Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.04.2004, Az. III ZR 163/03

III. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 3534

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/03
Verkündet am: 22. April 2004 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

§ 18 Abs. 2 Satz 1 [X.]

[X.] einer Laube zu Wohnzwecken ist nicht an die Baulichkeit, sondern an die Nutzer gebunden, die aus dem am 1. April 1983 (§ 22 [X.]) bestehenden Pachtvertrag berechtigt sind.
[X.], Urteil vom 22. April 2004 - [X.]/03 - [X.] - 2 -

[X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. April 2004 durch [X.] und die Richter [X.], [X.], [X.] und [X.]

für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.]n wird das Urteil der Zivilkammer 34 des [X.] vom 24. April 2003 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Höhe des [X.] für eine [X.].

Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verein, der nach seiner Satzung die Förderung des Kleingartenwesens betreibt. Sein Rechtsvorgänger pachtete 1947 von privater Hand ein ca. 90.000 m2 großes Grundstück am [X.] in [X.]-B. . Das Grundstück ist in Parzellen unterteilt, die eine im Vergleich mit typischen Kleingärten außerordentliche Größe aufweisen. [X.] 3 -

weise sind die Flächen mit Häusern bebaut, die auch als [X.] ge-nutzt werden. Der Kläger verpachtet die Parzellen an seine Mitglieder weiter.

Unter dem 10. Dezember 1989 schlossen der Kläger und die [X.] einen [X.]vertrag über die Parzelle 101, deren Gesamtfläche 1.632,97 m2 beträgt. Hiervon waren bereits vor dem 1. April 1983 153,97 m2 mit einem sogenannten [X.] bebaut. Die [X.] und ihr Ehemann be-wohnen das Gebäude dauerhaft.

Der Kläger und der Grundstückseigentümer einigten sich in [X.] über die Höhe des [X.] auf die Anhebung des jährlich zu entrich-tenden Entgelts auf 280.000 DM ab 2000. Aufgrund dessen entschloß sich der Kläger, die [X.]en gleichfalls zu erhöhen. Er verlangt von der [X.]n für dieses Jahr [X.], Mitgliedsbeiträge und Kosten in Höhe von [X.] 6.444,06 DM. Die [X.] ist der Ansicht, der von ihr geschuldete [X.] sei aufgrund von § 5 Abs. 1 [X.] begrenzt, da es sich bei dem Areal "[X.] " um eine Kleingartenanlage handele. Deshalb habe sie unter Einschluß eines [X.]s von 2.155,58 DM für das [X.] lediglich 4.089,38 DM an den Kläger zu zahlen.

Die auf Verurteilung des Differenzbetrages von 2.354,68 DM (= 1.203,93 •) gerichtete Klage war in beiden Vorinstanzen erfolgreich. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die [X.] ihren [X.] auf Klageabweisung weiter.
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Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.

[X.]

Das Berufungsgericht hat die zwischen den Parteien strittige Frage, ob das Parzellengebiet "[X.]" eine Kleingartenanlage ist, offen gelas-sen. Selbst wenn der Pachtzins aufgrund von § 5 Abs. 1 [X.] begrenzt sein sollte, könne sich die [X.] hierauf nach [X.] und Glauben nicht beru-fen. Sie ziehe Vorteile daraus, daß der Kläger entgegen § 3 Abs. 2 [X.] die Nutzung unter anderem ihrer Parzelle als [X.] dulde. [X.] jene atypischen Verhältnisse hätten dazu geführt, daß sich der Kläger veranlaßt gesehen habe, dem [X.] eine höhere Pacht zuzugestehen. Der Kläger sei darauf angewiesen, die so entstandenen höheren Kosten zu amortisieren. Anderenfalls könne er die Pacht nicht mehr zahlen, so daß der Fortbestand des [X.] und damit der [X.] sei. Hinzu trete, daß die [X.] sich nicht auf den Bestandsschutz des § 18 Abs. 2 [X.] berufen könne. Da sie nach dem [X.] nicht gerechtfertigte Vorteile in Anspruch nehme, dürfe sie sich nicht zum Nachteil aller anderen Vereinsmitglieder auf den Schutz dieses Gesetzes beru-fen.

I[X.] - 5 -

Dies hält den Beanstandungen der Revision nicht stand.

Das Berufungsgericht hätte entscheiden müssen, ob das zwischen den Parteien bestehende [X.] dem [X.] un-terliegt. Ist dieses Gesetz anwendbar, bleibt der Anspruch des [X.] grund-sätzlich auf Zahlung von [X.] nach § 5 Abs. 1 [X.] und von [X.] gemäß § 18 Abs. 2 Satz 2 [X.] begrenzt. Unterliegt das Rechtsverhältnis hingegen nicht dem Kleingartenrecht, ist für den Pachtzinsanspruch allein § 12 Abs. 3 der Satzung des [X.] in den durch § 315 Abs. 1 und 3 [X.] gesetzten Grenzen maßgebend. Die Vorausset-zungen und unter Umständen die Rechtsfolgen beider Anspruchsgrundlagen sind verschieden.

1. Bei der Entscheidung, ob das [X.] auf den zwi-schen den Parteien geschlossenen Vertrag anzuwenden ist, ist unter anderem folgendes zu beachten.

Ein Pachtvertrag, der dem [X.] unterliegt, setzt un-beschadet der im Vertrag verwendeten Bezeichnungen voraus, daß die [X.] die Überlassung einer Grundfläche zur Nutzung als Kleingarten im Sinne von § 1 Abs. 1 [X.] bezweckten ([X.], [X.], 8. Aufl., § 4 Rn. 1). Bedingung hierfür ist, daß der Garten dem Pächter zur kleingärtnerischen Nutzung dienen soll (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) und in einer Kleingartenanlage liegt (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 [X.]).
- 6 -

a) Die kleingärtnerische Nutzung durch den Pächter nach Nummer 1 der vorgenannten Bestimmung umfaßt die nicht erwerbsmäßige gärtnerische Nut-zung, insbesondere die Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den [X.] und die Erholungsnutzung.

[X.]) Mit einer kleingärtnerischen Nutzung unvereinbar ist hingegen der Gebrauch zum dauernden Wohnen (Begründung der Bundesregierung zum [X.], BT-Drucks. 9/1900, S. 13; [X.] [X.]O, § 18 Rn. 5; [X.], [X.], 2. Aufl., § 1 Rn. 11, § 3 Rn. 17). Dies folgt aus § 3 Abs. 2 Satz 2 [X.], nach dem Lauben nach ihrer Beschaf-fenheit nicht zum dauernden Wohnen geeignet sein dürfen.

Eine Ausnahme gilt gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 [X.] für die Klein-gärtner, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des [X.]es am 1. April 1983 (§ 22 [X.]) befugt waren, ihre Laube zu Wohnzwecken zu nutzen. Diese Bestimmung dient, ebenso wie § 18 Abs. 1 [X.], der Si-cherung des auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG beruhenden Bestandsschutzes für Altfälle ([X.] [X.]O, § 18 Rn. 1). Das bestandsgeschützte Recht zur Wohn-nutzung ist, wie sich aus dem Wortlaut von § 18 Abs. 2 Satz 1 [X.] ergibt, nicht an die Laube gebunden, sondern an die Nutzer, die aus dem zum [X.] bestehenden Pachtvertrag berechtigt sind ([X.] [X.]O, Rn. 6; [X.] [X.]O, § 18 Rn. 1; vgl. auch: [X.] in Ernst/[X.]/[X.], BauGB, Stand Mai 2003, § 18 [X.] Rn. 4, 7). Die rechtmäßige Wohnnutzung der Laube endet mit der Beendigung des Pachtverhältnisses des geschützten [X.]. Die Begründung eines neuen Wohnnutzungsrechts mit dem nachfolgen-den Kleingärtner scheitert an § 3 Abs. 2 Satz 2 [X.] ([X.] [X.]O). Die [X.] gehört nicht zu dem gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 [X.] privilegier-- 7 -

ten Personenkreis, da sie das [X.] mit dem Kläger erst 1989 begründet hat.

Für den hier zu beurteilenden Fall folgt daraus, daß das [X.] auf das zwischen den Parteien bestehende [X.] dann nicht anzuwenden ist, wenn sie sich zum Zeitpunkt des Vertragsschlus-ses darüber einig waren, daß die [X.] die ihr überlassene Parzelle zum [X.] nutzen sollte. Hierzu hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen. Die [X.] wäre auch dann nicht anders zu beurteilen, wenn die Parteien gemeinsam dem Rechtsirrtum erlegen gewesen wären, die "altrechtliche" Befugnis, eine Laube zu Wohnzwecken zu benutzen, würde auch nach Inkrafttreten des Bun-deskleingartengesetzes für einen Nachpächter gelten.

[X.]) Weiterhin muß bei Vertragsschluß vorgesehen gewesen sein, daß die [X.] die Parzelle zu einem wesentlichen Teil zur Gewinnung von [X.] für den Eigenbedarf nutzen sollte. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] umfaßt die kleingärtnerische Nutzung zwar auch den [X.]. Dennoch bleibt die Erzeugung von Obst, Gemüse und anderen pflanz-lichen Produkten notwendiger Bestandteil der kleingärtnerischen Nutzung, für die ein wesentlicher Teil der Gartenfläche verwendet werden muß ([X.] [X.]O, § 1 Rn. 9, der sogar verlangt, daß die Rasen- und Zierbepflanzung nicht überwiegt; [X.] [X.]O, § 1 Rn. 9). Auch hierzu sind Feststellungen des [X.] erforderlich.

b) Bei der gegebenenfalls erforderlichen weiteren Prüfung, ob die an die [X.] überlassene Parzelle zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses einer - 8 -

Kleingartenanlage zugehörte (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 [X.]), sind insbesondere die folgenden Gesichtspunkte zu beachten.

[X.]) Neben der vorgesehenen Nutzung der einzelnen an die [X.] verpachteten Grundfläche ist zu klären, in welchem Umfang die Gesamtheit der Parzellen in der Anlage des [X.] der Gewinnung von [X.] zum Eigenbedarf dienten. Da prägendes Merkmal des Kleingartens die Erzeugung von Obst, Gemüse und anderen pflanzlichen Produkten ist (vgl. oben unter [X.]. a [X.]), muß diese Art der Grundstücksnutzung auch den Charak-ter der Gesamtanlage wesentlich mit bestimmen. Tritt die gärtnerische Nutzung im engeren Sinne nicht mehr anlageprägend in Erscheinung und dominiert nach dem Gesamteindruck des Komplexes die reine Erholungsnutzung, liegt keine Anlage im Sinne des [X.]es vor. Anlaß, sich in dem hier zur Entscheidung stehenden Fall mit diesen Fragen auseinander zu [X.], besteht für die Parteien und das Berufungsgericht nicht zuletzt aufgrund der Feststellung der Zivilkammer – des [X.] in dem vom Kläger zu den Akten gereichten Urteil aus dem Jahr 1975. Danach stand be-reits von Anbeginn des [X.] die Freizeit- und Erholungs-nutzung des Geländes am Wochenende im Vordergrund. Hingegen liegt nach der im Schriftsatz der [X.]n vom 3. April 2003 wiedergegebenen [X.] Äußerung vom 18. Juni 1984 ein Kleingarten im Sinne des § 1 Abs. 1 [X.] vor.

[X.]) Eine Kleingartenanlage im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist nicht allein aufgrund der Tatsache zu verneinen, daß mehrere Parzellen mit Gebäuden, die Wohnzwecken dienen, bebaut sind.
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(1) Wie bereits unter [X.]. a [X.]) ausgeführt, läßt § 18 Abs. 2 Satz 1 [X.] die Wohnnutzung von [X.] in [X.] zu, mag auch der einzelne ([X.] zu einer solchen Nutzung nicht befugt sein.

Diese der Sicherung des Bestandsschutzes dienende Vorschrift zeigt, daß derartige Bauten in einer Anlage nicht grundsätzlich der Anwendung des [X.]es entgegenstehen. Selbst wenn das einzelne Ge-bäude überwiegend zu Wohnzwecken genutzt wird, kann das Kleingartenrecht weiterhin maßgeblich bleiben (Senatsurteile vom 24. Juli 2003 - [X.] - [X.] 2003, 538, 539 f, für [X.] 156, 71 vorgesehen, und vom 13. Februar 2003 - [X.]/02 - [X.] 2003, 391, 392 m.w.N. zu § 20a Nr. 8 [X.], der die gleichgelagerte Problematik für das Beitrittsgebiet regelt).

(2) Dies bedeutet jedoch nicht, daß für die rechtliche Einordnung einer Anlage die Beschaffenheit und die Art der Nutzung der auf den Parzellen [X.] Baulichkeiten belanglos sind und nur die gärtnerische Nutzung von Bedeutung ist. Vielmehr sind bei der Beurteilung einer Anlage die vorhandenen Baulichkeiten sowie Art und Umfang ihrer Nutzung in den Blick zu nehmen und bei der anzustellenden Gesamtabwägung zu berücksichtigen (hierzu [X.] Senatsurteil vom 24. Juli 2003, [X.]O, [X.]).

Ein Wochenendhaus oder gar ein mit den notwendigen Versorgungsein-richtungen ausgestattetes, Wohnzwecken dienendes Eigenheim stellt in einer Kleingartenanlage einen Fremdkörper dar (vgl. Begründung der [X.] zum [X.], [X.]O). Das Übergangsrecht gewährt sol-chen Baulichkeiten unter Berücksichtigung der Rechtswirklichkeit zum Zeit-punkt des Inkrafttretens des [X.]es Bestandsschutz. - 10 -

Dementsprechend steht auch das Vorhandensein mehrerer solcher Gebäude der Bewertung eines Gesamtareals als Kleingartenanlage nicht notwendig [X.]. Dies bedeutet aber nicht, daß die § 3 Abs. 2 [X.] zugrundeliegen-den Maßstäbe völlig zurücktreten (Senatsurteil vom 24. Juli 2003, [X.]O). [X.] die dem Charakter einer Kleingartenanlage widersprechenden Bau-werke den Gesamteindruck der Anlage so sehr, daß die ansonsten auf den Parzellen anzutreffende kleingärtnerische Nutzung (Erzeugung von Obst, Ge-müse und anderen Früchten) nicht mehr anlageprägend in Erscheinung tritt, besteht keine Anlage im Sinne des [X.]es (mehr) ([X.] vom 24. Juli 2003, [X.]O, vgl. auch [X.] 139, 235, 240).

(3) Die unter diesen Gesichtspunkten erforderliche Würdigung des Ge-samtcharakters der Anlage ist in erster Linie Sache des Tatrichters, dessen Be-urteilung nur eingeschränkt der revisionsgerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Insbesondere ist es dem Revisionsgericht verwehrt, feste Bewertungsmaßstä-be zur Berücksichtigung einzelner Nutzungselemente vorzugeben, anhand de-ren sich eine gewissermaßen rechnerisch exakte Qualifizierung der Anlage vornehmen läßt. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 24. Juli 2003 ([X.]O, [X.]) ausgeführt hat, sind ungeachtet dessen diejenigen Parzellen, die mit zum [X.] geeigneten Häusern bebaut sind, bei der Bewertung der Anlage nicht als kleingärtnerisch genutzte Flächen zu veranschlagen. Dies gilt selbst dann, wenn auf diesen Parzellen noch Obst, Gemüse oder sonstige Früchte gezogen werden. Die Art der Bebauung widerspricht bei derart ge-mischt verwendeten Flächen in so erheblicher Weise einer kleingärtnerischen Nutzung, daß die verbliebene Fruchtziehung vollständig in den Hintergrund tritt. Bei der Beurteilung des Gesamtcharakters der Anlage sind in gleicher Weise diejenigen Grundstücke zu berücksichtigen, auf denen ein mit allen Ver-- 11 -

sorgungseinrichtungen versehenes und auch im übrigen die Voraussetzungen für eine Wohnnutzung erfüllendes Gebäude errichtet ist, das nur deshalb nicht zur Benutzung in der Winterzeit geeignet ist, weil es nicht geheizt werden kann (Senatsurteil vom 24. Juli 2003, [X.]O; vgl. auch [X.], Urteil vom 30. April 2003 - [X.] - [X.] 2003, 445). Grundstücke, die in dieser Weise genutzt wer-den, widersprechen in fast ebenso gravierender Weise dem Leitbild der klein-gärtnerischen Nutzung wie ein Wohnhaus.

Der Senat hat in seinem Urteil vom 24. Juli 2003 ([X.]O, S. 541) weiter ausgeführt, daß eine Gesamtanlage jedenfalls dann nicht mehr als Kleingarten-anlage angesehen werden kann, wenn mehr als die Hälfte der Parzellen mit Eigenheimen oder diesen nahekommenden Baulichkeiten bebaut ist (vgl. auch Senatsurteile vom 18. März 2004 - [X.]/03 - zur [X.] in [X.]R vorgesehen, und [X.]). Eine Kleingartenanlage kann im Einzel-fall aber auch dann schon nicht mehr vorliegen, wenn diese Bebauung auf [X.] als der Hälfte der Parzellen anzutreffen ist (Senatsurteil vom 18. März 2004 - [X.]/03).

Diese Ausführungen gelten mit der Maßgabe, daß sich diese Nutzung der Baulichkeiten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Dezember 1989 bereits so sehr verfestigt hatte, daß sie den Charakter der Anlage gleichsam unumkehrbar prägte: Dies ist zu bejahen, wenn der Eigentümer und der Haupt-pächter die Beseitigung der Baulichkeit oder das Unterlassen der [X.] nicht verlangen konnten, sei es, weil dieser Gebrauch nach § 18 [X.] bestandsgeschützt war oder weil die in Widerspruch zum Kleingartenrecht stehende Nutzung im Einvernehmen mit dem Eigentümer und dem Hauptpäch-- 12 -

ter aufgenommen oder bereits solange geduldet wurde, daß ein Beseitigungs- oder Unterlassungsbegehren rechtsmißbräuchlich gewesen wäre (vgl. [X.] [X.]O, § 3 Rn. 40, 41).

Das Berufungsgericht wird, sofern es das Vorliegen einer Kleingartenan-lage nicht bereits aus anderen Gründen verneint, die erforderlichen Feststel-lungen nachzuholen haben.

2. Sollten die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 [X.] vorliegen, richtet sich der [X.]zinsanspruch des [X.] nach § 5 [X.]. Neben der sich nach dieser Bestimmung zu berechnenden Pacht schuldet die [X.] das sogenannte [X.] gemäß § 18 Abs. 2 Satz 2 [X.]. Nach dieser Vorschrift kann der Verpächter für die Nutzung einer Wohnzwek-ken dienenden Laube ein zusätzliches angemessenes Entgelt verlangen.

a) Voraussetzung für den [X.]anspruch ist nach dem Wortlaut der Bestimmung, daß der Kleingärtner gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 [X.] zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des [X.]es am 1. April 1983 (§ 22 [X.]) befugt war, die Laube zu Wohnzwecken zu nut-zen. Die [X.] gehört zwar nicht zu diesem Personenkreis (siehe oben un-ter Nr. 1 [X.]. a [X.]). Dies schließt aber die Anwendung von § 18 Abs. 2 Satz 2 [X.] auf Fälle wie den vorliegenden, in denen der Verpächter eine nicht bestandsgeschützte Wohnnutzung duldet, nicht aus. Vielmehr muß derjenige, der sich ohne Berechtigung nach § 18 Abs. 2 Satz 1 [X.] wie ein nach dieser Bestimmung privilegierter Kleingärtner verhält, erst recht den finanziel-len Ausgleich, den das Gesetz dem geschützten Nutzer für die Inanspruch-nahme von [X.] auferlegt, tragen. Die [X.] hat dementspre-- 13 -

chend für die Wohnnutzung der Laube ein zusätzliches angemessenes Entgelt zu entrichten.

b) Die Höhe des Entgelts richtet sich nach einer angemessenen Verzin-sung des Verkehrswerts der überbauten Grundfläche ([X.] 117, 394, 397 f; zustimmend: [X.] [X.]O, § 18 Rn. 7; [X.] [X.]O, § 18 Rn. 7). Der Wert die-ser Fläche ist nach den für bebaute Grundstücke ermittelten Verkehrswerten zu bestimmen ([X.]; [X.]; [X.] jew. [X.]O). Bei der Ermittlung des für die Verzinsung maßgebenden Faktors ist von dem Satz auszugehen, mit dem der Verkehrswert von Grundstücken im Durchschnitt marktüblich verzinst wird. [X.] nach [X.] Gesichtspunkten sind zulässig ([X.] S. 398; [X.]; [X.] jew. [X.]O). Hierbei kann insbesondere auch von Bedeutung sein, daß die [X.] als nicht bestandsgeschützte Nutzerin des Gebäudes grundsätzlich sozial weniger schutzwürdig ist als ein nach § 18 Abs. 2 Satz 1 [X.] privilegierter Kleingärtner. Andererseits wird es auch zu [X.] sein, falls die [X.] wegen der langjährigen Wohnnutzung Vertrau-ensschutz gegenüber dem Kläger genießen sollte.

Zu den vorstehenden Kriterien fehlen hinreichende Feststellungen des Berufungsgerichts.

Soweit das angemessene Entgelt den vom Kläger veranschlagten und von der [X.]n gezahlten Betrag von 13,20 DM je Quadratmeter überstei-gen sollte, ist der Kläger nicht gehindert, den Mehrbetrag geltend zu machen. Die Summe von 13,20 DM ist ersichtlich nur unter der Maßgabe als verbindlich anzusehen, daß die [X.] auch im übrigen den veranschlagten [X.] - hier 2,20 DM je Quadratmeter gärtnerische Nutzfläche - akzeptieren. - 14 -

c) Da § 18 Abs. 2 Satz 2 [X.] die entgegengesetzten Interessen der Parteien wegen der § 3 Abs. 2 [X.] widersprechenden Nutzung der Parzelle durch die [X.] zum Ausgleich bringt, bedarf es grundsätzlich nicht mehr des vom Berufungsgericht für richtig gehaltenen Rückgriffs auf § 242 [X.] (vgl. zum grundsätzlichen Ausschluß des Rückgriffs auf § 242 [X.], wenn besondere gesetzliche Regelungen einem Interessenkonflikt bereits Rechnung tragen: [X.], Urteil vom 6. Mai 1985 - [X.] - NJW 1985, 2579, 2580; [X.]/[X.], [X.], 4. Aufl., § 242 Rn. 112a; [X.]/[X.], [X.], 13. Bearb., § 242 Rn. 253). Dieser kann allenfalls in Betracht kommen, wenn sich innerhalb des von § 18 Abs. 2 Satz 2 [X.] vorgegebenen [X.] aufgrund einer atypischen Situation ein angemessener Interessenaus-gleich nicht erzielen läßt und dies zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen würde. Dies wäre bei Eintritt der vom Kläger geltend gemachten [X.], falls die [X.] keine auskömmliche [X.] entrichtet, nicht von vornherein ausgeschlossen.

Der Anwendung von § 242 [X.] stehen die Pachtpreisbindung im Bun-deskleingartengesetz (§ 5 Abs. 1 [X.]) und ihre sozialpo[X.]ische Funktion (vgl. hierzu: [X.] 87, 114, 146; Begründung der Bundesregierung zum Ent-wurf eines Gesetzes zur Änderung des [X.]es, BT-Drucks. 12/6154, S. 6; [X.] [X.]O, § 5 Rn. 1, 6) nicht entgegen. [X.] sind Rechtsverhältnisse, die dem allgemeinen Schuldrecht und damit auch § 242 [X.] unterliegen ([X.] [X.]O, § 4 Rn. [X.]). Der in § 242 [X.] bestimmte Grundsatz von [X.] und Glauben gilt für das gesamte Schuldrecht (z.B.: [X.]/[X.] [X.]O, Rn. 78). Auch die Berufung auf zwingendes Recht kann im Einzelfall treuwidrig sein ([X.]/[X.] [X.]O, - 15 -

Rn. 253 f), wie es etwa bei Verstößen gegen die Beurkundungspflicht nach § 311b Abs. 1 [X.] (§ 313 [X.] a.F.) unter anderem im Fall der Existenzge-fährdung eines Vertragsteils anerkannt ist (z.B.: [X.], Urteil vom 10. Oktober 1986 - [X.] - NJW 1987, 1069, 1070 m.w.N.). Der sozialpo[X.]ische Schutzzweck der Preisbindung gemäß § 5 Abs. 1 [X.] und § 18 Abs. 2 Satz 2 [X.] kann deshalb ebenfalls hinter anderen Belangen zurücktreten.

Bei einer etwaigen Prüfung, ob § 242 [X.] anzuwenden ist, ist zu be-achten, daß die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vom Gericht vorzunehmende Interessenabwägung nicht die Grenzen zu einer rei-nen Billigkeitsjustiz überschreiten darf (z.B.: [X.], Urteil vom 6. Mai 1985, [X.]O; [X.]/[X.]/[X.], [X.], § 242 Rn. 49; [X.]/[X.], [X.], 63. Aufl., § 242 Rn. 2). Nicht jede Unbilligkeit oder Verschiebung der Gewichte in der Interessenlage rechtfertigen ein Abweichen von den gesetzlich vorgese-henen Rechtsfolgen ([X.]/[X.]/[X.] [X.]O). Insbesondere müßte im hier zu beurteilenden Fall abgewogen werden, ob es allein in die [X.] des [X.] fällt, daß er in den Verhandlungen mit dem [X.] einen Pachtzins vereinbart hat, der den nach dem Bundeskleingar-tengesetz geschuldeten übersteigt und somit über die [X.]en nicht wie-der amortisierbar ist. Bei der Interessenabwägung wäre auch zu bedenken, inwieweit dieses Risiko für den Kläger vorhersehbar war (vgl. [X.]/[X.]/[X.] [X.]O, Rn. 19 f). Weiterhin wäre zu prüfen, ob der Kläger im Hinblick auf den bindenden Charakter der Preisvorschriften des [X.]es in der Lage ist, sich von den [X.] mit dem Grundstückseigentümer zu lösen, um die geltend gemachte Existenzge-fährdung abzuwenden.
- 16 -

[X.] wird das Berufungsgericht noch ergänzende Feststellungen treffen müssen, wenn es erwägen sollte, § 242 [X.] erneut heranzuziehen.
3. Kommt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, daß das Rechtsverhält-nis der Parteien nicht dem [X.] unterliegt, kann sich der vom Kläger geltend gemachte Pachtzinsanspruch aus § 12 Abs. 3 seiner [X.] und der darin vorgesehenen Festsetzung durch den Vorstand des [X.] ergeben. Aufgrund dieser Satzungsbestimmung ist ihm ein Leistungsbe-stimmungsrecht eingeräumt, das er gemäß § 315 Abs. 1, 3 [X.] nach billigem Ermessen auszuüben hat. Die Beurteilung, ob der der [X.]n in Rechnung gestellte Betrag billigem Ermessen entspricht, ist anhand des Sachvortrags der Parteien und der von ihnen vorgelegten Unterlagen allerdings derzeit nicht möglich. Der Rechnung vom 8. Mai 2000, der dazu gegebenen Erläuterung vom selben Tag sowie dem Rundschreiben vom 22. Dezember 1999 sind zwar die einzelnen Pachtpreise pro Quadratmeter zu entnehmen, nicht aber die ihnen zugrundeliegende rechnerische Kalkulation und die maßgebenden Grün-de für die Verteilung der Pachtsumme auf die verschiedenen [X.]. Insoweit werden gegebenenfalls der Kläger ergänzend vorzutragen und das Berufungsgericht zusätzliche Feststellungen zu treffen haben.

II[X.]

Da dem Revisionsgericht aufgrund der noch ausstehenden tatsächlichen Feststellungen eine eigene Sachentscheidung nicht möglich ist, ist das Beru-fungsurteil aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 3 ZPO). - 17 -

[X.] [X.] [X.]

[X.] [X.]

Meta

III ZR 163/03

22.04.2004

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.04.2004, Az. III ZR 163/03 (REWIS RS 2004, 3534)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 3534

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