Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.11.2010, Az. I ZR 86/09

1. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 1260

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Gegenstand

Erledigung der Hauptsache: Kostenentscheidung bei Hauptsacheerledigung im Revisionsverfahren in einem Verfahren wegen urheberrechtlicher Auskunftsansprüche gegen einen Kunsthändler über die mit seiner Beteiligung veräußerten Werke


Tenor

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 3/4 und der Beklagte 1/4 zu tragen.

Der Streitwert für die Revision wird auf 93.750 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Klägerin ist die [X.]. Sie nimmt in [X.] die urheberrechtlichen Befugnisse der ihr angeschlossenen Urheber an Werken der bildenden Künste wahr; hierzu gehört auch der Folgerechtsanspruch nach § 26 [X.]. Der [X.] berät gegen [X.] beim Kauf und Verkauf von Kunstwerken.

2

Die Klägerin hat vom [X.]n Auskunft über die Weiterveräußerung von [X.] der bildenden Künste ihr angeschlossener Urheber verlangt. Sie hat zum einen allgemein Auskunft darüber begehrt, welche Werke unter seiner Beteiligung im Jahre 2001 weiterveräußert wurden (§ 26 Abs. 3 [X.] aF). Sie hat zum anderen nähere Auskunft über die Veräußerung der Kunstsammlung Ahlers im Januar 2001 erstrebt und wollte insoweit den Namen und die Anschrift des Veräußerers sowie die Höhe des [X.] der einzelnen Werke erfahren (§ 26 Abs. 4 [X.] aF).

3

Das [X.] hat dem allgemeinen Auskunftsanspruch stattgegeben und den die "[X.]" betreffenden Auskunftsanspruch abgewiesen. Das Berufungsgericht hat den allgemeinen Auskunftsanspruch abgewiesen und dem die "[X.]" betreffenden Auskunftsanspruch stattgegeben ([X.], [X.], 1034). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision hat die Klägerin den allgemeinen Auskunftsanspruch weiterverfolgt, während der [X.] die Abweisung des die "[X.]" betreffenden Auskunftsanspruchs erstrebt hat. Der [X.] hat das Berufungsurteil aufgehoben. Er hat die Berufung des [X.]n gegen das dem allgemeinen Auskunftsanspruch stattgebenden Urteil des [X.]s zurückgewiesen und die Sache im Übrigen zur neuen Verhandlung und Entscheidung über den die "[X.]" betreffenden Auskunftsanspruch an das Berufungsgericht zurückverwiesen ([X.], Urteil vom 17. Juli 2008 - [X.], [X.]Z 177, 319 - [X.]).

4

Das Berufungsgericht hat dem die "[X.]" betreffenden Auskunftsanspruch erneut stattgegeben ([X.], Urteil vom 5. Mai 2009 - 11 U 63/03, juris). Es hat die Revision nicht zugelassen. Mit seiner vom [X.] zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt hat, hat der [X.] seinen Antrag auf Abweisung dieses Auskunftsanspruchs weiterverfolgt. Die Klägerin hat den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die [X.] hat der Erledigungserklärung nicht widersprochen.

5

II. Der [X.] hat nach § 91a Abs. 1 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden. Danach haben die Klägerin 3/4 und der [X.] 1/4 der Kosten zu tragen.

6

1. Eine Erledigung der Hauptsache kann auch noch im Revisionsverfahren erklärt werden ([X.], Beschluss vom 11. Dezember 2003 - [X.], [X.], 350). Der [X.] hat den [X.]n darauf hingewiesen, dass er über die Kosten entscheidet, wenn er der Erledigungserklärung der Klägerin nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht (§ 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO). Der [X.] macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Kostenentscheidung ohne mündliche Verhandlung zu treffen (§ 128 Abs. 3 ZPO).

7

2. Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands entspricht es billigem Ermessen, der Klägerin 3/4 und dem [X.]n 1/4 der Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

8

a) Wird die Erledigung der Hauptsache im Revisionsverfahren erklärt, ist bei der Entscheidung nach § 91a ZPO zu berücksichtigen, ob die Revision Erfolg gehabt hätte, wenn es nicht zur Erledigung der Hauptsache gekommen wäre ([X.], [X.], 350). Die Revision des [X.]n hinsichtlich des die "[X.]" betreffenden Auskunftsanspruchs hätte - wie sogleich unter [X.] ausgeführt wird - voraussichtlich Erfolg gehabt, wenn die Parteien die Hauptsache nicht übereinstimmend für erledigt erklärt hätten. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin im Rechtsstreit hinsichtlich des allgemeinen Auskunftsanspruchs erfolgreich war. Da der die "[X.]" betreffende Auskunftsanspruch mit 93.750 Euro und der allgemeine Auskunftsanspruch mit 31.250 Euro zu bewerten ist, entspricht es danach der Billigkeit, der Klägerin 3/4 und dem [X.]n 1/4 der Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

9

b) Die Revision des [X.]n hinsichtlich des die "[X.]" betreffenden Auskunftsanspruchs hätte voraussichtlich Erfolg gehabt, wenn die Parteien die Hauptsache nicht übereinstimmend für erledigt erklärt hätten.

aa) Der Anspruch des Urhebers gegen den Kunsthändler oder Versteigerer auf Auskunft über den Namen und die Anschrift des Veräußerers sowie über die Höhe des [X.] setzt nach § 26 Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 [X.] aF voraus, dass der Kunsthändler oder Versteigerer als Erwerber, Veräußerer oder Vermittler an der Weiterveräußerung des Originals eines Werkes der bildenden Künste beteiligt war.

bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, der [X.] sei zur Auskunft nicht als Erwerber der "[X.]" verpflichtet. Die Klägerin habe unstreitig gestellt, dass die [X.] Erwerberin der Kunstsammlung sei. Der [X.] habe die Vermögensrechte an der Sammlung daher nicht persönlich erworben. Der [X.] hat diese ihm günstige Beurteilung hingenommen. Die Klägerin hat insoweit auch keine Gegenrügen erhoben.

cc) Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, der [X.] schulde die begehrte Auskunft als Vermittler der Veräußerung. Als Vermittler werde ein Kunsthändler schon dann tätig, wenn er das Veräußerungsgeschäft zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber fördere. Diese Voraussetzung sei im Streitfall erfüllt. Die gegen diese Beurteilung gerichteten [X.] der Revision hätten voraussichtlich Erfolg gehabt.

(1) Das Berufungsgericht hat angenommen, der [X.] habe die Veräußerung der [X.] als Mitglied des Konsortiums, das für den Erwerb der "[X.]" zusammengestellt worden sei, ganz wesentlich gefördert.

Die Revision hat mit Recht gerügt, dass die Feststellung des Berufungsgerichts, es sei unstreitig, dass der [X.] bei der Zusammenstellung des für die Durchführung des Geschäfts erforderlichen Erwerbergremiums mitgewirkt habe, in dem Vorbringen der Parteien keine Grundlage findet. Die Klägerin hat zwar behauptet, der [X.] habe das Geschäft zumindest gefördert, da er nach seinen eigenen Angaben bei der Zusammenstellung des für die Durchführung des Geschäftes erforderlichen [X.] mitgeholfen habe. Diese Behauptung war jedoch unschlüssig, weil sie in den von der Klägerin zum Beleg ihrer Behauptung vorgelegten Schreiben des [X.]n keine Grundlage findet. Im Schreiben vom 18. Februar 2002 hat der [X.] ausgeführt, er sei vom Anwalt der [X.] als Teil eines [X.] angesprochen worden, die [X.] habe bereits sehr konkrete Vorstellungen über die Zusammensetzung des [X.] gehabt. In den Schreiben vom 30. April 2002 und vom 19. Juni 2002 hat der [X.] durch seine Bevollmächtigten erklärt, er sei an der Zusammenstellung des Konsortiums nicht beteiligt gewesen; er habe von [X.] nicht den Auftrag gehabt, ein Konsortium zusammenzustellen, sondern sei als Teil eines [X.] angesprochen worden. Die Revision hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der [X.] in seinen Schriftsätzen stets jede Vermittlungsleistung hinsichtlich der Veräußerung der "[X.]" bestritten hat.

Sollte das Berufungsgericht angenommen haben, der [X.] sei schon deshalb als Vermittler im Sinne des § 26 [X.] anzusehen, weil er als mögliches Mitglied eines Konsortiums angesprochen wurde, das sich entsprechend gesellschaftsrechtlich organisieren würde, hätte es damit, wie die Revision mit Recht geltend gemacht hat, grundlegend verkannt, dass der Begriff des [X.] ein aktives Tätigwerden voraussetzt. Ein Kunsthändler ist nicht bereits deshalb als Vermittler im Sinne des § 26 [X.] anzusehen, weil er vom Veräußerer als möglicher Erwerber der Kunstwerke angesprochen wird.

(2) Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, der [X.] habe die Veräußerung der Kunstwerke gefördert, indem er gemeinsam mit seinem [X.] Geschäftspartner ein Unternehmen zu dem Zweck gegründet habe, zunächst die "[X.]" zu erwerben und später die einzelnen Werke weiter zu veräußern.

Es kann offenbleiben, ob die Rüge der Revision begründet war, die Feststellung des Berufungsgerichts zum Gründungszweck der Partnership finde im Vorbringen der Parteien keine Grundlage. Selbst wenn der [X.] und sein Geschäftspartner die Partnership allein zu dem Zweck gegründet hätten, die "[X.]" zu erwerben, wäre darin nicht die Vermittlung einer Veräußerung von Kunstwerken im Sinne des § 26 [X.] zu sehen.

Ein Kunsthändler wird als Vermittler tätig, wenn er das Veräußerungsgeschäft zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber fördert ([X.]Z 177, 319 Rn. 15 - [X.]). Allein durch die Gründung einer Gesellschaft für den Erwerb der Kunstwerke - also die Schaffung eines möglichen Erwerbers - wird eine Veräußerung der Kunstwerke an diesen Erwerber jedoch nicht gefördert ([X.], [X.], 273743; vgl. auch [X.], NJW 2009, 740, 743). Erforderlich ist vielmehr eine Vermittlungsleistung, die für den Abschluss eines Kaufvertrages über die Kunstwerke zwischen dem Veräußerer und dieser Gesellschaft ursächlich ist.

(3) Auch soweit das Berufungsgericht festgestellt hat, der [X.] habe in einem Schreiben vom 5. April 2001 an die Klägerin eingeräumt, Verkaufsverhandlungen mit den Bevollmächtigten von [X.] geführt zu haben, folgt daraus nicht, dass der [X.] - wie das Berufungsgericht angenommen hat - eine zentrale Rolle bei der Vermittlung der Sammlung spielte.

Der [X.] hat die Klägerin in diesem Schreiben darauf hingewiesen, Erwerber der "[X.]" sei die [X.], an der er beteiligt sei. Zum Zeitpunkt, als [X.] und er die Verkaufsverhandlungen mit den Bevollmächtigten von [X.] bzw. der [X.] geführt hätten, hätten sich die Kunstgegenstände nicht mehr in [X.] befunden. Dem Schreiben lässt sich daher nur die Behauptung des [X.]n entnehmen, er habe auf Seiten des Erwerbers die Verkaufsverhandlungen geführt. Auch aus der Pressemitteilung und dem Zeitungsinterview geht entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht hervor, dass der [X.] beim Verkauf der "[X.]" als Vermittler tätig geworden ist.

Bornkamm     

Ri[X.] Pokrant ist in Urlaub und
kann deswegen nicht unterschreiben.

Büscher

Bornkamm

[X.]     

     Koch     

Meta

I ZR 86/09

18.11.2010

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Frankfurt, 5. Mai 2009, Az: 11 U 63/03

§ 91a ZPO, § 26 Abs 1 S 1 UrhG, § 26 Abs 4 S 1 UrhG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.11.2010, Az. I ZR 86/09 (REWIS RS 2010, 1260)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1260

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

I ZR 120/09

I ZR 119/09

I ZR 72/08

I ZR 86/09

I ZB 9/21

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