Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.04.2016, Az. VII ZR 56/15

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 13404

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:070416U[X.]56.15.0

[X.]UN[X.]SGERI[X.]HTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VII ZR 56/15
Verkündet am:

7. April 2016

[X.]oppel,

[X.]

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
VO[X.]/[X.] (2009) § 8 Abs. 2; [X.] §§ 103, 119; [X.]G[X.] § 307 Abs. 1, 2 [X.]f, § 632a Abs.
3 Satz 1
a)
Die in einen [X.]auvertrag einbezogenen Regelungen des § 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 2 VO[X.]/[X.] (2009) sind nicht gemäß §
134 [X.]G[X.] wegen Verstoßes gegen §§
103, 119 [X.] unwirksam.

b)
Die von einem Auftraggeber in einem [X.]auvertrag gestellten Regelungen des § 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 2 VO[X.]/[X.] (2009) sind nicht gemäß §
307 Abs. 1, 2 [X.]G[X.] wegen unangemessener [X.]enachteiligung des Auftrag-nehmers unwirksam.

c)
Eine Vereinbarung,
nach der die Auftragnehmerin eines [X.]auvertrags zur Stel-lung einer Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von zehn Prozent der Auf-tragssumme verpflichtet ist, weicht nicht vom gesetzlichen Leitbild des § 632a Abs. 3 Satz 1 [X.]G[X.] ab.

[X.], Urteil vom 7. April 2016 -
VII ZR 56/15 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der V[X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 3.
Dezember
2015
durch [X.]
Eick, die
Richter Halfmeier,
[X.] und Prof. Dr. Jurgeleit
und die Richterin Sacher
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1.
Zivilsenats
des Oberlandesgerichts [X.]
vom 16.
März
2015
aufge-hoben.
Die [X.]erufung der [X.]eklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des [X.] vom 7. Februar 2014 wird [X.].
Die Kosten des [X.]erufungs-
und des Revisionsverfahrens trägt die [X.]eklagte.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der
[X.]eklagten Zahlung aus einer Vertragserfül-lungsbürgschaft
in

.
Die Klägerin beauftragte
die [X.] im Jahre 2011 unter Einbeziehung der VO[X.]/[X.] (2009) mit der Errichtung eines Geschäftshauses
in L.
gegen [X.] einer
Pauschalvergütung

Die von der Klägerin 1
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-
3
-
gestellten Vertragsbedingungen enthalten unter anderem die folgenden
[X.]est-immungen:
"I[X.] Sicherheitsleistungen
Der Generalunternehmer
stellt eine Vertragserfüllungsbürgschaft zu 10% der Auftragssumme. Die Vertragserfüllungsbürgschaft muss bis zur Auszahlung der 1. Abschlagsrechnung dem AG vorgelegt werden. Die [X.]ürgschaft muss unbedingt, unbefristet und selbstschuldnerisch sein. Eine Rückgabe erfolgt im Austausch mit der [X.] (siehe Ziffer V c)."
Zur
Sicherung der Erfüllungsansprüche der Klägerin gegen die [X.]

Im April 2012 beantragte
die [X.] die Eröffnung des Insolvenzver-fahrens über
ihr Vermögen, woraufhin
die Klägerin den Vertrag mit der [X.].
GmbH unter [X.]ezugnahme auf die vertraglichen Vereinbarungen und auf §
8
VO[X.]/[X.]
(2009)
aus wichtigem Grund kündigte.
Die [X.] stellte daraufhin die Arbeiten ein. Die Klägerin beauftragte [X.] mit der Fertigstel-lung des Gebäudes.
Über das Vermögen der [X.] wurde am 12.
Juni 2012 das Insolvenzverfahren eröffnet.
Wegen der
Fertigstellungsmehrkosten, die die Klägerin auf 382.beziffert, nimmt sie die [X.]eklagte aus der [X.]ürgschaft in Anspruch. Das [X.], dessen Urteil in [X.], 1321 veröffentlicht ist,
hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erachtet. Auf die [X.]erufung der
[X.]eklagten hat das [X.]erufungsgericht die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom [X.]erufungsgericht zugelassenen Revision, mit der sie die Wieder-herstellung des
erstinstanzlichen Urteils erstrebt.

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4
5
-
4
-
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückweisung
der [X.]erufung.

I.
Das [X.]erufungsgericht, dessen Urteil in [X.], 1332 = NZ[X.]au 2015, 292 abgedruckt ist,
ist der Auffassung, der Klägerin stehe gegen die [X.]eklagte kein Anspruch aus der
[X.]ürgschaft zu, da es an einer durch die [X.]ürgschaft gesi-cherten Hauptforderung fehle. Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die [X.] aus § 8 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 VO[X.]/[X.] (2009) bestehe nicht, weil [X.] von der Klägerin gestellte Klausel nach § 119 [X.] unwirksam sei.
Nach der Entscheidung
des [X.] vom 15. November 2012 -
[X.] [X.],
[X.]Z 195, 348,
seien [X.]
in Verträgen über fortlaufende Lieferung von Waren und Energie, die an den Insolvenzantrag oder die Insolvenzeröffnung anknüpften,
nach § 119 [X.] unwirksam, weil sie im Voraus das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 [X.] ausschlössen. Insolvenzabhängige [X.] seien nach dieser Entscheidung nur dann unbedenklich, wenn sie einer gesetzlich vorgesehenen Lösungsmöglichkeit entsprächen.
Diese Erwägungen seien auf den [X.]auvertrag mit der Konsequenz zu übertragen, dass die insolvenzabhängige Lösungsklausel des § 8 Abs. 2 VO[X.]/[X.]
(2009)
unwirksam sei. Eine vergleichbare Lösungsmöglichkeit kenne das [X.] nicht. Insbesondere das freie Kündigungsrecht des [X.]estellers nach § 649 Satz 1 [X.]G[X.] sei mit dem durch § 8 Abs. 2 VO[X.]/[X.] (2009) eingeräumten [X.] in [X.]ezug auf die Rechtsfolgen nicht vergleichbar. § 8 Abs. 2 6
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5
-
VO[X.]/[X.] (2009) lasse an[X.] als § 649 [X.]G[X.] nicht nur die
Werklohnforderung des Unternehmers entfallen, sondern begründe im Gegenteil einen Schadenser-satzanspruch, der in den von der Regelung erfassten Fällen von Gesetzes we-gen nicht ohne weiteres bestehe.
Die Zielsetzungen des § 103 [X.], die Masse zu schützen und im [X.] einer gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung zu mehren, würden
durch die Kündigung eines für die Masse wirtschaftlich vorteilhaften [X.]auvertrags vereitelt. Denn dem Insolvenzverwalter werde
durch das Sonderkündigungsrecht die Möglichkeit genommen, sich für die Ausführung der ausstehenden [X.] zu entscheiden und auf dieser Grundlage den vollen Werklohn zu verein-nahmen.
Zwar drohten dem Auftraggeber und dritten [X.]eteiligten durch die [X.] erhebliche Schäden, insbesondere durch einen län-geren [X.]austillstand bis zur Klärung der Frage, ob der Insolvenzverwalter Erfül-lung wähle. Der Gesetzgeber habe jedoch in §§ 103, 119 [X.] eine grundsätz-liche Abwägung dahin vorgenommen, dass er dem Auftraggeber und [X.] die
mit der Wartezeit verbundenen Nachteile im Interesse der Ermöglichung von [X.]etriebsfortführungen und der besseren [X.]efriedigung der Gläubigergesamtheit zumute. An diese Abwägungsentscheidung des Gesetzgebers seien die [X.] gebunden.

[X.]
Dies
hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Die Ausführungen des [X.]erufungsgerichts
zur Unwirksamkeit des § 8 Abs. 2 VO[X.]/[X.] (2009) sind von [X.] beeinflusst.

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6
-
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 i.V.m.
§ 8 Abs. 2 Nr. 2 VO[X.]/[X.] (2009) ist
nicht ge-mäß §
134 [X.]G[X.] wegen
Verstoßes gegen §§
103, 119 [X.]
unwirksam.
1. Gemäß § 103 Abs. 1 [X.] hat der Insolvenzverwalter bei [X.], die zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil noch nicht vollständig erfüllt sind, ein [X.], ob er die Erfüllung der wechselseitigen Vertragspflichten verlangt oder ablehnt. § 119 [X.] schützt dieses
Wahlrecht, indem
danach Vereinbarungen unwirksam sind, durch die die Anwendung der §§
103 bis 118 [X.] im Voraus ausgeschlossen oder beschränkt wird.
Von dem
Verbot des § 119 [X.] können
auch Klauseln erfasst sein, die
dem Gläubiger
für den Fall der [X.], des Insolvenzantrags oder der Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Schuldners das Recht einräumen, sich vom [X.]
(insolvenzab-hängige [X.]), da derartige Klauseln das Wahlrecht des Insolvenz-verwalters
zumindest mittelbar
beeinträchtigen
(vgl. [X.], Urteil vom 15.
November 2012 -
[X.] [X.], [X.]Z 195, 348
Rn. 13).
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 VO[X.]/[X.] (2009) enthält eine insolvenzabhängige Lösungsklausel. Danach kann der Auftraggeber den [X.]auvertrag kündigen, wenn der Auftragnehmer die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt hat. An eine solche Kündigung knüpft § 8 Abs. 2 Nr. 2 VO[X.]/[X.] (2009)
besondere, in § 649 [X.]G[X.] nicht vorgesehene Rechtsfolgen.
Es sind nur die bereits ausgeführ-ten Leistungen
zu vergüten. Der Auftragnehmer kann also für die nicht erbrach-ten
Leistungen
nicht die vereinbarte Vergütung abzüglich desjenigen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch an-derweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt, verlangen. Zudem steht dem Auftraggeber hinsichtlich der nicht er-brachten Leistungen ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu.
13
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15
-
7
-
2. Unter Geltung der Konkursordnung, die eine § 119 [X.] [X.] Regelung nicht enthielt,
hatte der [X.] entschieden, dass das Kündigungs-recht nach § 8 Nr. 2 VO[X.]/[X.] und die
damit verbundenen Rechtsfolgen mit dem Konkursrecht vereinbar sind und die Regelung nicht wegen Verstoßes gegen das aus dem Wahlrecht des Konkursverwalters gemäß §
17 KO ableitbare ge-setzliche Verbot unwirksam ist. Zur [X.]egründung hatte der [X.] ausgeführt, der Konkursverwalter müsse den Vertrag in dem
rechtlichen [X.]estand hinnehmen, in dem er sich im Zeitpunkt der Konkurseröffnung befinde. Ferner seien die per-sönlichen Eigenschaften des Auftragnehmers (Fachkunde, Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit) gerade im [X.]auvertrag für den Auftraggeber von so großer [X.]e-deutung, dass
ihm schon deshalb eine Fortsetzung des Vertrags mit dem [X.] entgegen seinem Willen nicht zugemutet werden könne
([X.], Urteil vom 26.
September
1985 -
VII
ZR
19/85, [X.]Z 96, 34, 36
f., juris Rn.
13
f.).
3. Der Gesetzgeber wollte bei Einführung der [X.] die [X.], ob § 8 Abs. 2 VO[X.]/[X.] im Hinblick auf seine Rechtsfolgen gegen §§ 103, 119 [X.] verstößt, nicht regeln, sondern diese Entscheidung der Rechtsprechung vorbehalten. In der [X.]egründung zu § 137 des [X.]
wird insoweit ausgeführt:
"Wie der [X.] klargestellt hat ([X.]Z 96, 34 zur [X.] gleichlautenden Fassung von 1973), liegt die [X.]edeutung dieser [X.]estimmung nicht in der Festlegung eines Kündigungs-rechts des Auftraggebers für den Insolvenzfall; denn schon nach § 649 [X.]G[X.] kann der [X.]esteller den Werkvertrag jederzeit kündi-gen. § 8 Nr. 2 VO[X.]/[X.] hat vielmehr den Zweck, die Rechtsfolgen einer Kündigung des Auftraggebers im Insolvenzfall abweichend von der Gesetzeslage zu regeln, insbesondere dem Auftraggeber 16
17
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8
-
in diesem Fall einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nicht-erfüllung einzuräumen. Die Frage, ob diese Regelung der Rechts-folgen einer Kündigung wirksam ist, wird durch die neue [X.] nicht entschieden; die [X.]eantwortung dieser Frage kann weiter der Rechtsprechung überlassen blei-ben."
([X.]T-Drucks. 12/2443, [X.] f.).
4. Auf dieser Grundlage werden in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum zu der Frage, ob § 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 VO[X.]/[X.] (2009), insbesondere aufgrund der mit
der Kündigung verbundenen Rechtsfolgen aus § 8 Abs. 2 Nr. 2 VO[X.]/[X.] (2009), wegen Verstoßes gegen die [X.]estimmungen
der
§§
103, 119 [X.] unwirksam ist,
unterschiedliche Ansichten vertreten.
a) Vielfach wird angenommen, § 8 Abs. 2
Nr.
1 Fall 2 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr.
2 VO[X.]/[X.] (2009) schließe
das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach §
103 [X.] aus und sei daher wegen Verstoßes gegen §
119 [X.] unwirksam ([X.]/[X.]/[X.], VO[X.] Teile A und [X.], 19.
Aufl., § 8 Abs. 2 VO[X.]/[X.] Rn.
3
ff.; [X.]/[X.]/[X.], VO[X.] Teile A und [X.], 5.
Aufl., §
8 VO[X.]/[X.] Rn. 74; [X.]/[X.], [X.]auvertragsrecht, 2. Aufl.,
§
649 Rn. 177; [X.]/[X.], VO[X.]/[X.], 5. Aufl., § 8 Rn.
99 ff.; [X.]/[X.], [X.], 6.
Aufl., §
119 Rn.
13; KP[X.]/[X.], [X.], Stand: Juli 2015, §
119 Rn.
15
ff.; [X.]/Uhländer/[X.]ezani,
NW[X.]-Kommentar zum Insolvenzrecht, 2013, §
119 Rn.
15; [X.]/[X.] in A/G/R, [X.], 2.
Aufl., §
119 Rn.
2; [X.]althasar in Nerlich/[X.], [X.], 28. EL, §
119 Rn. 16; FK-[X.]/[X.], 8.
Aufl., §
119 Rn. 3 ff.; [X.], Die Abwicklung des [X.]auvertrags in der Insolvenz,
[X.],
Stand: 7.
Juni
2015 Rn. 45 ff.; [X.]., I[X.]R 2013, 278; [X.].,
[X.], 772
ff.; [X.], [X.] 10/2015, Anmerkung
2; [X.], EWiR
2015, 287, 288; [X.]öhner, [X.] 2013, 342731; von [X.], [X.], 1325, 1327
f.; [X.]/Kupczyk, NJW 2013, 1854, 1856; [X.], Z[X.] 2013, 1105, 1106
f.; 18
19
-
9
-
[X.], [X.], 352 ff.; [X.]aldringer, NZ[X.]au 2005, 183, 184 ff.; [X.]opp, Der [X.]auvertrag in der Insolvenz, 2009, [X.] ff.; [X.] in Festschrift für [X.], 2011, S. 509, 519 f.;
wohl auch [X.], [X.], 774, 775 ff.; vgl. auch [X.] in [X.]/[X.], Privates [X.]aurecht, 2.
Aufl., §
8 VO[X.]/[X.] Rn. 5 f., der die Unwirksamkeit auf den Schadensersatzanspruch beschränkt;
Jaeger/[X.], [X.], [X.]and 3, 2014, § 119 Rn. 38, der die Unwirksamkeit auf § 8 Abs. 2 Nr. 2
VO[X.]/[X.] beschränkt; ebenso:
[X.], Die [X.]auunternehmerinsolvenz, 2010, S. 201 f., 227 ff.; [X.], [X.] für den Insolvenzfall, 2000, Rn.
516
ff.; zweifelnd auch:
[X.] in [X.]/Koeble, Kompendium des [X.]au-rechts, 4. Aufl., 7. Teil Rn. 33; [X.] in Runkel/[X.], Insolvenzrecht, 3.
Aufl., § 8 Rn. 323 ff.; [X.], Handbuch Insolvenzrecht, 6.
Aufl., §
10 Rn.
14).
Zur [X.]egründung wird angeführt, der
Auftragsbestand des Unternehmens sei Grundlage für eine Sanierung. Das Kündigungsrecht aus §
8 Abs.
2 VO[X.]/[X.]
(2009)
und die damit
verbundenen Rechtsfolgen
würden
jede Unternehmens-fortführung im [X.] ersticken und Sanierungschancen für insolvente [X.]auunter-nehmen zunichtemachen.
Die [X.] stelle die Gläubigergesamtheit über die Vertragsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG.
Der
Auftraggeber
sei hinreichend geschützt:
Im Stadium des [X.] stünden ihm Leis-tungsstörungsrechte zur Seite. Ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des [X.] habe er es jederzeit in der Hand, den Insolvenzverwalter zur Aus-übung seines Wahlrechts aufzufordern und so einen Schwebezustand zu [X.]. Wähle der Insolvenzverwalter die Erfüllung, so sehe sich der Auftrag-geber ab diesem Zeitpunkt
dem Insolvenzverwalter als Vertragspartner gegen-über, so dass der [X.] gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 [X.] erfüllt werde. Letztlich sei auch nicht erkennbar, warum es gerade dem Auftraggeber eines [X.]auvorhabens unzumutbar sein sollte, am [X.] zu werden, wohingegen alle anderen Vertragspartner des [X.]
-
10
-
schuldners
bei Erfüllungswahl des Insolvenzverwalters gehalten
seien, den [X.] fortzusetzen.
b) Nach der Gegenansicht in der Literatur und nach der überwiegenden Instanzrechtsprechung
verstoßen die
Regelungen
des § 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 und § 8 Abs. 2 Nr. 2 VO[X.]/[X.] (2009) nicht gegen §§ 103, 119 [X.] ([X.],
[X.], 807, 808 f., juris Rn. 23; [X.], NZ[X.]au 2014, 696, 699 f., juris Rn. 47 f.; [X.], NJW 2012, 1967, 1968, juris Rn. 35 ff.; OLG
[X.]amberg, Urteil vom 12. April 2010 -
4 U 48/09, juris Rn. 12; OLG [X.]randenburg, Urteil vom 16. Dezember 2009 -
4 [X.], juris Rn. 39; [X.], [X.], 1908, 1912 f., juris Rn. 40 ff.; OLG
Karlsruhe, Urteil vom 26.
Juli 2002 -
14 [X.], juris Rn. 20; [X.], [X.]eckRS 2012, 09917;
LG Hannover, [X.]eckRS 2013, 02183;
LG Würzburg, Urteil vom 12.
Februar 2009 -
12 [X.], juris Rn. 46 ff.; [X.]eckOK VO[X.]/[X.]/Vogel, Stand: 1. Juli 2015, § 8 Abs. 2 Rn. 8, 36; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], VO[X.], 13.
Aufl., § 8 VO[X.]/[X.] Rn. 47; Herig, VO[X.] Teile A, [X.], [X.], 5. Aufl., § 8 VO[X.]/[X.] Rn.
72; [X.]eck'scher VO[X.]/[X.]-Kommentar/[X.], 3.
Aufl., §
8 Abs.
2 Rn.
24
ff., der jedoch §
8 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 VO[X.]/[X.] als Rechtsgrundverwei-sung auf §§
280
ff. [X.]G[X.] ansieht; MünchKomm[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
119 Rn.
39
ff.; [X.]/[X.], [X.], 14.
Aufl., §
119 Rn.
15
f.; [X.] in
[X.]/[X.],
[X.], 3.
Aufl., §
119 Rn. 3; [X.]/Ringstmeier, [X.], 18.
Aufl., §
119 Rn.
11
ff.; [X.],
[X.], 649, 653 ff.;
Karge, [X.], 420
ff.; [X.], jurisPR-Priv[X.] 7/2015, Anmerkung
5; Riewe, [X.], 809, 810
f.; [X.], [X.] 2013, 492, 493;
Wilmowsky, [X.], 998, 1001; [X.], jurisPR-Priv[X.] 5/2012,
Anmerkung 5; [X.], I[X.]R 2011, 87; [X.], [X.] 2008, 181
f.; [X.]/[X.], DZWIR
2008, 45
f.;
[X.],
DZWIR
2007, 446, 449
ff.; vgl. auch jeweils nur zu § 8 Abs. 2 Nr. 1 VO[X.]/[X.]: [X.]/[X.]/Werres, Praxis des Insolvenzrechts, 2012, Kap.
6 Rn.
14; [X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., §
119 Rn.
13b, 21
-
11
-
13d; [X.]., [X.], 49, 50 ff.; [X.], I[X.]R 2014, 661; [X.], [X.], 1218, 1219; [X.]/[X.], DZWIR
2013, 317, 322
f.; [X.], [X.], 1005, 1008; wohl auch:
[X.], [X.]
2014, 1058; Rodemann, I[X.]R 2014, 662; [X.]raegelmann, [X.] 2013, 259, 261 f.;
Illies, I[X.]R 2013, 396; [X.], [X.], 72; offen lassend: [X.], [X.][X.] 2013, 1283, 1285).
Diese Auffassung wird unter anderem damit begründet, dass das [X.] mit
§ 649 [X.]G[X.] bereits ein jederzeitiges
Kündigungsrecht des [X.] vorsehe und
das vertragliche
Lösungsrecht des Auftraggebers ge-mäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 VO[X.]/[X.] (2009) mit der Rechtsfolgeregelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 VO[X.]/[X.]
(2009) der besonderen Interessenlage der am [X.]au [X.]eteilig-ten entspreche.
5.
Die letztgenannte Auffassung ist zutreffend.
Sowohl das in § 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 VO[X.]/[X.] (2009) vereinbarte Kündi-gungsrecht für den Fall des [X.] (im Folgenden unter b) als auch die in § 8 Abs. 2 Nr. 2 VO[X.]/[X.] (2009) vereinbarten Rechtsfolgen dieses Kündigungsrechts (im Folgenden unter c) sind trotz der Zielsetzung der [X.] unter [X.]erücksichtigung der besonderen Inte-ressenlage der an einem [X.]auvertrag [X.]eteiligten mit §§ 103, 119 [X.] zu ver-einbaren.
a)
Vorrangiges Ziel der [X.] ist die gemeinschaftliche [X.]e-friedigung der Gläubiger. Als Mittel zur Erreichung dieses Ziels sieht § 1 [X.] neben der Liquidation gleichrangig die Sanierung des Unternehmens und des-sen Fortführung als Mittel der Massemehrung vor. Zu diesem Zweck eröffnen die §§ 103, 105 [X.] dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit, die Erfüllung lau-fender, gegenseitiger Verträge zu wählen und damit das Unternehmen wirt-22
23
24
25
-
12
-
schaftlich fortzuführen. Dieser Zweck könnte vereitelt werden, wenn sich der Vertragspartner des Schuldners allein wegen der Insolvenz von einem für die Masse günstigen Vertrag lösen und dadurch
das Wahlrecht des [X.] unterlaufen kann. Eine [X.]eeinträchtigung des Wahlrechts
ist mit einer vertraglichen Lösungsklausel jedoch dann nicht verbunden, wenn diese sich eng an eine gesetzliche Lösungsmöglichkeit anlehnt (vgl. [X.], Urteil vom 14.
Dezember
2006 -
[X.] ZR 194/05, [X.]Z 170, 206 Rn.
11; Urteil vom 15.
November
2012 -
[X.] [X.], [X.]Z 195, 348 Rn. 13).
Das ist bei §
8 Abs. 2 Nr.
1 Fall 2 i.V.m. §
8 Abs. 2 Nr. 2 VO[X.]/[X.] (2009) der Fall. Diese Rege-lungen entsprechen in aus Rechtssicherheit gebotener typisierender Weise ge-setzlichen Lösungsmöglichkeiten.
b)
Vor
diesem Hintergrund verstößt die Kündigungsregelung des §
8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 VO[X.]/[X.] (2009) isoliert betrachtet
nicht gegen §§ 103,
119 [X.].
Sie geht bereits nicht weiter als die gesetzliche Kündigungsmöglichkeit nach §
649
Satz
1
[X.]G[X.]
(vgl. [X.]eck'scher VO[X.]/[X.]-Kommentar/[X.], 3.
Aufl., §
8 Rn.
32
f.), wonach der Auftraggeber jederzeit berechtigt
ist, den Werkvertrag zu kündigen.
§
8 Abs.
2 Nr.
1 Fall
2 VO[X.]/[X.]
(2009)
hat daher nur deklaratorische [X.]edeutung.
Dieses Ergebnis
steht in [X.] mit
dem Willen des Gesetzgebers. Die Vorschrift §
137 des [X.], dessen Absatz 1 dem heutigen §
119 [X.] entspricht,
enthielt in Absatz
2 eine Regelung, nach der Vereinbarungen, die für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Auflösung eines [X.] vorsehen oder der anderen Partei das Recht geben, sich einseitig vom [X.], unwirksam sind. Ferner sollten für den Fall einer Vermögensverschlechterung des Schuldners vereinbarte Lösungsrechte nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr ausgeübt werden können. In der
[X.]egründung zu §
137 Abs.
2 des [X.], der letztlich nicht in 26
27
-
13
-
§
119 [X.] übernommen wurde, weil der Rechtsausschuss
eine sanierungs-feindliche Wirkung der Vorschrift befürchtete,
wird ausgeführt, die neue Vor-schrift
solle nicht die Wirksamkeit der Kündigungsmöglichkeit nach
§
8 Nr. 2 VO[X.]/[X.] berühren ([X.]T-Drucks. 12/2443, [X.] f.; vgl. [X.]egründung zum EG[X.] zu § 14 [X.] a.F., [X.]T-Drucks. 12/7303, S. 114
f.;
vgl.
zum gesamten
Gesetz-gebungsverfahren:
[X.], [X.] vertraglicher [X.] im Insolvenzfall, 2009, S.
100 ff.;
Wortberg, [X.] und Insolvenz, 2003, [X.] ff.; [X.], [X.] für den Insolvenzfall, 2000, Rn.
36 ff.).
c) Nichts anderes ergibt sich bei einer Gesamtbetrachtung des §
8 Abs.
2 Nr. 1 Fall 2 VO[X.]/[X.] (2009) mit den sich aus der Kündigung wegen eines Eigen-insolvenzantrags des Auftragnehmers ergebenden Rechtsfolgen gemäß §
8
Abs. 2 Nr. 2 VO[X.]/[X.] (2009).
[X.]) §§
103, 119 [X.] tangieren, soweit der Vertragspartner des [X.] betroffen ist,
den Schutzbereich der Eigentumsgarantie, Art.
14 Abs.
1 Satz
1 GG, und die aus Art.
2 Abs.
1 GG resultierende Vertragsfreiheit zuguns-ten des Schutzes des Eigentums der Insolvenzgläubiger.
Eigentum im Sinne des Art.
14 Abs.
1 Satz
1 GG sind alle vermögens-werten subjektiven (Privat-)Rechte, die ihrem Inhaber von der Rechtsordnung in der Weise zugeordnet sind, dass er die damit verbundenen [X.]efugnisse nach eigenverantwortlicher Entscheidung zu seinem privaten
Nutzen ausüben darf, mithin also auch die obligatorischen Rechte (vgl. [X.]VerfGE 83, 201, 208
f., juris Rn.
36; [X.]VerfGE 89, 1, 6, juris Rn.
20; [X.]/[X.]/Papier, GG, Stand: Sep-tember 2015, Art.
14 Rn.
201; jeweils m.w.N.). [X.] geschützt ist durch Art.
2 Abs.
1 GG ferner das Recht der Vertragsparteien, ihren Vertrag im Rahmen der Rechtsordnung frei zu gestalten. [X.] ist demnach nicht nur der werkvertragliche Erfüllungsanspruch des Auftraggebers, das heißt der An-28
29
30
-
14
-
spruch auf vertragsgemäße Ausführung des [X.]auvorhabens mit dem gewählten Vertragspartner. [X.] ist vielmehr auch der Anspruch des Auftraggebers, im Fall des [X.] von diesem auf das Erfüllungsinteresse gerichteten Schadensersatz zu erlangen (Näheres dazu vgl. unten [X.]
5.
c
[X.] (2) mit I[X.]
1.
c cc) und damit einhergehend bei Lösung von dem [X.]auvertrag keinem Vergütungsanspruch nach §
649 Satz
2 [X.]G[X.] ausgesetzt zu sein.
Andererseits unterfällt das Recht der Insolvenzgläubiger auf Realisierung ihrer Forderungen (§ 1 Satz 1 [X.]) ebenfalls der Eigentumsgarantie des Art.
14 Abs.
1 Satz
1 GG. Das Insolvenzverfahren ist Teil des Zwangsvollstre-ckungsrechts. Es zielt damit unmittelbar auf den Schutz und die Durchsetzung verfassungsrechtlich geschützter privater Interessen. Nach §
1 [X.] dient das Insolvenzverfahren dazu, die Forderungen der Gläubiger gemeinschaftlich zu befriedigen, indem Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird. [X.] Zweck des Insolvenzver-fahrens ist damit unter [X.]erücksichtigung der Lage des Schuldners die [X.] [X.]efriedigung der Forderungen der Gläubiger, die auch im Rahmen der Zwangsvollstreckung als private vermögenswerte Rechte von Art.
14 Abs.
1 GG geschützt sind ([X.]VerfGE 116, 1, 13, juris
Rn.
34). Deshalb unterliegt es grund-sätzlich keinen [X.]edenken, dem Insolvenzverwalter das Wahlrecht des §
103 [X.] einzuräumen und abweichende
Vereinbarungen im Rahmen von §
119 [X.] für unwirksam zu erklären.
Die damit einhergehende [X.]eschränkung der Rechte des Vertragspart-ners des Schuldners ist zur Erreichung des mit dem Insolvenzverfahren ver-bundenen Ziels aber nicht gerechtfertigt, wenn seine grundrechtlich geschütz-ten Interessen die Interessen der Insolvenzgläubiger an einer möglichen Ver-31
32
-
15
-
tragsfortführung erheblich überwiegen und ihm ein Festhalten am Vertrag ohne Anspruch auf Schadensersatz unzumutbar ist. Davon ist zugunsten des [X.] eines [X.]auvertrags regelmäßig auszugehen.
Im Unterschied zu anderen Gläubigern, insbesondere Warenlieferanten, hat der Auftraggeber eines [X.]auvertrags regelmäßig ein schwerwiegendes, die Interessen der Insolvenzgläubiger an einer Fortführung des [X.]auvertrags erheb-lich überwiegendes Interesse daran, sich im Falle des [X.] frühzeitig vom Vertrag lösen zu können und den ihm durch die anderweitige Vergabe der Restarbeiten etwa entstehenden Schaden gel-tend zu machen, ohne gemäß §
649 Satz 2 [X.]G[X.] gegenüber dem Insolvenz-verwalter zur Zahlung einer Vergütung für nicht erbrachte Leistungen verpflich-tet zu sein. Das beruht auf nachfolgenden Erwägungen:
(1) Es ist dem Auftraggeber im Fall des [X.] regelmäßig nicht zuzumuten, die Eröffnung des [X.] und die sich anschließende Entscheidung des Insolvenzverwalters
zur Fortführung des [X.]auvertrags abzuwarten
(vgl. [X.], Urteil vom 26.
Juli 2002 -
14 [X.], juris Rn.
20; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], VO[X.], 13. Aufl., § 8 VO[X.]/[X.] Rn.
47; [X.]/[X.], [X.], 14. Aufl.,
§
119
Rn.
15a). Zwar hat der Insolvenzverwalter auf Aufforderung des Auftraggebers unverzüglich zu erklären, ob er die Erfüllung des Vertrags verlangen will, § 103 Abs. 2 Satz 2 [X.]. Dies
gilt
jedoch erst nach Eröffnung des [X.]. Eine dem vorläufigen Insolvenzverwalter gegenüber erklärte Aufforderung zur Wahlrechtsausübung bleibt wirkungslos ([X.], Urteil vom 8.
November
2007 -
[X.] ZR 53/04, NJW-RR 2008, 560 Rn. 8 ff.). Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens muss der Auftraggeber daher zunächst abwarten. [X.] kommt, dass sich der Insolvenzverwalter nach der Aufforderung durch den Auftraggeber nur unverzüglich, nicht jedoch sofort erklären muss. Unverzüglich 33
34
-
16
-
bedeutet
ohne schuldhaftes Zögern im Sinne des § 121 Abs. 1 [X.]G[X.]. Dem In-solvenzverwalter steht eine nach den Umständen angemessene Überlegungs-zeit zur Verfügung. Angemessen ist diejenige Zeitspanne, die im Einzelfall ob-jektiv benötigt wird, um Klarheit über die Maßstäbe zur Wahlrechtsausübung und deren [X.]ewertung zu erlangen (vgl. [X.] 2003, 66, 67, juris Rn.
7; MünchKomm[X.]/[X.], 3. Aufl., § 103 Rn. 173). Die Prüfung, ob sich eine Erfüllung des [X.] lohnt, ist
regelmäßig komplex. So er-schöpft
sich die [X.]eurteilung nicht in der bloßen [X.]eantwortung der Frage, ob der für die restliche [X.]auleistung vom Auftraggeber noch zu zahlende Werklohn den Aufwand für die Werkleistung
übersteigt. Zu berücksichtigen sind
zusätzlich
die Folgen und die Reichweite
möglicher Mängelrechte, das Risiko der Übernahme eines etwaigen Vertragsstrafeversprechens und die Übernahme erheblicher Haftungsrisiken durch Verzug oder Mangelfolgeschäden. Der Prozess der Ent-scheidungsfindung nimmt
deshalb -
noch nach
der
Eröffnung des
Insolvenzver-fahrens -
erfahrungsgemäß einen längeren Zeitraum in Anspruch. Während
dieser Zeit können
sowohl dem
Auftraggeber selbst als auch sämtlichen
am [X.]au [X.]eteiligten
durch den
daraus regelmäßig folgenden [X.]austillstand erhebli-che Schäden entstehen, die durch eine frühzeitige Vertragsbeendigung gerin-ger gehalten werden können
(vgl. [X.]eck'scher VO[X.]/[X.]-Kommentar/[X.], 3.
Aufl., §
8 Abs.
2 Rn.
61
ff.;
[X.]/[X.], DZWIR
2013, 317, 321
f.; [X.],
NZI
2014, 49, 52;
[X.]/[X.], DZWIR
2008, 45, 47).
(2) Dem Auftraggeber
ist es häufig auch in persönlicher Hinsicht nicht zuzumuten, den Vertrag gegen seinen
Willen mit dem Auftragnehmer, der einen [X.] gestellt hat,
oder mit dem Insolvenzverwalter fortzuset-zen. [X.]ei einem [X.]auvertrag sind die persönlichen Eigenschaften des Auftrag-nehmers (Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit) für den Auftrag-geber von wesentlicher [X.]edeutung. Der Abschluss eines [X.]auvertrags erfolgt deshalb regelmäßig unter Inanspruchnahme besonderen
Vertrauens.
35
-
17
-
Dieses Vertrauen zerstört der
Schuldner, der einen [X.] stellt. Aus Sicht
des Auftraggebers bringt der Auftragnehmer mit seinem Eigen-insolvenzantrag
zum Ausdruck, dass ihm die finanziellen Mittel zur vertragsge-mäßen Erfüllung des [X.]auvertrags fehlen. Daran ändert nichts, dass nach Eröff-nung des Insolvenzverfahrens und Vertragsfortsetzungsverlangen durch den Insolvenzverwalter dieser an die Stelle des Insolvenzschuldners tritt.
Der Insolvenzverwalter kann das für die Erfüllung des [X.]auvertrags erfor-derliche Vertrauen
nicht in gleicher Weise für sich in Anspruch nehmen
wie der Schuldner vor der [X.]stellung. Er
wird zur Fortführung des [X.]auvorhabens regelmäßig
auf die Mitwirkung Dritter (z.[X.]. von Materiallieferan-ten, Nachunternehmern und [X.]anken) angewiesen sein, die sich häufig in Folge eigener Forderungsausfälle nicht zur Weiterarbeit bereitfinden. Aus Sicht des Auftraggebers steht
daher
zu befürchten, dass die weiteren Arbeiten durch den Insolvenzschuldner oder den Insolvenzverwalter nicht ordnungsgemäß ausge-führt werden können (vgl. [X.], Urteil vom 26.
September 1985 -
VII ZR 19/85, [X.]Z 96, 34, 38, juris Rn.
20; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], VO[X.], 13.
Aufl., § 8 VO[X.]/[X.] Rn. 47;
Karge, [X.], 420, 423 f.; [X.], jurisPR-Priv[X.] 7/2015 [X.]; [X.], [X.], 186, 188).
Für den Fall der Eigenverwaltung (§§
270
ff. [X.]) gilt nichts anderes.
bb) Die Regelungen des § 8 Abs. 2 Nr. 2 VO[X.]/[X.] (2009) gehen daher re-gelmäßig nicht weiter als die dem Auftraggeber im Falle eines [X.] gesetzlich und aufgrund Richterrechts zu-stehenden Rechte.
(1) Verletzt der Auftragnehmer seine Vertragspflichten derart, dass das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört oder die Erreichung des [X.] gefährdet ist, ist der Auftraggeber berechtigt, das Vertragsverhältnis 36
37
38
39
40
-
18
-
außerordentlich zu kündigen, ohne gemäß § 649 Satz 2 [X.]G[X.] verpflichtet zu sein, eine Vergütung für noch nicht erbrachte Leistungen zu zahlen. Dieses Kündigungsrecht
ergibt sich nicht unmittelbar aus § 314 [X.]G[X.], da diese Vor-schrift nur auf Dauerschuldverhältnisse anwendbar ist. Es ist jedoch richter-rechtlich anerkannt (vgl. [X.], Urteil vom 8.
März
2012

VII
ZR
118/10, [X.]
2012, 949 Rn. 22 = NZ[X.]au 2012, 357; [X.], Urteil vom 20. August 2009

VII ZR 212/07, [X.], 1736 Rn. 26 = NZ[X.]au 2010, 47; [X.], Urteil vom 24.
Juni 2004 -
VII ZR 271/01, [X.], 1613, 1615, juris Rn. 24 = NZ[X.]au 2004, 612; Urteil vom 23.
Mai 1996 -
VII ZR 140/95, [X.]
1996, 704, 705, juris Rn.
24; Urteil vom 30.
Juni 1983 -
VII ZR 293/82,
[X.], 459, 461, juris Rn.
11; OLG [X.]randenburg, Urteil vom 15.
Januar
2008 -
11
U
98/07, juris Rn.
27) und folgt aus dem Rechtsgedanken des § 314 [X.]G[X.] (vgl. [X.], NZ[X.]au 2015, 480 Rn.
50; [X.], Urteil vom 29.
Dezember
2011

13
U
967/11, juris Rn.
67; [X.]/[X.], [X.]auvertragsrecht, 2. Aufl.,
§
649 Rn. 9 ff.).
Durch seinen [X.] zerstört der Auftragnehmer in der Regel das für die Fortführung des [X.]auvertragsverhältnisses erforderliche [X.], weshalb der Auftraggeber berechtigt ist, das [X.] aus wichtigem Grund außerordentlich zu kündigen
(vgl.
auch Entwurf eines Gesetzes zur Reform des [X.]auvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtli-chen Mängelhaftung, [X.]R-Drucks.
123/16, S.
53). Insoweit wird auch auf die Ausführungen unten zu I[X.]
1.
c bb verwiesen.
(2) Zugleich wird dem Auftraggeber regelmäßig auch ein Schadenser-satzanspruch aus § 280 Abs. 1, 3, § 282 [X.]G[X.] gegen den Auftragnehmer zu-stehen, da dieser mit seinem [X.] seine aus dem [X.]auvertrag resultierende Nebenpflicht zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter 41
42
-
19
-
und Interessen des Auftraggebers verletzt
(vgl. hierzu näher
unten
unter I[X.]
1.
c cc).
d) In diesem auf den [X.]esonderheiten des [X.]auvertrags beruhenden Er-gebnis liegt keine Abweichung vom Urteil des [X.]. Zivilsenats
vom 15.
November
2012 -
[X.] [X.], [X.]Z 195, 348, in welchem eine [X.] zugunsten
eines Energielieferanten im Fall der Insolvenz des Kunden beurteilt
wurde. Die Entscheidung beschränkt sich auf Verträge über die fortlau-fende Lieferung von Waren oder Energie [X.], ZIP 2013, 1353, 1362; [X.]/[X.], DZWIR
2013, 317, 320; Raeschke-Kessler/
[X.]hristopeit, WM
2013, 1592, 1594).

I[X.]
Das [X.]erufungsurteil stellt
sich auch nicht aus anderen Gründen als rich-tig dar.
1. Die von der Klägerin gestellten Regelungen des §
8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2
i.V.m.
§ 8 Abs. 2 Nr. 2 VO[X.]/[X.] (2009) sind nicht gemäß § 307 Abs. 1, 2 [X.]G[X.]
unwirksam.
a) Es kann offen bleiben, ob die VO[X.]/[X.]
(2009) als Ganzes zwischen den Parteien vereinbart worden und deshalb eine Prüfung anhand der Vorschriften der §§
305 ff. [X.]G[X.] nicht eröffnet ist
(vgl. [X.], Urteil vom 22.
Januar
2004

VII
ZR 419/02, [X.]Z 157, 346, 348, juris Rn.
10), da §
8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 i.V.m.
§ 8 Abs. 2 Nr. 2 VO[X.]/[X.] (2009) weder mit Grundgedanken gesetzlicher Regelungen unvereinbar sind, § 307 Abs. 2 Nr. 1 [X.]G[X.] (im Folgenden unter c), noch den Auftragnehmer sonst unangemessen im Sinne des §
307 Abs. 1 [X.]G[X.] benachteiligen (im Folgenden unter d).
43
44
45
46
-
20
-
b) [X.] kann ferner, ob die Vereinbarung anderer
in § 8 Abs. 2 Nr. 1 VO[X.]/[X.] (2009)
genannter Kündigungsgründe
nach § 307 [X.]G[X.] unwirksam ist, da §
8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 VO[X.]/[X.] inhaltlich von den weiteren Regelungen der Klausel trennbar und aus sich heraus verständlich ist (vgl. zur Trennbarkeit [X.], Urteil vom 22. Januar 2015
-
VII [X.], [X.], 832 Rn. 19 = NZ[X.]au 2015, 223; Urteil vom 1. Oktober 2014
-
VII [X.], NZ[X.]au 2014, 759
Rn. 28; Urteil vom 12. Februar 2009 -
VII ZR 39/08,
[X.]Z 179, 374 Rn. 15; Urteil vom 10.
Oktober 1996 -
VII
ZR
224/95, [X.], 302, 303, juris Rn.
16).
c) Die Regelungen
des § 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 2 VO[X.]/[X.] (2009) weichen
nicht
von wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes ab, § 307 Abs. 2 Nr. 1 [X.]G[X.].
[X.]) Wie bereits unter [X.] dargelegt, steht das Leitbild der §§
103, 119
[X.]
der Wirksamkeit des
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 2 VO[X.]/[X.] (2009) nicht
entgegen.
bb) In Rechtsprechung und Literatur ist allerdings umstritten, ob § 8 Abs.
2 Nr. 2 Satz 1 VO[X.]/[X.] (2009), nach dem nur die bereits ausgeführten Leis-tungen abgerechnet
werden können,
aufgrund einer Abweichung von
§ 649 Satz 2
[X.]G[X.]
unwirksam ist
(bejahend: [X.]/[X.], VO[X.]/[X.], 5.
Aufl., § 8 Rn.
106; [X.], [X.], 1218, 1221
f.; [X.], [X.] 2013, 492, 493; [X.], [X.], 352, 360
f.; [X.], Die [X.]auunternehmerinsolvenz, 2010, S.
75
f.; [X.], [X.] für den Insolvenzfall, 2000, Rn.
585
f.; verneinend: [X.], NJW 2012, 1967, 1968, juris Rn.
46
ff.; [X.]eckOK VO[X.]/[X.]/Vogel, Stand: 1.
Juli
2015, §
8 Abs.
2 Rn.
8, 36;
[X.]/[X.], DZWIR
2008, 45, 47;
[X.]eck'scher VO[X.]/[X.]-Kommentar/[X.], 3. Aufl., § 8 Abs. 2 Rn. 50).
47
48
49
50
-
21
-
Die letztgenannte, verneinende
Auffassung ist zutreffend.
Nach § 649 Satz 2 [X.]G[X.]
sollen dem Auftragnehmer durch
das freie Kün-digungsrecht des Auftraggebers keine Nachteile entstehen. Deshalb bestimmt §
649 Satz 2 [X.]G[X.], dass der Auftragnehmer in diesem Fall Anspruch auf die vereinbarte Vergütung hat und sich nur anrechnen lassen muss, was er infolge der Aufhebung des Vertrags erspart oder durch anderweitige Verwendung sei-ner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.
Damit schafft das Gesetz
einen
ausgewogenen
Interessenausgleich (vgl. [X.], Urteil vom 12.
Juli
2007 -
VII ZR 154/06, [X.], 1724, 1725 = NZ[X.]au 2007, 634, juris Rn.
18; Urteil vom 4. Oktober 1984 -
VII ZR 65/83, [X.]Z 92, 244, 249 f., juris
Rn.
23
ff.).
An[X.] stellt sich die Rechtslage indes dar, wenn der Auftraggeber den [X.]auvertrag aus wichtigem Grund kündigt. In einem solchen Fall entfällt der Vergütungsanspruch des Auftragnehmers aus § 649 Satz 2 [X.]G[X.] (vgl. [X.], Urteil vom 5. Juni 2014 -
VII ZR 285/12, [X.], 1771 Rn. 13; Urteil vom 12. Februar 2003 -
X [X.], [X.], 880, 881, juris Rn. 16; Urteil vom 30. Juni 1983 -
VII ZR 293/82, [X.], 459, 461, juris Rn. 11). Ein wichtiger Grund ist unter anderem dann anzunehmen, wenn der Auftragnehmer das für den [X.]auvertrag als eines auf Kooperation der Vertragspartner angelegten Langzeitvertrags vorauszusetzende Vertrauensverhältnis durch sein schuldhaf-tes Verhalten derart empfindlich stört, dass die Erreichung des Vertragszwecks
gefährdet
und
dem Auftraggeber die Vertragsfortsetzung nicht mehr zumutbar ist
(vgl. [X.], Urteil vom 24. Juni 2004 -
VII ZR 271/01, [X.], 1613, 1615, juris Rn. 24 = NZ[X.]au 2004, 612; Urteil vom 23.
Mai 1996 -
VII ZR 140/95, [X.]
1996, 704, 705, juris Rn. 24; Urteil vom 30.
Juni 1983 -
VII ZR 293/82,
[X.]
1983, 459, 461, juris Rn.
11; OLG [X.]randenburg, Urteil vom 15.
Januar
2008 -
11 [X.], juris Rn. 27).

51
52
-
22
-
Vor diesem Hintergrund weicht
§ 8 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 VO[X.]/[X.] (2009)
nicht vom gesetzlichen Leitbild des § 649 [X.]G[X.] ab. Die Klausel regelt nicht die Rechtsfolgen
eines freien Kündigungsrechts des Auftraggebers, sondern eines
solchen aus wichtigem Grund, denn aufgrund des [X.]es des Auftragnehmers ist der Auftraggeber regelmäßig berechtigt, den [X.]auvertrag aus wichtigem Grund zu kündigen.
Durch den [X.] bringt der [X.] aus Sicht des Auftraggebers zum Ausdruck, eine Gewähr für die ordnungsgemäße Vertragserfüllung nicht mehr geben zu können. Das für die Fortsetzung des [X.]auvertrags erforderliche Vertrauensverhältnis wird hierdurch -
ungeachtet der Frage, ob der Auftragnehmer seine Arbeiten zu diesem Zeit-punkt bereits eingestellt hat oder weiterhin erbringt -
nachhaltig gestört
(vgl. [X.], Urteil vom 26.
September 1985 -
VII ZR 19/85, [X.]Z 96, 34, 38, juris Rn.
20, vgl.
auch oben unter [X.]
5.
c).
cc) In Rechtsprechung und Literatur ist ferner umstritten, ob § 8 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 VO[X.]/[X.] (2009) deshalb wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1, 2 Nr.
1 [X.]G[X.] unwirksam ist, weil er einen verschuldensunabhängigen [X.] regelt.
Während eine
Auffassung § 8 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 VO[X.]/[X.] (2009) als mit den wesentlichen
Grundgedanken des Gesetzes vereinbar ansieht (vgl. [X.], NJW 2012, 1967, 1968, juris Rn. 47 ff.; [X.]eckOK VO[X.]/[X.]/Vogel, Stand: 1.
Juli
2015, § 8 Abs. 2 Rn. 8, 36; [X.]/[X.], DZWIR
2008, 45, 47;
differenzierend:
[X.]eck'scher VO[X.]/[X.]-Kommentar/[X.], 3. Aufl., § 8 Abs. 2 Rn. 52
ff., der §
8 Abs.
2 Nr.
2 Satz
2 VO[X.]/[X.] als Rechtsgrundverweisung auf §§
280 ff. [X.]G[X.] ansieht; differenzierend auch: MünchKomm[X.]/[X.], 3. Aufl., §
119 Rn. 52), wird teilweise angenommen, §
8 Abs.
2 Nr. 2 Satz 2 VO[X.]/[X.]
(2009)
verstoße gegen den in §
280 Abs. 1 Satz 2, §
286 Abs. 4, § 311a Abs. 2 Satz 2, §§ 823
ff. [X.]G[X.] zum Ausdruck kommenden wesentlichen Grundgedan-53
54
55
-
23
-
ken des allgemeinen Haftungsrechts, nach dem ein Schadensersatzanspruch stets ein Verschulden des Schuldners
erfordere. Indem § 8 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 VO[X.]/[X.] (2009) lediglich eine Kündigung wegen Insolvenz des Schuldners, nicht hingegen ein Verschulden voraussetze, weiche die Regelung von diesem Grundgedanken ab (vgl. [X.]/[X.], VO[X.]/[X.], 5.
Aufl., §
8 Rn.
106
f.; [X.], [X.], 1218, 1224; [X.], [X.] 2013, 492, 493; [X.], [X.], 352, 360
f.; [X.], Die [X.]auunternehmerinsolvenz, 2010, S.
76; [X.], [X.] für den Insolvenzfall, 2000, Rn. 587).
Die
erstgenannte Auffassung ist zutreffend.
Wesentlicher Grundgedanke der gesetzlichen Regelungen zum [X.] ist, dass eine Verpflichtung zum Schadensersatz grundsätzlich
nur bei schuldhaftem Verhalten des Schuldners besteht.
§ 8 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 VO[X.]/[X.] (2009) steht hiermit in [X.]. Die [X.] regelt eine Schadensersatzverpflichtung des Auftragnehmers wegen schuld-hafter
Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht
im Sinne der §
280 Abs.
1, 3,
§
282 [X.]G[X.]. Gemäß § 241 Abs. 2 [X.]G[X.] sind die
[X.]auvertragsparteien als Neben-pflicht aus dem [X.]auvertrag zur wechselseitigen Rücksichtnahme auf die [X.], Rechtsgüter und Interessen des jeweils anderen Vertragspartners verpflich-tet. Dies umfasst die Verpflichtung der [X.]auvertragsparteien, das zwischen ihnen
erforderliche Vertrauensverhältnis nicht nachhaltig zu stören
und die Er-reichung des Vertragszwecks nicht zu gefährden (vgl. [X.], Urteil vom 30.
Juni
1983 -
VII ZR 293/82, [X.], 459, 461, juris Rn. 11). Stellt der
Auftragnehmer einen [X.],
verletzt er diese Pflicht, da er aus Sicht des Auftraggebers zum Ausdruck bringt, eine Gewähr für die [X.] Vertragserfüllung nicht mehr bieten
zu können, wodurch er
regelmäßig 56
57
58
-
24
-
das Vertrauensverhältnis zu seinem Auftraggeber nachhaltig stört (vgl. dazu oben unter I[X.]
1.
c bb).
Diese Pflichtverletzung hat der Auftragnehmer zu vertreten.
Zwar kann
der [X.] auf einer gesetzlichen Verpflichtung des [X.] beruhen,
vgl. § 15a [X.],
sodass
der Vorwurf schuldhaften Verhaltens in diesen Fällen nicht allein an die Antragstellung geknüpft werden kann. Der [X.]
hat jedoch
stets auch die Ursache einer solchen
Verpflichtung, nämlich seine fehlende Liquidität, im Sinne des § 276 Abs. 1 Satz 1 [X.]G[X.] zu vertreten.
Nach dem Prinzip der unbeschränkten Vermögenshaftung, welches §
276 Abs. 1 Satz 1 [X.]G[X.] ebenso zugrunde liegt wie der Vorgängerregelung des § 279 [X.]G[X.] a.F., hat der Auftragnehmer ohne Rücksicht auf ein Verschul-den für seine finanzielle Leistungsfähigkeit einzustehen (vgl. [X.], Urteil vom 4.
Februar 2015 -
VIII ZR 175/14, [X.]Z 204, 134 Rn. 18; [X.], NJW 2012, 1967, 1969, juris Rn. 49; vgl. auch zu § 279 [X.]G[X.] a.F.: [X.], Urteil vom 28. Februar 1989 -
[X.] ZR 130/88, [X.]Z 107, 92, 102, juris Rn. 24; Urteil vom 25. März 1982 -
VII ZR 60/81, [X.]Z 83, 293, 300, juris Rn. 22).
d) §
8 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2, § 8 Abs. 2 Nr. 2
VO[X.]/[X.]
(2009) benachteiligt den Auftragnehmer auch im Übrigen nicht unangemessen.
Ein Verstoß gegen § 307 Abs.
1,
§ 308 Nr. 3, § 310 Abs. 1 Satz 2 [X.]G[X.] ist -
ungeachtet der Frage, ob diese [X.]estimmungen
auf [X.]auverträge, die auf eine längerfristige Zusammenarbeit angelegt sind,
anwendbar sind
-
nicht ge-geben, da die oben
unter [X.]
5.
c
[X.] (1) bis (2) dargestellte besondere Interes-senlage des Auftraggebers beim [X.]auvertrag ein sachlicher
Grund
im Sinne der Vorschrift für das besondere Kündigungsrecht des Auftraggebers ist
(vgl. OLG [X.]randenburg, Urteil vom 16.
Dezember
2009 -
4
U
44/09, juris Rn.
40; MünchKomm[X.]/[X.],
3.
Aufl., §
119 Rn. 50, 47 ff.). Der Kündigungsgrund 59
60
61
-
25
-
bezieht sich auf den Insolvenzantrag des Auftragnehmers, mithin auf eine Tat-sache, die eine konkrete und ernsthafte Gefährdung seiner Vertragsinteressen begründet (vgl.
[X.], NJW 2012, 1967, 1968, juris Rn.
47
ff.;
[X.]eck'scher VO[X.]/[X.]-Kommentar/[X.], 3. Aufl., § 8 Abs. 2 Rn. 34).
2. Dem
Anspruch der Klägerin steht auch
nicht die -
erstmals mit der
[X.]e-rufung -
von der [X.]eklagten erhobene
Einrede insolvenzrechtlicher [X.] gemäß § 242
[X.]G[X.], § 146 Abs. 2 [X.], § 768 [X.]G[X.] entgegen.
Grundsätzlich kann der Insolvenzverwalter, solange das Insolvenzverfah-ren noch nicht beendet ist,
dem Anspruch des [X.] die Einrede rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (dolo-agit-Einrede) entgegenhalten, sofern dieser seine Forderung gegen den Insolvenzschuldner in anfechtbarer Weise erlangt hat
(vgl.
[X.], Urteil vom 19. April 2007 -
[X.] ZR 59/06, NJW 2007, 2325 Rn. 13; [X.]ork/[X.], Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, 2006, Teil 6 Rn. 12
f.).
Es kann dahinstehen, ob der [X.]ürge, der
nach dem [X.] nicht weitreichender haften darf als der Hauptschuldner,
gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 [X.]G[X.] seiner Verpflichtung aus dem [X.]ürgschaftsvertrag diese Einrede ebenfalls entgegenhalten
kann (vgl. zur insolvenzrechtlichen Anfechtbarkeit der Gewährung einer [X.]ürgschaft: [X.], [X.]eschluss vom 20.
September
2007

[X.]
ZR 155/06, juris Rn.
2; allgemein: [X.]/[X.], [X.] 2010, 463, 464
ff.), da
die Einbeziehung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 VO[X.]/[X.] (2009) in den Vertrag nicht in anfechtbarer Weise im Sinne der §§
129 ff. [X.] erfolgt
ist.
Nach der Rechtsprechung des [X.]es ist Anfechtungs-gegenstand grundsätzlich nur
ein Vertrag in seiner Gesamtheit.
Die Anfechtung einzelner [X.]estimmungen eines Vertrags ist ausgeschlossen. Die Anfechtung des Vertrags als Ganzes kann aber die Wirkung einer Teilanfechtung haben, 62
63
64
65
-
26
-
wenn die anfechtbare Handlung das Schuldnervermögen nur in begrenztem Umfang geschmälert hat und das Rechtsgeschäft insoweit teilbar ist. Teilbar in diesem Sinne
ist auch ein allgemein ausgewogener Vertrag, der lediglich und gezielt für den Fall der Insolvenz den späteren Schuldner bzw. dessen [X.] benachteiligt. In diesem Fall entfällt für die Rückabwicklung alleine die be-nachteiligende Klausel. Eine [X.]enachteiligung kommt in einem solchen Fall etwa in [X.]etracht, wenn dem späteren Insolvenzschuldner gezielt für den Fall der In-solvenz Vermögensnachteile auferlegt werden, welche über die gesetzlichen Folgen hinausgehen
und auch bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände zur Erreichung des Vertragszwecks nicht geboten sind
(vgl. [X.], [X.]eschluss vom 13.
März
2008 -
[X.]
Z[X.]
39/05, NJW-RR 2008, 1274 Rn. 16;
Urteil vom 11.
November
1993 -
[X.]
ZR 257/92, [X.]Z 124, 76, 80 f., 84 f., juris Rn. 50, 69
ff.; MünchKomm[X.]/[X.], 3. Aufl., §
119 Rn. 53; [X.], [X.], 649, 653
f.).
An einer solchen [X.]enachteiligung fehlt es hier, da
die Einbeziehung des
§ 8 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 VO[X.]/[X.] (2009) in den [X.]

wie bereits oben unter
[X.]
5.
c
und unter I[X.]
1.
c
ausgeführt wurde -
keine
Ver-mögensnachteile auferlegte, die über die gesetzlichen und richterrechtlich aner-kannten Folgen hinausgehen.
Da im Übrigen eine Unausgewogenheit des [X.]auvertrags nicht ersichtlich ist, scheidet eine
insolvenzrechtliche Anfechtbarkeit aus.
3. Dem Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Schadensersatz steht schließlich nicht die Einrede der Unwirksamkeit der Sicherungsabrede gemäß §§
242, 768 Abs. 1 Satz 1 [X.]G[X.] entgegen.
a) Die Vereinbarung gemäß Nr. I[X.] des Vertrags, nach der die Auftrag-nehmerin zur Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von zehn 66
67
68
69
-
27
-
Prozent der Auftragssumme verpflichtet ist, ist nicht gemäß
§ 307
Abs. 2 Nr. 1
[X.]G[X.]
unwirksam.
Die Regelung weicht nicht vom gesetzlichen Leitbild des § 632a Abs. 3 Satz 1 [X.]G[X.] ab, nach dem dem [X.]esteller, wenn er Verbraucher ist und der [X.] die Errichtung oder den Umbau eines Hauses oder eines vergleichbaren [X.]auwerks zum Gegenstand
hat, eine Vertragserfüllungssicherheit in Höhe von fünf Prozent zu leisten ist. Dieser [X.]estimmung kann nicht entnommen werden, dass eine Vertragserfüllungssicherheit, die von einem Verbraucher -
und mithin erst recht von einem Unternehmer -
verlangt wird, nicht mehr als fünf Prozent betragen darf.
§ 632a Abs. 3 Satz 1 [X.]G[X.] dient dem Verbraucherschutz. Mit Einführung dieser Vorschrift sollte erstmals ein gesetzlicher Anspruch des Verbrauchers auf [X.]estellung einer fünfprozentigen Sicherheit normiert werden ([X.]TDrucks.
16/511, [X.]). § 632a Abs. 3 Satz 1 [X.]G[X.] ist dispositiv und bein-haltet keine Obergrenze der
zulässigen Sicherheitsleistung, sondern regelt den erforderlichen Mindestschutz des Verbrauchers. Die Vereinbarung höherer [X.]serfüllungssicherheiten wird hierdurch nicht ausgeschlossen (vgl. [X.], [X.], 1230, 1232, juris Rn.
44; [X.]/[X.]/Joussen, VO[X.] Teile A und [X.], 19. Aufl., § 17 VO[X.]/[X.] Rn. 38; [X.], [X.] 10/2015, Anmerkung 2; a.A. [X.], Sicherheiten für die [X.]auvertragsparteien, ibronline, Stand: 10.
August 2015 Rn. 123/1 ff.).
b) Die Vereinbarung gemäß Nr. I[X.] des Vertrags benachteiligt die [X.]in auch im Übrigen nicht unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 [X.]G[X.]. In der Praxis hat sich für die Vertragserfüllungsbürgschaft
eine Größen-ordnung von zehn Prozent durchgesetzt. Das [X.] verwirk-licht sich insbesondere, wenn der Auftragnehmer vor der Fertigstellung seiner 70
71
72
-
28
-
Werkleistung insolvent wird und der Auftraggeber deshalb einen [X.] mit der Vollendung des [X.]auvorhabens beauftragen muss. Der sich
daraus ergebende finanzielle Mehraufwand wird vielfach zehn Prozent der Auftragssumme über-schreiten. Die auf diesen Prozentsatz beschränkte Absicherung des [X.] ist daher nicht zu beanstanden ([X.], Urteil vom 20.
März
2014

VII
ZR
248/13, [X.]Z 200, 326 Rn.
15; Urteil vom 9.
Dezember
2010

VII
ZR
7/10, [X.], 677 Rn. 19 = NZ[X.]au 2011, 229).

IV.
Das [X.]erufungsurteil kann danach keinen [X.]estand haben. Der [X.] kann in der Sache selbst entscheiden, da nach den vom [X.]erufungsgericht fest-gestellten Tatsachen die Sache zur Endentscheidung reif ist, § 563 Abs. 3 ZPO.
Die [X.]erufung der [X.]eklagten ist zurückzuweisen, da der Klägerin gegen die
[X.].
GmbH ein Schadensersatzanspruch aus § 8 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 VO[X.]/[X.] i.V.m. § 765 [X.]G[X.] dem Grunde nach zusteht, für dessen Erfüllung die [X.]eklagte sich verbürgt hat.

73
74
-
29
-
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Eick
Halfmeier

Kartzke
Sacher
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 07.02.2014 -
1 O 139/13 -

OLG [X.], Entscheidung vom 16.03.2015 -
1 [X.] -

75
Herr Richter am [X.]undesge-richtshof Prof. Dr. Jurgeleit ist wegen Krankheit an der Unterschrift gehindert

Eick

Meta

VII ZR 56/15

07.04.2016

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.04.2016, Az. VII ZR 56/15 (REWIS RS 2016, 13404)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 13404

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VII ZR 56/15

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VII ZR 120/14

VII ZR 164/12

VII ZR 285/12

VIII ZR 175/14

4 U 44/09

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