Bundessozialgericht, Urteil vom 11.03.2014, Az. B 11 AL 10/13 R

11. Senat | REWIS RS 2014, 7233

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Arbeitslosengeld - Bemessung - freiwillig weiterversicherter Selbstständiger - Leistungsentgelt - Lohnsteuerklasseneintrag


Leitsatz

Für die Berechnung des Arbeitslosengelds der in der Arbeitslosenversicherung auf Antrag pflichtversicherten Selbstständigen ist auch dann auf die in der Lohnsteuerkarte eingetragene Lohnsteuerklasse abzustellen, wenn wegen selbstständiger Tätigkeit im Bemessungszeitraum ein Lohnsteuerabzugsverfahren nicht stattgefunden hat.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 21. Februar 2013 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Kläger in der [X.] vom 1. bis 3.10.2007 Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld hat.

2

Der Kläger war vom [X.] bis 30.6.2006 als Rechtsanwalt abhängig beschäftigt. Für das [X.] war in seiner Lohnsteuerkarte die [X.] und in der Lohnsteuerkarte der Ehefrau die [X.] eingetragen. Zum [X.] schloss er einen Partnervertrag mit den Rechtsanwälten [X.], [X.] und Kollegen aus H., mit denen er nun selbstständig in M. tätig war. Der Kläger wurde aus der Sozialversicherung abgemeldet. Er beantragte die Begründung eines Versicherungspflichtverhältnisses in der Arbeitslosenversicherung, das die beklagte [X.] ([X.]) bis zur Beendigung des [X.] am 30.9.2007 durchführte.

3

Am 4.9.2007 beantragte der Kläger für eine beabsichtigte selbstständige Tätigkeit als Rechtsanwalt einen Gründungszuschuss. Die Beklagte bewilligte diesen für die [X.] vom 4.10.2007 bis 7.7.2008 (nur) in Höhe von 1563,60 Euro monatlich. Das auf höheren Gründungszuschuss gerichtete Klageverfahren ruht mit Rücksicht auf den vorliegenden - insoweit präjudiziellen - Rechtsstreit über höheres Arbeitslosengeld ([X.]).

4

Am 13.9.2007 meldete sich der Kläger mit Wirkung zum 1.10.2007 bei der [X.] arbeitslos, beantragte [X.] und meldete sich zum 4.10.2007 sogleich wieder aus dem Leistungsbezug ab, weil er eine selbstständige Tätigkeit als Rechtsanwalt aufnehme. In seinem Antrag gab er auf die Frage nach der am Jahresbeginn eingetragenen Lohnsteuerklasse an: "Einkommensteuer". Die Beklagte bewilligte ihm für die fraglichen drei Tage [X.] bemessen nach [X.]I bei einem Leistungssatz von 25,61 Euro täglich und erhöhte dieses auf den Widerspruch des [X.] unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze Ost auf 41,37 Euro täglich (Änderungsbescheid vom 17.1.2008).

5

Auch hiergegen erhob der Kläger Widerspruch; weder seien das [X.] von täglich 151,67 Euro nachvollziehbar noch die zugrunde gelegte [X.]I. Vielmehr sei das [X.] nach [X.] zu berechnen, weil seine Ehefrau deutlich weniger verdiene als er. Die Beklagte holte beim Einwohnermeldeamt der Stadt [X.] eine Auskunft ein. Danach war dem Kläger für 2007 eine Lohnsteuerkarte mit [X.], seiner Ehefrau eine solche mit [X.] ausgestellt worden. Mit Bescheid vom 8.7.2008 bewilligte die Beklagte nunmehr [X.], berechnet nach einem Entgelt in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze Ost und [X.]; es ergab sich ein Leistungssatz von täglich 42,12 Euro. Mit zugleich ergangenem Widerspruchsbescheid vom 8.7.2008 wies die Beklagte den Widerspruch des [X.] gegen den Bescheid vom 17.1.2008 als unzulässig und den Widerspruch gegen die Bescheide vom 1.11.2007 und 8.7.2008 als unbegründet zurück. Das [X.] sei unter Berücksichtigung der für die neuen Bundesländer geltenden Beitragsbemessungsgrenze festgesetzt worden. Der Berechnung des [X.] sei zutreffend die [X.] zugrunde gelegt worden.

6

Der Kläger hat vor dem Sozialgericht ([X.]) Klage erhoben. Es sei unzutreffend, auf die aktuelle Steuerkarte abzustellen, weil er als Selbstständiger keine Lohnsteuer zu entrichten habe. Deshalb könne die ausgestellte Lohnsteuerklasse nicht maßgeblich sein. Vielmehr müsse das [X.] nach [X.] berechnet und bewilligt werden. Das [X.] hat die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen (Urteil vom 27.1.2011). Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung von höherem [X.]. Die Beklagte habe der Berechnung der Leistung zutreffend [X.] zugrunde gelegt.

7

Der Kläger hat Berufung zum [X.] (L[X.]) eingelegt. Er ist dabei geblieben, dass bei einem Selbstständigen nicht auf die Eintragung in der Lohnsteuerkarte abgestellt werden könne. Zwar habe er einen Lohnsteuerklassenwechsel veranlassen können. Ein solcher Wechsel wäre aber nachteilig gewesen. Er sei an eine unzweckmäßige Lohnsteuerklassenwahl nicht gebunden.

8

Das L[X.] hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 21.2.2013). Grundsätzlich sei die Eintragung auf der Lohnsteuerkarte 2007 zu Beginn des Jahres maßgeblich, hier also [X.]. Allerdings habe der selbstständige Kläger keine Lohnsteuerkarte bekommen müssen. Deshalb spreche viel dafür, der Eintragung keine Bedeutung beizumessen. Letztlich könne dies aber dahinstehen; denn wenn dem Kläger keine Lohnsteuerkarte ausgestellt worden wäre, hätte sein [X.] dennoch nach der [X.] bemessen werden müssen. Mangels Ausstellung einer Lohnsteuerkarte sei maßgeblich, welche Lohnsteuerklasse eingetragen worden wäre, wenn eine Lohnsteuerkarte ausgestellt worden wäre (unter Hinweis auf B[X.] vom [X.] - RdNr 18). Da die Lohnsteuerklasse des [X.] mit der Lohnsteuerklasse seiner Ehefrau korrespondieren müsse und bei dieser [X.] eingetragen gewesen sei, habe der Kläger nur die [X.] erhalten können.

9

Der Kläger hat die vom L[X.] zugelassene Revision eingelegt. Er rügt, das Urteil des L[X.] verletze § 133 Abs 1 S 2 Nr 2 [X.]B III idF bis 31.3.2012. Für die Berechnung des [X.] sei in seinem Fall die Eintragung auf der Lohnsteuerkarte 2007 nicht maßgeblich, weil sie für ihn keine Bedeutung habe. Auch habe das L[X.] nicht fiktiv prüfen dürfen, welche Lohnsteuerklasse ausgehend von derjenigen der Ehefrau einzutragen wäre. Vielmehr sei die Steuerklasse zugrunde zu legen, die den tatsächlichen Lebensverhältnissen entspreche. Bei Selbstständigen könne nur auf die Einkünfte des jeweiligen Kalenderjahres abgestellt werden. Nach dem Gewicht der erzielten Einkünfte wäre für den Kläger die [X.], für die Ehefrau die [X.] die sachgerechte Steuerklasse gewesen. Die Erwägung des L[X.], er habe die Möglichkeit zum Steuerklassenwechsel gehabt, sei theoretisch zwar nicht völlig abzulehnen, es sei aber schon zweifelhaft, ob das Finanzamt einem entsprechenden Antrag des [X.] gefolgt wäre.

Der Kläger beantragt,
die Urteile des [X.]s Sachsen-Anhalt vom 21. Februar 2013 und des [X.] vom 27. Januar 2011 aufzuheben sowie die Bescheide der [X.] vom 1. November 2007, 17. Januar 2008, 8. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Juli 2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm vom 1. bis 3. Oktober 2007 Arbeitslosengeld berechnet nach [X.] zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Die Revision sei jedenfalls unbegründet. Zutreffend sei das L[X.] davon ausgegangen, dass das [X.] eines freiwillig versicherten Selbstständigen unter Berücksichtigung derjenigen Lohnsteuerklasse zu bemessen sei, die mit der Lohnsteuerklasse der Ehegattin korrespondiere.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.] ist in der Sache unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 170 [X.] 1 S 1 SGG).

Gegenstand der Revision ist eine Anfechtungsklage gegen die Begrenzung der Höhe des bewilligten [X.] im Bescheid vom 1.11.2007, den [X.] vom 17.1.2008 und vom 8.7.2008, die gemäß § 86 [X.] 1 SGG Gegenstand des Vorverfahrens geworden sind, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheids - ebenfalls - vom 8.7.2008 sowie - damit verbunden - eine auf höheres, nach [X.] berechnetes [X.] gerichtete Leistungsklage. Diese kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 [X.] 1 und 4, § 56 SGG) ist auch ohne exakte Bezifferung der Höhe der begehrten Leistung zulässig (BSG vom [X.] - B 7 AL 46/01 R - [X.], [X.] 137 und Juris).

Die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtswidrig und verletzen den [X.]läger nicht in seinen Rechten. Der [X.]läger hat für die [X.] vom 1. bis 3.10.2007 keinen Anspruch auf Zahlung von höherem, nach der [X.] bemessenem [X.].

1. Das [X.] hat mangels hiergegen gerichteter Verfahrensrügen für den Senat bindend festgestellt (§ 163 SGG), dass der [X.]läger die Voraussetzungen für den Bezug von [X.] nach den §§ 117 f [X.] idF vom 19.11.2004 ([X.] aF) erfüllte. Er war arbeitslos, meldete sich arbeitslos und erfüllte die Anwartschaftszeit (§ 118 [X.] 1 [X.] aF), weil er nach dem Ende seiner letzten abhängigen Beschäftigung ein Versicherungsverhältnis auf Antrag nach § 28a [X.] begründet und innerhalb der Rahmenfrist von zwei Jahren mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat.

Der [X.]läger stand nicht in einer Beschäftigung, war also beschäftigungslos, bemühte sich, die [X.] zu beenden, und war verfügbar (§ 119 [X.] 1 [X.] aF), weil er bereit gewesen ist, eine mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung auszuüben.

Zwar erscheint es bei lebensnaher Betrachtungsweise durchaus fraglich, ob ein selbstständig Tätiger, dessen Tätigkeit am [X.] endet, für drei Tage eine abhängige Beschäftigung sucht (§ 119 [X.] 1 [X.] 1 [X.] aF), wenn er - wie vorliegend - schon vor der Arbeitslosmeldung am 4.9.2007 einen Antrag auf Gründungszuschuss stellt, sich mit der Arbeitslosmeldung ab dem 4.9.2007 wieder aus dem [X.]-Bezug abmeldet und damit deutlich macht, dass er wenige Tage nach dem Ende der letzten selbstständigen Tätigkeit wiederum eine selbstständige Tätigkeit aufnehmen möchte. In solchen Fällen ist auch zweifelhaft, ob ein solcher Arbeitsloser tatsächlich bereit ist, in dem verbleibenden [X.]raum von drei Tagen eine abhängige Beschäftigung aufzunehmen (§ 119 [X.] 1 [X.] 3 iVm [X.] 5 [X.] aF). Denkbar erschiene auch, dass er zwischen den beiden Tätigkeiten nur eine kurze zeitliche Lücke gelassen hat, um den Anspruch auf [X.] und diesem nachfolgend den Anspruch auf Gründungszuschuss entstehen zu lassen.

Diese Fragen müssen aber dahingestellt bleiben, weil das [X.] für den Senat bindend festgestellt hat, dass der [X.]läger beschäftigungssuchend und verfügbar war; insbesondere sei er bereit gewesen, eine mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende abhängige Beschäftigung aufzunehmen.

2. Die Beklagte hat die Höhe des Anspruchs auf [X.] zutreffend berechnet.

Nach § 129 [X.] 1 [X.] aF beträgt das [X.] für Arbeitslose, die mindestens ein [X.]ind iS des § 32 [X.] 1, 3, 5 Einkommensteuergesetz (EStG) haben, [X.] des pauschalierten Nettoentgelts (erhöhter Leistungssatz), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Der Bemessungsrahmen wird gemäß § 130 [X.] 3 [X.] 1 [X.] aF auf zwei Jahre erweitert, weil der [X.]läger im einjährigen Bemessungszeitraum (§ 130 [X.] 1 [X.] aF) weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt hat. Im erweiterten Bemessungsrahmen vom 1.10.2005 bis [X.] liegen 273 Tage mit Bezug von Arbeitsentgelt, sodass es keiner fiktiven Bemessung bedarf. Das [X.] ist gemäß § 131 [X.] aF das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Im Bemessungszeitraum erzielte der [X.]läger ein Entgelt von 57.100 Euro, woraus sich ein durchschnittliches tägliches Entgelt von 172,53 Euro errechnen würde. Dieses Entgelt wird aber gemäß § 341 [X.] nur bis zum Beitrag von 1/360 der Beitragsbemessungsgrenze der [X.] ([X.]) für den [X.]alendertag berücksichtigt, weil der [X.]läger es in den neuen Bundesländern erzielte und es nur in dieser Höhe beitragspflichtig war (§ 131 [X.] 1 S 1 [X.] aF). Die [X.] lag 2007 bei 4550 Euro monatlich oder 151,67 Euro täglich. Dieser Betrag ist der Bemessung des [X.] als [X.] zugrunde gelegt worden.

Gemäß § 133 [X.] 1 [X.] idF des 4. Gesetzes zur Änderung des [X.] und anderer Gesetze vom 19.11.2004 ([X.]; im Folgenden: § 133 [X.] aF) ist das Leistungsentgelt das um pauschalierte Abzüge verminderte [X.]. Vom [X.] sind abzuziehen
1. eine Sozialversicherungspauschale in Höhe von [X.] des [X.]s,
2. die Lohnsteuer nach der [X.], die sich nach dem vom [X.] aufgrund des § 51 [X.] 4 [X.] 1a EStG bekannt gegebenen [X.] bei Berücksichtigung der [X.] nach § 10c [X.] 2 EStG in dem Jahr, in dem der Anspruch entstanden ist, ergibt und
3. der Solidaritätszuschlag.
Bei der Berechnung der Abzüge nach den [X.] 2 und 3 sind Freibeträge und Pauschalen, die nicht jedem Arbeitnehmer zustehen, nicht zu berücksichtigen.

Nach § 133 [X.] 2 S 1 [X.] aF richtet sich die Feststellung der Lohnsteuer nach der Lohnsteuerklasse, die zu Beginn des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, auf der Lohnsteuerkarte des Arbeitslosen eingetragen war. Spätere Änderungen der eingetragenen Lohnsteuerklasse werden mit Wirkung von dem Tag an berücksichtigt, an dem erstmals die Voraussetzungen für die Änderung vorlagen.

Nach [X.] 3 der Vorschrift werden die [X.], wenn die Ehegatten sie gewechselt haben, von dem Tag an berücksichtigt, an dem sie wirksam werden, wenn darunter
1. die neu eingetragene Lohnsteuerklasse dem Verhältnis der monatlichen Arbeitsentgelte beider Ehegatten entsprechen oder
2. sich aufgrund der neu eingetragenen [X.] ein Arbeitsentgelt ergibt, das geringer ist als das [X.], das sich ohne den Wechsel der [X.] ergäbe.

Die Berechnung des [X.] des [X.] entspricht diesen gesetzlichen Vorgaben.Diese gelten auch für Selbstständige. Im vorliegenden Fall ist nach § 133 [X.] 2 S 1 [X.] aF für das [X.] des [X.] die Lohnsteuerklasse maßgeblich, die zu Beginn es Jahres, in dem sein Anspruch auf [X.] entstand, auf der Lohnsteuerkarte eingetragen war. Da zu Beginn des Jahres 2007 auf der Lohnsteuerkarte des [X.] die [X.] eingetragen war, ist diese für die Bemessung des [X.] maßgeblich. Zweck der Regelung des § 133 [X.] 2 S 1 [X.] aF ist es, den Steuerabzug so vorzunehmen, wie der Arbeitslose ihn in dem von ihm angestrebten Beschäftigungsverhältnis 119 [X.] 1 [X.] 2 und 3 [X.] aF) hinzunehmen hätte (BSG vom [X.] - [X.] 1984, 215 = [X.] 2955, [X.]; [X.], aaO). Deshalb ist für die Berechnung des [X.] der in der Arbeitslosenversicherung auf Antrag pflichtversicherten Selbstständigen auch dann auf die in der Lohnsteuerkarte eingetragene Lohnsteuerklasse abzustellen, wenn wegen selbstständiger Tätigkeit im Bemessungszeitraum ein [X.]sverfahren nicht stattgefunden hat. Die zu Jahresbeginn eingetragenen [X.]smerkmale haben auch für diese Personengruppe [X.] (vgl allgemein zur [X.]: [X.] 7 [X.]/85 - [X.], 45 = [X.] 4100 § 113 [X.] 5; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 5. Aufl 2013, § 153 Rd[X.] 16). ([X.]) Änderungen der Lohnsteuerklasse sind vorliegend ebenfalls nicht zu berücksichtigen, da solche nicht vorgenommen wurden; insbesondere hat kein Wechsel von [X.] unter Ehegatten stattgefunden.

Die Beklagte hat das [X.] des [X.] unter Berücksichtigung eines [X.]s nach [X.] zutreffend berechnet.

3. Soweit der [X.]läger mit der Revision einwendet, die Regelung treffe auf ihn nicht zu, weil er keine Lohnsteuer zu entrichten habe, verkennt er, dass im [X.] eine Ausnahme von der Berechnung des [X.] für bestimmte Personengruppen, die nicht dem [X.] unterliegen, nicht geregelt ist. § 28a [X.] eröffnet dem dort begünstigten Personenkreis lediglich die Möglichkeit, auf Antrag ein Versicherungspflichtverhältnis zur Arbeitslosenversicherung zu begründen, das [X.] die Anwartschaft auf [X.] (§ 123 [X.] aF) erfüllt. Aus der Regelung ergibt sich für die Personen, die als einkommenssteuerpflichtige Selbstständige ein solches Versicherungspflichtverhältnis begründen, keine abweichende Regelung für die Bemessung ihres Anspruchs auf [X.]. Auch § 133 [X.] aF (jetzt § 153 [X.]) lässt sich keine von den allgemeinen Grundsätzen abweichende Regelung zur Berechnung des [X.] für die nach § 28a [X.] versicherten Personen entnehmen.

Aus Sinn und Zweck der Arbeitslosenversicherung ergibt sich nichts anderes. Das [X.] ist darauf gerichtet, dem Eintritt von Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken, diese zu verkürzen und Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt zu unterstützen (§ 1 [X.]). Die Agenturen für Arbeit erbringen Dienstleistungen für Arbeitgeber, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (§ 2 [X.] 1 [X.]). Entsprechend sind Arbeitsuchende iS des [X.] Personen, die eine Beschäftigung als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer suchen (§ 15 S 2 [X.]). Auch die Voraussetzungen der §§ 117 f [X.] aF (jetzt §§ 136 f [X.]) machen deutlich, dass [X.] an Personen zu leisten ist, die eine abhängige Beschäftigung suchen. Dementsprechend sind die gesetzlichen Reglungen zur Berechnung des [X.] darauf ausgelegt, in einem pauschalisierenden und typisierenden Verfahren (vgl [X.] in [X.]Waltermann, [X.]ommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, § 153 Rd[X.] 6; [X.] in [X.]/[X.], [X.] [X.] § 153 Rd[X.] 14) aus dem [X.] das Leistungsentgelt für den Zahlungsanspruch zu ermitteln. Dass der Gesetzgeber sich dazu eines pauschalierenden und für alle Versicherten gleichmäßigen Verfahrens bedient, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl [X.] vom 23.10.2007 - 1 BvR 2089/07 - [X.] 4-4300 § 133 [X.] 5).

Der [X.]läger kann nicht einwenden, die eingetragene Lohnsteuerklasse entspreche nicht den "tatsächlichen Verhältnissen". Zum einen sieht § 133 [X.] aF (jetzt § 153 [X.]) nicht vor, tatsächlich bestehende steuerrechtliche Merkmale außer Betracht zu lassen. Dies wird nur ausnahmsweise in § 133 [X.] 3 S 2 [X.] aF angeordnet, wenn der Arbeitslose vor Eintritt des Versicherungsfalls einen Ausfall des Arbeitsentgelts zu verzeichnen und deshalb Anspruch auf lohnsteuerfreie Entgeltersatzleistung hatte. Dies war hier nicht der Fall. Im Übrigen will die Regelung gerade verhindern, dass hypothetische Verhältnisse für die Berechnung des [X.] herangezogen werden.

Wie das [X.] zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich kein anderes Ergebnis, wenn man den [X.]läger so behandeln würde, als sei ihm keine Lohnsteuerkarte ausgestellt worden. Denn wenn einem Arbeitslosen - etwa wegen vorheriger selbstständiger Tätigkeit - zu Beginn des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, keine Lohnsteuerkarte ausgestellt war, ist der Berechnung der Leistung [X.] die Lohnsteuerklasse zugrunde zu legen, die eingetragen worden wäre, wenn eine Lohnsteuerkarte ausgestellt worden wäre (BSG vom [X.] - [X.] 1984, 215 = [X.] 2955, [X.]; [X.] in [X.], [X.]ommentar zum [X.], Stand August 2007, § 133 Rd[X.] 50; sogar [X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.] § 153 Rd[X.] 57). Da auf der Lohnsteuerkarte der Ehefrau des [X.] die [X.] eingetragen war, wäre dem [X.]läger eine [X.]arte mit [X.] auszustellen gewesen.

Vorliegend kommt hinzu, dass eine Berechnung des [X.] nach [X.] dazu führen müsste, dass der Ehefrau des [X.], falls in ihrer Person ebenfalls ein Anspruch auf [X.] entstanden wäre, dieses gemäß § 133 [X.] aF ebenfalls nach [X.] zu zahlen wäre. Die Zahlung von [X.] nach [X.] an beide Ehegatten ist aber gesetzlich nicht vorgesehen.

Auch ohne die nur gedachte Arbeitslosigkeit der Ehefrau führte die vom [X.]läger begehrte Berechnungsweise zu Ungleichheiten. Denn Ehegatten oder Lebenspartner, von denen der eine Teil beschäftigt ist und der andere Teil Leistungen bei Arbeitslosigkeit bezieht, müssen sich entscheiden, ob bei dem beschäftigten Ehegatten der [X.] nach [X.] und bei dem anderen Teil das [X.] nach [X.] berechnet wird oder ob - umgekehrt - der [X.] beim beschäftigten Ehepartner nach [X.] erfolgt und das [X.] des anderen nach [X.] bemessen wird. Demgegenüber würde die vom [X.]läger vorgeschlagene Lösung dazu führen, dass er [X.] berechnet nach [X.] erhielte, während bei seiner Ehefrau für dieselben [X.]räume Lohnsteuer ebenfalls nach [X.] abgezogen wurde.

Zwar mag es im Verhältnis des selbstständig tätigen [X.] zu seiner abhängig beschäftigten Ehefrau steuerrechtlich sachgerecht gewesen sein, dass er Einkommensteuervorauszahlung leistete und die Ehefrau ihre Abzüge steuerrechtlich dadurch gering hielt, dass sie [X.] wählte. Mit Eintritt des [X.] in ein System zur [X.]icherung von Beschäftigten hätten die Eheleute im Hinblick auf die ab 1.10.2007 zu erwartenden Entgeltersatzleistungen ihre bisherige [X.] aber ändern können. Dass dies nicht geschehen ist, zeigt, dass den Ehepartnern die bisherige Wahl von Steuermerkmalen im Rahmen der bestehenden Dispositionsfreiheit (vgl § 39 [X.] 4 S 1 und 4 EStG; siehe auch § 118 [X.] 2, § 133 [X.] 3 [X.] aF), weiterhin sachgerecht erschien. Diese Dispositionsfreiheit ist einer der Gründe dafür, dass die [X.] die steuerliche Richtigkeit und Zweckmäßigkeit der [X.] grundsätzlich nicht überprüfen, sondern als gegeben hinnehmen soll (noch zum [X.]: [X.] [X.]/88 - [X.] 4100 § 113 [X.] 9 S 55).

Nach allem ist die Berechnung des [X.] des [X.] nach Maßgabe der [X.] nicht zu beanstanden. Ein Anspruch auf höheres [X.] besteht nicht.

Die [X.]ostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Meta

B 11 AL 10/13 R

11.03.2014

Bundessozialgericht 11. Senat

Urteil

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Magdeburg, 27. Januar 2011, Az: S 14 AL 356/08, Urteil

§ 28a SGB 3, § 133 Abs 1 S 1 SGB 3 vom 19.11.2004, § 133 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB 3 vom 19.11.2004, § 133 Abs 2 S 1 SGB 3 vom 19.11.2004, § 39 Abs 4 EStG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 11.03.2014, Az. B 11 AL 10/13 R (REWIS RS 2014, 7233)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7233

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