäre die Frist hier aber versäumt.

Die Beklagte hat ab diesem Zeitpunkt eine Richtigstellung nicht wegen Unsicherheit über die zu zahlenden [X.], sondern zum einen wegen Unsicherheit über die Rechtmäßigkeit des [X.] und zum anderen aus Kostengründen zurückgestellt. Anders als im Fall der Unsicherheit über die Höhe der [X.] war die [X.] ab Juli 2001 weder tatsächlich noch rechtlich an einer Entscheidung über das Honorar für das Quartal I/2000 gehindert. Sie hat dies, wie sie selbst im Widerspruchsbescheid formuliert, aus verfahrensökonomischen Gründen unterlassen, um im Hinblick auf die wegen der zu den Jahren 1997 bis 1999 anhängigen Verfahren bestehende Unsicherheit über die Rechtmäßigkeit des auch im Quartal I/2000 noch geltenden [X.] den Aufwand für die Abrechnung des einzelnen Quartals zunächst zu sparen.

b) Die Ausschlussfrist war auch nicht durch die gerichtlichen Verfahren gegen die Berichtigungsbescheide vom 18.10.2000 betreffend die Jahre 1997 bis 1999 gehemmt. Zwar ist auch eine gerichtliche Auseinandersetzung über die Rechtmäßigkeit von Vorschriften des [X.], die Einfluss auf die Honorarberechnung haben, grundsätzlich geeignet, eine Hemmung des Fristablaufs zu bewirken (vgl [X.], 169 = [X.]-2500 § 85 [X.] 35, Rd[X.] 28). Dabei muss nicht notwendig das Honorar für das konkrete Quartal im Streit sein, solange es um den auch für dieses Quartal geltenden [X.] geht. Jedenfalls in Fällen wie diesem, in denen zahlreiche Verfahren gegen auf der Grundlage bestimmter [X.]-Vorschriften erlassene [X.] angestrengt worden sind, kann eine Ungewissheit bestehen, die es rechtfertigt, die im Interesse der Rechtssicherheit bestehende Ausschlussfrist zu hemmen. Es liegt im Interesse aller Mitglieder der [X.], Verwaltungsaufwand zu vermeiden und Kosten zu optimieren, indem Berechnungen auf der Grundlage des angegriffenen [X.] bis zur Beseitigung rechtlicher Unsicherheiten zurückgestellt werden.

Für die Annahme einer Hemmung der Ausschlussfrist reicht aber das Vorliegen eines solchen objektiven Umstandes nicht aus. Auch der einseitige, wie das [X.] formuliert, "innere Vorbehalt" der [X.] ist für eine solche Rechtswirkung nicht ausreichend. Erforderlich ist vielmehr, dass die [X.] auch gegenüber den betroffenen [X.] hinreichend deutlich macht, dass im Hinblick auf ein noch schwebendes gerichtliches Verfahren derzeit keine Richtigstellung des [X.]s durchgeführt wird, damit aber nach Abschluss des Verfahrens zu rechnen ist. Die Forderung des [X.]s für Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung, dass der [X.] den betroffenen Ärzten hinreichend präzise bekanntgegeben wird, damit sie wissen können, warum derzeit keine [X.] erfolgt und auch klären können, wann die Hemmung endet (vgl B[X.] Urteile vom 15.8.2012 - [X.] [X.] 27/11 R - [X.]-2500 § 106 [X.] 37 Rd[X.] 28 und - [X.] [X.]/11 R - [X.]-2500 § 106 [X.] 36 Rd[X.] 27 unter Hinweis auf B[X.] [X.]-2500 § 106 [X.] 28 Rd[X.] 46), gilt in gleichem Maße für sachlich-rechnerische Richtigstellungen. Der [X.] hat in seiner Entscheidung vom 14.12.2005 zur Honorarberichtigung für die Jahre 1997 bis 1999, für die die Frist noch nicht abgelaufen war, die Frage, ob die Beklagte hinreichend auf die Vorläufigkeit der [X.] hingewiesen hat, bejaht, weil die Beklagte den [X.] in den Jahren 1996 bis 1999 regelmäßig durch Zusendung von Rundschreiben und [X.] sowie durch die Honorareinbehalte bei den Abschlagszahlungen entsprechende Informationen zukommen ließ ([X.], 1 = [X.]-2500 § 85 [X.], Rd[X.] 20). Daraus sei für die Vertragszahnärzte ausreichend deutlich gewesen, unter welchen konkreten Voraussetzungen und in welchem ungefähren Umfang sich die Beklagte wegen der [X.] die nachträgliche Korrektur der ursprünglichen Bescheide vorbehalten habe.

An einer solchen Information fehlt es für das streitbefangene Quartal. Soweit die Beklagte sich auf ein Informationsschreiben vom [X.] über die [X.] mit dem [X.]/AEV und der [X.] für die Jahre 1996 bis 2000 bezieht, wurde dort nur unspezifisch auf mögliche Honorarrückforderungen hingewiesen, mit denen "schon bald nach der Sommerpause" zu rechnen sei. Die Vorinstanzen haben weiterhin zu Recht herausgestellt, dass weder das Rundschreiben vom 18.10.2000 noch das [X.] vom [X.] konkrete Hinweise auf die Möglichkeit einer Berichtigung nach dem Abschluss von Gerichtsverfahren hinsichtlich der Vorquartale enthielten. Zwar wurde im Rundschreiben vom 18.10.2000 angekündigt, dass es zu [X.] für das Quartal I/2000 kommen werde, in dem noch die vorherige [X.]-Anlage gegolten habe. Begründet wurde dies aber ausschließlich mit noch nicht abgeschlossenen Verträgen mit der I[X.] und den B[X.], weshalb die Rückforderungen frühestens im Frühjahr 2001 bekannt seien. Nach dieser Ankündigung wäre nach Abschluss der noch fehlenden Verträge im Juli 2001 mit einer abschließenden [X.] zu rechnen gewesen. Im Sonderrundschreiben vom [X.] wurde für das hier streitbefangene Quartal ausgeführt, dass vor einer definitiven Entscheidung zunächst die Urteilsgründe des Gerichts abzuwarten seien. Bei den gerichtlichen Entscheidungen, die in diesem Rundschreiben erwähnt sind, handelt es sich um einen Beschluss des [X.] Berlin vom 5.12.2001 (L 7 [X.]/01 [X.] ER - NZS 2002, 276) und ein Urteil des [X.]s vom 31.10.2001 ([X.] [X.] 16/00 R - [X.], 62 = [X.]-2500 § 85 [X.]). Der Beschluss ordnete im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen einen der Berichtigungsbescheide der Beklagten vom 18.10.2000 für die Jahre 1997 bis 1999 an. Das Urteil des [X.]s verhielt sich nicht zu einem Verfahren der Beklagten, hatte aber die Voraussetzungen für die Berichtigung von [X.]n zum Gegenstand. Inwiefern diese beiden Verfahren Einfluss auf die Honorarberechnung für das Quartal I/2000 haben würden, erschließt sich aus den Schreiben der Beklagten nicht. Die im Dezember 2001 bereits anhängigen Verfahren zu den am 18.10.2000 erlassenen Berichtigungsbescheiden für die Vorjahre, über die der [X.] am 14.12.2005 abschließend entschieden hat und die allein Anknüpfungspunkt für eine Hemmung sein könnten, finden nur mittelbar Erwähnung, nämlich durch den Hinweis auf den Beschluss im einstweiligen Rechtsschutz. Auf ein Hauptsacheverfahren, dessen Ausgang abzuwarten wäre, wird nicht hingewiesen. Auch in der Honorarendabrechnung vom 18.12.2001 für die [X.] bis IV/2000 wird erneut auf die genannten Entscheidungen hingewiesen, deren Gründe abzuwarten seien. Zwar wird ebenfalls erwähnt, dass für das Quartal I/2000 der alte [X.] gelte, ein Zusammenhang mit anderen als den erwähnten Entscheidungen aus 2001 wird aber nicht hergestellt. In keiner schriftlichen Information wurde auf die gerichtliche Auseinandersetzung, die in die Entscheidung des [X.]s vom 14.12.2005 mündete, Bezug genommen. Ohnehin datiert das letzte Schriftstück, das das streitbefangene Quartal betrifft, aus dem Jahr 2001.

Allein der Umstand, dass die Vertragszahnärzte von der Weitergeltung des alten [X.] im Quartal I/2000 wussten, begründete noch keine Kenntnis von den Umständen, die einer [X.] innerhalb der Ausschlussfrist entgegenstanden. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte für die Vorquartale aufgrund des alten [X.] Berichtigungsbescheide erlassen hatte, nachdem sie sich im [X.] mit allen [X.] auf die [X.] für die Jahre 1996 bis 1999 geeinigt hatte. Dass im Hinblick auf die wegen der Vorquartale laufenden Verfahren aus technischen und ökonomischen Gründen - nach dem Vortrag der Beklagten war die Abrechnung des einzelnen Quartals mit erheblichem [X.] verbunden - auf eine Richtigstellung auf der Grundlage des [X.] verzichtet wurde, musste sich ohne eine entsprechende Information nicht aufdrängen. Der Vortrag der Beklagten, der Kläger habe zum Jahreswechsel 1999/2000 einem [X.]-Ausschuss angehört und sei über die Streitigkeiten über die Honorarverteilung in den Jahren 1997 bis 1999 überdurchschnittlich gut informiert gewesen, rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Der - im [X.] vom [X.] nicht begründete - Einbehalt für das Quartal I/2000 tauchte zwar in der Folgezeit in allen [X.] bis zum Quartal III/2006 wieder auf. Das [X.] hat aber zu Recht ausgeführt, dass es sich dabei allein um einen buchhalterischen Posten handelte. Da der einbehaltene Betrag jeweils als Lastschrift und als Gutschrift verbucht wurde, waren die Vertragszahnärzte tatsächlich nicht belastet. Aus dieser Buchung war jedenfalls nicht zu folgern, inwiefern sich die [X.] die Korrektur des ursprünglichen Bescheides vorbehält. Erst recht war hieraus nicht erkennbar, dass und unter welchen Gesichtspunkten eine Hemmung der Ausschlussfrist bestand. Das [X.] hat insofern zu Recht ausgeführt, dass auch die Kenntnis des Klägers von den laufenden Verfahren vor dem B[X.] eine entsprechende Information durch die Beklagte nicht ersetzt.

4. Die Voraussetzungen für eine Rücknahme nach § 45 [X.]B X haben die Vorinstanzen ebenfalls zu Recht verneint. Es fehlt bereits daran, dass der Kläger die Rechtswidrigkeit des ursprünglichen [X.]s vom [X.] kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 Abs 2 Satz 3 [X.] 3 [X.]B X). Darüber hinaus scheitert eine Anwendung von § 45 [X.]B X auch an der Jahresfrist des § 45 Abs 4 Satz 2 [X.]B X. Zweifelhaft ist schon, ob die Tatsachen, die die Rücknahme rechtfertigten, erst mit der Entscheidung des [X.]s im Dezember 2005 vorlagen. Selbst wenn man aber hierauf abstellt, ist die Jahresfrist verstrichen. Da mit der Verkündung der Entscheidung klar war, dass der auch für das Quartal I/2000 geltende [X.] nicht zu beanstanden war, kann für die Kenntnis nicht auf das Vorliegen der schriftlichen Gründe abgestellt werden.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 [X.]G iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen, weil ihr Rechtsmittel keinen Erfolg hatte (§ 154 Abs 2 VwGO).

Meta

B 6 KA 35/12 R

12.12.2012

Bundessozialgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: KA

vorgehend SG Berlin, 10. Juni 2009, Az: S 83 KA 41/08, Urteil

§ 106a Abs 2 S 1 SGB 5

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 12.12.2012, Az. B 6 KA 35/12 R (REWIS RS 2012, 457)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 457

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung - Honorarverteilungsmaßstab - Rechtmäßigkeit der Verhinderung honorarverteilungsrelevanter Fallzahlsteigerungen durch Mehrfacheinlesungen von Versichertenkarten in …


B 6 KA 3/13 R (Bundessozialgericht)

Vertragszahnärztliche Versorgung - Auflösung einer zahnärztlichen Gemeinschaftspraxis während des laufenden Kalenderjahres - Fortführung der zahnärztlichen …


B 6 KA 22/14 R (Bundessozialgericht)

Vertragspsychotherapeut - Zulässigkeit der Beschränkung des Mindestpunktwerts für die Vergütung antrags- und genehmigungspflichtiger psychotherapeutischer Leistungen …


B 6 KA 65/17 R (Bundessozialgericht)

Vertragsärztliche Versorgung - Honorarverteilung - rechtswidrige Zuweisung eines zu hohen Regelleistungsvolumens - rückwirkende Korrektur


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